Protokoll der Sitzung vom 21.06.2018

Die Physik zeigt uns die Grenzen auf, meine lieben Kolleginnen und Kollegen. Deiche und Dämme immer nur weiter zu erhöhen, wird schlichtweg nicht gehen. Hochwasserschutz muss früher beginnen. Ich erinnere an meine letzte Rede zu diesem Thema. Meine Vorredner haben es eben schon gesagt: Oberrainer zu den Unterrainern. Hier muss Verantwortung übernommen werden, wenn neue Baugebiete geschaffen werden, damit ein Ausgleich stattfindet.

Ich war letzte Woche mit meinem Vorredner in Seesen. Hören Sie von der AfD gut zu! Fahren auch Sie einmal dorthin und schauen sich an, was für Gelder da schon gezahlt worden und wie die Menschen dort zu Hochwasser- und Umweltschäden stehen! Wir sollten uns der Talsperre Bornhausen, deren Bau dort geplant wird, und weiteren Überflutungsgebieten, die uns bekannt sind, zuwenden. Hier sollte unser Minister sein Meisterstück abliefern. Die Ursachen müssen behoben werden, und das auf schnellstem Weg. Da muss Geld investiert werden, da muss etwas gemacht werden.

Ferner bedarf es großer Anstrengungen im Bereich des Küstenschutzes. Leider holt uns auch an der Küste die Physik ein. Es geht nicht nur darum, Deiche zu erhöhen. Einen Verlust von größeren Landflächen - dieses Szenario hat der NLWKN in einem Forschungsbericht vom Februar 2011, der Ihnen allen bekannt sein sollte, dargelegt - wollen wir alle - jedenfalls gehe ich davon aus - verhindern. Den möchten wir absolut nicht erleben.

Aber bisher steigen die Temperaturen - das ist unausweichlich, das ist bewiesen - und mit ihnen die Wasserstände, wie der am Dienstag von Minister Lies vorgestellte Klimabericht aufzeigt. Wir sind der klaren Meinung: Das ist so.

Natürlich wird es die CO2-Konzentration in der Atmosphäre und den Wasserstand in den Weltmeeren nicht merklich verändern, wenn allein Niedersachsen in allen Sektoren CO2-neutral wird oder sogar eine negative CO2-Bilanz ziehen kann. Aber von hier aus - aus diesem Hause, aus Niedersachsen heraus - könnte die Umsetzung einer neuen Energiestrategie gestartet werden.

Deshalb haben mein Vorredner, Herr Bosse, und auch ich gestern gesagt: Das Heizgerät der Zukunft produziert Strom und Wärme. Das ist die richtige Kraft-Wärme-Kopplung.

Es wurde gestern schon angesprochen: Brennstoffzellen sollten nicht nur im Kraftfahrzeugbereich verstärkt eingesetzt werden, sondern auch im privaten Bereich.

Daran sollten wir alle verstärkt arbeiten.

Ich bedanke mich fürs Zuhören und bleibe Ihr Horst Kortlang. Vielleicht wird der Name ja noch genannt.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kortlang. - Jetzt hat sich der Umweltminister, Olaf Lies, gemeldet.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte gerade hat noch einmal sehr deutlich gezeigt, wie sachlich wir mit dieser Fragestellung umgehen müssen, aber auch wie dramatisch die Situation ist.

Ich bin - das habe ich gestern schon gesagt - wirklich erstaunt, dass man Sätze wie „Der Klimawandel ist da, wir brauchen ihn, man kann ihn nicht aufhalten“ heute noch von Menschen hört, die zumindest vorgeben, sich inhaltlich mit der Frage beschäftigt zu haben. Herr Oesterhelweg hat es deutlich gesagt: Das muss man einmal den Menschen erklären, die von Hochwasserereignissen an der Küste oder - wie wir es jetzt gesehen haben - von Starkregenereignissen betroffen sind!

