Protokoll der Sitzung vom 13.09.2018

3. Plant die Landwirtschaftsministerin eine Ausweitung der Jagd auf Blässgänse, Saatgänse und Nonnengänse?

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Meyer. - Zur Beantwortung bekommt das Wort Frau Ministerin OtteKinast. Bitte schön!

Verehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Das niedersächsische Wattenmeer ist seit 1986 als Nationalpark geschützt. 1993 wurde es von der UNESCO zum Biosphärenreservat erklärt.

Wir sind stolz darauf, dass wir mit dem Wattenmeer seit 2009 zudem ein anerkanntes UNESCOWeltnaturerbe besitzen. Diesen Stolz teilen wir mit den Inselbewohnern, die dort leben. Einige von ihnen leisten als Inseljagdpächter in dem landeseigenen unverpachtbaren Wattenjagdbezirk eine ganz wichtige Aufgabe für den Naturschutz. Sie kümmern sich z. B. freiwillig und kostenfrei um die Rettung der Heuler. Die jungen Robben werden von ihnen versorgt und zur Seehundaufzuchtstation nach Norddeich gebracht. Die Inseljagdpächter sind also wichtige Kooperationspartner im Nationalpark Wattenmeer.

Meine Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle auf die Chronologie eingehen.

Die Jagdpachtverträge auf den vier Inseln Baltrum, Langeoog, Wangerooge und Norderney liefen zum 31. März 2018 aus und bedurften eines Anschlussvertrages. Die Verträge enthielten auf Wunsch der Nationalparkverwaltung weitergehende Ausnahmen, die von der Dömanenverwaltung in geübter Verwaltungspraxis in die auslaufenden Verträge eingearbeitet wurden. Diese gingen über die im Nationalparkgesetz bereits geregelten Einschränkungen der Jagdausübung hinaus und stießen bei den Jagdpächtern auf erhebliche Verärgerung. Sie sahen in den zusätzlichen Einschränkungen eine Verschärfung des Nationalparkgesetzes. Ich möchte daran erinnern, dass dieses Gesetz damals ein mühsam ausgehandelter politischer Konsens zwischen den Interessen des Nationalparks und der Interessenwahrung der Insulaner war. Hierunter fällt u. a., dass die Jagd auf Wasserfederwild nur auf den besiedelten Inseln mit Zustimmung der Nationalparkverwaltung zulässig ist und die Zustimmung je Insel für bis zu zehn Tage jährlich erteilt wird.

In Abwägung der naturschutzfachlichen Anforderungen und der berechtigten Kritik der Insulaner wurde das Verpachtungskonzept insoweit geändert, als Einschränkungen der Jagdausübung über das Nationalparkgesetz hinaus nur in die Jagdpachtverträge aufgenommen werden, soweit sie einer vorbildlichen Jagdausübung in landeseigenen Eigenjagden entsprechen.

Die Aufregung über die Jagdpachtverträge ist für mich nicht nachvollziehbar, zumal mein Vorgänger bereits 2016 einen Jagdpachtvertrag über den staatlichen Eigenjagdbezirk auf der Insel Juist verlängern ließ.

(Zurufe von der CDU: Aha! Wie heißt der denn? - Unruhe)

Dieser enthielt - Moment! - lediglich das Jagdverbot auf die Waldschnepfe,

(Christian Meyer [GRÜNE]: Aha! Kei- ne Jagd auf die Waldschnepfe! Ich habe keine Waldschnepfenjagd ver- längert!)

aber beinhaltete ansonsten keine weiteren jagdlichen Einschränkungen über das Nationalparkgesetz hinaus.

(Unruhe)

Frau Ministerin, Moment, bitte! - Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie der Ministerin zuhören, sind die Fragen nachher noch qualifizierter, weil Sie alles verstanden haben.

(Ulf Thiele [CDU]: Wir freuen uns so über ihre Antwort!)

Bitte schön, Frau Ministerin!

