Die medizinischen Angebote sind regional unterschiedlich und häufig unterfinanziert. Die häufigsten Barrieren für eine Teilnahme von Wohnungslosen an der ambulanten medizinischen Regelversorgung sind der fehlende oder unklare Versicherungsstatus, auch Gefühle wie Scham, wie Angst, fehlendes Vertrauen, zu weite Entfernung, körperliche bzw. psychische Unfähigkeit, fehlende Begleitpersonen, die beim Arztbesuch unterstützen können, finanzielle Gründe, Sprachprobleme, fehlende Krankheitswahrnehmung, Unwissenheit und Orientierungslosigkeit darüber, wo sich Arztpraxen befinden, Sorge um den eigenen Besitz bei Abwesenheit. Hausärzte berichten tatsächlich auch darüber, dass sie Obdachlose ihren anderen Patienten nicht zumuten könnten. Im Übrigen steht die Suche nach einem Schlafplatz oft im Vordergrund und ist dringender als ein Arztbesuch.
Ärzte müssen in erster Linie die speziellen Bedürfnisse von erkrankten Obdachlosen kennen, um sie angemessen behandeln zu können. Schauen wir uns einmal den psychischen Zustand dieser Menschen an. Mindestens 75 % der Wohnungslosen leiden aktuell an einer behandlungsbedürftigen psychiatrischen Störung. Bei 74 % fand sich aktuell oder früher eine substanzinduzierte, also eine Alkohol- oder Drogenstörung, und bei 55 % der Befragten mindestens eine Persönlichkeitsstörung. Eine genaue Analyse der psychischen Gesundheit von Wohnungslosen wurde auch schon vorgenommen. Darüber finden Sie Statistiken.
Ein spezielles psychosoziales Zentrum für Obdachlose gibt es leider nicht. Von daher - bitte sehen Sie es mir nach! - möchten wir diese Themen hier ansprechen dürfen, weil auch das Land in der Verantwortung ist, für obdachlose Menschen in Niedersachsen. Einfach zu sagen „die Kommunen“, das geht uns nicht weit genug.
Vielen Dank, Frau Guth. - Alle Fraktionen haben sich jetzt innerhalb der Aussprache zu Wort gemeldet. Ich frage die Landesregierung, ob sie noch sprechen möchte. - Sie ist nicht geneigt. Rein theoretisch hätten Sie noch drei Minuten Redezeit. - Okay. Dann darf ich die Fragestunde insgesamt als erledigt betrachten.
Wie ich es Ihnen, meine Damen und Herren, eben schon angekündigt hatte, kommt jetzt außerhalb der Tagesordnung die Unterrichtung durch die Landwirtschaftsministerin.
Außerhalb der Tagesordnung: Unterrichtung durch die Ministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz über die Sperrung von Geflügelbetrieben wegen des Verdachts auf verunreinigtes Futter
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie über den aktuellen Fall einer Verunreinigung von Futtermitteln für Geflügel mit nicht dioxinähnlichen polychlorierten Biphenylen - kurz: ndlPCB - informieren, der auch in Niedersachsen Auswirkungen hat.
PCBs sind Umweltkontaminanten und in Lebensmitteln unerwünscht. Seit Januar 2012 gilt ein Höchstgebot für verschiedene Lebensmittel tierischer Herkunft, darunter auch für Geflügelfleisch, Hühnereier und Eiererzeugnisse. Dieses soll sicherstellen, dass die über Lebensmittel aufgenommene Menge an PCBs möglichst gering ist.
Das Dezernat Futtermittelüberwachung des LAVES wurde am 2. November 2018 durch das Landesamt für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen darüber informiert,
dass bei der Untersuchung einer Masthähnchenprobe aus Nordrhein-Westfalen im Rahmen des Nationalen Rückstandskontrollplans eine Überschreitung des Höchstgehalts für die sogenannten nicht dioxinähnlichen PCBs festgestellt wurde.
Als Ursache der Kontamination wurden in NRW Futtermittel ermittelt, die durch punktuelle Lackabsplitterungen aus zwei verschiedenen Verladezellen eines Futtermittelherstellers in Nordrhein-Westfalen verunreinigt worden waren. Die betroffenen Futtermittelchargen könnten nach Informationen aus NRW teilweise bis zu zehnfache Höchstgehaltsüberschreitungen bei ndl-PCBs aufweisen.
Durch Ermittlungen der Behörden in NRW konnte festgestellt werden, dass Einzellieferungen möglicherweise kontaminierter Futtermittel auch an Betriebe in Niedersachsen erfolgten. Die entsprechenden Empfängerbetriebe wurden dem LAVES am 2. November 2018 von NRW übermittelt. Das Referat Lebensmittelkontrolle des ML wurde ebenfalls am 2. November 2018 telefonisch über eine mögliche Betroffenheit informiert.
