Protokoll der Sitzung vom 13.09.2018

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, diese jungen Leute bemühen sich von Anfang an, dass sich das Klima und die Kultur an ihrer Schule, aber auch insgesamt in der Gesellschaft verändern. Das, meine Damen und Herren, sind tolle Beispiele dafür, wie wir die Demokratiebildung, wie wir die politische Bildung in unserem Land stärken können - und auch stärken müssen.

(Vizepräsidentin Petra Emmerich- Kopatsch übernimmt den Vorsitz)

Meine Damen und Herren, das Leben in einer Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit. Unsere freiheitliche demokratische und offene Gesellschaft hat Gegner, denen es heute und in Zukunft die Stirn zu bieten gilt. Also stehen wir als Abgeordnete, als Demokraten auf und zeigen hier deutlich: Wir sind mehr!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Modder. - Zu Tagesordnungspunkt 15 b liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. - Doch, jetzt kommt der Kollege Schünemann. - Ich erteile Ihnen das Wort für die CDU-Fraktion, Herr Kollege Schünemann.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir leben in einem offenen und demokratischen Land. Am 23. Mai 1949 trat unser Grundgesetz in Kraft, das uns elementare Frei

heitsrechte zusichert. Darauf können wir zu Recht stolz sein.

Gerade wir Deutschen haben allerdings schmerzlich erfahren müssen, was es bedeutet, wenn eine freiheitliche Demokratie systematisch von ihren Gegnern demontiert wird - ist doch die Weimarer Republik unter dem Zangengriff rechter und linker Verfassungsfeinde zugrunde gegangen. Die Mütter und Väter unseres Grundgesetzes haben geschworen: Niemals wieder darf unsere Verfassung durch ihre Gegner missbraucht werden.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD und Zustimmung bei der FDP)

Meine Damen und Herren, unsere Grundwerte stehen nicht zur Disposition. Deshalb ist unsere Demokratie nach dem Grundgesetz als wehrhafte Demokratie ausgestaltet. Das heißt vor allem: Die freiheitliche demokratische Grundordnung unterliegt einer Ewigkeitsklausel. Verfassungsfeindliche Parteien können verboten und seit kurzer Zeit auch von der Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden. Für Verfassungsfeinde ist sogar eine Grundrechtsverwirkung vorgesehen.

So wichtig diese Schutzmechanismen auch sind: Letztlich ist es unser aller Auftrag, die Verfassung und damit unsere demokratische Ordnung zu schützen.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Wehret den Anfängen! - Das hat Weimar uns gelehrt. Ob Islamismus, ob Rechts- und Linksextremismus - das Leitprinzip der wehrhaften Demokratie verlangt, dass wir jeglicher Form des extremistischen Kampfes gegen die Grundfesten unseres Gemeinwesens mit allem Nachdruck entgegentreten. Deshalb dürfen wir keine rechtsfreien Räume dulden -

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

weder im Schanzenviertel in Hamburg noch im Juzi in Göttingen. Islamisten wie Abu Walaa dürfen nicht jahrelang unter dem Radar der Sicherheitsbehörden agieren können. Unerträglich und nicht hinnehmbar wäre, wenn Rechtsextremisten aufmarschieren, den Hitlergruß zeigen, Ausländer bedrohen und die Gesellschaft einfach wegschauen würde.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Verfassungsfeinde - egal ob von links, von rechts oder aus dem islamistischen Umfeld - dürfen keinen Platz in unserer Gesellschaft haben.

(Beifall bei der AfD und Zustimmung von Jörg Hillmer [CDU])

Was bedeutet das für jeden Einzelnen von uns? Wir brauchen eine Rückbesinnung auf die Werte unserer Demokratie, einen Aufbruch für unsere wehrhafte Demokratie. Was heißt das konkret?

Erstens Mut zu einer streitbaren Gesellschaft. Wir sollten Probleme benennen und nicht verschweigen. Achten wir auf unsere Sprache: klar, deutlich, aber achtend und respektvoll. Nehmen wir die Angst vor Veränderungen durch Zuwanderung ernst! Lassen Sie uns aber auch mehr den Diskurs wagen und die Andersdenkenden nicht ausgrenzen!

Zweitens Mut zu einem Bekenntnis für unser Land. Lassen Sie uns über ein Deutschlandjahr für junge Frauen und Männer diskutieren! Nicht nur sichert unsere Demokratie unsere Rechte, sondern sie funktioniert auch nur durch das Erfüllen von Pflichten.

Drittens Mut zur Prävention. Deradikalisierung ist anstrengend und fordert uns alle. Wir brauchen Ehrenamtliche zur Förderung von Demokratie, Toleranz und Engagement. Lassen Sie uns Demokratielotsen ausbilden!

Wir müssen auch die digitale Aufklärung vorantreiben, mehr Hilfestellung leisten, wie wir uns gegen Gewalt und Hass im Netz schützen können.

Viertens Mut zur politischen Entscheidung. Politik muss wieder mehr gestalten, statt zu verwalten und auszusitzen. Ansonsten stärken wir nämlich Leute mit vermeintlich einfachen Lösungen. Parlamentarische Demokratie bedeutet, den Bürgern zuzuhören, aber auch, notwendige Entscheidungen gegen den vermeintlichen Mainstream zu treffen.

