Protokoll der Sitzung vom 13.12.2018

Uns liegen jetzt keine Meldungen zu weiteren Zusatzfragen mehr vor und können damit die Aussprache eröffnen.

Zur Aussprache hat sich bislang der Kollege Björn Försterling von der FDP-Fraktion gemeldet.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was wir dieser Tage erleben, ist für die Menschen - schon gar nicht für die Lehrkräfte, und erst recht nicht für die Schülerinnen und Schüler - eigentlich nicht mehr nachvollziehbar. Alle warten auf die notwendige Digitalisierung in den Schulen. Alle warten darauf, dass unsere Schulen aus der Kreidezeit herausgeholt werden. Seit Jahren wird

versprochen, dass es dafür Bundesgelder geben wird. Eine Vereinbarung der Kultusministerkonferenz wäre eigentlich letzte Woche unterschriftsreif gewesen, aber dann kamen Landesministerpräsidenten und blockieren eine Einigung über die Fragen des Digitalpakts in letzter Minute.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Das ist nicht mehr nachvollziehbar, hat aber auch etwas damit zu tun, dass die CDU/CSU-Haushälter im Deutschen Bundestag in der letzten Runde der dortigen Verhandlungen die Änderung des Artikels 104 b Abs. 2 Satz 5 hineinverhandelt haben. Das kann man in Teilen kritisieren, aber man kann es in Teilen sogar auch nachvollziehen. Denn was war das Anliegen der CDU/CSU-Haushälter im Deutschen Bundestag? - Wenn der Bund künftig Geld für Bildung gibt, darf eben nicht an anderer Stelle in den Landeshaushalten entsprechend gekürzt werden, sondern es muss tatsächlich zusätzlich ausgegeben werden.

Es gibt zwei Beispiele, dass auch Niedersachsen zu dieser Entwicklung beigetragen hat. Das erste war in der letzten Legislaturperiode die Frage der Übernahme der BAFöG-Mittel durch den Bund. Auch dazu gab es eigentlich eine klare Zielvorgabe, wofür die Gelder ausgegeben werden sollen. Leider hat sich die damalige rot-grüne Landesregierung daran nicht gehalten. Über das zweite Beispiel haben wir eben schon diskutiert, nämlich über die Frage des Gute-KiTa-Gesetzes. Da wird unter dem Titel „Gute-KiTa-Gesetz“ der Bund eigentlich tätig, weil er die Qualität in den Kindertagesstätten verbessert sehen möchte. Und was passiert in Mecklenburg-Vorpommern, aber auch in Niedersachsen? - Man will damit die Elternbeitragsfreiheit gegenfinanzieren.

Die Elternbeitragsfreiheit ist per se ja nichts Schlechtes. Darüber sind wir im Haus uns einig. Aber es ist eben keine Maßnahme zur Qualitätsverbesserung, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Es ist dann sehr gut nachvollziehbar, dass insbesondere CDU/CSU-Haushälter im Deutschen Bundestag nicht immer die Wahlversprechen von SPDMinisterpräsidenten finanzieren wollen.

Aber was sich in der Konsequenz nun daraus ergibt, ist, dass sich die GroKo im Bund und die Ministerpräsidenten-GroKo unter Einschluss des

grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann aus Baden-Württemberg gegenseitig blockieren, und zwar aufgrund der Frage des Artikels 104 b Abs. 2 Satz 5, der aber in der hälftigen Mitfinanzierung der Länder, wenn Bundesmittel kommen, erst ab 2020 gelten soll, also überhaupt keine Auswirkung auf den jetzt zu beschließenden Digitalpakt hat.

Deswegen können wir an dieser Stelle nur einen Appell aussenden - sowohl an die Ministerpräsidenten als auch an die Bundespolitiker der GroKo -: Wir müssen eine Verständigung finden zum Digitalpakt! Es ist notwendig, dass der Bund künftig mitfinanziert, insbesondere in Fragen der Digitalisierung. Ich rufe alle Beteiligten dazu auf, ihr eigenes Ego zurückzustellen und dieses politische Geplänkel sein zu lassen. Es muss uns für die Schülerinnen und Schüler um die beste Ausstattung der Schulen gehen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Danke sehr, Herr Kollege Försterling. - Für die CDU-Fraktion hat nun der Kollege Kai Seefried das Wort.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir wissen, der Föderalismus ist eines der höchsten Güter, auch in unserer Struktur und was die Zusammenarbeit zwischen den Bundesländern und dem Bund angeht. Gerade im Bildungsbereich ist der Föderalismus ein Thema, das immer wieder heftigst diskutiert wird, das auch unter Bürgerinnen und Bürgern diskutiert wird, und zwar mit positiven Aspekten, vor allen Dingen aber immer wieder verbunden mit der Frage: Ist es eigentlich noch gerechtfertigt, dass wir diesen Föderalismus in der Form haben und die Länder ihre eigenen Kompetenzen in ihrer jeweiligen Konzeption auslegen?