Nach dem aktuellen Stand sind 290 t möglicherweise ndl-PCB-kontaminierter Futtermittel nach Niedersachsen geliefert worden. Die Futtermittelüberwachung des LAVES hat noch am 2. November 2018 die Geflügelhalter, die entsprechende Futtermittellieferungen erhalten haben, informiert und die weitere Verfütterung dieser Futtermittel vorsorglich untersagt. Auch die zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden wurden informiert.
Erst am 9. November 2018 hat Nordrhein-Westfalen weitere von Futtermittellieferungen betroffene Betriebe nachgemeldet. Dadurch hat sich die Zahl der insgesamt betroffenen Betriebe in Niedersachsen deutlich erhöht.
Aktuell betroffen durch Futtermittellieferungen sind insgesamt neun niedersächsische Betriebe, in den Landkreisen Osnabrück fünf Betriebe, in Nienburg zwei Betriebe und in der Grafschaft Bentheim zwei Betriebe. Bei den Betrieben handelt es sich um Hähnchenmast-, Legehennen- und Putenmastbetriebe.
Die amtliche Überprüfung der Betriebe durch die Futtermittelüberwachung des LAVES ergab, dass die an niedersächsische Betriebe gelieferten Futtermittel aus den verdächtigen Chargen bereits vollständig verfüttert worden waren und daher Untersuchungen zur tatsächlichen Belastung mit ndl-PCBs nicht mehr möglich waren.
Daraufhin erfolgte am 7. November eine Information der für die Betriebe zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden durch das ML mit der Maßgabe, Beprobungen durchzuführen und sicherzustellen, dass aus den Betrieben bis zum Vorliegen der Untersuchungsergebnisse kein Geflügelfleisch und keine Eier in Verkehr gebracht werden. Die Probenahmen und Untersuchungen wurden unverzüglich veranlasst.
Gestern und vorgestern wurden die ersten Untersuchungsergebnisse vorgelegt. Das Fleisch von 4 000 Putenhennen aus einem Betrieb im Landkreis Nienburg liegt über dem Höchstgehalt. Sie dürfen somit nicht als Lebensmittel in Verkehr gebracht werden. Diese Tiere hatten vom 14. September bis zum 24. September das in diesem Fall offensichtlich kontaminierte Futter erhalten. Bei Masthähnchen aus zwei Betrieben im Landkreis Osnabrück und zwei Betrieben in der Grafschaft Bentheim lagen die ndl-PCB-Gehalte hingegen unterhalb des festgelegten Höchstgehalts. Für die weiteren fünf Betriebe stehen die abschließenden Ergebnisse derzeit noch aus.
Bei einem der von den Futtermittellieferungen betroffenen Betriebe handelt es sich um einen Junghennenaufzuchtbetrieb im Landkreis Nienburg. Aus diesem Betrieb wurden Junghennen in 18 Legehennenbetriebe in verschiedene Landkreise in Niedersachsen - Ammerland, Aurich, Diepholz, Emsland, Leer, Nienburg, Oldenburg, Region Hannover, Rotenburg, Wolfenbüttel - und auch in den Zweckverband JadeWeser geliefert. Auch diese Betriebe unterliegen einer amtlichen Sperre, bis durch Untersuchung der Hennen und der von ihnen gelegten Eier die Unbedenklichkeit erklärt ist.
Weitere Junghennenlieferungen erfolgten in drei Betriebe in Nordrhein-Westfalen, in zwei Betriebe in Sachsen-Anhalt und in jeweils einen Betrieb in Brandenburg und Thüringen. Die zuständigen obersten Landesbehörden dort wurden am 12. November durch mein Ministerium informiert.
Aktuell werden weitere Ermittlungen und Probenahmen in den niedersächsischen Legehennenbetrieben durchgeführt. Vom Ergebnis der Untersuchungen hängt jetzt ab, ob die Gewinnung von Eiern zum Verzehr wieder zugelassen werden kann. Bis dahin bleiben alle diese Betriebe amtlich gesperrt.
Mir wird signalisiert, dass eine Aussprache von mindestens zwei Fraktionen gewünscht wird. Es liegen auch schon Wortmeldungen vor. Deshalb brauche ich nicht abstimmen zu lassen.
