Der Ältestenrat schlägt vor, den Antrag an den Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung zur federführenden Beratung und an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen zur Mitberatung zu überweisen. Wer dieser Empfehlung folgen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist mehrheitlich so beschlossen. Damit ist der Antrag an die genannten Ausschüsse überwiesen.
Meine Damen und Herren, bevor es mit dem Jagdgesetz weitergeht, nehmen wir eine Umbesetzung im Präsidium vor. Es geht gleich weiter.
Tagesordnungspunkt 6: Abschließende Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Jagdgesetzes - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 18/1369 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - Drs. 18/1865 - Schriftlicher Bericht - Drs. 18/1931
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wenn Deiche brechen, sind Leben gefährdet. Die Stabilität der Deichstrukturen mit einer Fläche von etwa 6 600 km² muss für uns hohe Priorität haben. 1,6 Millionen Niedersachsen leben in deren unmittelbaren Nähe, ob an der Nordsee, der Elbe oder auch am Elbe-Seitenkanal.
Ich frage Sie, wie Sie es bewerten, dass der fachlich zuständige Minister an dieser Debatte nicht teilnimmt, obwohl er heute erst ab 17 Uhr entschuldigt ist. Wie bewerten Sie es, dass Herr Lies an dieser Debatte offensichtlich nicht teilnimmt?
(Anja Piel [GRÜNE]: Tolle Einstellung! - Jörg Bode [FDP]: Er jagt vermutlich den Wolf! - Heiterkeit - Gegenruf von Anja Piel [GRÜNE]: Noch darf er ihn nur am Schwanz ziehen, noch ist nichts mit Jagen!)
Wie bewerte ich das? - Wir haben hier ja ein großes Auditorium, und Herr Lies ist da voll informiert.
Die Nutrias - auch Biberratten, Sumpfbiber oder Schweifbiber genannt - graben sich metertief in die Deiche und bilden dort Gänge und Höhlen, welche wie Sollbruchstellen wirken und daher eine enorme Gefahr für unsere Deiche darstellen. Damit wir hier Sicherheit gewährleisten können, ist die heute hier zur Abstimmung stehende kleine Novelle des Niedersächsischen Jagdgesetzes zwingend notwendig, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Nun gibt es von gewissen Seiten die Kritik an dieser Novelle: Den Muttertierschutz könne man nicht einfach aufheben. Bei Recherchen im Internet habe ich sogar eine regelrechte Nutria-Fanseite aufgespürt, die einen wahren Kult um dieses Tier macht. Das rattenartige Tier als Fetisch, sozusagen!
Um den Bestand zu schützen, wird dort sogar mit Fehlinformationen gearbeitet. Ich kann diese Kritik nicht unterstützen, möchte aber zumindest auf sie eingehen.
Herr Dorendorf, entschuldigen Sie bitte! - Vielleicht könnten wir zunächst diese Teilfraktionssitzung auflösen.
(Helge Limburg [GRÜNE]: Teilfrakti- onssitzung? Moment mal! - Jens Na- cke [CDU]: Es gab interfraktionellen Abstimmungsbedarf!)
Natürlich - das muss ich als Jäger mit 41 Jahren Erfahrung ganz deutlich sagen - ist der Muttertierschutz einer der wichtigsten Grundsätze in unserem Jagdgesetz. Auf ihn können wir nur verzichten, wenn es wirklich keine Alternativen gibt.
Fallen aufstellen und erst einmal überprüfen, ist keine Alternative. Nutrias sind schlau, freigelassene Muttertiere werden den Kleinen schon beibringen, nicht in Fallen zu gehen. Das kennen wir von den Wölfen.
Und selbst wenn das doch passiert: Wie wollen wir erkennen, ob es sich um ein Muttertier handelt oder nicht? - Die Zitzen sitzen tief im Fell. Jetzt könnte man erwidern: Dann tasten Sie doch danach! - Aber ich sage Ihnen, die Zähne der Nutria sind scharf. Verletzungen sind unseren Jägerinnen und Jägern nicht zuzumuten.
Eine ganzjährige Bejagung ist schön und gut, aber wer stabile Deiche will, muss bei dieser invasiven Art auf den Muttertierschutz verzichten, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Dieser Gesetzentwurf ist ein gelungenes Kunstwerk, in monatelanger Feinarbeit peu à peu geschliffen und gefeilt, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Weit mehr als 24 000 Nutrias wurden bereits in diesem Jahr erlegt, und es hört und hört nicht auf. Bis zu dreimal wirft die Nutria im Jahr. Ich sage Ihnen eines: Der Klimawandel spielt gegen uns. In harten Wintern wie 2009 ist die Nutriapopulation zurückgegangen. Aber harte Winter werden seltener.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, unsere Deiche und unsere heimischen Arten, ja unsere Bevölkerung müssen geschützt werden. Noch haben wir es in der Hand. In den Niederlanden liegen die Kosten für die Nutriabejagung - dort spricht man ja schon von „Bekämpfung“ - bei ca. 33 Millionen Euro per annum.
Kommen wir zur Afrikanischen Schweinepest. Die Verhinderung des Ausbruchs der ASP hier bei uns in Niedersachsen steht natürlich im Fokus. Deswegen möchte ich auch dazu noch ein paar Sätze sagen.
