Protokoll der Sitzung vom 22.08.2018

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Grascha. - Ebenfalls zur Geschäftsordnung spricht jetzt von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Limburg. Bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident. Genau genommen spreche ich aber zur Änderung der Geschäftsordnung und ausnahmsweise einmal nicht zur Geschäftsordnung, obwohl diese Landesregierung auch heute Morgen schon wieder genug Anlass dafür gegeben hätte. Aber dazu vielleicht an anderer Stelle mehr.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine beiden Vorredner haben es bereits betont: Das Fragerecht der Abgeordneten ist ein hohes parlamentarisches Gut. Es gehört zusammen mit dem Haushaltsrecht zu den ältesten Parlamentsrechten, die erstritten worden sind. Herr Kollege Grascha hat es gerade dargestellt: Das Recht, Fragen zu stellen - und vor allem das Recht, Antworten zu bekommen -, ist fundamental dafür, dass das Parlament seine Kontroll- und seine Transparenz- und Öffentlichkeitsfunktion ausüben kann.

Die nun vorgesehene Reform der Fragestunde durch die Einführung des neuen Instruments der Kleinen Anfrage zur kurzfristigen schriftlichen Beantwortung ist in der Tat eine grundlegende. Die Fragestunde in der jetzigen Form gibt es in Niedersachsen schon sehr lange. Die Geschäftsordnungsregeln dazu sind in den letzten Jahren auch nahezu unverändert geblieben. In der Parlamentspraxis hat sich die Fragestunde über die Jahre allerdings deutlich verändert; Herr Siebels hat das gerade ausgeführt. Während, wie man den Protokollen über die Sitzungen aus den 1980er-Jahren entnehmen kann, seinerzeit durchaus bis zu zwölf Fragen behandelt wurden, hat sich die Praxis in den vergangenen Jahren dahin entwickelt, dass in aller Regel nur noch die erste Frage drangekommen ist und danach der für die Fragestunde bestehende Zeitrahmen schon verbraucht war.

Dies hat auch den Hintergrund, dass die Redezeit der Landesregierung nach der Landesverfassung nicht begrenzt werden kann. Das heißt, die Landesregierung hat immer unbegrenzt Redezeit. In normalen Parlamentsdebatten gibt es dafür einen Ausgleich, nämlich den § 71 Abs. 3 der Geschäftsordnung, der garantiert - das haben wir vorhin erlebt -, dass Parlamentarierinnen und Parlamentarier erwidern können, sodass das Parlament

immer das letzte Wort haben kann. In der Fragestunde gab es diesen Ausgleich bislang nicht. Parlamentarierinnen und Parlamentarier durften immer nur fragen, und zwar auch nur so viel, wie es ihr Fragenkontingent hergab, während die Landesregierung teilweise stundenlange Regierungserklärungen abgegeben hat.

Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist jetzt Schluss. Das begrüße ich ausdrücklich an der Initiative von SPD und CDU, die ja auf einen Vorschlag von SPD und Grünen aus der letzten Wahlperiode zurückgeht. Jetzt ist es so, dass dann, wenn die Landesregierung ihre Redezeit überzieht, automatisch auch das Parlament mehr Redezeit bekommt. Damit wird gewährleistet, dass auch in der Fragestunde das Parlament das letzte Wort haben kann.

Ich will nicht verhehlen, dass die Abschaffung der Fragestunde in der bisherigen Form bei uns nicht unumstritten war; denn natürlich hat sie gerade auch in dem beschriebenen Aufklärungsinteresse einen großen Reiz gehabt. Um es in Zahlen auszudrücken: Wir Grüne sind jetzt zwölf Abgeordnete. Das heißt, wir hatten die Möglichkeit, auf der öffentlichen Bühne des Parlaments 24 Nachfragen zu stellen. In der neuen Fragestunde haben wir, wie jede andere Fraktion auch, nur noch zwei Nachfragen, und alles andere passiert sozusagen schriftlich. Das ist ein gewichtiger Schritt, der die Opposition durchaus zu dem Reflex veranlassen könnte, diese Änderung abzulehnen und dafür einzutreten, dass die Fragen weiterhin in dem bisherigen Umfang auf der öffentlichen Bühne behandelt werden müssen. Diesem Reflex haben wir aber nicht nachgegeben, weil es auch unser Anliegen ist, das Parlament und die Aufmerksamkeit für das Parlament insgesamt zu stärken. Deshalb werden wir diesen Weg mitgehen.