Das ist die Realität. Wir sollten uns eingestehen, dass wir in der Verantwortung für die CO2Emissionen der Vergangenheit stehen und dass wir in der Verantwortung stehen, für morgen Lösungen mit weniger CO2 zu finden. Das ist die

Botschaft, die wir aussenden müssen. Dieses klare Bekenntnis sollten wir auch hier im Landtag gemeinsam ablegen.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ein Problem ist - das ist in der Studie übrigens beschrieben; das kann man nachlesen -, dass kleinräumige Wetterereignisse, wie wir sie jetzt in Gandersheim erlebt haben - wer vor Ort war und das gesehen hat, weiß, was für eine unerwartete Dramatik das hatte -, statistisch noch gar nicht erfasst werden. Wir werden erst noch dahin kommen müssen, sehr viel genauer zu sehen, wie in kleinsten Räumen Wetterereignisse über längere Zeit auftreten, die wirklich unglaublich sind.

Wer die Betroffenheit der Menschen gesehen hat, wird kaum zu der Botschaft kommen, es gebe keine Probleme. Nein, wir brauchen Lösungen für diese Probleme. Der Klimareport macht deutlich, dass wir uns drei Ks ansehen müssen:

Der Klimareport weist eine sachliche Darstellung der Situation auf.

Wir brauchen den Klimaschutz, weil wir nur mit einem wirklich konsequenten Klimaschutz in der Lage sind, die CO2-Emissionen in den nächsten Jahren erheblich zu reduzieren.

Wir müssen mit den Klimafolgen leben; wir müssen damit leben, dass wir schon heute Auswirkungen des Klimawandels haben, die wir kaum noch begrenzen können.

Wir werden in Hochwasserschutzmaßnahmen für Ereignisse investieren müssen, die auftreten können und möglicherweise auch auftreten werden. Wir werden in Küstenschutzmaßnahmen investieren müssen, aber uns auch verstärkt um die Frage kümmern müssen, wie wir eigentlich mit Starkregenereignissen umgehen.

Das Schwierige an dem ganzen Thema ist, dass es um einen schleichenden Prozess geht. In den letzten Jahrzehnten haben wir gesehen - und das werden wir auch in den nächsten Jahren sehen -, dass es nicht immer abrupte Veränderungen gibt. Aber wenn wir den schleichenden Prozess jetzt nicht sensibel wahrnehmen und nicht versuchen, die Dinge zu ändern, werden wir sie Jahre später nicht mehr heilen können. Das muss uns klar sein.

Deswegen ist es so entscheidend, in der Politik Sensibilität für den Klimaschutz und die Folgen des Klimawandels zu schaffen, und dann die entspre

chende Politik konsequent umzusetzen. Wir hatten dazu gestern schon eine Sachdebatte.

Ich finde, das darf man einmal selbstbewusst sagen: Niedersachsen ist beim Klimaschutz und gerade bei der Energiewende ein Vorreiterland. Das ist gut so. Deswegen kann von Niedersachsen ein Signal ausgehen, dessen Bedeutung über Niedersachsen und Deutschland hinausgeht. Wir zeigen Lösungen auf, die weltweit helfen können. Es ist gut, wenn wir diese Lösungen voranbringen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, im Klimareport sind relativ dramatische Zahlen vorgestellt worden. Ich will sie gar nicht alle wiedergeben. Man sieht die Entwicklung der CO2-Konzentration. Es ist schon erstaunlich: Über Hunderte und Tausende von Jahren ist die Konzentration relativ konstant geblieben, und seit den Jahren der industriellen Entwicklung ist der CO2-Anstieg erheblich. Das ist auch relativ leicht zu belegen.

Jetzt können wir zwei Wege gehen: Der eine Weg ist der Weg „Weiter so wie bisher“. Dieses Szenario läuft auf einen Temperaturanstieg um 5 °C hinaus. Ich will mir gar nicht ausmalen, was für Folgen das hätte. Der andere Weg ist konsequenter Klimaschutz.

