Ihre Politik ist, wenn ich die Diskussion hier in diesem Haus verfolge, leider keine Alternative für Deutschland, sondern in weiten Teilen eine Schande für Deutschland, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wir fördern die Demokratiebildung in Niedersachsen, wir statten die Schulen gut aus, und wir wollen kritisch diskutierende Schülerinnen und Schüler, begleitet von den Lehrkräften in Niedersachsen. Damit sind wir auf dem richtigen Weg.
Vielen Dank, Herr Politze. - Herr Abgeordneter Wichmann, Sie haben dem Kollegen Politze einen „Scheibenwischer“ gezeigt. Für diese Geste der Respektlosigkeit erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.
(Zuruf von Klaus Wichmann [AfD] - Wiard Siebels [SPD]: Keine Unflätig- keiten gegenüber dem Präsidium! - Johanne Modder [SPD]: Ein bisschen Anstand wird ja wohl noch möglich sein!)
Jetzt fahren wir in der Rednerliste fort. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Kollegin Hamburg das Wort. Bitte!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Demokratiebildung stärken - da rennen Sie bei uns offene Türen ein. Das ist ein wichtiges Element. Gerade die positiven Beispiele, die Sie auch selbst angeführt haben - „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“, aber auch das Durchführen von Jugendwahlen oder die Thematisierung von Kinderrechten an Schulen -, zeigen, welch tolle Initiativen Schulen entwickeln und was das Gestalten von Demokratiebildung an Schulen bewirken kann.
Aber ich möchte Ihnen auch sagen, dass den Lehrkräften angesichts von Lehrkräftemangel und mangelnder Unterrichtsversorgung oftmals die Zeit fehlt, in ihrer Arbeitszeit all diese Konzepte mit Inhalten zu füllen und stärker zu etablieren. Wir müssen darauf achten, dass solche Initiativen, solche Projekte nicht daran scheitern, dass sie irgendwann nur noch ein Schild an der Tür, gepaart mit einer Projektwoche, sind, weil den Lehrkräften schlichtweg die Zeit fehlt, diese so auszufüllen, wie sie es gerne tun würden.
Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, Demokratiebildung ist am Ende mehr als ein Projekt. Wir brauchen strukturelle Veränderungen, wenn wir wollen, dass Demokratiebildung an Schulen verankert wird. Hier reicht es nicht, Modelle wie „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“ zu fördern. Das sind sicherlich positive Elemente, aber die strukturelle Verankerung von Demokratie an Schule geht anders, nämlich durch die Schaffung von echter Teilhabe und indem man den Jugendlichen das Gefühl gibt und ihnen auch zeigt, dass ihre Stimme zählt. Es geht darum, ein Beschwerdemanagement an Schulen zu etablieren, das Teilhabe für junge Menschen auch ermöglicht. Demokratie bedeutet nicht zuletzt auch, dass alle Statusgruppen angemessen an Schule beteiligt werden. Demokratie lernen heißt Demokratie leben, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das will an jeder Schule in Niedersachsen verankert werden.
Nicht zuletzt müssen wir Strukturen etablieren, die es ermöglichen, dass Diskriminierungserfahrungen aus der Schule verschwinden. „Jude“ ist immer noch ein Schimpfwort an niedersächsischen Schulen, und viele Jugendliche fühlen sich auch heute noch - etwa aufgrund ihrer sexuellen Orientierung - diskriminiert.
Hier gilt es, nachhaltige Strukturen zu etablieren und sich nicht etwa, wie es Lehrkräfte derzeit beispielsweise im Bereich der sexuellen Vielfalt tun, an die Initiative SCHLAU zu wenden, die Peer-topeer-Group-Arbeit von Schülerinnen und Schülern für Schülerinnen und Schüler macht und nicht etwa Lehrkräfte berät. Es kann doch nicht sein, dass es diesbezüglich in der Landesschulbehörde oder sonst wo für Lehrkräfte keine adäquaten Ansprechpersonen gibt, die bei Problemen an der Schule helfen. Das muss sich ändern, liebe Kolleginnen und Kollegen. Demokratie lebt der, der auch keine Diskriminierungserfahrung erlebt und Schule als einen Schutzraum für sich wahrnimmt.
