Protokoll der Sitzung vom 11.12.2018

Wir fordern stattdessen kluge Investitionen, wie 200 weitere Stellen für Polizeianwärterinnen und -anwärter - zusätzlich, keinen Nachersatz. Und nach den Skandalen in den Schlachthöfen Niedersachsens fordern wir auch eine Fortbildung unserer Polizei in tierschutzrechtlichen Fragen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zudem fordern wir, eine echte Aufgabenanalyse für die Polizei vorzulegen, um künftige Personalbedarfe dem Grunde, dem Zeitplan und der Qualifikation nach abschätzen und einplanen zu können. Nur so ist eine seriöse und tatsächlich solide Planung möglich, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Bei Ihnen fehlt aber auch an einer anderen wichtigen Stelle das Geld: Niedersachsen entwickelt sich unter Ihnen immer weiter zu einer Datenschutzwüste. Sie haben als ersten Paukenschlag das Kunststück hinbekommen, mit der DatenschutzGrundverordnung das mit dem hiesigen Datenschutzgesetz schon niedrige Datenschutzniveau in Niedersachsen noch weiter abzusenken. Tatsächlich ein Tiefpunkt für Niedersachsen!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Jetzt bekommt die Datenschutzbeauftragte entgegen ihrer Forderung im Innenausschuss nicht einmal mehr Personal. Wir hingegen stärken die Landesdatenschutzbeauftragte und fügen hier weitere Stellen an.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein weiterer sehr wichtiger zukunftsträchtiger Punkt unserer Innenpolitik ist der Teil Migration und Teilhabe. Dort ist es sehr, sehr bitter anzuschauen, wie rotgrüne Erfolgsprojekte, die wir in der letzten Legislaturperiode auf den Weg gebracht haben, nach und nach einkassiert werden.

Für die Große Koalition spielt das Themenfeld Migration und Teilhabe im Grunde keine Rolle mehr. Das zeigt auch dieser Haushalt. Obwohl die Große Koalition ständig von Integration spricht, scheint die deutsche Sprache nicht dazuzugehören. Der Wissenschaftsminister hat gerade bei den

Sprachkursen massiv einkassiert. Ich habe schon vor Augen, wie in ein paar Jahren Unionspolitiker in Talkshows sitzen und den Leuten vorwerfen, sie würden kein gutes Deutsch sprechen. Das Wissenschaftsministerium liefert dafür gerade die Grundlage, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Wie bitter es wirklich ist, sehen wir an einem sehr aktuellen Fall. Gerade wurde der Friedensnobelpreis an Nadia Murad verliehen. Sie war in der letzten Legislaturperiode auch Gast bei der Landtagsfraktion der SPD. In ihrer Dankesrede hat sie herausgearbeitet, wie wichtig die Aufnahmeprogramme für diese Frauen - für den Schutz dieser Frauen - waren und wie dieses Programm ihnen die Möglichkeit gegeben hat, ihre Stärke zu entfalten, wie wir es gerade auch bei Nadia Murad sehen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Unsere Forderung dazu wurde im Innenausschuss von der Großen Koalition kurzerhand einkassiert. Wir fordern weiterhin ein niedersächsisches Aufnahmeprogramm für syrische Geflüchtete und damit auch sichere Fluchtrouten und sichere Fluchtwege.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Damit in direktem Zusammenhang steht natürlich auch der Hilfsfonds für die Verpflichtungsgeberinnen und Verpflichtungsgeber. Wir hatten gerade den Protest der Betroffenen hier vor der Haustür des Landtags. Sie haben noch einmal deutlich gezeigt, wie sie hier von der Großen Koalition im Regen stehen gelassen werden, die immer wieder darauf verweist, der Bund sei dafür zuständig, und sich hier aus der Verantwortung stiehlt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, so geht es nicht! Wir fordern hier die Hilfe des Landes Niedersachsen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Sebastian Lechner [CDU]: Der Bund ist zustän- dig!)