Diese Frage geht über die Ereignisse in Niedersachsen hinaus. Sie stellt sich weltweit, und die Antwort darauf wird weltweite Auswirkungen haben. Wer Fluchtursachen bekämpfen will, der muss dafür sorgen, dass wir nicht andere mit unseren Emissionen belasten, der muss dafür sorgen, dass wir das Thema Klimaschutz weltweit wirklich ernst nehmen.

(Zustimmung bei der SPD und von Anja Piel [GRÜNE])

Ansonsten sind Millionen von Menschen betroffen, die irgendwann zu Recht sagen: Wir sind für das, was passiert ist, gar nicht verantwortlich.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage von Herrn Wirtz von der AfD zu?

Ja, selbstverständlich.

Vielen Dank, Herr Minister. - Wo in der Studie „Klimareport“ haben Sie den Zusammenhang zwischen CO2 und Klimaerwärmung festgestellt? Welchen Zusammenhang stellen Sie her? Wo ist das nachgewiesen?

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man sich die Studie ansieht, sieht man zwei Dinge: zum einen eine immense Zunahme der CO2-Konzentration, die es in den letzten Jahren gegeben hat und die auch für die Zukunft prognostiziert wird, zum anderen in zeitlichem Zusammenhang die Klimaerwärmung.

Ich glaube, Klimawandel ist für Sie, dass es im Winter kalt und im Sommer warm ist, und deswegen glauben Sie, das sei normal und müsse so bleiben.

(Heiterkeit bei der SPD und bei der CDU)

Irgendwo hört es auch einmal mit Fragen und Argumenten auf.

(Stefan Wirtz [AfD] meldet sich zu ei- ner weiteren Zwischenfrage)

- Nein, ich verzichte auf jede weitere Frage. Die ruft jetzt auch keinen Erkenntnisgewinn hervor.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung von Horst Kortlang [FDP])

Wir sollten mit diesem Thema ernsthaft umgehen. Den Menschen, die ihr Haus verlassen müssen, die absaufen, müssen Sie einmal erklären, dass Sie hier behaupten, es gebe keinen Klimawandel! Mit einer solchen Debatte muss einmal Schluss sein. Das müssen auch Sie einmal einsehen. Mein Gott!

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Hochwasservorsorge ist entscheidend. Ich will da aufgreifen, was gesagt worden ist: Wir werden mehr in Maßnahmen der Hochwasservorsorge investieren müssen, vor allen Dingen im Binnenland. Hochwasservorsorge muss nicht nur dort stattfinden, wo wir heute schon darüber reden, sondern sie muss flächendeckend in Niedersachsen ein Thema sein.

Wir werden weiter in den Küstenschutz investieren müssen. Ich will einmal eine Zahl nennen: Seit 1955 haben wir 3 Milliarden Euro in den Küstenschutz investiert, also in die Erhöhung der Deiche. Glauben Sie mir: Das wird in den nächsten Jahren noch erheblich zunehmen! Pro Jahr investieren wir über 60 Millionen Euro in die Deichanpassung und im Moment 23 Millionen Euro in den Hochwasserschutz. Es ist zu Recht gesagt worden: Das reicht nicht aus, um alles Notwendige möglich zu machen.

Zum Thema Meeresspiegelanstieg werden wir Anfang 2019 die neue IPCC-Studie haben. Darin wird man nachlesen können, dass das Abschmelzen der Antarktis in den letzten Jahren erheblich zugenommen hat.

(Widerspruch von Stephan Bothe [AfD])

Das haben international renommierte Institute belegt. Das wird auch in die IPCC-Studie 2019 einfließen; 2013 war das nämlich noch kein Thema. Die Studie wird uns 2019 vor die Frage stellen: Haben wir schon genug für den Küstenschutz getan, oder müssen wir nachlegen? Diese Frage werden wir beantworten müssen

Wir brauchen eine stärkere Vorsorge, gerade in Bezug auf Starkregenrisikomanagement. Das wird eine ganz entscheidende Frage sein. Da geht es natürlich um Eigenvorsorge und um Vorhersage. All diese Punkte werden dabei eine große Rolle spielen.