Sie müssen wirklich aufpassen, dass dieser Digitalpakt nicht langsam zu einem Treppenwitz verkommt. Ich möchte deutlich sagen: „Witz“ ist an dieser Stelle nicht das richtige Wort. Die Kommunen warten seit Jahren auf ihr Geld, sie schreiben Konzept über Konzept, wissen nicht, ob diese in den Digitalpakt passen oder nicht, schreiben sie wieder um, stunden ihre Vorhaben, warten und warten, und vor Ort passiert nichts, und die Schulen in Niedersachsen laufen hinterher. Dass Sie an dieser Stelle immer noch keinen Weg sehen, wie Sie schneller vorankommen, finde ich absolut unbefriedigend. Die Kommunen können nicht mehr länger warten. Sie brauchen endlich Ideen, sie brauchen Antworten, Herr Kollege.
Man hätte diese Mittel doch auch schon längst ausschütten können, wäre es doch möglich, die Länder über Artikel 106 des Grundgesetzes - so wie die Grünen es auch immer fordern - grundständig dauerhaft auszustatten. Digitalisierung ist kein Thema, das mit einer Projektfinanzierung nach fünf Jahren beendet ist. Das ist eine Daueraufgabe. Da muss man doch zueinanderkommen. Dass das so lange dauert, will ich mir einfach nicht erklären können, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Dann kommen wir zum Thema Gute-KiTa-Gesetz. Da muss man doch deutlich sagen: Die Kommunen haben sich damals ausdrücklich beschwert. Sie haben gesagt, das Geld reiche bei Weitem nicht aus. Lediglich Ihre Verhandlungen unter falschen Voraussetzungen haben dazu geführt, dass sie letztlich diesen Verhandlungsergebnissen zugestimmt haben. Jetzt sitzen sie da und warten auf das Geld und warten auf das Geld und gehen in Vorleistung und gehen in Vorleistung. Sie haben sich hier einen ganz schlanken Fuß gemacht - in den letzten Unterrichtungen hier im Plenum und auch heute wieder. Das können Sie sich an dieser Stelle nicht leisten. Sie können nicht Wahlversprechen umsetzen und andere dafür zahlen lassen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das ist unseriös.
Ich bin wirklich entsetzt. Seitdem das Kindertagesstättengesetz verabschiedet wurde, thematisieren wir das immer wieder, und Sie schaffen es nicht, uns Antworten zu geben. Sie können doch nicht Gesetze auf den Weg bringen und am Ende immer sagen: Wie sich das vor Ort auswirkt, wie die Kommunen das lösen, interessiert mich nicht mehr, das ist nicht meine Aufgabe. - Verantwor
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es kann doch nicht wahr sein, dass in unseren Schulen der Putz bröckelt, während man im Bund auf der schwarzen Null hockt. - Das hat mir einmal ein Kollege, der Oberbürgermeister einer niedersächsischen Großstadt, entgegengerufen und damit das Dilemma, das mit dem Kooperationsverbot zu tun hat, auf seine Art und Weise ganz gut beschrieben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, „Kooperationsverbot“ ist eine etwas merkwürdige Wortschöpfung. Sie begleitet uns seit dem Jahr 2006, seitdem die damalige Große Koalition das Grundgesetz, insbesondere die Artikel 91 und 104, geändert hat. Damit hat sie die Länderhoheit bei der Bildung bestätigt und noch verstärkt, sodass der Bund noch weniger Möglichkeiten hat, dort einzugreifen, und vor allem auch weniger Möglichkeiten hat, dort mitzufinanzieren. Seitdem ist das ein Streitpunkt. Die einen beklagen fehlende bundeseinheitliche Abstimmung im Bereich der Bildung. - Dafür gibt es durchaus Argumente, meine sehr verehrten Damen und Herren. - Die anderen sagen: Wir brauchen keinen Einfluss aus Berlin; denn die Länder wissen selbst am besten, wie Bildung zu organisieren ist.
Es geht natürlich auch um das liebe Geld, und es ist ganz klar so - auch wenn wir jetzt auf die Haushaltsberatungen gucken -, dass Länder und Kommunen in der Tat an ihre Grenzen gehen, wenn es um die Bildungsfinanzierung geht. 6,7 Milliarden Euro ist der Kultusetat des Landes Niedersachsen. Für Bildung und Wissenschaft sind es insgesamt 8,1 Milliarden Euro. Das zeigt, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, welche große Anstrengung wir hier in Niedersachsen im Sinne unserer Schülerinnen und Schüler, im Sinne der frühkindlichen Bildung und im Sinne der Bildung insgesamt unternehmen. Das ist, denke ich, sehr begrüßenswert.
