Meine Damen und Herren, wenn Bundesministerin Klöckner einen Beitrag von 150 Millionen Euro in den Raum stellt, verharmlost sie das Problem. Das
kann nun wirklich nicht die Antwort sein. Insgesamt will sie 340 Millionen Euro zusammenbringen, aber die Länder sollen den Löwenanteil dabei tragen. Und das Ganze wird dann als Dürrehilfe verkauft.
Meine Damen und Herren, wenn es bei diesen Zahlen bleibt, ist klar, dass die Landwirtschaft mindestens 90 % des Gesamtproblems allein zu tragen hat. Das kann man bewerten, wie man will. Auf jeden Fall ist der Beitrag, den die Politik hier in den Raum gestellt hat, mehr als gering und wird diesem Jahrhundertereignis in keinster Weise gerecht. Ich kann nur appellieren, keinen Closed Shop zu machen und zu sagen „Das war‘s!“, sondern danach zu gehen, wie die Betroffenheit, wie die Bedürftigkeit wirklich ist.
Ich will hier aber auch betonen: Wir Landwirte stehen zu unserer unternehmerischen Verantwortung, und deswegen ist es wichtig, die Betriebe mindestens mittelfristig krisenfester zu machen. Aber leider geschieht exakt das Gegenteil, wie man beispielsweise an der Diskussion darüber erkennt, ob man - Frau Staudte hat es angesprochen - bei der Düngeverordnung Lockerungen vornehmen will. Meine Damen und Herren, das kann man machen, oder man kann es lassen. In keinem Betrieb in Deutschland und in Niedersachsen geht die Düngebilanz in diesem Jahr auf. Das weiß jeder, der ein bisschen Sachverstand hat.
Wenn man auf einen Zielertrag hingewirtschaftet hat und dann derartige Ausfälle bekommt, kann das nicht aufgehen. Und wenn man ein solches Ausnahmeereignis dann zum Anlass nimmt, die Düngung für die kommenden Jahre einzuschränken, dann kommen auf die breite Masse der Landwirte Schäden zu. Man lässt sie mit den Schäden weitestgehend allein und verschärft damit das Problem, sich selbst gegen diese Krisen zu schützen - was die Landwirte gern tun wollen. Deswegen kann ich nur appellieren, die Düngeverordnung so anzupassen, dass sie praxisgerechter wird, dass sie dem Ziel, das Grundwasser zu schützen, besser entspricht, aber dass sie den Betrieben zugleich die nötigen Freiheiten lässt, eine vernünftige und ordnungsgemäße Landwirtschaft zu betreiben.
In dieser Diskussion wird sehr häufig eine „Agrarwende“ angemahnt. Meine Damen und Herren, liebe Frau Ministerin, da stimme ich Ihnen ausdrücklich zu. Sie haben sehr zutreffend beschrieben, dass sich die Landwirtschaft in einem ständigen Entwicklungs- und Modernisierungsprozess befindet und dass wir diese Hausausforderungen
gemeinsam mit der Wissenschaft annehmen und versuchen müssen, Antworten zu geben. Das tun wir aber auch.
Zum Schluss, meine Damen und Herren: Falls irgendwer meinen sollte, dass die Biolandwirtschaft die Antwort wäre, möchte ich darauf verweisen, dass einige Länder, auch Niedersachsen, den Biobetrieben erlaubt haben, konventionelles Futter zu verfüttern. Ich will hier klipp und klar sagen: Die biologisch wirtschaftenden Betriebe haben genauso ein Anrecht auf Hilfe und brauchen genauso Hilfe wie die konventionell wirtschaftenden Betriebe.
Zusammenfassend möchte ich Ihnen sagen: Wir müssen die Landwirtschaft mittelfristig krisenfester machen. Wir schlagen als einen Baustein von vielen vor, eine Risikoausgleichsrücklage zu bilden, damit die Betriebe in guten Jahren für solche Ereignisse vorsorgen können. Die Meteorologen sagen uns - Minister Lies hat es ausgeführt -, dass wir mit solche Ereignisse in Zukunft häufiger rechnen müssen. Darauf müssen wir uns vorbereiten.
Wir Landwirte sind nicht die Verursacher des Klimawandels. Ein solcher Vorwurf ist unsäglich. Die Klimaexperten sagen uns, der Anteil der Landwirtschaft macht vielleicht 10 % aus. Das heißt, die Ursache für 90 % liegt woanders. Aber diese 10 % Anteil haben wir natürlich, weil wir 7,5 Milliarden Menschen auf diesem Erdball ernähren und auch einigen anderen Aufgaben nachkommen.
Die Frage ist doch: Kann man das vermeiden, und wenn ja, in welchem Maße? - Bei anderen Dingen, beispielsweise dem Fliegen, kann man vielleicht Einschränkungen vornehmen, aber bei der Ernährung nicht; ich glaube, da sind wir uns auch einig.
