Protokoll der Sitzung vom 12.09.2018

und es ist ebenso wenig die Aufgabe eines Finanzministers, mit der Konfettikanone über das Land zu fahren und für gute Laune zu sorgen.

(Beifall bei der CDU - Anja Piel [GRÜNE]: Das müssen Sie Herrn Hil- bers aber sagen, der sieht das deut- lich anders! Der ist ein Freund der Konfettikanone!)

Seriöse, generationengerechte und nachhaltige Finanzpolitik rechnet mit dem Geld, das sie tatsächlich hat oder sicher erwarten darf. Unsere Finanzpolitik, meine sehr verehrten Damen und Herren, rechnet mit dem Geld, das sie tatsächlich hat oder sicher erwarten darf. Auch wir können jeden Euro nur einmal ausgeben, und wir tun dies entsprechend dem Nutzen, den wir uns von jeder Ausgabe versprechen.

Mit der fortdauernden Umschuldung auf das aktuelle Zinsniveau entsteht Luft für Tilgungen und dringend nötige Erhaltungs-, Erweiterungs- und Zukunftsinvestitionen, die wir zu großen Teilen über die Sondervermögen absichern.

Tilgung um der Tilgung willen brächte derzeit wenig zusätzliche Entlastung. Nötige und zum Teil überfällige Investitionen dafür auf unbestimmte Zeit zu verschieben, wäre unverantwortlich. Die richtige Mischung aus Vorsicht und Tatkraft, aus Sparsamkeit und Investitionsbereitschaft zu finden, war die Aufgabe für diesen Haushalt. Der Finanzminister hat sie mit Bravour gelöst.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, nachdem die grüne Fortschrittsbremse nun gelöst ist - - -

(Beifall bei der CDU - Lachen bei den GRÜNEN - Christian Meyer [GRÜNE]: Hauptsache, ihr fahrt nicht gegen die Wand! Manchmal ist Bremsen ja gut! - Da Sie sich so freuen, fange ich noch einmal an: Nachdem die grüne Fortschrittsbremse gelöst ist, (Beifall bei der CDU - Jörg Hillmer [CDU]: Und noch einmal! - Christian Meyer [GRÜNE]: Wenn man am Ab- grund steht, ist Bremsen gut!)

haben SPD und CDU in ihrem Koalitionsvertrag anspruchsvolle Ziele für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Niedersachsens und für die konkrete Verbesserung der Lebensbedingungen unserer Bürgerinnen und Bürger formuliert. Mit dem Nachtragshaushalt 2018 haben wir bewiesen, dass wir diese Vorhaben umsetzen werden, und mit dem Haushalt 2019 setzen wir nun eine Politik fort, die Zukunft vor allem als Chance begreift, die wir nutzen wollen.

Mit Kita-Beitragsfreiheit, 1 000 Lehrerstellen, vorschulischer Sprachförderung und der Fortführung der Förderschulen investieren wir in unsere wichtigste Ressource: die Köpfe unserer Kinder. Mit der Beitragsfreiheit entlasten wir nicht nur finanziell junge Eltern in einer Lebensphase, in der sie vielfältige andere Aus- und Aufgaben für ihre jungen Familien zu bewältigen haben.

Mit 750 zusätzlichen Stellen im Polizeibereich, einem Stellenhebungsprogramm für die Polizei, zusätzlichen Stellen in der Justiz und der Weiterentwicklung des Polizei- und Ordnungsrechts nehmen wir uns der veränderten Sicherheitslage auch in unserem Land und dem veränderten Sicherheitsbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger an. Wir sind Repräsentanten der Menschen, die uns gewählt haben. Wir haben den Auftrag, uns um ihre Anliegen zu kümmern. Wenn Entwicklungen von weiten Teilen der Bevölkerung als problematisch empfunden werden, hilft es ganz offensichtlich nicht, immer wieder zu erklären, jemand habe nur noch nicht verstanden, dass tatsächlich alles in Ordnung ist.

Wir investieren in erheblichem Umfang in die Verkehrsinfrastruktur des Landes, in die Modernisierung der Hochschulmedizin und in die Digitalisierung. Das sind Investitionen, die in einem Flächenland von der Größe Niedersachsens nicht nur „nice to have“ sind. Nein, sie sind angesichts eines Wettbewerbs, der für immer mehr Branchen nicht an der Kreisgrenze Halt macht, und angesichts einer demografischen Entwicklung, deren Folgen schon jetzt spürbar sind, von elementarer Bedeutung für die Bewohnbarkeit ganzer Landstriche.