Ich stelle fest, dass die Unterrichtung durch die Ministerin, leicht aufgerundet, sechs Minuten gedauert hat. Für die nun folgende Aussprache erhalten, wie grundsätzlich vereinbart, die beiden großen Fraktionen ebenso viel Redezeit, wie die Landesregierung verbraucht hat - also jeweils sechs Minuten -, die drei Oppositionsfraktionen erhalten in der Summe so viel Redezeit wie die beiden Regierungsfraktionen zusammen. Das sind jeweils vier Minuten für die drei sogenannten kleinen Fraktionen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es scheint sich hier um einen der größten Futtermittelskandale und in diesem Fall auch um einen der größten Lebensmittelskandale der letzten Jahre zu handeln.
- Die Ministerin hat doch gerade gesagt, dass nicht nur Futtermittel belastet sind - die Ministerin hat eben vom Zehnfachen des Grenzwerts gesprochen -, sondern dass wir - - -
- Haben Sie zu dem, was die Ministerin gesagt hat, jetzt „dummes Zeug!“ gesagt? Haben Sie andere Erkenntnisse?
(Helge Limburg [GRÜNE]: Die Minis- terin selbst spricht von „Skandal“, und ihr macht hier solche Zwischenrufe!)
Meine Damen und Herren, Herr Minister, jetzt lassen wir einmal Ruhe einkehren. - Herr Schönecke! - Herr Minister, einen Moment! Wir sind noch nicht so weit.
- Klar. Trotzdem: Was wir jetzt brauchen, ist Ruhe. Wenn alle Platz nehmen und Ruhe einkehrt, geht es weiter. Herr Meyer, bitte sehr!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es scheinen sehr viele Betriebe betroffen zu sein. Insgesamt 290 t dieses PCB-haltigen Futtermittels sind allein nach Niedersachsen geliefert worden. Auch andere Bundesländer sind betroffen. Daher ist das ein sehr großer, überregionaler Lebensmittel- und Futtermittelskandal, zumal wir gerade gehört haben, dass auch Puten, die als Lebensmittel in Verkehr hätten gelangen können oder möglicherweise gelangt sind, über den Grenzwert hinaus belastet sind. Das ist natürlich eine mögliche Gesundheitsgefährdung.
Man stellt sich viele Fragen. Seit dem 2. November - das ist jetzt zwölf Tage her - weiß das Ministerium von diesem Fall, seit dem 7. November untersucht sie und sperrt Betriebe. Wenn die CDU jetzt weiter unruhig ist, erinnere ich an die Pressemitteilungen von Herrn Dammann-Tamke oder die Anträge von Herrn Nacke im Parlament, bei denen jedes Mal gefordert worden ist - ich dachte, das sei so Brauch -, dass man nicht die Presse über eine Pressemitteilung am Nachmittag informiert, sondern dass man, wenn Niedersachsen von etwas betroffen ist - es geht hier um den Agrar- und Lebensmittelstandort -, unverzüglich das Parlament unterrichtet und nicht zwölf Tage auf Meldungen sitzt, die man aus Nordrhein-Westfalen hat, und hier im Parlament schweigt. Dabei entsteht schon der Eindruck, man möchte hier etwas vertuschen, und man hat gehofft, dass die Werte darunter liegen und man nichts zurückrufen muss. Jetzt musste man wohl veröffentlichen, weil gestern auch Nordrhein-Westfalen veröffentlicht hat.
Deshalb ist es weiterhin so, dass es sehr stark an Transparenz und an Aufklärung gegenüber dem Parlament mangelt.
Es bleiben Fragen, wenn es heißt, die Futtermittel seien durch punktuelle Lackabsplitterungen bei einem Futtermittelhersteller in Nordrhein-Westfalen verunreinigt worden: Gab es das schon länger? Sind möglicherweise in der Vergangenheit Lebensmittel mit dieser Betroffenheit in den Verzehr gelangt? Was ist eigentlich mit den Eigenkontrollen, die die Futtermittelbranche durchführen soll? Was ist dort eigentlich passiert? - Zu fragen ist dies vor allen Dingen vor dem Hintergrund, dass die CDU und die Ministerin jetzt die Gebühren für die Futtermittelkontrollen und damit auch die Kontrollen in Niedersachsen deutlich herunterfahren will. Das wirkt schon so, als ob man dann deutlich weniger kontrolliert, wodurch solche Futtermittel- und Lebensmittelskandale zunehmen werden.
Ich glaube, es ist auch im Sinne der betroffenen Betriebe ganz wichtig, dass die Ursachen schnell aufgeklärt werden; denn, wie die Ministerin gesagt hat, gehören diese PCBs, dieser giftige Stoff, nicht in Futtermittel und erst recht nicht in Lebensmittel. Wenn möglicherweise Eier und Putenfleisch in den Handel gelangt sind, dann ist es schon wichtig, dass sich dieses Parlament damit beschäftigt.