Fünftens Mut zu starken Sicherheitsbehörden. Geben wir denjenigen, die uns schützen, umfassende rechtliche Instrumentarien, ausreichend finanzielle und personelle Ressourcen! Deshalb verabschieden wir noch in diesem Jahr das Polizeigesetz und stärken wir Polizei und Verfassungsschutz. Verfassungsschutz ist Demokratieschutz, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und vereinzelter Beifall bei der SPD)

Aufbruch für unsere wehrhafte Demokratie! Was müssen wir in Niedersachsen tun? Wir müssen uns wehren gegen jede Art von Extremismus - im Internet, im Beruf, in der realen Welt, in der Freizeit.

(Glocke der Präsidentin)

Unser Engagement ist gefordert. Seien wir mutig, unsere Werte zu verteidigen! Seien wir mutig, gegen die Feinde unserer Demokratie aufzustehen!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Danke, Herr Kollege Schünemann. - Jetzt spricht für die AfD-Fraktion Herr Christopher Emden.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn ich manche Debatten, die wir hier führen - z. B. gestern über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und heute in der vorherigen Aktuellen Stunde -, Revue passieren lasse, frage ich mich manchmal, wie ich das eigentlich verstehen und auffassen soll, was Sie sagen und wie Sie handeln. Vorhin war die Rede vom Widerspruch - ich komme über diese Widersprüche, die Sie zeigen, nicht hinweg.

Zum Beispiel das, was Herr Limburg - er ist gerade nicht da - zur Bedeutung der Verfassung und der Demokratie gesagt hat, fand ich klasse; das kann ich alles unterstreichen. Dass er dann aber meint, dadurch sei die Ausgrenzung einer durchaus mit beträchtlichem Rückhalt in der Bevölkerung versehenen Gruppe zu rechtfertigen, erschließt sich mir nicht; da komme ich einfach nicht mit. Das ist ein Widerspruch, der sich für mich nicht auflösen lässt.

Um es ganz klar zu sagen: Demokratie - ich habe es schon mehrfach betont; ich betone es noch einmal - bedeutet Respekt vor jedem; sie bedeutet auch Respekt vor den politisch Andersdenkenden. Sie verlangt gar nach dem Diskurs mit den politisch Andersdenkenden.

(Wiard Siebels [SPD]: Innerhalb der Demokratie!)

Sie bedeutet nicht Ausgrenzung und Diffamierung, sondern sie verlangt, wie gesagt, eine Diskussion zu führen. Diese Diskussion führen Sie eben gerade nicht,

(Wiard Siebels [SPD]: Doch, tun wir!)

sondern Sie grenzen immer wieder aus, und das unter dem Deckmantel der Demokratie.

(Wiard Siebels [SPD]: Wir grenzen Rechtsextreme aus!)

Dieser Widerspruch ist für mich einfach nicht auflösbar.

Da wir hier mehrfach in eine bestimmte Richtung diskutiert haben, möchte ich meine Rede einfach mal etwas anders strukturieren. Ich möchte in diesem Zusammenhang Denkanstöße geben.

Gestern habe ich gehört, vor allen Dingen in den Reden von Herrn Meyer und Herrn Birkner, dass Sie quasi vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk erwarten - ich überspitze es mal ein bisschen -, als Bollwerk gegen Tendenzen seitens des rechten Spektrums, der rechten Parteienlandschaft aufzutreten. Das ist auf jeden Fall auch im Hinblick darauf, dass es doch einige Konservative oder Erzkonservative gibt - und das sind nicht wenige in diesem Land -, die sich von den Medien eben nicht mehr verstanden und mitgenommen fühlen, schon bedenklich. Das ist doch nicht demokratisch! Die Medien sollen frei und unabhängig sein. Sie sollen kritisch berichten. Sie sollen kein Bollwerk sein. Sie sollen nicht tendenziös, sondern - das ist gerade das, was ich erwarte und verlange - frei und unabhängig berichten.

(Beifall bei der AfD)

Der nächste Punkt ist: Wenn wir hier hören, dass die Demokratie quasi nur dann gelten soll, wenn man die gleiche Meinung hat wie die Mehrheit in dieser Demokratie, dann ist dieses Verständnis genau das Gegenteil von Demokratie.

(Wiard Siebels [SPD]: Hat doch keiner gesagt!)

Wenn dann neben dem Verlangen nach einer gewissen tendenziösen Medienlandschaft, für die hier gestern die Lanze gebrochen wurde, auch noch die Überwachung des politischen Gegners dazukommt, dann frage ich Sie - und das ist mein erster Denkanstoß für Sie -: An was, verdammt noch mal, erinnert mich das eigentlich? Tendenziöse Medien, Überwachung des politischen Gegners - ich lasse das mal so im Raum stehen; vielleicht kommen Sie selber drauf, woran mich das erinnert.

Das bereitet mir, ganz ehrlich gesagt, Angst. Da muss ich wirklich von Angst sprechen; das ist keine Sorge mehr. Die Sorge um die Demokratie hat mich in die AfD eintreten lassen. Denn ich fand es

unerträglich, dass man in diesem Land nicht mehr frei seine Meinung äußern kann.

(Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜNEN)