Ich bitte um Nachsicht, Frau Präsidentin, dass ich mich noch einmal gemeldet habe. Ich bitte, auch in diesem Fall so zu verfahren, wie üblicherweise in diesem Hause verfahren wird.
Ich habe ausdrücklich den Hinweis gegeben, dass die AfD-Fraktion weder im Ältestenrat noch zum Ältestenrat darum gebeten hat, in diesem Hause diese Fragestellung zu erörtern. Diese Möglichkeit hätte es ja gegeben. Nach meiner Einschätzung handelt es sich nun um einen Antrag auf Erweiterung der Tagesordnung. Da genügt es, wenn eine Fraktion widerspricht. Ich denke, das habe ich zumindest für die CDU-Fraktion deutlich getan. Insofern bedarf es einer weiteren Abstimmung in diesem Hause nicht.
So sind wir bisher immer bei Anträgen auf Erweiterung der Tagesordnung verfahren. Ich denke, wir sollten von diesem Verfahren auch bei Anträgen der AfD nicht abweichen.
Vielen Dank, Herr Nacke. - Da es in der Tat ein Antrag auf Erweiterung der Tagesordnung um eine Aussprache geht und die CDU-Fraktion hier widersprochen hat, kommt es nicht zu einer Abstimmung.
Wie aus der Tagesordnung zu ersehen ist, hat der Ältestenrat die Aktuelle Stunde in der Weise aufgeteilt, dass heute die Anträge der Fraktion der SPD und der Fraktion der FDP und am Mittwoch die Anträge der anderen drei Fraktionen behandelt werden.
Die in unserer Geschäftsordnung über den Ablauf der Aktuellen Stunde geregelten Bestimmungen setze ich als bekannt voraus.
a) Demokratiebildung stärken - Schulen beziehen Position für Demokratie und Menschenrechte - Antrag der Fraktion der SPD -
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Politische Bildung und Demokratiebildung sind wichtige Elemente in unserem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat, und diese müssen wir stärken.
Deswegen bin ich sehr froh, dass Niedersachsen die Landeszentrale für politische Bildung wiedereingeführt hat und damit ein deutliches Zeichen gesetzt hat.
Ein weiteres deutliches Zeichen werden wir mit diesem Haushalt setzen. Wir werden nämlich die Demokratiebildung finanziell noch weiter ausbauen und deutlich stärken, damit Demokratiebildung an Schulen stattfinden kann. Jede Schülerin und jeder Schüler kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, und dazu müssen wir sie ermutigen.
Mit dem Projekt „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“ werden mehr als 2 700 Schulen und 1,2 Millionen Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen erreicht werden. Ich finde, das ist ein bemerkenswertes Ergebnis, und darauf können wir stolz sein.
Wir wollen mit der Stärkung der Demokratiebildung und dem Ausbau der Mittel dazu beitragen, dass Kinderrechtsnetzwerke an Schulen in Niedersachsen gestärkt werden können, dass Kinderrechtskonferenzen stattfinden können, dass Kinderrechtsschulen ihre Arbeit machen können. Stärken wollen wir insbesondere auch die Arbeit von Schülervertretungen - Schülervertretungen an Grundschulen beispielsweise, die derzeit im Schulgesetz nicht abgebildet sind - und die Fortbildungsmöglichkeiten der Lehrkräfte. Das ist uns eine Aufstockung um 500 000 Euro wert. Ich glaube, das ist der richtige Weg.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in einem demokratischen Staat ist es wichtig, Schülerinnen und Schüler von Anfang an für Demokratie zu sensibilisieren. Wir leben seit über 70 Jahren in einer Demokratie und in Frieden. Eine Nazidiktatur konnte beendet werden. Deutschland wurde befreit.
Die Nazis hatten sich den Staat zur Beute gemacht. Das darf nie wieder passieren, meine sehr geehrten Damen und Herren. Aber heute gibt es
leider wieder solche Tonlagen, die uns aufmerksam aufhorchen lassen sollten. Ich darf nur einmal Herrn Gauland zitieren: „Wir werden uns unser Land und unser Volk zurückholen.“ Das erinnert mich an die plumpe Naziideologie und an Nazisprech, wie wir ihn schon einmal hatten.