Ich will an dieser Stelle ganz deutlich sagen, dass es richtig ist, dass wir als Land - gerade auch, was inhaltliche und organisatorische Fragestellungen angeht - diesen Föderalismus in der Form haben. Auf der anderen Seite muss es aber auch heißen: Bei den großen Themen, die uns in der Bundesrepublik gemeinsam bewegen, bei den großen Herausforderungen im Bildungsbereich müssen mehr

Zusammenarbeit und mehr Gemeinsamkeit möglich sein. Diesen Weg von mehr Gemeinsamkeit unterstützen wir ganz ausdrücklich. Wir brauchen auch mehr Gemeinsamkeit, was die Vergleichbarkeit der Schulabschlüsse angeht. Auch all das gehört natürlich dazu.

Wir haben in den vergangenen Jahren - so muss man ja schon sagen - und insbesondere in den letzten Monaten sehr intensiv über den Digitalpakt gesprochen, über dringend, wirklich dringend notwendige Investitionen, auf die unsere Schulen sehr warten und die sie umsetzen wollen. Wir haben gerade eben in dieser Runde noch einmal über das Gute-KiTa-Gesetz gesprochen.

Ich glaube, gerade diese beiden Bereiche - Digitalisierung, frühkindliche Bildung - machen deutlich, wo wir vor großen gemeinsamen Aufgaben stehen, wo wir vor Aufgaben stehen, die uns nicht nur in Niedersachsen beschäftigen, sondern natürlich auch bundesweit. Deswegen ist es richtig, dass wir dort mehr Gemeinsamkeit anstreben und eine zukünftig stärkere Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Ländern ermöglichen. Deswegen bin ich dankbar, dass über den Digitalpakt in der Form, wie er bisher verhandelt worden ist, beraten worden ist. Dazu gehört auch eine finanzielle Teilung, die in der Umsetzung 90 : 10 bedeuten würde. Das ist der richtige Weg.

Wir sind, so glaube ich, auch beim Gute-KiTaGesetz auf einem sehr guten Weg. Ich baue darauf, dass morgen im Bundesrat Entscheidungen getroffen werden, die auch im Sinne unseres Bundeslandes in die Umsetzung gehen können. Das sind sehr positive Aspekte.

Aber was auf der anderen Seite nicht sein darf - ich finde, da macht es sich die FDP auch mit ihren vorangegangenen Ausführungen hier im Parlament viel zu einfach -, dass man sagt: Das eine, nämlich den Digitalpakt und das Gute-KiTaGesetz, wollen wir hinnehmen, und wir sind bereit, pauschal einen Blankoscheck auszustellen für alles, was zukünftig kommt, eine 50:50-Teilung hinzunehmen und uns damit als Land an das, was an der Stelle vorgegeben wird, zu binden - unabhängig von unseren eigenen Kompetenzen, von unseren eigenen Strukturen, von unseren eigenen Entwicklungen.

Deswegen bin ich sehr dankbar, dass sich die Ministerpräsidenten, aber auch unsere Landesregierung hierzu deutlich positioniert haben, indem sie gesagt haben: Mehr Zusammenarbeit - ja! Mehr Zusammenarbeit bei den wichtigen Themen!

Aber eine Zweckbindung bzw. finanzielle Bindung von pauschal 50 : 50 ist der falsche Weg.

Deswegen ist es richtig, dass hierzu der Vermittlungsausschuss angerufen wird. Ich hoffe, dass man dann dort auch im Sinne unseres Landes zu einer gemeinsamen Lösung kommt. Aber es wäre zu einfach - wie es die FDP an dieser Stelle fordert -, einfach erst einmal zuzustimmen und dann später zu schauen, was passiert. Das ist verantwortungslos. So kann es nicht funktionieren.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Seefried. Rechtzeitig vor Ende Ihres Beitrags hatte sich die Kollegin Hamburg zu einer Zwischenfrage gemeldet.

Frau Hamburg, stellen Sie bitte Ihre Frage!

Herr Seefried, vielen Dank für das Zulassen der Zwischenfrage.

Vor dem Hintergrund, dass Sie hier die Wichtigkeit der Zusammenarbeit betont und die 50 : 50Regelung kritisiert haben, frage ich Sie, warum Ihre Bundestagsfraktion in den Verhandlungen auf Bundesebene genau diesen Klopfer reinverhandelt hat.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Frau Hamburg, gern greife ich die Frage auf. Ich bin für diese Zwischenfrage am Ende der Ausführungen sogar noch einmal zum Redepult zurückgekommen.

Genau das macht diesen Konflikt, den wir haben, deutlich. Ich glaube, es ist verständlich, dass zwischen Bund und Ländern um den richtigen Weg gerungen wird. Ich finde es auch verständlich, dass der Bund bei so viel Geld - wir reden beim Digitalpakt von 5 Milliarden Euro - sagt, er möchte dann eine gewisse Kompetenz haben, damit dieses Geld auch richtig und sinnvoll eingesetzt wird. Von daher ist die Diskussion sicherlich nicht ganz unbegründet.