Herr Siebels, zum Schluss haben Sie gesagt, wir haben vieles verändert, und jetzt ist erst mal Schluss mit Reformen. - Das ist natürlich nicht der Fall, aber ich glaube, Sie haben das auch gar nicht so gemeint. Mir ist wichtig klarzustellen: Die größte und wichtigste Reform, nämlich die Stärkung der Minderheitenrechte in diesem Parlament, steht immer noch aus. Wir werden zusammen mit der FDP weiterhin darauf drängen, dass wir in diesem Punkt zu gewichtigen Veränderungen kommen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Ein letztes Wort zu der neuen 14-Tage-Frist. Im Unterschied zu der bisherigen Fragestunde, in der

wir die Antwort garantiert noch an dem Tag bekommen haben - auch wenn sie vielleicht nicht immer befriedigend war -, haben wir jetzt natürlich das Risiko, dass die Landesregierung Fristverlängerung beantragt. Wir gehen aber davon aus - auch im Kontext der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs -, dass die Landesregierung diese 14Tage-Frist regelmäßig einhalten wird. Ansonsten würde das Ziel dieser Reform tatsächlich ins Leere laufen.

Wir werden Sie daran messen, dass Sie sich an diese Vorgaben halten.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Limburg. - Zur Geschäftsordnungsdebatte - respektive der Debatte über die Änderung der Geschäftsordnung, Herr Kollege - hat sich jetzt für die Fraktion der AfD Kollegin Dana Guth gemeldet. Bitte sehr!

Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss gestehen: Ich habe Sie vermisst, diese Aufmerksamkeit, dieses nette Begrüßen in diesem Parlament. Ich freue mich, dass wir wieder da sind. Wunderbar!

Wir befassen uns heute mit dem Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung, welchen wir im letzten Plenum schon eingereicht hatten, und natürlich - welch Überraschung! - unter demselben Tagesordnungspunkt auch mit einem Geschäftsordnungsänderungsantrag der Großen Koalition. Das Fragerecht der Abgeordneten nach Artikel 38 des Grundgesetzes ist eines der wichtigsten Instrumente, unser Kontrollrecht auszuüben. Gut, wir haben jetzt über mehrere Vorschläge zu debattieren. Für uns ist erst einmal ein wichtiger Punkt: AfD wirkt. Wir freuen uns darüber. Zugestanden sei Ihnen zumindest, dass Ihnen das Ganze wohl etwas unangenehm war. Die Nachfrage aus der Verwaltung, ob wir wohl unseren Antrag zurückziehen würden, kam überraschend. Aber wir werden das natürlich nicht tun.

Lange Bearbeitungszeiten von bis zu sechs Wochen oder sogar mehr behindern unsere Arbeit, und das mehr als nur ein bisschen. Jetzt werfen Sie, was Anfragen betrifft, zumindest einen Krümel des Entgegenkommens auf den Tisch, wonach

jeder Abgeordnete zwei Anfragen mit maximal drei Fragesätzen pro Monat stellen kann und diese auch in einer Frist von zwei Wochen beantwortet bekommen soll. - Na, sowas! Waren Sie es nicht, die im letzten Plenum die Zwei-Wochen-Frist aufgrund des Urteils des Staatsgerichtshofs geradezu ins Lächerliche gezogen haben, ohne dabei zu merken, dass Sie selbst aufgrund ewiger Bearbeitungszeiten in der letzten Legislaturperiode genau gegen diese Sache geklagt haben, sehr geehrte Damen und Herren von der CDU?

Der Staatsgerichtshof hat es Ihnen 2016 ins Stammbuch geschrieben: unverzüglich! Zwar ging man dabei davon aus, dass die Beantwortung in bis zu vier Wochen in der Regel unverzüglich ist. Es steht aber jedem frei, hier in diesem Parlament zu beantragen, eine kürzere Frist zu vereinbaren. Unser Vorschlag der Einführung einer allgemeinen Zwei-Wochen-Frist ist dem § 104 der Geschäftsordnung des Bundestages entnommen. Ich glaube nicht, dass irgendjemand hier in diesem Haus diese Regelung für verfassungswidrig halten könnte.

Sei’s drum! Wir debattieren heute über zwei oder vier Wochen. Diese Frage ist uns wichtig, aber das ist am Ende nicht der Kernpunkt. Die Beantwortungsfrist ist insofern relevant, als der Aufwand, den es erzeugt, die Antworten auf unsere Fragen ausweichend, inhaltsleer oder so am Thema vorbei zu formulieren, dass stets und ständig weitere Nachfragen notwendig sind, jede Menge Zeit kostet.

Ich möchte Ihnen ein Beispiel geben, wie das in der Praxis aussieht. Es werden bereits Verzögerungen bei der Einreichung von Anfragen produziert. In meiner Anfrage zum betäubungslosen Schlachten vom 28. Juni 2018 verwendete ich die Formulierung: „ist doch die Variante des betäubungslosen Schlachtens - des sogenannten Schächtens - weiterhin Usus“. Am 6. Juli 2018 - acht Tage nach der Einreichung - bekamen wir Bescheid, dass wir nicht weiterhin „Usus“ sagen dürfen. Das hat ein Geschmäckle von Zensur. Wir wurden aufgefordert, eine vorgeschlagene Alternative zu verwenden.

(Wiard Siebels [SPD]: Von wem denn?)

- Von der Verwaltung.