Wenn ich Demonstrationen wie in Chemnitz verfolge, bei denen Plakate mit der Aufschrift „Lügenpresse“ getragen werden und der bildungspolitische Sprecher - das muss man sich einmal überlegen! - dieser AfD-Fraktion, Herr Rykena, in der ersten Reihe hinter den Scharfmachern marschiert, dann macht mich das nachdenklich.
Nachdenklich macht mich auch, dass die AfD in Niedersachsen ein Meldeportal gegen missliebige Lehrer einführen will. Das ist Denunziantentum, das wir aus der Zeit vor über 70 Jahren kennen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das brauchen wir in Deutschland sicherlich nicht.
Wir brauchen kein Meldeportal, sondern kritisch diskutierende Lehrkräfte und kritisch diskutierende Schülerinnen und Schüler. Politiklehrer sind dazu verpflichtet, eine sachliche Auseinandersetzung mit den in Politik, Wissenschaft und Öffentlichkeit vertretenen Positionen im Unterricht zu ermöglichen.
Ich frage Sie unter der Prämisse des Neutralitätsgebots für Lehrer, ob Sie den Beutelsbacher Konsens weiterhin fortführen wollen.
Lieber Herr Henze, ich will an dieser Stelle ziemlich deutlich sagen - ich habe gerade damit angefangen, es auszuführen -, dass eine kritische Diskussion in Schule deutlich gewünscht ist, und zwar in alle Richtungen. Das machen unsere Lehrkräfte in Niedersachsen. Ich bin ihnen dafür dankbar, dass sie Schülerinnen und Schüler in Politik, in kritischer Debatte stärken und darauf hinweisen, welche Probleme es gibt.
(Lebhafter Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN - Wiard Siebels [SPD]: Die Kontrolle darüber hat der Staat und nicht die AfD- Fraktion!)
Unsere demokratischen Grundwerte werden von den Lehrerinnen und Lehrern vertreten, und sie weisen auf das Grundgesetz hin. Ich habe überhaupt keinen Zweifel daran, dass die Lehrkräfte in Niedersachsen dieser Aufgabe sehr gut gerecht werden.
Rassismus und Ausgrenzung darf es in einer Demokratie nicht geben. Wenn ich Ihre Anträge hier lese, so strotzen diese genau vor diesen Ideologien. Es ist wichtig für die Demokratiebildung, dass wir dem entgegentreten und dass kritische Schülerinnen und Schüler darüber diskutieren dürfen. Denn Anonymität schafft keinen Dialog, sondern genau das Gegenteil, und Ihre Meldeplattform sorgt für Anonymität.
- Ja, das ist richtig. Da greife ich einmal auf ein Zitat Ihres Kollegen zurück. Im Rundblick hat Herr Lilienthal gesagt: „Zur Demokratie gehört auch das Verständnis dafür, dass die eigene Meinung nicht das Ende des politischen Horizonts bedeutet.“ Nur, bei Ihrem politischen Horizont ist leider immer das Ende erreicht, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Genau dieses Ende sollte die AfD insgesamt in den Blick nehmen, wenn sie nun mit ihrer Plattform missliebige Lehrer diskreditieren will.
Wenn man dann die Kampfblätter aus Ihrem Haus, die immer bei mir im Briefkasten landen, erhält - wobei zufälligerweise genau an dem Tag das Schild „Keine Werbung!“ abgerissen ist -, so ist es spannend, dass Sie sich darin mit dem Thema Christentum auseinandersetzen. Jetzt nehme ich einmal die Vorweihnachtszeit und das Christentum: Ihre Krippe wäre leer: keine Araber, keine Dunkelhäutigen und keine jüdischen Babys. Ihre Krippe wäre armselig, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU und bei der SPD sowie Zustimmung bei den GRÜNEN - Dana Guth [AfD]: Das tut schon weh! Ganz ehrlich!)
Ihre Politik ist, wenn ich die Diskussion hier in diesem Haus verfolge, leider keine Alternative für Deutschland, sondern in weiten Teilen eine Schande für Deutschland, meine sehr geehrten Damen und Herren.