Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich über alle, die hier erklärt haben, dass sie an der Lösung dieses Problems konstruktiv mitarbeiten wollen.
Aber werfen wir zunächst einen kurzen Blick zurück! Im Jahr 2000 hatte Niedersachsen 7 926 000 Einwohner, 2010 waren es 8 000 weniger, und im Jahr 2017 waren es 7 962 000; eine Veränderung von 0,6 % mehr. So weit, so gut? - Nein. Die Entwicklung, was den Wohnraum angeht, ist in Niedersachsen sehr heterogen. In den Ballungszentren ist der Wohnungsmarkt überhitzt. Die Mieten steigen teilweise exorbitant. Mieter mit geringem Einkommen haben kaum eine Chance, bezahlbare Wohnungen zu bekommen.
Flankiert wird diese Entwicklung von gesellschaftlichen Veränderungen: Die durchschnittliche Haushaltsgröße sinkt, immer weniger Menschen in immer den gleichen Wohnungen, das Bedürfnis des Einzelnen nach Wohnraum wächst - das klang vorhin schon an -, und wir können mit Freude zur Kenntnis nehmen, dass die Lebenserwartung unserer Bürger steigt und damit auch die Verweildauer in den Wohnungen.
Das erklärt vielleicht zum Teil, woher der aktuelle Druck auf den Wohnungsmarkt kommt. Verantwortlich für diese drei von mir genannten Faktoren wird die Politik aber kaum sein.
Lieber Kollege von den Grünen, das Problem, das wir heute diskutieren, ist auch nicht erst seit zwölf Monaten bekannt. Trotzdem haben wir heute die Verantwortung, Probleme nicht nur zu beschreiben, sondern auch Lösungen anzubieten. Was das Quartiersmanagement angeht, muss ich Ihnen sagen: Warten Sie doch einmal die Haushaltsberatungen ab! Es gibt doch hier im Landtag zwei sehr kluge Fraktionen, die erkannt haben, dass in dem Bereich etwas zu tun ist.
In den vergangenen Monaten ist umfangreich etwas passiert. Wir sind Heiner Pott, dem scheidenden Verbandsdirektor des Verbandes der Wohnungswirtschaft, sehr dankbar für sein Engagement im Bündnis für bezahlbares Wohnen. Angekündigt im Januar 2018 von Minister Lies, gegründet im März 2018, hat dieses Bündnis in den vergangenen acht Monaten intensiv und effektiv gearbeitet. Dafür gebührt allen Partnern, die mitgearbeitet haben, ein ganz großer und herzlicher Dank. Sie haben mit großer Sachkenntnis und mit großem Fleiß viele Stunden zusammengesessen, um das Problem an der Wurzel zu packen.
Letzte Woche - davon wurde schon berichtet - sind die Ergebnisse präsentiert worden. Die fünf Arbeitsgruppen haben Vorschläge gemacht, von denen die Politik in den kommenden Monaten und Jahren profitieren wird. Es geht um die Erhöhung der förderfähigen Baukosten pro Quadratmeter, um die Erhöhung des Tilgungsnachlasses, es geht darum, auf den benötigten Grundstücken das Erbbaurecht zu stärken. Wir sind unserem Minister Reinhold Hilbers sehr dankbar, dass er sofort die Chance ergriffen hat, das für die Nordseeinseln zu erklären.
Es geht darum, Grunderwerbsteuern zu reduzieren, Planungsabläufe zu verschlanken und die Grundstücksvergabe deutlich zu vereinfachen.
Auch die Bauvorschriften, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben in den vergangenen Jahren nicht dazu beigetragen, dass die Investoren Lust darauf bekommen haben, zu bauen. Hier muss verstärkt in Angriff genommen werden, dass Bauverfahren digitalisiert oder andere Hemmnisse aus den Bauvorschriften entfernt werden.
Ich bin auch dankbar, dass das Handwerk mitgearbeitet hat. Der Brandschutz, die Lüftung, die Sicherheitsverglasung, das alles darf man nicht
In der Vergangenheit war es so, dass gut gemeint nicht immer gut gemacht worden ist. Denn was nützt die letzte Bestimmung aus der Energieeinsparverordnung, wenn die prognostizierten Einsparungen in der Praxis überhaupt nicht erreicht werden?
Auch zu der Entwicklung im Bestand gab es für uns als Politik wertvolle Hinweise. Warum sollen wir bestimmte Anforderungen nicht für eine bestimmte Zeit aussetzen? Wenn wir alle erkannt haben, dass das Problem Wohnraum ein Problem ist, dann ist doch jetzt die Zeit, darüber nachzudenken, andere Anforderungen vielleicht ein wenig herunterzuschrauben, um das Problem schnell und effektiv zu lösen.
Dazu gehört für uns als CDU auch die Frage: Sollte man nicht für befristete Zeit die Kompensation von Bauland aussetzen? Schon heute trifft die Frage nach Bauland auf einen ganz hohen Preis für Grund und Boden. Wenn wir für jeden Quadratmeter, den wir bebauen wollen, auch noch Quadratmeter kaufen müssen, um damit Natur auszugleichen, dann macht dies es für die betroffenen Menschen doppelt teuer. Damit Menschen bezahlbar wohnen können, muss nach unserer Auffassung an dieser Stelle der Naturschutz befristet ein wenig Pause machen.