Ursprünglich war tatsächlich geplant, dass der Bund den Ländern gar keine Finanzhilfen für Bereiche geben kann, für die die Länder ausschließ
lich zuständig sind. Das scheiterte glücklicherweise am Widerstand der SPD. Die SPD im Bund war es, die immer wieder Lockerungen im Sinne einer besseren Bildungsfinanzierung unter Beteiligung des Bundes initiiert hat. So wurde im Jahr 2014 das sogenannte Kooperationsverbot bereits gelockert, um Hochschulen besser ausfinanzieren zu können.
Ich bin Manuela Schwesig heute noch dankbar dafür, dass sie erwirkt hat, dass diese Mittel nicht nur auf den Hochschulbereich begrenzt sind, sondern für Bildung allgemein eingesetzt werden können. Uns in Niedersachsen hat das damals sehr geholfen.
Die weitere Änderung des Grundgesetzartikels 104c, wonach der Bund generell Finanzhilfen im Bereich der kommunalen Bildungsinfrastruktur gewähren kann, begrüßen wir deshalb sehr.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen: Digitalisierung, Ganztag, Inklusion, frühkindliche Bildung, ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz in der Krippe, ein in Aussicht stehender Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz im Ganztagsschulbereich, der Bestandteil des Koalitionsvertrages auf Bundesebene ist, und vieles andere mehr - das sind große Herausforderungen, die im Bereich der Bildung vor uns liegen. Hierbei dürfen die Länder finanziell nicht alleinlassen werden. Hier muss sich der Bund stärker engagieren; denn wer die Musik bestellt, der muss auch zu ihrer Finanzierung beitragen - das ist doch völlig klar.
Klar ist aber auch: Die Kultushoheit der Länder soll bestehen bleiben. Für Niedersachsen kann ich sagen - andere Länder nehmen das auch für sich in Anspruch -: Hier ist die Kultushoheit am besten aufgehoben. Wir brauchen also so etwas wie ein kluges Konsensmodell. Das stand aus meiner Sicht auch schon in Aussicht, bevor dann, kurz vor Ende der Verhandlungen, die hälftige Mitfinanzierung hineinverhandelt wurde. Um es mit den Worten des aktuellen Präsidenten der Kultusministerkonferenz zu sagen: Das hat uns kalt erwischt. - Das hat eine Einigung ganz schwierig bis vielleicht sogar unmöglich gemacht.
Ich hoffe, dass wir hier zu einer Einigung kommen. An dem aktuellen Streit, der von einigen Ministerpräsidenten - Kretschmann aus Baden
Württemberg und Kretschmer aus Sachsen sind genannt worden - von vornherein geführt wurde, hat sich unser Ministerpräsident Stephan Weil glücklicherweise nicht beteiligt. Denn wir fürchten nicht die Einheitsschule aus Berlin, sondern wir sagen: Wir brauchen mehr Mittel für die Bildung. - Deswegen bleibt zu hoffen, dass wir im Bundestag und im Bundesrat zu einer klugen Konsenslösung im Sinne der Länder und Kommunen und nicht zuletzt unserer Schülerinnen und Schüler kommen.
b) Zukunft der Europäischen Union - Welche Auswirkungen hat der Brexit für Niedersachsen? - Anfrage der Fraktion der SPD -
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Für die SPD-Fraktion bringe ich die folgende Kleine Anfrage für die Fragestunde ein:
Die Verhandlungsführer der Europäischen Union und des Vereinigten Königreichs haben sich am 14. November 2018 auf den Text eines Austrittsabkommens geeinigt. Das britische Kabinett hat am selben Tag dem Austrittsabkommen zugestimmt. Am 22. November 2018 wurde eine Einigung über die das Austrittsabkommen begleitende Politische Erklärung zum Rahmen der künftigen Beziehungen zwischen der Union und dem Vereinigten Königreich erzielt. Am 25. November 2018 haben die Staats- und Regierungschefs der EU-27 im Rahmen eines Sondergipfels das Austrittsabkommen und die Politische Erklärung gebilligt. Aufseiten der Europäischen Union werden jetzt die Vorbereitungen für die Ratifizierung des Abkommens durch das Europäische Parlament und den Europäischen Rat getroffen.