Vielen Dank, Herr Präsident.

Übrigens: Auch mein Vorgänger beließ der Waldschnepfe in Vogelschutzgebieten ihre allgemeine Jagdzeit. Die Bestände sind in einem guten Erhaltungszustand. Das hat die Fachebene des MU auch schriftlich bestätigt.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Dringliche Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Über die Verlängerung der Jagdpachtverträge mit den Inseljagdpächtern hatte ich am 23. August einen Hinweis per Mail auf diesen Vorgang erhalten. Einzelheiten waren mir nicht bekannt. Die Verhandlungen über die Verträge werden in solchen Fällen von den nachgeordneten Dienststellen - in diesem Fall der Domänenverwaltung - in Abstimmung mit der Nationalparkverwaltung und den Inseljagdpächtern geführt.

Zu 2: Auf Arbeitsebene gab es keinen Kompromiss zwischen ML und MU. Es gab mehrere Gespräche zwischen der Domänen- und der Nationalparkverwaltung sowie den Insulanern. Grundlage war ein Papier der Nationalparkverwaltung, die sogenannte Musterregelung. Diese enthielt die von ihr gewünschten einschränkenden Regelungen der Jagdausübung. Neben zahlreichen Übereinstimmungen verblieben aber auch unterschiedliche

Auffassungen darüber, was von der Domänenverwaltung im persönlichen Gespräch angesprochen wurde. Die Regelungen wurden dann von der Nationalparkverwaltung zusammengeführt und mit Datum vom 21. März 2018 an die Domänenverwaltung gesandt, wobei die strittig gebliebenen Punkte, nämlich die Waldschnepfe und ein generelles Verbot bleihaltiger Munition, ausdrücklich benannt wurden.

Diese war damit nicht einverstanden und teilte dies der Nationalparkverwaltung mit E-Mail vom 28. März 2018 mit. Darin wurde auch dargestellt, wie man mit den strittigen Punkten umgehen wolle. Für die Endfassung wurden noch weitere Anpassungen vorgenommen, die mit der Nationalparkverwaltung nicht weiter abgestimmt wurden.

Am 8. März 2018 fand ein Gespräch der Domänenverwaltung im ML statt. Sie wurde gebeten, den Jagdpachtvertrag für die Insel Baltrum exemplarisch zu überarbeiten und dann auch dem ML zur Prüfung zu übersenden. Mein Fachreferat hat den Jagdpachtvertrag geprüft und entsprechend den gesetzlichen Vorgaben überarbeitet. Ein Jagdverbot war in den Vertragsentwürfen nicht formuliert. Da die Waldschnepfe im Nationalpark keine wertbestimmende Art ist und ihre Bestände nicht gefährdet sind, wurde keine Notwendigkeit der Aufnahme gesehen. Darüber hinaus wurde die Bejagung der invasiven Nil- sowie der Kanadagans exemplarisch für Baltrum aufgenommen, was dem Jagdrecht nicht widerspricht und auch nicht gegen die Regelungen im Nationalparkgesetz verstößt.

Zu 3: Die Landesregierung hat aufgrund des Beschlusses des Landtages vom 22. Oktober 2014 in der Drucksache 17/2223 den Arbeitskreis Gänsemanagement eingerichtet, dem Vertreter aus Landwirtschaft, Naturschutz, Jagd und Grundeigentum angehören. Dieser begleitet die wissenschaftliche Untersuchung zu dem Forschungsprojekt „Einfluss der Jagd auf Gänse und Gänsefraßschäden“ und soll abschließend Empfehlungen für die Gänsejagd aussprechen. Ich plane keine Ausweitung der Jagd auf Bless-, Saat- und Nonnengänse ohne Einbeziehung der noch ausstehenden Ergebnisse dieses Arbeitskreises Gänsemanagement.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Herzlichen Dank, Frau Ministerin. - Jede Fraktion kann bekanntlich bis zu fünf Zusatzfragen stellen. Die erste Zusatzfrage für die FDP stellt der Kollege Kortlang. Bitte schön!