Aber auch andere Themenfelder in diesem Bereich, z. B. die Abschiebung, gewinnen erneut an Dramatik. Minister Pistorius unterstützt jetzt ein rechtsstaatlich fragwürdiges Punktesystem und will nach seiner Aussage damit Abschiebungen beschleunigen. Damit soll Abschiebung regelrecht als neues Strafmaß eingeführt werden, und die Polizei soll dieses idealerweise auch noch sofort verhängen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Auch das Thema Nachtabschiebung: Unsere Anfrage hat ergeben, dass nächtliche Abschiebungen in Niedersachsen keineswegs die Ausnahme sind, sondern erschreckend häufig stattfinden. Rund die Hälfte der Abschiebungen in die Herkunftsstaaten sind Nachtabschiebungen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Rund ein Viertel der durchgeführten Abschiebungen fand unter Beteiligung von Kindern und Jugendlichen statt. Sehr geehrter Herr Innenminister, das ist ein fürchterlicher Trend. Da müssen Sie wieder die alte Stärke, die Sie unter Rot-Grün hatten, entwickeln und wieder etwas mehr Stehvermögen entwickeln!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Unterm Strich bleibt zu sagen: Ihr Reden und Ihr Handeln fallen massiv auseinander. Das hat dieser Haushalt hier noch einmal unter Beweis gestellt.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Onay. - Wir kommen jetzt zu dem Beitrag der SPD. Es spricht zunächst der Kollege Ulrich Watermann.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir diskutieren jetzt den Haushalt des Innenministeriums. Das ist ein Ministerium, das sehr viele Themen beherbergt und auch Kontinuität in der Politik erforderlich macht. Deshalb will ich zu Beginn feststellen, dass man hier heute bei dem ersten richtigen Haushalt von Rot-Schwarz eine interessante Diskussionsweise erlebt. Rollen verändern sich auf einmal sehr stark, Argumentationsketten sind auf einmal erstaunlicherweise ganz anders. Die einzig vorhandene Kontinuität ist bei der FDP und bei der SPD; denn da sind die Rollen nicht gewechselt worden.

(Zurufe von den GRÜNEN: Oh!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, gucken wir uns diesen Haushalt an! Zu Beginn kann man sagen - das ist, glaube ich, ganz wichtig -, dass wir für Schutzsuchende und für das Thema Integration im Haushalt die zweitgrößten Aufwendungen haben. Ich finde, das ist auch in Ordnung so, weil wir hier nämlich - im Gegensatz zu dem, was der Kollege Belit Onay gesagt hat - natürlich weiterhin auf Kontinuität setzen. Wir gucken, dass die Integrati

on fortgesetzt wird, dass die nichtstaatlichen Organisationen weiterhin unterstützt werden.

(Belit Onay [GRÜNE]: Leider nicht!)

Wir werden Niedersachsen weiterhin als ein Land sehen, das gute Nachbarschaft pflegt und das aufnahmebereit für Menschen ist, die zu uns kommen, weil sie Schutz suchen. Ich sage ganz deutlich: Das ist ein niedersächsisches Phänomen, das wir durch den Haushalt ganz deutlich dargestellt wissen. Da kann der äußerste rechte Rand dieses Hauses sagen, was er will - wir werden weiterhin dafür einstehen, dass Menschen, die Schutz brauchen, diesen Schutz bei uns gewährt bekommen und dass wir anständig mit ihnen umgehen.

Das bedeutet auch, dass wir genau hinschauen. Da wo es Möglichkeiten für eine freiwillige Ausreise gibt, werden wir auch weiterhin einen Schwerpunkt setzen. Wir werden versuchen, dort, wo es ganz klar ist, dass eine Ausreise rechtlich zwingend erforderlich ist, dies innerhalb von humanen Rahmenbedingungen auch umzusetzen, so wie wir es früher auch gemacht haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein weiterer Schwerpunkt betrifft die Polizei. Ich will das Polizeigesetz hier nicht diskutieren, weil es nicht in den Rahmen der Haushaltsdebatte passt. Es ist aber ein sehr ausgewogener Gesetzentwurf, es ist ein Geben und Nehmen, und es ist ein Abwägen.

(Zuruf von Belit Onay [GRÜNE])

- Man kann beim Abwägen, Herr Onay, zu Ihrer Auffassung kommen. Ich komme beim Abwägen zu einer anderen. Das tragen wir aber dann aus, wenn der Gesetzentwurf hier vorgelegt wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben mehr Stellen geschaffen - das ist hier heute mehrfach gesagt worden -, weil wir die Polizei aufbauen wollen, weil wir wissen, dass es eine gute Ausbildung gibt, weil wir ein großes Vertrauen in die niedersächsischen Polizeibeamtinnen und -beamten haben, und weil wir ganz sicher wissen, dass wir mehr tun müssen, um die innere Sicherheit zu gewährleisten.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Kürzen bei der Ausstattung!)

