Protokoll der Sitzung vom 12.09.2018

Es gibt keine Differenzierung zwischen Tatsachen und Meinungen mehr. Wenn man sich solche Sendungen einmal mit einem kritischen Geist anguckt - Sie können das nicht, Herr Meyer; das ist mir klar -,

(Lachen bei den GRÜNEN)

dann stellt man durchaus fest, dass fast vor jede Tatsachenbehauptung ein Adjektiv gesetzt wird, das die Tatsachenbehauptung bereits in eine bestimmte Richtung drängen soll. Achten Sie mal darauf! Machen Sie sich mal die Mühe! Der eine oder andere von Ihnen kann es vielleicht.

(Zurufe von den GRÜNEN - Glocke der Präsidentin)

Dann werden Sie feststellen, wie tendenziös diese Berichterstattung ist. Eine objektive Berichterstattung, die dieser Demokratie guttut und die ich vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk erwarte und sogar verlange, gibt es eben gerade nicht. Und warum gibt es sie nicht?

(Anja Piel [GRÜNE]: Vielleicht weil es die nur in Ihrem Kopf gibt!)

Man hat sich ja bequem eingerichtet. Es sitzen Parteivertreter in den Rundfunkräten. Man spielt sich gegenseitig die Bälle zu. Es ist ja auch sehr bequem für die öffentlich-rechtlichen Anstalten. Sie wissen: Sie sind immer mit dem nötigen Budget - ich komme gleich noch zu den Zahlen - versorgt. Es geht ihnen gut. Sie haben nichts auszustehen. Das Einzige, was sie machen müssen, ist, der Regierung oder vielmehr den Altparteien - man kann da ja alle vier nennen bzw. fünf; die Linke möchte ich da inzwischen auch einbeziehen - nach dem Mund zu reden.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Deshalb sind auch so viele AfDler in Talk- shows!)

Wenn man in einem solchen Zusammenhang von einer Demokratieabgabe spricht, dann ist das, meine sehr verehrten Damen und Herren, nichts anderes als blanker Hohn. Das ist keine Demokratieabgabe. Denn mit ihr wird genau das Gegenteil von Demokratie bewirkt. Hier wird bewirkt, dass, wie gesagt, nicht objektiv, sondern subjektiv be

richtet wird, dass massenweise beeinflusst wird. Ein inzwischen immer größer werdender Anteil an der Bevölkerung - immerhin fast ein Fünftel der Wahlberechtigten - wird an den Rand gestellt und im besten Fall ignoriert, im schlechtesten Fall stigmatisiert und diffamiert.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Meinen Sie, die AfD kommt zu wenig vor? - Jens Nacke [CDU] meldet sich zu ei- ner Kurzintervention)

Das ist der heutige Zustand im öffentlichrechtlichen Rundfunk.

(Beifall bei der AfD)

Kollege Meyer, jetzt mal wieder ein bisschen Zurückhaltung!

Das Interessanteste ist, dass Menschen, die bei der ARD beschäftigt sind, durchaus Dinge begreifen, die Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht begreifen. Ich war letzte Woche mit dem Unterausschuss „Medien“ auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin. Da habe ich ein Gespräch mit einem durchaus ranghöheren Redakteur der ARD geführt. Ich habe mich nicht zu erkennen gegeben. Ich habe nur meine Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk geäußert. Ich habe ihn aber auch gefragt, was man nach seiner eigenen Meinung besser machen sollte. Sogar er sprach von einer Hofberichterstattung. Er hat gesagt, die Nähe der öffentlich-rechtlichen Medien zur Politik der Bundesregierung und zu den - - -

(Anja Piel [GRÜNE]: Wen wollen Sie denn jetzt mit solchen Märchen behel- ligen?)

- Das ist kein Märchen. Das Gespräch hat es gegeben.

(Anja Piel [GRÜNE]: Geben Sie ein- mal an, wer das gewesen sein soll!)

Ich finde es interessant, dass Sie, sobald die Wahrheit hier einmal ausgesprochen wird, von Märchen sprechen. Hören Sie mir doch lieber einmal zu!

(Anja Piel [GRÜNE]: Dass kann doch wohl nicht wahr sein!)

Es ist jedenfalls bezeichnend, dass offensichtlich der eine oder andere ARD-Redakteur gedanklich wesentlich weiter ist, als Sie es zu sein scheinen.

(Anja Piel [GRÜNE]: Den haben Sie doch erfunden! - Glocke der Präsiden- tin)

Auch der Umstand, dass es immer wieder Prozesse vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die - - -

(Dirk Toepffer [CDU]: Vor Gericht würde ich nach Beweisen fragen, Herr Kollege! - Anja Piel [GRÜNE]: Seien Sie doch einmal seriös, Herr Kollege!)

- Das ist seriös. Hören Sie mir doch einfach mal zu! Sie können noch etwas lernen. Sie fragen doch immer: Was ist denn das Problem des öffentlichrechtlichen Rundfunks?

(Anja Piel [GRÜNE]: Schön, dass Sie mir das erklären!)

Sie begreifen ja gerade nicht, was das Problem ist. Ich will es Ihnen erklären - und Sie hören nicht zu. Aber gut! Das ist dann Ihr Problem.

Frau Piel, lassen Sie den Redner jetzt aussprechen, bitte!

Ich kann nicht weiterreden, wenn hier ständig dazwischengequakt wird.

Ich habe das doch schon gesagt!

Ja, gut, danke schön.

Die Umstellung auf das Beitragsmodell - ich habe es eben schon erwähnt; Sie sind in den Vorreden und auch im Entschließungsantrag ein wenig mit der Terminologie durcheinandergekommen - führt zu einer weiteren Erosion der Akzeptanz. Das ist kein Wunder. Wenn auf einmal jeder - egal, ob er auch nur eine Minute öffentlich-rechtliches Programm guckt oder nicht - dazu verpflichtet wird, 17,50 Euro im Monat zu zahlen, dann führt das logischerweise nicht gerade zu einer Akzeptanzverbesserung.

Wir haben den teuersten öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Welt, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich möchte Ihnen kurz Zahlen aus 2016 vor Augen führen.

Der Rundfunkbeitrag beläuft sich insgesamt auf 7,7 Milliarden Euro. Das sind 83 % der Gesamteinnahmen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Von den 17,50 Euro fließen 12,37 Euro an die ARD - davon geht das meiste an die Landesrundfunkanstalten - und an das ZDF 4,32 Euro. Das ist viel zu viel.

Sie wollen eine Stabilisierung. Ich habe bereits gesagt: Selbst wenn man ganz wohlwollend sein wollte, müsste man doch einmal die Bedenken der KEF - der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs - aufgreifen, die selber errechnet hat, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk bis 2020 einen Überschuss von über 1 Milliarde Euro angehäuft haben wird, zum einen, weil der Beitrag mit 17,50 Euro sowieso zu hoch ist, und zum anderen, weil dadurch, dass die vorgeschlagene Reduzierung auf 17,20 Euro von den Landesparlamenten nicht akzeptiert wurde, noch einmal eine halbe Milliarde Euro in die Kassen gespült wird.

Das heißt, da wird nicht abgebaut, da wird nicht - wie immer groß versprochen wird; das durfte ich auch eben von meinen Vorrednern hören - auf Wirtschaftlichkeit hingearbeitet. Genau das Gegenteil ist der Fall: Hier lässt man zu, dass sich der Apparat weiter aufbläht.

Und dann kommen so komische Ausgaben zustande wie z. B. die Ausgaben des ZDF für Champions-League-Übertragungsrechte - 50 Millionen Euro pro Fußballsaison -, die Ausgaben der ARD für Sportübertragungsrechte - von 2017 bis 2020 1,16 Milliarden Euro -

(Helge Limburg [GRÜNE]: Sind Sie jetzt auch noch gegen die „Sport- schau“?)

und für teure Eigenproduktionen wie den Sonntagskrimi - 1,7 Millionen Euro pro Krimi - sowie die Ausgaben für „funk“- 45 Millionen Euro pro Jahr.

Ich weiß nicht, ob Sie „funk“ kennen. „funk“ ist ein Konglomerat aus ungefähr 60 Video- und Audiokanälen, die über das Internet verbreitet werden und mit denen sich die Öffentlich-Rechtlichen anschicken, die Jugend zu erreichen, die ihr mehr und mehr abspenstig wird, weil sie andere Interessen hat, weil sie sich anders informiert und weil sie mit dem linearen Fernsehprogramm, wie wir es

bisher kannten, nicht mehr viel anzufangen weiß. Da baut man dieses „funk“ auf.

Ich habe zwei Kinder. Ich möchte nicht, dass eines meiner Kinder irgendeinen dieser Kanäle sieht. Haben Sie sich das einmal angeguckt? Ich bitte Sie: Tun Sie mir den Gefallen! Machen Sie das mal! - Da reiht sich Fäkalausdruck an Fäkalausdruck. Es ist unterste Schublade, was da läuft. Und das wird mit 45 Millionen Euro jährlich aus Rundfunkbeiträgen finanziert!

Dann gibt es noch eine unübersichtlich Zahl von Spartenkanälen, und es gibt Gehälter von Intendanten, die weit über dem liegen, was unsere Kanzlerin verdient. Da fragt man sich: Ist die Kanzlerin so schlecht, dass sie nicht mehr verdient - ich würde sagen: ja, passt -, oder aber sind die Intendanten so gut, dass sie - da habe ich so meine Zweifel - mehr verdienen als die Kanzlerin? Ich möchte damit deutlich machen, was für ein Ungleichgewicht das ist.

Zu dem Entertainment, das angeboten wird: Stellen Sie sich einmal vor, es kommt eine Nachbarin zu Ihnen und verlangt 17,50 Euro für Ihren nächsten Kinobesuch, damit sie sich Ihren Lieblingsfilm angucken kann! Würden Sie ihr dieses Geld geben? - Entertainment ist nun wirklich ein Privatvergnügen. Es hilft nicht dem Pluralismus. Es hilft in keiner Weise der Demokratie. Okay, es schadet ihr auch nicht, wie es die Nachrichtenberichterstattung der Öffentlich-Rechtlichen tut. Aber es hilft ihr auch nicht. Und dafür geht der Großteil der Beiträge drauf! Übrigens können Formate wie Netflix und Amazon Prime das wesentlich besser.

Wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk so gut ist, wie Sie meinen, dann sollte es ihm doch gelingen, seine hohe Angebotsqualität auf dem freien Markt, im Spiel der Kräfte, ohne Förderung durch die Rundfunkbeiträge, in Konkurrenz zum privaten Rundfunk zu behaupten. Davor, das zu müssen, scheint er aber große Angst zu haben.

Auf den Diskurs, den Sie in Ihrem Entschließungsantrag ansprechen, freuen wir uns; denn es gibt da wirklich viel zu diskutieren.

(Glocke der Präsidentin)

Ich bin mir sicher, dass es nicht an der AfD liegt, aber wir ein wichtiges Vehikel dafür sind, dass grundsätzlich über eine Neuordnung des öffentlichrechtlichen Rundfunks nachgedacht werden muss, tabulos auch im Hinblick darauf, ihn eventuell grundsätzlich zu überarbeiten, hin zu einem Bezahlfernsehen.

Sie müssen jetzt zum Schluss kommen.

Wir können diesem Antrag deshalb nicht zustimmen.

Vielen Dank.