Die guten Ideen, meine sehr geehrten Damen und Herren, müssen jetzt zügig auf den Weg gebracht werden. Es darf an kleinteiligen Befindlichkeiten nicht scheitern. Ein Dach über dem Kopf zu haben, ist ein menschliches Grundbedürfnis.
40 000 Sozialwohnungen bis zum Jahr 2030 sind ein hehres Ziel. Die Bundesmittel sind hilfreich. Aber ich kündige an, dass das Land auch mit eigenem Geld hier hineingehen muss; denn ohne eigenes Geld ist das Problem nicht zu lösen.
Wir müssen etwas tun - das steht außer Frage - mit eigenem Geld und einer Anpassung der Bauvorschriften, damit Bauen, meine sehr geehrten Damen und Herren, leichter und schneller wird.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie uns einmal genauer ansehen, worüber wir reden. Wir reden ganz viel über Wohnraum. Wir reden über Bauen. Das ist ein sehr technischer Begriff. Wir reden aber über Menschen - Menschen, die von dem Schicksal betroffen sind, sich Wohnungen nicht mehr leisten zu können, Menschen, die in der Wohnung, in der sie leben, nicht mehr bleiben können, weil sie zu teuer wird, oder gar keinen Wohnraum finden. Deswegen ist die Wohnraumfrage auch eine soziale Frage, die wir beantworten müssen.
Diese soziale Frage stellt sich übrigens nicht nur in den Ballungsräumen. Wir stellen in einem Flächenland wie Niedersachsen fest, dass Herausforderungen natürlich konzentriert in den Ballungsräumen bestehen und ganz konzentrierte Herausforderungen dort bestehen, wo große Studierendenzahlen zu verzeichnen sind. Deshalb geben wir auch eine Antwort darauf, wie wir mit dem Problem, Unterkünfte für Studierende zu beschaffen, umgehen. Wir haben aber Herausforderungen auch in den ländlichen Räumen, wo gerade für eine älter werdende Gesellschaft der barrierefreie Wohnraum nicht mehr bezahlbar ist und wo der Erlös aus dem Verkauf des eigenen Hauses kaum noch ausreicht, um an anderer Stelle eine barrierefreie Wohnung beziehen zu können. Deswegen ist das auch für ein Flächenland wie Niedersachsen eine ganz entscheidende Frage.
Wie geht man einen solchen Weg an? Ich will allen denjenigen, die sich hier so kritisch zu dem Bündnis geäußert haben, sagen, dass ich das für unangemessen halte. Das Bündnis ist meines Erachtens der richtige Weg, weil es alle Beteiligten, die übrigens in der Regel konträre Vorstellungen haben, zusammenholt, um gemeinsam zu überlegen, wie Lösungen aussehen könnten. Diese Ansicht wurde durch die Arbeit des Bündnisses auch bestätigt. 60 Akteure, die sich aus allen gesellschaftlichen Bereichen eingebracht haben! Ich finde, das ist ein riesiger Dank wert. Das ist nicht selbstverständlich und hat erheblich zu unserem Ergebnis beigetragen.
Natürlich verbergen sich dahinter Strukturen. Es bestehen Arbeitsgruppen, die zusammen sehr unterschiedliche Themen angehen. Es waren 100 Akteure, die mitgemacht haben. Es wurden Handlungsempfehlungen gegeben und vorgestellt. Das alles ist gesagt worden.
Das ist ein Zwischenschritt. Denn jetzt werden wir die Konkretisierung der Ergebnisse angehen. Das war auch der gewollte Weg. Es macht keinen Sinn, erst anzufangen und dann ein Bündnis zu beteiligen. Vielmehr muss man sich erst einmal mit allen zusammensetzen und den richtigen Weg entwickeln, um ihn danach konsequent einzuschlagen. Das machen wir.
Ich will den Dank aufgreifen. Das hat Reinhold Hilbers als Finanzminister sofort gemacht. Das Ziel des Bündnisses war, gerade auf den Inseln bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Dazu besteht die Möglichkeit, indem dort die Erbpacht gesenkt wird. Das war eine Entscheidung, die Reinhold Hilbers sofort getroffen hat. Das zeigt, dass die Landesregierung zwar Ergebnisse abwartet, sie aber so schnell wie möglich umsetzt. Auch von mir noch einmal einen ganz herzlichen Dank dafür! Ich glaube, das ist ein gutes Signal für die Arbeit dieser Landesregierung.
Die Arbeit geht natürlich weiter; denn wir werden auch innerhalb des Bündnisses weiter darüber diskutieren, welche Schritte erreicht worden sind, welche Maßnahmen weiter umgesetzt werden müssen und wo wir Erfolg haben.
