Ich sage Ihnen dazu: Wir alle tragen eine Gesamtverantwortung, wohin diese Republik und Europa gehen. Deshalb glaube ich, dass es gut ist, das hier zu benennen und einmal anhand von Ereignissen zu sagen: Wir müssen innehalten. - Das war bei Rüdiger Butte so. Das war bei dem An
schlag auf die Kölner Oberbürgermeisterkandidatin so. Das ist jetzt in Danzig so. Das ist bei jedem Überfall so - egal auf wen -, wo Gewalt ausgeübt wird. Aber dazu gehört auch, dass wir sorgsam damit umgehen und solche Taten nicht noch nutzen, um zur Eskalation beizutragen.
Wenn Sie sich daran halten und wenn Sie daran gemessen werden wollen, sage ich gerne: Dann will ich das auch mit Ihnen gemeinsam tun. - Davon bin ich im Moment aber noch weit entfernt, weil ich das nicht erkennen kann; das traue ich nur Einzelnen zu. Im Übrigen gilt auch für Mitglieder meiner Partei, dass ich ihnen sage, wenn die Notwendigkeit besteht, dass das so nicht geht.
Was in diesen Netzwerken stattfindet, ist nicht das Problem dieser Netzwerke, sondern derer, die das reintippen. Ich bin aber erstaunt, wie viele Menschen glauben, dass diese Art der Kommunikation gut ist. Ich glaube das nicht.
Vielmehr bin ich davon überzeugt, dass es gut ist, wenn ich direkt mit den Menschen rede. Ich bin wohl etwas aus der Zeit gefallen, wie man mir öfter sagt, weil ich bei solchen Netzwerken nicht dabei bin. Ich muss mich dort auch nicht abmelden; ich bin erst gar nicht dabei.
Ich kehre zu dem zurück, was ich richtig finde: In einer direkten Auseinandersetzung, wie wir sie jetzt führen, kann ich verstehen, wie Sie denken, und Sie können vielleicht ein bisschen verstehen, wie ich ticke, sodass wir daraus einen Kompromiss in der Formulierung politischer Punkte finden könnten.
Deshalb sage ich ganz deutlich: Wenn von dieser Aktuellen Stunde ausgeht, dass wir alle innehalten und die Dinge überdenken, dann war es ein guter Punkt. Ich wusste nicht, wohin die Reise geht. Für mich geht sie dahin, ganz deutlich zu sagen: Ich wünschte mir, dass wir alle in unserer Sprache abrüsten und Sorge dafür tragen, dass solche verbalen Angriffe hinterher nicht in tatsächliche Gewalt umgemünzt werden können.
Vielen Dank, Herr Kollege Watermann. - Das Wort für die CDU-Fraktion erhält nun Herr Abgeordneter Adasch. Bitte!
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Gewalt ist zu verurteilen und hat in der politischen Debatte nichts zu suchen.
Kurz zum Fall Magnitz, der neben Danzig vielleicht auch Anlass für diese Aktuelle Stunde ist. Wer auch immer die Täter waren: Ein Angriff auf einen Bundestagsabgeordneten, auf einen Bürgermeister ist ein Angriff auf die Demokratie und auf die verfassungsrechtlichen Grundlagen unseres Zusammenlebens.
Das Gewaltmonopol des Staates wurde in diesen Fällen angegriffen. Auf Hass wurde mit Hass reagiert. Hass und Gewalt schaden der politischen Debatte, dem politischen Diskurs und stehen generell jeglicher politischer Kultur entgegen.
Indem man sich zu einfachen Schlussfolgerungen verführen lässt und sich selbst in die Opferrollen zwängt, nimmt ein gefährlicher Fatalismus überhand. Man hat den demokratischen Wettstreit schon verloren, ja schon aufgegeben, wenn man sich nur noch radikaler Ausschlusskriterien bedient.
Es ist gleichzeitig völlig berechtigt, darauf hinzuweisen - Kollege Limburg hat das auch getan -, dass die AfD durch Äußerungen wie „Wir wollen Merkel nicht jagen, wir wollen sie erledigen“, zu eben der Verrohung des Klimas beiträgt, die so häufig gerade auch von Ihnen beklagt wird.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Hassreden des politischen Gegners dürfen keine Entschuldigung für eigene Hasstiraden sein. Im Gegenteil, sie müssen uns anspornen, im politischen Wettstreit besser zu sein. Jegliche Opferrolle, Vereinfachung und Verrohung sind einer politischen Debatte abträglich und schwächen lediglich die eigene Position.
Ersteres hat sich leider wieder in der Opferrolleninszenierung der AfD in der Causa Bückeburg gezeigt. Von Anfang an ist der Eindruck entstanden, dass es Ihnen gar nicht darum ging, vor dem Staatsgerichtshof recht zu bekommen. Vielmehr wollten Sie einmal mehr das Märchen Ihrer parlamentarischen Opferrolle erzählen, in die Sie die anderen Parteien angeblich hineindrängen.
Jeder Form von Gewalt ist entschieden entgegenzutreten. Jeden gewalttätigen Tendenzen müssen alle demokratischen Kräfte entschieden entgegenwirken.