Aber ich verstehe auf der anderen Seite auch unsere Position als Land sehr gut: 50 : 50, das kann es nicht sein. Das darf in der Praxis nicht bedeuten, dass wir am Ende bei jedem Programm, das vom Bund aufgelegt wird und das wir vielleicht gern für uns einsetzen wollen, sagen: Jetzt müssen wir eigene Konzepte und eigene Programme beiseiteschieben, weil uns unser Landeshaushalt sonst nicht die Möglichkeit gibt, dort mitzufinanzieren. Wir liefen dann nur noch den Projekten des Bundes hinterher. Das wäre der falsche Weg. Deswegen ist es richtig, dort miteinander um den richtigen Weg zu ringen. Ich baue darauf, dass man auf beiden Seiten aufeinander zugehen wird.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Danke sehr, Herr Seefried. - Jetzt spricht für die AfD-Fraktion Herr Harm Rykena.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Viel Geld wurde versprochen, viel Geld wurde verplant, nun ist erst einmal nichts da. Was für eine Weihnachtsüberraschung! - Was nun?

Überlegen Sie einmal: Wenn das Land Niedersachsen die Mittel, auf die es nun aufgrund der unklaren Situation im Bund warten muss, einfach - wie von den Herren Laschet und Kretschmer gefordert - in Form einer höheren Grundzuweisung bekommen hätte oder demnächst bekommen würde, dann wäre das aktuelle Problem gelöst - ganz einfach, ohne weitere Vermittlung, ohne Streit, ohne Kompetenzwirrwarr. So wird es unsichere Wochen und Monate geben, und niemand kann sagen, wann das Geld kommt.

Auch für das Projekt Kita-Qualität in Niedersachsen haben Sie sich ganz abhängig vom Gute-KiTaGesetz der Bundesfamilienministerin Franziska Giffey gemacht. Dieses hängt in der Luft. Niemand weiß, wann es umgesetzt werden soll. Der Bundesrat tagt noch in dieser Woche. Ein Vermittlungsausschuss soll es regeln. Hier könnte man sich für die bessere Grundausstattung mit Steuermitteln einsetzen, doch die GaGroKo in Niedersachsen setzt lieber weiter auf Almosen vom Bund. Sie machen sich als Landesregierung zu sehr abhängig vom Bund - freiwillig! Ich finde das unfassbar.

Sie setzen dabei gewohnheitsmäßig auf das fragwürdige Instrument der Mischfinanzierung. Doch

zu der hat der Bundesrechnungshof in diesem Zusammenhang eine ganz klare Stellungnahme verfasst.

„Der Bundesrechnungshof fordert seit Langem einen weiteren Abbau der Mischfinanzierungstatbestände. Sie laufen dem Subsidiaritätsprinzip zuwider, verhindern eine klare Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern und bergen die Gefahr ineffektiven und ineffizienten Verwaltungshandelns. Zudem führen sie zu Intransparenz sowie zu nicht mehr klar zurechenbaren Verantwortlichkeiten im föderativen Bundesstaat.“

Es sollte demnach um einen Abbau gehen, nicht um eine Erweiterung der Möglichkeiten!

Nun ist das Wehklagen groß. Doch diese Krokodilstränen sind nicht gerechtfertigt; denn warnende Stimmen gab es genug. Klar, dass Sie dabei nicht auf uns gehört haben. Aber auf Ihre eigenen Parteifreunde aus Bayern oder Baden-Württemberg hätten Sie schon hören können. Hierzu würde es aber eben doch eines wahrhaftigen Bekenntnisses zur föderalen Strukturen des Landes und zur Subsidiarität bedürfen und einer Abkehr von der immer stärker werdenden Zentralisierung, die seit einigen Jahren stattfindet: weg von der Kommune, weg vom Land und in letzter Zeit sogar weg vom Bund und hin zum allumfassenden EU-Zentralstaat. Aber das ist ja offensichtlich so gewollt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Danke sehr, Herr Rykena. - Jetzt hat Kollegin Julia Willie Hamburg für Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Tonne, ich muss mich schon sehr über Ihre Antwort auf Herrn Försterling wundern, dass Sie angeblich noch nicht wissen, wie Sie sich morgen im Bundesrat verhalten werden. Es ist eigentlich üblich, dass man zu all diesen Fragen Länderkoordination betreibt und Länderallianzen schmiedet. Sie können mir doch nicht ernsthaft erzählen, dass Sie noch nicht wissen, wie sich die Länder verhalten werden, was sie einfordern und wem sie zustimmen werden. Ich bin äußerst irritiert. Das ist mehr als unglaubwürdig, Herr Kollege.

(Beifall bei den GRÜNEN)