Natürlich wollen wir versuchen, besser zu werden, aber diese Möglichkeit ist sehr eingeschränkt, da wir schon absolut spitze sind. Wir sind nicht die Verursacher, sondern wir sind die Hauptbetroffe
nen und Leidtragenden des Klimawandels. Deswegen muss die Landwirtschaft krisenfester gemacht werden, deswegen muss sie Instrumente an die Hand bekommen, um besser gegen diese Dinge, die allgemein verursacht werden, gewappnet zu sein.
Vielen Dank, Herr Kollege Grupe. - Für die SPDFraktion hat sich nun die Kollegin Logemann gemeldet. Bitte schön!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie viele von Ihnen war ich heute Morgen beim ökumenischen Gottesdienst in der Marktkirche. Dort sprach Landesbischof Manzke, und er sagte: „Wir haben in vielem ein wunderbares Land, und dieses gilt es in unseren Grenzen zu gestalten.“ Ich saß da und dachte - Frau Klöckners Erklärung war ja angekündigt -: Was kommt heute auf uns zu? Was erwartet uns heute?
Laut dem Deutschen Wetterdienst war der Mai 2018 der wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Dazu kam der böige Wind, der in weiten Teilen für hohe Verdunstungsraten sorgte. Bei der Wintergerste weisen die vorzeitig abgereiften Grannen auf Hitzestress und Wassermangel hin. Der Mais fristet an vielen Orten ein kümmerliches Dasein und setzt keine Kolben an. Das dringend benötigte Gras wächst nicht nach. Die Landwirte stehen vor Herausforderungen, wie sie in ihrem Berufsalltag nicht alltäglich sind. Die Tiere auf den Weiden und in den Ställen wollen alle das Gleiche: Sie wollen fressen.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich begrüße die Entscheidung von Bundesagrarministerin Julia Klöckner, die gerade durch unsere Landwirtschaftsministerin, Frau Otte-Kinast, erläutert wurde. Auch, dass die Landesregierung für Härtefälle sofort und unkompliziert 5 Millionen Euro Nothilfe zur Verfügung stellt, begrüße ich außerordentlich.
Die Feststellung, dass die Folgen der Dürre ein nationales Ausmaß erreicht haben, halte ich für gerechtfertigt. Jetzt greift die nationale Rahmenrichtlinie. Für die Landwirte heißt das: Wer mehr als 30 % seiner durchschnittlichen Jahresernte verloren hat und in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht ist, kann finanzielle Hilfe erwarten. Das ist
richtig und wichtig. Dabei ist darauf zu achten, nicht nach dem Gießkannenprinzip zu unterstützen, sondern einen Kriterienkatalog für Fördermöglichkeiten zu gestalten, der, breit angelegt, da hilft, wo Betriebe gefährdet sind.
Unsere Landwirtschaftsministerin, Frau Otte-Kinast, hat sehr schnell auf die Herausforderungen der Dürre reagiert. Im Vordergrund stand und steht immer die Futterbeschaffung. Dafür an dieser Stelle mein ausdrücklicher Dank, Frau Ministerin!
Unter anderem sind folgende Maßnahmen umgesetzt oder vorgesehen - sie wurden hier schon aufgezählt -: die vorgezogene Auszahlung der Direktzahlungen, Steuerstundungen, die Freigabe der als ökologische Vorrangflächen ausgewiesenen Brachen für Futtermittelzwecke, der Anbau von Zwischenfrüchten - eine genaue Regelung steht hier noch aus -, die gut angenommene Futterbörse der Landwirtschaftskammer und die Möglichkeit für Biobetriebe, mit konventionellem Futter zu unterstützen. Das Szenarium der Betroffenheit ist regional sehr unterschiedlich - das wissen wir alle -, und deshalb gilt es, Unterstützung passgenau zu gestalten.
Ich denke, uns alle eint die Frage, wie wir uns gemeinsam mit unseren Landwirten besser auf zukünftige Extremwetterlagen vorbereiten können. Wir müssen schauen, innerhalb welcher Grenzen wir in unserem wunderbaren Land - um noch einmal den Bischof zu zitieren - Antworten und Lösungen finden können.
Alles in allem bin ich froh über die Entscheidung der Bundesagrarministerin und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Logemann. - Für die AfD-Fraktion hat sich nun Frau Kollegin Guth gemeldet. Bitte schön!
Herr Präsident! Liebe Kollegen! Ich muss sagen, dass mich die Regierungserklärung unserer Landwirtschaftsministerin sehr freut, weil hierdurch endlich Bewegung in etwas gerät, was seit Wochen ohne greifbaren Ansatz diskutiert wird. Von daher möchte ich dafür erst einmal Danke sagen. Ich glaube, dass das ein Ansatz und ein wirklich guter Schritt in die richtige Richtung ist, und das umso
mehr, als es nun endlich auch die Bundeslandwirtschaftsministerin geschafft hat, sich dazu endgültig zu positionieren.