Wir haben verschiedene Maßnahmen ergriffen, um hierbei das Schlimmste für Niedersachsen zu verhindern. Revierinhaber, die sich nicht an revierübergreifenden Drückjagden beteiligen, haben künftig unter bestimmten Bedingungen überjagende Hunde zu dulden. Bei Ausbruch der ASP - nur
Die Legalisierung des Schalldämpfereinsatzes macht außer den Jägern auch unseren Jagdbegleitern - d. h. den Jagdhunden - das Leben leichter. Für den Fangschuss beim Schwarzwild in Fallen und Saufängen ist er unerlässlich.
Die Erlegung von Wild aus einer Ansitzeinrichtung, die auf der Ladefläche eines Pkws fest montiert ist und die Höhe des Fahrzeugs deutlich überschreitet, damit man einen Kugelfang hat, oder die auf landwirtschaftlichen oder sonstigen Anhängern montiert ist, wird erlaubt. Das Fahrzeug muss stehen, und man darf natürlich nicht aus dem Pkw schießen.
Eine Frage, die in unseren Ausschusssitzungen ebenfalls aufgeworfen wurde, betrifft das Verhältnis von § 9 des Niedersächsischen Jagdgesetzes zu § 6 a des Bundesjagdgesetzes. Dort geht es um befriedete Grundflächen. Ich denke, dass unser Jagdgesetz an der Stelle das Bundesrecht gut ergänzt.
Aber vor dem Hintergrund der vorangegangenen Ausführungen halte ich es für geboten, die Seuchenbekämpfung aus § 9 Abs. 4 herauszuhalten; denn nur so können wir die Nutriaexplosion eindämmen. Durch den Grundtatbestand des allgemeinen Wohls ist dieser Punkt bereits geregelt, indem wir uns auch um befriedete Grundflächen wie die Autostadt in Wolfsburg kümmern. Dort ist die Nutria übrigens omnipräsent. Auch Bedenken bezüglich der Jagd auf Schwarzwild in besiedelten Gebieten kann ich nur ausräumen: Jeder Jäger ist für seinen Schuss natürlich verantwortlich. Grundsätzlich ist das so, wenn man eine Waffe führt.
Ich empfehle Ihnen, dem Gesetzentwurf in dieser Fassung zuzustimmen. Ein schriftlicher Bericht - das wurde hier gesagt - liegt Ihnen bereits vor.
Danke, Herr Kollege Dorendorf. - Für Bündnis 90/Die Grünen hat sich nunmehr Frau Miriam Staudte gemeldet.
ter Herr Dorendorf, wenn diese Gesetzesnovelle ein ausgefeiltes Kunstwerk sein soll, dann würde ich mir sehr wünschen, wir hätten hier einen Banksy-Bilderrahmen. Wir könnten das Gesetzeskunstwerk gleich nach seiner Verabschiedung oben reinstecken, und unten käme es dann geschreddert raus. Das wäre der einzig richtige Umgang mit diesem „Kunst“werk.
Uns liegt hier der Entwurf einer Jagdgesetznovelle vor, der wirklich eine ganze Reihe von jagdlichen Tabubrüchen vorsieht. Man muss sagen: Selbst in der Jägerschaft trifft er auf Kritik.
Es ist mir wirklich noch nicht vorgekommen, dass im Ausschuss eine Anhörung durchgeführt wurde, uns aber die schriftliche Stellungnahme eines eingeladenen maßgeblichen Verbands vorenthalten und erst auf Nachfrage nachgereicht wurde. Das ist schon ein starkes Stück! Ich muss ganz klar sagen: Wir haben den Eindruck, dass es kein Zufall war, dass die Stellungnahme im Ministerium liegengeblieben ist, sondern dass es das Ziel war, der Opposition nicht noch zusätzliches Argumentationsfutter zu geben.
Sie haben an einigen Punkten, an denen eklatante Kritik geübt worden war, einiges geändert. Auch der GBD hatte auf die verfassungsrechtlichen Bedenken hingewiesen, was die Nutriajagd durch Nichtjäger betrifft. Das haben Sie, Gott sei Dank, geändert. Aber eine ganze Reihe weiterer Tabubrüche bleibt bestehen.
Sie sagen, angeblich gehe es nur um eine intensivere und effektivere Bejagung der Schwarzwildbestände wegen der ASP. In Wirklichkeit handelt es sich um einen Freibrief, um künftig alle möglichen Verbote, die es bisher im Landesjagdgesetz oder im Bundesjagdgesetz gibt, aufheben zu können, und zwar nicht durch ein Gesetz, das hier breit debattiert wird, wozu es eine Anhörung und Beteiligungsmöglichkeiten usw. gibt, sondern durch Verordnung. Im Ministerium kann also entschieden werden, mal eine Verordnung zu machen, und zwar nicht nur zur ASP-Bekämpfung, sondern ganz grundsätzlich zur Seuchenprävention. Solche Ausnahmen könnten alle Wildarten betreffen, auch die, die bisher nicht im Jagdgesetz genannt werden.
Theoretisch könnte es sein, dass das Ministerium sagt: Oh, wir haben sehr hohe Seehundbestände. Bei so vielen Tieren breitet sich leicht die Staupe
aus. Wir erlassen mal, dass künftig mit einem Flugzeug über diese Bestände geflogen werden kann und man mit halbautomatischen - oder gleich auch mit automatischen - Waffen diese Bestände reduziert. - Theoretisch ist das möglich!