Seit letzter Woche ist aber auch klar, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der AfD, dass der Verfassungsschutz Ihre Partei für potenziell verfassungsfeindlich hält. Er hat Ihre Partei zum Prüffall erklärt, die Jugendorganisation und die parteiinterne völkische Gruppierung „Der Flügel“ gar zu Verdachtsfällen. Es gebe Anhaltspunkte für extremistische Bestrebungen.
Wenn wir in diesem Hohen Hause über politische Gewalt und Gewaltfantasien sprechen wollen, so darf man die parteieigenen Äußerungen der AfD nicht außen vor lassen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, alle aufrechten Demokratinnen und Demokraten müssen jeder Anwendung von politischer Gewalt entschlossen und couragiert entgegentreten. Darüber sollten wir uns alle - alle demokratischen Parteien - in diesem Hause einig sein.
Vielen Dank, Herr Kollege Adasch. - Für die FDPFraktion folgt nun der Fraktionsvorsitzende. Herr Dr. Birkner, bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist hier im Hause, denke ich, unstreitig, dass jegliche Form der Gewalt und insbesondere politisch motivierte Gewalt völlig inakzeptabel ist.
Klar ist auch, dass Angriffe auf gewählte Abgeordnete Angriffe auf das Parlament als Ganzes und auf die parlamentarische Demokratie als Ganzes sind und durch nichts zu rechtfertigen sind.
Das alles ist aber auch Ausdruck dessen, was wir vielleicht sogar zum Teil zunehmend erleben, nämlich einer vergifteten politischen Debattenkultur. Herr Wichmann, ich kann Ihnen nicht folgen - zumindest bin ich mir nicht ganz sicher, wo Sie die Grenze ziehen -, wenn Sie sagen, die verbale Zuspitzung sei nötig und man müsse auch politisch verbal aufeinander einschlagen, das dann aber
Ich würde eher an einem anderen Punkt anknüpfen, den Sie angesprochen haben. Diese Gewalt, die wir als politisch motivierte Gewalt erleben, ist das Resultat von etwas. Sie ist das Resultat von einer bestimmten Form der Debattenkultur und womöglich auch von verbalen Zuspitzungen.
Genau an dieser Stelle sind wir als Parlamentarier gefordert, uns dessen bewusst zu sein und bei der Wortwahl sowie bei der Zuspitzung darauf zu achten, die Grenzen nicht zu überschreiten und, wenn Grenzen überschritten worden sind, sich davon zu distanzieren.
Herr Watermann, wir sind uns nicht oft einig - ich behaupte sogar: fast nie -, aber heute kann ich mich Ihren Worten ausdrücklich anschließen. Ich finde, Sie haben sehr gut zum Ausdruck gebracht, worum es hier geht.
Ich würde mir von der Kollegin und den Kollegen der AfD-Fraktion wünschen, dass sie diesen Maßstab, den sie zu Recht aufrufen, den ich bei der Frage Verbales wesentlich strenger sehen würde als sie, auch für sich selbst - ich will ihnen persönlich das nicht absprechen - und für das gelten lassen würden, was ihnen in ihrer Partei begegnet.
Ich möchte nicht alle Zitate aus den Reihen der Funktionsträger der AfD wiederholen, wie das einige Kollegen gemacht haben. Es waren keine Zitate von irgendwelchen beliebigen Mitgliedern, sondern von Abgeordneten in den Landtagen und im Deutschen Bundestag. Was es dort an Zitaten gibt, ist unerträglich und überschreitet die Grenze zur Vorbereitung von Gewalt in vielen Fällen sehr eindeutig.
Wenn Sie, völlig zu Recht, dieses Thema gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Geschehnisse aufgreifen, ist es notwendig, dass Sie innerhalb Ihrer Fraktion, auch aus Niedersachsen heraus, und innerhalb der Partei eine Kultur entwickeln, die deutlich macht, wo Sie bezüglich dieser Punkte stehen. Anderenfalls werden verbale Entgleisung und Grenzüberschreitung zur Normalität, und die Grenzen zu Gewaltakten werden völlig verwischt. Diese sind dann das Resultat solcher verbalen
Entgleisungen, Zuspitzungen, Beleidigungen und verbalen Attacken, die längst nicht mehr hinnehmbar sind.
Frau Präsidentin, vielen Dank. - Herr Dr. Birkner, auch Ihnen vielen Dank, dass Sie die Frage zulassen.
Sie sprachen Entgleisungen von Funktionsträgern an. Sind Ihnen die Zitate von Herrn Ralf Stegner, SPD, und von Frau Chebli, SPD, bekannt? Man muss Personal und Material der AfD angreifen, schrieb Herr Stegner. Und Frau Chebli sagte, wir sind noch lange nicht radikal genug. Würden Sie das genauso kritisieren, wie Sie - zu Recht - Äußerungen von AfD-Funktionären kritisiert haben?
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mir sind diese Zitate nicht bekannt. Unterstellt, sie sind zutreffend, sind sie genauso wenig hinnehmbar wie Zitate von anderen Fraktionen oder Parteien, die in die gleiche Richtung - Attacken auf Personen oder Sachen - zielen und
damit zumindest den Eindruck erwecken - ich vermute, die Autoren würden sich davon distanzieren -, in irgendeiner Weise sei Gewalt gerechtfertigt.
Sie haben diese Aktuelle Stunde hier aufgerufen und zunächst einmal einen Maßstab geltend gemacht, ohne erkennen zu lassen, dass Sie diesen auch für sich selbst gelten lassen.