Ich will nun auf den ungewöhnlichen Hinweis des Kollegen Meyer, mit Geld sei es nicht getan, eingehen. Ich glaube, manchmal hilft es, sich ein bisschen tiefer in die Materie einzuarbeiten. Wenn wir in der Lage sind, u. a. Förderbedingungen auf den Weg zu bringen, die die Attraktivität von sozialem Wohnungsbau anheben, und es im Wettbewerb eines begrenzten Marktes des Wohnungsbaus schaffen, dort zumindest einen großen Anteil zu erzielen, dann wird das nur gelingen, indem wir mehr Geld in die Hand nehmen.
Deswegen ist die Botschaft „Wir brauchen mehr Geld“ eine Grundvoraussetzung in einem Wettbewerbsmarkt, um dem Wohnungsbau auch die Chance für sozialen Wohnungsbau zu geben. Es ist völlig klar, dass das nicht ausreicht - völlig klar! Aber zu sagen, diese Voraussetzung braucht man nicht, ist natürlich falsch. Wir brauchen das sehr wohl! Ich finde, es ist ein klares und wichtiges Sig
nal dieser Landesregierung, dass sie den erkannten Tatsachen nicht nur Worte und Gesetze folgen lässt, sondern das Ganze auch wirtschaftlich und finanziell unterstützt. Ich halte das für ein klares und wichtiges Signal, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Zweitens geht es um die Verfügbarkeit von Bauland. Wir haben gerade darüber gesprochen, was die Inseln angeht. Das Problem gibt es auch an anderer Stelle. Wir werden also dafür sorgen müssen, dass Bauland zur Verfügung gestellt werden kann. Dabei geht es übrigens auch um die Fragestellung, ob eine Kommune den Höchstpreis erzielen muss, wenn gebaut werden soll, oder ob sie mit Konzepten eine Grundlage dafür schaffen kann, dass man davon losgelöst arbeitet. Und wie kann das Land an den Stellen, an denen es die Möglichkeit hat, unterstützen, dass Bauland verfügbar und bezahlbar ist?
Es geht drittens auch darum, die Kostensteigerung zu begrenzen. Das ist sehr wichtig. Wir haben über technische und fachliche Normen gesprochen. Inzwischen schaukeln sich die Fragen des Lärm- und des Emissionsschutzes auf. Scheiben und Wände werden immer dicker. Ob man damit dem eigentlichen Ziel, nämlich dem Klimaschutz, noch gerecht wird, muss man zumindest hinterfragen. Ich glaube, dass wir nicht mehr draufsatteln müssen - das war eine spannende Debatte in der Umweltministerkonferenz -, sondern dass wir es auch mit bezahlbarem Wohnraum ernst meinen. Dahinter verbirgt sich auch die NBauO.
Der vierte Punkt zeigt, was wir machen können: eine Nachverdichtungsoffensive für unser Land. Dazu muss man die Bedingungen verändern. Wir könnten z. B. - darüber diskutieren wir derzeit - für eine bestimmte Zeit die Wohnraumschaffung auch dadurch ermöglichen, dass wir bestimmte Vorschriften für einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren aussetzen. Dabei geht es um so banale Beispiele wie die Stellplatzverordnung, die in Ballungsräumen übrigens zur erheblichen Verteuerung von Wohnraum führt, und um bestimmte Bauvorschriften, z. B. zur technischen Nachrüstung, die man an der Stelle angehen kann.
Ich glaube also, dass es neben der Digitalisierung und der Beschleunigung sehr viele Beispiele für Maßnahmen gibt, die Anreize für Investoren geben sollen. Wir wollen dafür sorgen, dass die soziale Frage des Wohnens im Kontext eines begrenzten Markts aus verschiedenen Perspektiven betrachtet
Das machen wir übrigens nicht nur für den Wohnraum, der sozial gefördert wird und in sozialer Bindung ist; denn es entsteht in der gesamten Kette mehr bezahlbarer Wohnraum, übrigens auch für diejenigen in der Gesellschaft, die ganz normal arbeiten und sich das Wohnen kaum noch leisten können.
Abschließend möchte ich mich ganz herzlich bei allen bedanken, die daran mitgewirkt haben. Jetzt geht es an die Umsetzung. 40 000 Wohnungen bis 2030 sind das Ziel. Das Ziel ist auch, von heute 1 000 auf 4 000 Wohnungen je Jahr zu kommen. Ja, Sie haben recht: Am Ende sind Zahlen immer eine Grundlage, um sich an ihnen messen zu lassen. Aber das erhöht, glaube ich, nur unsere Anstrengungen, unser gemeinsames Ziel zu erreichen.
Vielen Dank, Herr Minister. - Damit ist die Aktuelle Stunde unter Punkt 17 c ebenso beendet wie die Aktuelle Stunde in Gänze für diesen Tagungsabschnitt.
Die für die Behandlung der Dringlichen Anfragen geltenden Geschäftsordnungsbestimmungen setze ich als allgemein bekannt voraus. Wie üblich weise ich besonders darauf hin, dass einleitende Bemerkungen zu den Zusatzfragen nicht zulässig sind.
Ich bitte bei Wortmeldungen um die Abgabe von Wortmeldezetteln, um uns zumindest in dieser Hinsicht den Überblick zu erleichtern.