Nicht zuletzt könnte man sehr einfach Demokratie mit Jugendlichen leben, indem man das Wahlalter senkt. Das ist etwas, was in Niedersachsen überfällig ist, was aber jedem Schüler, jedem Jugendlichen, jeder Jugendlichen zeigen würde: Du bist etwas wert; du hast in der Demokratie mitzugestalten. - Es wäre an der Zeit, hier das Wahlalter zu senken und die erste Wahl somit in der Schule durchführen zu können und sie auch durch die Schule zu begleiten.
Denn so schön Projekte auch sind, so viel Spaß sie auch machen, so viel sinnvolle Anregungen sie auch geben und wie gut sie vielleicht auch Demokratie verankern mögen, muss man doch sagen: Demokratie verteidigen heißt am Ende, Demokratie zu leben, und zwar überall, nicht nur in der Schule, nicht nur an 300 Grundschulen über Kinderrechte zu reden, sondern überall und in der Breite verankert.
Ich sage Ihnen: Die Jugend in Niedersachsen ist dafür bereit. Wir können es anpacken und hier mehr Demokratie wagen.
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Das Wort hat nun Herr Abgeordneter Bock von der CDU-Fraktion. Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wer sich heute mit jungen Menschen unterhält, ihre Lebensart beobachtet, hört, wie sie die Welt wahrnehmen, wird feststellen, dass oftmals eine Leichtigkeit mitschwingt und Unbekümmertheit vorhanden ist. Ernsthafter ausgedrückt, könnte ich auch sagen: Sie sind oberflächlicher, gerade was so gewichtige und wichtige Themen wie Demokratie und Freiheit angeht.
Für sie ist das Leben, das sie leben, frei und unbekümmert zu sein, etwas ganz Selbstverständliches. Das gilt sicherlich für die meisten Menschen in unserem Land. Wer kennt denn noch die Schrecken der nationalsozialistischen Herrschaft, die Schrecken des letzten großen Krieges, die Ängste, die Entbehrungen, die damit verbunden waren? Die Frau Präsidentin hat es angesprochen: Einer der letzten Zeitzeugen ist kürzlich verstorben. Zu nennen sind beispielsweise auch die Schrecken des DDR-Unrechtsregimes. Fast 17 Millionen Menschen mussten in der DDR so leben, wie es dort vom Staat vorgeschrieben war.
Natürlich wollen wir uns nicht ständig mit den Schrecken der aktuellen Zeit oder der Geschichte auseinandersetzen. Wir wollen ja gerade frei von Ängsten und Sorgen leben. Aber die Unbekümmertheit gerade der jungen Generation macht die offene Flanke unserer Demokratie und Freiheit aus. Die Welt besteht nicht nur aus Freunden. Im Gegenteil, an vielen Stellen lauern Gefahren für unsere Freiheit. Ich will gar nicht groß auf die Gefahren des linken und rechten politischen Raums eingehen; das hat Herr Politze schon ausreichend getan. Auch Kriminalität, Terrorismus, religiöser Fanatismus gefährden unsere Freiheit, die vom Demokratischen geprägten Entscheidungen und unseren Lebensstil. Die mit unserem Land befreundeten Staaten sind ja nicht in jeder Hinsicht unsere Freunde, wie wir an vielen Stellen merken müssen, da von außen an die Grundfesten unserer Demokratie herangegangen wird. Gerade die neuen Möglichkeiten des Internets machen deutlich,
Daher ist es umso wichtiger und richtiger, dass wir Kinder und Jugendliche in der Schule nicht nur gut auf das Leben an sich vorbereiten, sondern vor allem auch ihre Sinne und Antennen dafür schärfen, welche Gefahren für unsere Lebensweise in dieser Welt lauern.
Ich finde, wenn ich mir die Welt von heute ansehe: Selten war das Bekenntnis zur freiheitlichdemokratischen Grundordnung, zur wehrhaften Demokratie so wichtig und bedeutend wie in der heutigen Zeit.
Wir alle spüren noch immer ein hohes Maß an Politikverdrossenheit. Populisten haben offensichtlich noch immer an vielen Stellen Hochkonjunktur. Manchmal meint man, dass das gesamtgesellschaftliche Gleichgewicht zu wanken scheint. Natürlich stecken dahinter auch gesellschaftspolitische Herausforderungen, Themen, die angepackt werden müssten: Ängste vor Fremden, das Sicherheitsgefühl der Menschen, Frust über vielleicht zu teure Wohnungen und vieles mehr. Aber darauf will ich gar nicht weiter eingehen.