Verehrtes Präsidium! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Unser Umweltminister Olaf Lies wirft der Landwirtschaftsministerin Frau Otte-Kinast einen schlechten Stil und einen Alleingang vor. Aber ist es nicht auch ein Alleingang unseres Umweltministers, dass er die ominösen Strafzahlungen an die EU vehement verteidigt, obgleich die Landesregierung in der Drucksache 18/1180 angemerkt hat, dass sich die EU-Kommission nicht offiziell dazu positioniert hat und dass das Umweltministerium bis Ende dieses Jahres mit dem Niedersächsischen Landtag zur vollständigen Absicherung der FFH-Gebiete einen Plan erstellt, wonach wir das erarbeiten können?

Da ist die Frage:

Herr Kortlang, eine haben Sie schon gestellt.

Ich komme zur Frage: Warum hält Minister Lies so nachdrücklich daran fest, das vehement zu verteidigen und den Leuten weiszumachen und zu suggerieren, dass Strafzahlungen erfolgen werden?

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Erweite- rung des Fragegegenstands!)

Vielen Dank, Herr Kollege. Das waren jetzt zwei Fragen. - Frau Ministerin!

(Minister Olaf Lies begibt sich zum Redepult)

- Deutlich erkennbar: Herr Minister.

(Heiterkeit)

Bitte schön!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kortlang, ich bin mir nicht sicher, ob das Thema Natura 2000 von der Dringlichen Anfrage abgedeckt ist. Aber ich will Ihnen

gerne antworten, wenn das der Wunsch des Parlaments ist.

Ich war in der letzten Woche erneut in Brüssel. Dort ist noch einmal sehr deutlich gesagt worden, dass unsere Frist Ende des Jahres endet. Danach können alle weiteren Schritte folgen. Dazu zählt dann auch eine entsprechende Klage. Am Ende der Klage kann stehen, dass die drohenden Strafzahlungen Realität werden. Das liegt im Ermessen der EU-Kommission.

Ich glaube, es ist deutlich geworden, dass wir keine Zeit haben. Wir müssen diese rechtliche Sicherung mit großem Sachverstand und großer Überzeugung in den Kreistagen, in denen diese Arbeit geleistet wird, fortsetzen.

Genau das war mein Impuls! Es hilft nicht, von außen zu sagen: Nun legt euch doch noch mal zwei Jahre hin! Ich möchte nicht erleben, was hier im Parlament los ist, wenn diese Strafzahlungen irgendwann drohen und ich erklären muss, dass wir als Land Geld geben müssen - die Summe ist dabei fast nicht entscheidend -, weil der Bund das gegebenenfalls auf uns abwälzen wird. Insofern ist es meiner Meinung nach richtig, an dieser Stelle zu sensibilisieren.

Ehrlicherweise muss ich aber sagen, dass es eigentlich um ein ganz anderes Thema geht. Aber ich sehe schon, dass das jetzt nicht so von Interesse zu sein scheint. Dann will ich es bei der Antwort belassen, wenn das für Sie in Ordnung ist.

Vielen Dank, Herr Minister. - Ich darf darauf hinweisen, dass die Zusatzfragen kurz und knapp gehalten werden sollen, also ohne große Erläuterungen.

Die nächste Zusatzfrage für die FDP - das ist die dritte - stellt der Kollege Grupe. Bitte schön!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtet unter der Überschrift „Waldbauern in Sorge wegen Natura 2000“: „In der Koalition vermuten viele eine Retourkutsche von Lies.“ Da stellt sich wirklich die Frage - und da möchte ich Ihnen gerne helfen, Herr Minister -, ob der öffentlich entstandene Eindruck, dass sich die Minister dieser Regierung bei so wichtigen Themen gegenseitig eins auswischen, dem Problem gerecht wird und der Lösung nutzt.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Gute Frage!)