Wenn wir möchten, dass alle Menschen in Niedersachsen gleiche Entwicklungsmöglichkeiten vorfinden, und wenn wir möchten, dass sie sich auch künftig frei zwischen einem Leben in der Stadt und einem Leben auf dem Land entscheiden können, dann dürfen wir sie nicht länger im Licht einer digitalen Kerze oder gleich ganz im Dunkeln sitzen lassen.

Internetverbindungen sind Lebensadern - nicht mehr als Straßen-, Wasser- oder Stromleitungsnetze, inzwischen aber auch nicht weniger.

(Beifall bei der CDU)

Erlauben Sie mir zum Schluss eine Bemerkung an die Opposition aus Grünen und SP - - - FDP!

(Heiterkeit)

- Gerade noch die Kurve gekriegt!

Politik kann nicht besser sein als die Ziele, die sie verfolgt, und ohne Ziel geht jeder Schritt in die falsche Richtung. Es hat möglicherweise Gründe, dass es in der Geschichte des Landes Niedersachsen noch nie einen Grünen- und nur einmal, vor fast 60 Jahren, einen FDP-Finanzminister gegeben hat - der übrigens später zur CDU gewechselt ist. Wer wissen will, warum das so ist und warum es vielleicht auch so bleiben sollte, der muss sich nur Ihre Anträge und Pressemitteilungen ansehen.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Die einen finden aus ihrer Nörgelschleife aus Technologie- und Fortschrittsfeindlichkeit nicht mehr heraus und bekämpfen den angeblich übermächtigen Staat - aber nur so lange, wie sie nicht den Staat repräsentieren und das Gängeleibesteck in der Schublade bleiben muss. Sie fühlen sich erkennbar unwohl in einer Welt, in der Menschen selbst bestimmen wollen und sollen, was gut für sie ist.

(Lachen bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Genau darum geht es!)

Das ganze Land ein Umerziehungs- und Renaturierungsprojekt, in dem die grüne Lampe nur brennt, wenn sowieso schon die Sonne scheint!

(Lebhafter Beifall bei der CDU - Anja Piel [GRÜNE]: Das ist ja unterste Mot- tenkiste!)

Herr Toepffer, gestatten Sie eine Zwischenfrage? - Herr Toepffer lässt die Zwischenfrage nicht zu, Herr Kollege.

Die grüne Antwort auf jede Finanzierungsfrage sind Steuererhöhungen und die Verteuerung all dessen, was nicht im grünen Parteiprogramm

steht. - Es wird auch künftig eine gute Idee sein, Sie nicht an die Kasse zu lassen.

(Beifall bei der CDU)

Die anderen - sehen Sie es mir nach, Herr Birkner, Herr Grascha - können kaum an sich halten vor lauter guter Ideen.

(Heiterkeit bei der FDP)

Sie können sich aber leider auch nicht entscheiden, ob sie nun Schulden tilgen oder die Binnennachfrage stärken, Steuern senken oder Investitionen herauffahren wollen. Aber das ist ja auch nicht weiter schlimm, solange man nicht umsetzen muss, was man da fordert. Das alles kann man gerne so machen, muss man aber auch nicht, und besonders seriös ist es auch nicht.

Meine Damen und Herren, Niedersachsen hat Zukunft, und wir kümmern uns mit diesem Haushalt darum.

Vielen Dank.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Für die FDP-Fraktion hat sich Dr. Stefan Birkner zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Toepffer, wir sind etwas irritiert, dass Herr Hilbers die Rolle des großen Gatsby spielen soll. Ihnen ist doch bewusst, dass Gatsby am Ende erschossen wurde und zu seiner Beerdigung ausschließlich sein Vater und der Erzähler gekommen sind? - Herr Minister, wir wünschen Ihnen dieses Schicksal nicht, aber vielleicht sollten Sie das mal intern klären!

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN - Dirk Toepffer [CDU]: Aber bis dahin hatte er ein sehr schönes Leben!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Entwurf für einen ersten regulären Haushalt der SPD- und CDU-Regierung unter Stephan Weil ist das Zeugnis einer aus unserer Sicht unambitionierten und profillosen Politik.

Die Landesregierung verfolgt keine ehrgeizigen Ziele, sondern gibt sich eben mit dem Mittelmaß zufrieden. Das zeigen zahlreiche Indikatoren, die

im Ländervergleich dargestellt werden. Wir sehen ein Mittelmaß bei der Entwicklung des Schuldenstands pro Einwohner. Niedersachsen belegt beim Flächenländervergleich der Investitionsquote den letzten Platz. Herr Minister Hilbers, Sie haben sich gerühmt, dass die Investitionsquote ansteigen würde. Ich empfehle einen Blick in Ihre eigene mittelfristige Finanzplanung. Ihr zufolge sinkt die Investitionsquote von 4,8 % im Jahr 2019 auf 4,6 % im Jahr 2022. Warum erzählen Sie hier das Gegenteil?

Das Wachstum stellt sich in Niedersachsen unterdurchschnittlich dar. Bei Unternehmensgründungen sind wir allenfalls Mittelmaß. Bei der Ganztagsbetreuungsquote sind wir auch nur unterdurchschnittlich. Bei der Arbeitslosenquote sind wir im Vergleich der Westländer Mittelmaß. Und auch im jüngst veröffentlichten Bildungsmonitor des Jahres 2018 ist Niedersachsen Mittelmaß.

Jenseits von Lippenbekenntnissen und Parteitagsreden werden eben keine schlüssigen Konzepte verfolgt, um in die Spitzengruppe zu kommen.

Ehrlich gesagt, ich vermisse den Ministerpräsidenten und bedauere, dass er der Haushaltsdebatte nicht beiwohnt.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Der Herr Ministerpräsident versucht nämlich immer wieder, das Mittelmaß als niedersächsische Besonderheit und Eigenart zu verkaufen, und er kokettiert damit. - Dem ist aber nicht so. Niedersachsen ist mehr und kann mehr, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Nach unserem Verständnis ist es die Aufgabe von Politik, Schwerpunkte zu setzen und Entscheidungen zu treffen. Sie haben dafür in diesem Hause eine große Mehrheit. Sie könnten also tatsächlich eine entschlossene Politik betreiben. Wenn strukturelle Veränderungen zur Bewältigung von großen Zukunftsaufgaben eines Landes beschlossen und durchgesetzt werden könnten, dann müsste dies doch eigentlich im Rahmen einer Großen Koalition möglich sein. Sollte man meinen! Das würde aber voraussetzen, dass es auch ein gemeinsames Verständnis über die Probleme und die Herausforderungen, vor denen das Land steht, und eine Verständigung über Lösungen und Prioritäten gibt. Aber weder das eine noch das andere sind in Niedersachsen gegeben.

Das zeigt sich allein schon bei dem Theater, das Sie, Herr Minister Hilbers - aber eigentlich gar nicht mal so sehr Sie persönlich, sondern eher diese Große Koalition - in der Frage einer Strukturveränderung der Finanzämter aufführen. Es ist bezeichnend, wie wenig handlungs- und durchsetzungsfähig Sie selbst bei solchen eher kleinen Strukturveränderungen schon sind.

(Johanne Modder [SPD]: Das kann nur eine Fraktion sagen, die keine Wahlkreisabgeordneten hat, Herr Birkner!)

Nicht einmal dort sind Sie in der Lage, diese Dinge in den Fraktionen zu klären und umzusetzen! Stattdessen wird jetzt sehr mühsam versucht, das mit der Brechstange durchzusetzen - ohne die Beteiligten vorher eingebunden zu haben. Nicht einmal das können Sie ordentlich umsetzen!

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Sie haben - und das zeigt sich in Ihrer Politik - eben keine gemeinsamen Visionen zur Gestaltung des Landes und setzen keine klaren Prioritäten. Angesichts der sprudelnden Einnahmen wird einfach alles irgendwie früher oder später gemacht - aber eben nichts richtig und ohne erkennbares Profil und ohne Schwerpunktsetzung. Das, Herr Ministerpräsident, ist im Kern Politikverweigerung. Sie entscheiden am Ende eben nicht, Sie setzen keine Prioritäten, und Sie laufen Gefahr, dass es so fünf verlorene Jahre für Niedersachsen werden.