Weil die Kriminalität in den Netzen uns zunehmend herausfordert, ist dies ganz wesentlich. Deshalb bin ich auch froh, dass wir Geld aus dem Digitalpaket in die Hand genommen haben und es dem Landeskriminalamt für die Videoauswertung geben, zur Unterstützung gegen Kinderpornografie

und vieles andere. Dort wurde ein richtiges Zeichen gesetzt.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben weitere Schwerpunkte gesetzt. In den Bereichen Sport und Verfassungsschutz werden das die Kollegin Dunja Kreiser und der Kollege Bernd Lynack vorstellen.

Wir haben z. B. auch bei dem Thema Katastrophenschutz einen Schwerpunkt gesetzt. Wir hatten im Haushalt schon über 6 Millionen Euro für den Katastrophenschutz. Durch das Gesetz, das wir in der letzten Wahlperiode geändert haben, haben wir ihn im Land weiter gestärkt. Außerdem werden noch einmal 1,5 Millionen Euro hinzugefügt, um die Katastrophenschutzeinheiten besser auszustatten.

Wir haben im Haushalt Geld für die Ausbildung von Feuerwehr und Katastrophenschutzeinheiten eingestellt. Wir stärken die Standorte in Celle und in Oldenburg. Wir setzen Akzente, die ganz deutlich machen, dass dieses Thema uns enorm wichtig ist. Also: Wir stellen in diesem Haushalt die Kontinuität dar.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man die Diskussion heute verfolgt hat, muss man der Überzeugung sein, dass solides Handeln gar nicht gefragt ist, sondern dass es interessant ist, die Themen zuzuspitzen. Ich stehe dafür ein, dass wir einen soliden Haushalt haben, dass wir ihn in kontinuierlicher Politik fortsetzen. Ich hätte mir gewünscht, dass man nicht die Marienburg zum Thema macht, sondern die innere Sicherheit und die anderen Akzente in diesem Haushalt.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Kollege Watermann. - Jetzt spricht der Kollege Bernd Lynack, ebenfalls für die SPDFraktion.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ulrich Watermann hat es schon angekündigt: Ich möchte aus meiner Sicht noch einmal im Besonderen auf den Teil des Etats des MI hinweisen, der den Verfassungsschutz betrifft. Gerade weil wir an anderer Stelle in diesem Haus über die Sicherheitspolitik in unserem Land sprechen - das ist

eben durch den Beitrag des Kollegen Onay deutlich geworden -, ist es mir besonders wichtig, in diesem Zusammenhang zu betonen, dass unser Verfassungsschutz auf der Grundlage transparenter Rechtsvorschriften arbeitet - auf der Grundlage eines Verfassungsschutzgesetzes, das derart modern, transparent und sensibel ist, dass es nicht nur in Niedersachsen und bundesweit Beachtung findet, sondern auch weit darüber hinaus Anerkennung genießt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Als Mitglied und Vorsitzender des zuständigen Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes habe ich mich in der Vergangenheit immer wieder zusammen mit Kolleginnen und Kollegen wiederholt von der Professionalität und insbesondere auch der Sensibilität der Arbeit dieser Behörde und den hoch motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern überzeugen können.

Eine mehrtägige Hospitation in der Abteilung 5 des Innenministeriums im letzten Sommer hat mir allerdings noch einmal ganz deutlich vor Augen geführt, dass ein gutes Verfassungsschutzgesetz und gut ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter allein nicht ausreichend sind, liebe Kolleginnen und Kollegen. Mindestens genauso wichtig - und vielleicht sogar noch ein Stück weit wichtiger - ist nämlich eine angemessene personelle und materielle Ausstattung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit diesem Haushalt investieren wir dauerhaft sowohl in die personelle als auch in die materielle Ausstattung des Verfassungsschutzes - und das ist richtig, wichtig und angemessen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Sie zwacken es bei der Polizei ab!)