Im Vereinigten Königreich bedürfen Austrittsabkommen und Politische Erklärung einer Zustimmung durch das britische Parlament. Das Unterhaus berät in der Zeit vom 5. bis zum 11. Dezember 2018 darüber.
2. Welche Folgerungen ergeben sich daraus für das Verhältnis zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU-27?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wollte man die derzeitige Situation im Vereinigten Königreich mit einem Wort beschreiben, so käme wohl nur der Begriff „chaotisch“ infrage. Die Situation ist so unberechenbar wie nie zuvor, seitdem das Ergebnis des BrexitReferendums vom Juni 2016 bekannt wurde.
Hatten wir über Monate noch die Alternativen geregelter und ungeregelter Brexit, haben wir es seit Beginn dieser Woche mit weiteren Optionen zu tun. Man hat den Eindruck, die britische Innenpolitik produziert täglich neue Varianten und Unwägbarkeiten.
Der Europäische Gerichtshof hat Anfang der Woche entschieden, dass die britische Regierung ihre Austrittserklärung einseitig zurückziehen darf. Und die britischen Befürworter und Befürworterinnen eines zweiten Referendums gewinnen an Aufmerksamkeit. Trotz eines überstandenen Misstrauensvotums am gestrigen Abend wird weiterhin über ein Scheitern der Regierung von Theresa May und Neuwahlen spekuliert. Ob Neuwahlen aber eine Klärung bringen würden, ist mehr als unsicher, da sich der Riss zwischen BrexitBefürwortern und EU-Freunden und -Freundinnen quer durch alle Parteien zieht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich finde es schockierend, wie innerhalb kürzester Zeit das Mutterland der parlamentarischen Demokratie
durch die Verantwortungslosigkeit weniger Akteure in eine sehr ernste Krise gebracht worden ist. Das britische Beispiel zeigt, wohin eine solche Politik führen kann. Das muss uns eine Mahnung sein.
In dieser Situation, in der im Vereinigten Königreich alles und jedes infrage gestellt wird, muss es einen Felsen in der Brandung geben, einen Fixpunkt, an dem man sich orientieren kann. Dieser Fixpunkt ist für mich die klare Ansage der EUKommission, dass es keine Nachverhandlungen des Austrittsabkommens geben kann. Die Verhandlungen haben beiden Seiten Zugeständnisse abgefordert. Dieser Kompromiss, den die Staats- und Regierungschefs der EU-27 einstimmig angenommen haben, darf jetzt nicht mehr aufgeschnürt werden. Andernfalls würde die Union großen Schaden nehmen - davon bin ich überzeugt.
Dieses vorausgesetzt, sollten allerdings die Staats- und Regierungschefs, die sich heute in Brüssel treffen, weiterhin alles dafür tun, um einen ungeregelten Brexit zu vermeiden. Premierministerin May benötigt unsere Unterstützung, damit das Austrittsabkommen doch noch eine Mehrheit im Unterhaus finden kann. Ich begrüße es deshalb, dass die Staats- und Regierungschefs heute Abend darüber beraten, wie in geeigneter Form auf die britischen Vorbehalte gegen den Backstop eingegangen werden kann. Alle Seiten, auch die EU, sollten alles tun, damit es gar nicht zu einem Backstop kommen muss.
Nun könnte man fragen, warum das Vermeiden einer harten Grenze zwischen der Republik Irland und Nordirland überhaupt so wichtig ist. Meine Damen und Herren, eine harte Grenze wäre gleichbedeutend mit der Kündigung des Karfreitagsabkommens von 1998, mit dem 30 Jahre Gewalt und Terror in Nordirland beendet wurden. Nur zur Erinnerung: Hunderte Menschen sind bei Schusswechseln und Bombenanschlägen zwischen 1968 und 1998 ums Leben gekommen. Tausende wurden verletzt. London war mehrfach Schauplatz von Bombenattentaten. Mich hat das - das will ich ganz persönlich sagen - meine ganze Kindheit lang bis ins Erwachsenenalter hinein begleitet, viele von Ihnen wahrscheinlich auch.
Das alles ist seit 1998 vorbei. Die Extremisten auf beiden Seiten haben die Waffen niedergelegt. Aber Ressentiments existieren fort. Die Frage der Grenze in Irland ist also alles andere als eine Kleinigkeit. Es ist richtig, dass die Union an der Seite ihres Mitgliedstaats Irland steht.