(Wiard Siebels [SPD]: Das werden wir alle! - Weitere Zurufe)

- Das kostet meine Redezeit. Wir können das gerne bilateral diskutieren.

Im Sinne einer gewissen Relativierung wurden wir aufgefordert, die vorgeschlagene Formulierung zu verwenden: Eine denkbare Formulierung wäre aus unserer Sicht: „ist doch die Variante des betäubungslosen Schlachtens - des sogenannten Schächtens - weiterhin gebräuchlich.“ - Erklären Sie mir den Unterschied zwischen „weiterhin Usus“ und „weiterhin gebräuchlich“! Dann können wir weiter diskutieren.

Die Frage, ob man „weiterhin Usus“ durch „weiterhin gebräuchlich“ ersetzen darf, kostet schon einmal mehr als eine Woche Bearbeitungszeit. Da sind wir wieder bei Fristen, meine Damen und Herren.

Wikipedia definiert Usus als „Gewohnheit“, und genau das trifft in diesem Fall auch zu. Sie haben die Genehmigung erteilt, Sie haben es wieder zugelassen, und Sie haben es bis zum letzten Tag geschafft, uns die Informationen dazu vorzuenthalten. Das nenne ich Usus.

Uns geht es mit unserem Änderungsantrag nur um eines: die konkrete und vollständige Beantwortung unserer Fragen in einer angemessenen Frist. Wenn auf sprachpolizeiliche Maßnahmen wie in dem dargestellten Fall verzichtet würde, hätte das schon eine Verkürzung der Bearbeitungszeit zur Folge.

(Glocke des Präsidenten)

Auch wenn Sie unseren Antrag ablehnen werden - weil das so Usus ist; oder muss ich ebenfalls „weiterhin gebräuchlich“ sagen? -, werden wir Ihrem Antrag zustimmen. Solange wir noch die kleinste Fraktion im Landtag sind, müssen wir an Oppositionsrechten nehmen, was Sie uns zugestehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Es gibt den Wunsch nach einer Kurzintervention durch die Abgeordnete Dr. Andretta. Bitte sehr!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weise für meine Fraktion den Vorwurf, dass wir hier im Landtag eine Sprachpolizei haben, entschieden zurück. Es gibt keine Sprachpolizei, und die wird es auch nicht geben in unserer Demokratie.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Vielen Dank. - Frau Kollegin Guth, wollen Sie erwidern?

(Dana Guth [AfD]: Danke, ich habe al- les gesagt!)

Danke. - Dann fehlt noch die CDU-Fraktion. Herr Kollege Nacke, bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir ändern heute die Geschäftsordnung des Niedersächsischen Landtages. Ich hatte zunächst durchaus die Überlegung angestellt, ob es wirklich sinnvoll ist, an einem solch prominenten Platz über eine Fragestellung, die uns ja eher intern beschäftigt, zu sprechen, oder ob es nicht wichtiger, richtiger und vernünftiger wäre, Sachfragen in den Vordergrund zu stellen und die Zeit, die wir haben, zu nutzen, um über Anträge zu sprechen, die ein Sachthema haben.

Aber ich halte es für richtig, an dieser prominenten Stelle über die Änderung der Geschäftsordnung zu sprechen. Es geht nämlich nicht allein um die technische Bearbeitung dessen, was wir hier tun, sondern es geht tatsächlich um eine fundamentale Stärkung der Oppositionsrechte. Der Kollege Siebels hat dazu einiges ausgeführt, und das halte ich auch für vernünftig.

Die CDU-Fraktion war in der letzten Legislaturperiode in der Opposition, und wir haben uns mit der damaligen Landesregierung sehr intensiv über die Frage auseinandergesetzt, wie die Oppositionsrechte in diesem Haus gewahrt werden müssen und sollen. Wir haben auch vor dem Staatsgerichtshof die eine oder andere Auseinandersetzung geführt, um genau diese Fragestellung abschließend zu klären.

Und es ist eben nicht so, wie Sie es sich vorstellen, Frau Guth, dass es kein Problem ist, die „Unverzüglichkeit“ zu definieren und das alles auf 14 Tage zu verkürzen - nein! Wir haben das mit der Landesregierung sehr intensiv besprochen. Es ist vernünftig, zu sagen, dass Anfragen sachlich formuliert werden müssen. Das ist die Voraussetzung, die auch bei uns in der Geschäftsordnung steht, und die Landtagsverwaltung ist in der Tat aufgefordert, die Einhaltung dieser Voraussetzung zu kontrollieren. Und wenn Sie Ihre Anfragen nicht sachlich stellen, dann muss die Landtagsverwaltung intervenieren. - Das hat uns übrigens alle getroffen.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Allerdings!)

Sie glauben gar nicht, wie viele Telefonate ich in diesem Zusammenhang schon mit der Landtagsverwaltung geführt habe.

Herr Kollege, lassen Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Guth zu?

Aber selbstverständlich. Bitte schön!