Umso wichtiger ist es, dass gerade wir wieder mehr darüber reden, in welcher Gesellschaft und in welchem Staat wir eigentlich leben, wie sich dieses Leben seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges verändert hat und wie es in Zukunft aussehen soll, und dies vor allem und gerade mit jungen Menschen, mit den Schülerinnen und Schülern an den vielen Schulen.
Natürlich - Herr Politze hat es angesprochen - gab und gibt es bereits Politikbildung, Demokratiebildung in den verschiedensten Facetten in unseren Schulen. Genauso, wie sich die Welt da draußen immer ständig neu wandelt und schneller dreht, müssen wir auch darauf schauen, welche Möglichkeiten und Mittel der Manipulation sich verändert haben, und entsprechend unseren Lernstoff in den Schulen anpassen.
Wir müssen schauen, wo wir anpassen und verändern müssen und mit neuen Projekten gerade die jungen Menschen für diese Themen begeistern können. Demokratie muss gerade in der Schule, finde ich, täglich erlebbar gemacht werden, um die Entwicklung demokratischer Haltungen und Demokratiekompetenzen bei Kindern und Jugendlichen auszubauen und zu stärken. Dies gelingt, wenn wir Schule und Unterricht danach ausrichten.
Auf die einzelnen Projekte dieses Themas, was noch in die politische Liste aufgenommen worden ist, will ich nicht eingehen. Das hat Herr Politze ausreichend getan.
Lassen Sie mich aber zum Thema Onlineportal der AfD noch etwas anmerken. Meine Damen und Herren, der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker hat einmal gesagt:
„Demokratie lebt vom Streit, von der Diskussion um den richtigen Weg. Deshalb gehört zu ihr der Respekt vor der Meinung des anderen.“
Das bedeutet auch Respekt vor der Meinung von Lehrkräften, vor der Haltung von Lehrkräften und vor der Haltung, die sie im Rahmen des Bildungsauftrags auszufüllen haben und ausfüllen. Der AfD gelingt das in diesem Fall offensichtlich nicht. Ansonsten würde man ein solches Denunziantentum nicht in die Welt rufen. Dem stellen wir uns als CDU-Fraktion massiv entgegen.
Meine Damen und Herren, Demokratie lebt von engagierten Menschen, die sie leben und die für sie einstehen. Unsere Schulen und unsere Kinder sind häufig ausgrenzenden, rückwärtsgewandten Positionen ausgesetzt. Diesen besser zu begegnen und gegen sie gewappnet zu sein, dient unser Ansatz, dem wir in diesem Haushalt einen Schwerpunkt geben. Handeln wir immer in diesem Bewusstsein für unser aller Freiheit und Demokratie!
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie haben eben Beispiele für Aktivitäten teilnehmender Schulen beschrieben bekommen. Das ist bestimmt sehr sinnvoll angesichts allerorten beklagter Wissensdefizite unserer Schüler. Es ist bestimmt allemal besser, multikulturelle Tanzveranstaltungen oder öffentliche Demonstrationen durchzuführen, als ordentlich lesen zu können oder sich in Physik oder Chemie auszukennen. - Entschuldigen Sie bitte die Ironie!
Woran machen Sie eigentlich fest, dass es in der Gesellschaft ein Demokratiedefizit gebe? - Ich vermute, Sie beklagen das Phänomen, dass rechte Parteien europaweit immer mehr Zulauf bekommen. Ich sage, es ist genau andersherum: Der Zulauf für rechte Parteien ist ein gutes Zeichen dafür, dass die Demokratie funktioniert. Dies bedeutet, dass die Menschen doch noch selber denken, dass sie für ihre Rechte, für ihr Land einstehen wollen, dass sie nicht willenlos ihre Identität und Selbstbestimmung an einen anonymen Apparat im fernen Brüssel abgeben möchten, der sie technokratisch bis in die letzte Nische regiert und dem sie folgsam zu gehorchen haben.
Eine rechte Partei zu sein, ist nichts Schlimmes. CDU und FDP sind maßlos nach links gewandert und haben auf der rechten Seite eine riesige Lücke hinterlassen.
Dort befindet sich nun die AfD. Ja, wir sind eine konservative Partei. Wir stehen für das, was in den vergangenen Jahrzehnten von FDP, CDU, ja zum Teil sogar von der SPD vertreten wurde. Von dort kommen etliche unserer Abgeordneten. Von dort kommen viele unserer Wähler, die sich von Ihnen, den sogenannten etablierten Parteien, nicht mehr vertreten fühlen.