Es stimmt mich allerdings nachdenklich, dass bereits jetzt der finanzielle Rahmen für ein Thema abgesteckt ist, das nach meinem Eindruck weiter reichende Konsequenzen hat, die sich noch über viele Jahre für die Landwirtschaft auswirken werden. Ich halte diese Festlegung momentan für zu kurz gesprungen. Morgen steht ein Antrag von uns auf der Tagesordnung, bei dessen Einbringung ich darauf näher eingehen möchte.
Die vorgeschlagenen Maßnahmen werden wir natürlich nachdrücklich unterstützen, weil wir genauso wie Sie sehen, dass die Landwirtschaft dringend Hilfe braucht. Nach den Nässeschäden in den vergangenen Jahren kam dieses Jahr die Dürre. Ich glaube, das kann auf Dauer kein normaler Betrieb stemmen. Von daher sind hier Solidarität und Hilfe für unsere Landwirtschaft gefordert.
Ansonsten werde ich mich, wie gesagt, morgen bei der Begründung unseres Antrags noch auf einige weitere Themen beziehen und möchte die Redezeit jetzt nicht weiter strapazieren.
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die CDU-Fraktion hat nun das Wort Herr Kollege Dammann-Tamke. Bitte schön!
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich zitiere aus der „Empfehlung für eine „niedersächsische Strategie zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels“:
„Die längsten Trockenperioden im Sommerhalbjahr zwischen April und September dauern in weiten Teilen Niedersachsens im Jahresmittel 16 bis 17 Tage.“
Aber wie sieht es tatsächlich aus? - In meiner Heimatregion, in der besonders betroffenen ElbeWeser-Region, haben wir die letzten nennenswerten Niederschläge am 9. April gehabt. Wir zählen jetzt 135 Tage ohne nennenswerte Niederschläge. Und es ist völlig klar - da stimme ich dem Kollegen Grupe ausdrücklich zu -: Diese Dürreperiode ist noch nicht abgeschlossen. Wir müssen uns auch weiterhin sehr große Sorgen machen, welche
Entscheidend ist in diesem Zusammenhang aber der differenzierte Blick. Zum einen müssen wir regional differenzieren. Wir wissen durchaus, dass die Auswirkungen in Niedersachsen unterschiedlich sind. Betrachten wir nur einmal die Nachbarlandkreise Leer und Wittmund. Im Landkreis Leer war die Getreideernte sehr gut, im Landkreis Wittmund gab es die gleichen katastrophalen Auswirkungen wie andernorts. Außerdem müssen wir nach Betriebsausrichtung differenzieren. Ein Veredler, ein Schweine- oder Geflügelhaltungsbetrieb, ist mit Sicherheit anders betroffen als jemand, der für seine Kühe, für seine Rinder eine Futtergrundlage braucht. Und auch innerhalb der Gruppe der Milchviehbetriebe müssen wir differenzieren, weil es natürlich ein Unterschied ist, ob ein Betrieb auf Futtervorräte aus dem Vorjahr zurückgreifen kann oder ob seine Futtergrundlage beispielsweise aus Weide und Silage aus Gras besteht.
Ich bin der Bundesministerin und unserer niedersächsischen Landwirtschaftsministerin äußerst dankbar, dass sie in den vergangenen 135 Tagen, in denen der Ruf nach staatlichen Hilfen immer lauter wurde, sehr besonnen und sehr differenziert immer wieder darauf hingewiesen haben, dass wir vonseiten des Parlaments und des Finanzministeriums Steuermittel nicht einfach nach Gefühl und Wellenschlag zum Fenster hinauswerfen können, sondern dass es hier ein klares Verfahren gibt. Dieses ist heute durch die Feststellung, dass die Folgen der Dürre ein nationales Ausmaß erreicht haben, auf den Weg gebracht worden. Unsere Ministerin hat hier ja auch sofort erklärt, wie Niedersachsen mit dieser Lage umgehen will. Ansonsten liegt die Initiative natürlich bei den Ländern, aber selbstverständlich brauchen wir die Kofinanzierung des Bundes.
Die Redebeiträge haben mir gezeigt, dass wir uns hier im Parlament weitgehend einig darüber sind, dass wir helfen wollen und helfen müssen und dass wir vor allen Dingen den Betrieben helfen wollen, die sich in existenzieller Not befinden. Das eigentlich Spannende an dieser Debatte ist für mich deshalb, wie die gesellschaftspolitische Diskussion in den vergangenen Wochen verlaufen ist. Ich gebe zu, dass der Bauernverbandspräsident, Herr Rukwied, mit der aus der hohlen Hand ins Feld geführten Schadenssumme von 1 Milliarde Euro eher Öl ins Feuer gegossen hat; denn damit hat er suggeriert, dass die Landwirtschaft in
Fakt ist, dass diese Forderung in der Debatte im politischen Raum in völlig unterschiedliche Richtungen ausgeschlachtet worden ist. Aber bevor ich auf das politische Ausschlachten zu sprechen komme, möchte ich einen kurzen Blick in die Seelenlage von niedersächsischen Familien in der Landwirtschaft und vielleicht auch des einen oder anderen geben, der in diesem Jahr zu den Erntedankfesten gehen und folgenden Choral anstimmen wird: