Dass wir heute über einen Zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrag sprechen, ist vor allem juristisch begründet, Herr Grascha. Der EuGH hat entschieden, dass der geltende Staatsvertrag im Be
reich der Suchtprävention und des Jugendschutzes unzureichend und somit mit dem EU-Recht nicht vereinbar ist. Zudem hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - es wurde eben darauf hingewiesen - die Regelungen zur Vergabe von Konzessionen für das private Betreiben von Sportwettenangeboten für verfassungswidrig erklärt. Beide Punkte werden jetzt mit diesem Änderungsstaatsvertrag richtiggestellt.
Der heute vor uns liegende Zweite Glücksspieländerungsstaatsvertrag wurde im Frühjahr von allen 16 Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten unterzeichnet. Dies sollte eigentlich ein breites Signal und auch Zeichen genug dafür sein, dass der Vertrag ausgewogen und die richtige Antwort auf die Herausforderungen des Sportwettenmarktes ist. Allerdings sind die zentralen Bestandteile wie die wesentlichen Liberalisierungen beim Zugang privater Anbieter sowie eine neue Organisation der Marktüberwachung und die Konzessionsvergabe seitens der Länder darin weitgehend zu regeln.
Ich bin zuversichtlich, dass der Landtag an dieser Stelle seiner Verantwortung gerecht wird und den Änderungen zustimmt. Leider ist nicht davon auszugehen, dass alle Länder so vernünftig handeln, wie wir das hier in Niedersachsen tun.
Auch wenn wir hier vorwiegend niedersächsische Belange diskutieren, möchte ich kurz auf Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein hinweisen, weil dort Standpunkte vertreten werden, die anscheinend auch von einigen hier im Haus geteilt werden. Herr Fredermann hat vorhin schon darauf hingewiesen. Die dortigen Landesregierungen wollen offensichtlich u. a. erreichen, dass private Onlineanbieter nicht nur im Bereich der Sportwetten, sondern auch im Bereich der Onlinecasinos Zugang zum Markt bekommen. Argumentiert wird u. a. damit, dass es ungerecht sei, bei Casinoglücksspielen und Wetten auf Sportereignisse unterschiedlich zu verfahren.
Ich halte diese Kritik ebenso für unredlich wie die Tatsache, dass man eine Einigung aller 16 Bundesländer mal eben so vom Tisch wischen möchte.
Casinoglücksspiele und Wetten auf reale Sportereignisse unterscheiden sich allein schon in ihrer Häufigkeit und, damit verbunden, in ihren Möglichkeiten, die man dadurch bekommt. Das Bundesverwaltungsgericht hat sogar entschieden, dass
Dass Schleswig-Holstein offenbar bereit ist, sich erneut aus einem Staatsvertrag zurückzuziehen und einen eigenen Sonderweg zu beschreiten, halte ich für außerordentlich bedauernswert. Auch im Zusammenhang mit den Paradise Papers ist das Licht der Öffentlichkeit erneut auf die Onlinecasinos gefallen,
die zwar deutschlandweit werben und ihre Dienste anbieten, deren Nutzung und Betrieb aber in 15 Bundesländern nicht rechtens ist, Herr Grascha. Hier dem Druck einer Lobby nachzugeben und eine getroffene Vereinbarung einfach wieder auszuhebeln, macht nicht gerade einen besonders verlässlichen Eindruck.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Ausspruch „Lieber nicht regieren als falsch regieren“ scheint jedenfalls nicht überall zu gelten.
Meine Damen, meine Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, der vor uns liegende Gesetzentwurf ist gut durchdacht und zwischen den verschiedenen Interessen durchaus abgewogen. Ich bitte um Ihre Zustimmung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, zur Vorgeschichte muss ich nicht viel sagen.
Der aktuelle Glücksspielstaatsvertrag ist ein minimaler Konsens. Schon im Vorfeld war klar - auch darauf ist hingewiesen worden -: In dieser Form wird er vermutlich nicht zustande kommen. Obwohl er nur ein minimaler Konsens ist, war er meines Erachtens nicht schlecht. Er hätte Klarheit geschaffen. Er hätte zumindest eine Einheitlichkeit geschaffen und dieses Kraut und Rüben in den 16 Bundesländern bei der Vergabe von Konzessionen, Erlaubnissen und Lizenzen usw. usf. beseitigt. Eine Untersagung nicht erlaubter Angebote
Aber - das wissen wir -: Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat schon im September deutlich gemacht, dass er nicht mitgehen wird. Auch Nordrhein-Westfalen verfolgt eine ähnliche Linie. In Hessen wird es morgen im Landtag vermutlich einen Änderungsantrag und eine Diskussion darüber geben. In diesem Änderungsantrag, der wahrscheinlich auch Erfolg haben wird, geht es ebenfalls darum, dem vorgesehenen Weg so nicht zu folgen. Das ist sehr bitter; denn es wird auch im Jahr 2018 keine Regulierung auf diesem Markt geben. Stattdessen wird es dazu führen, dass nahezu 91 % des Sportwettenmarktes formell illegal sein werden, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das ist tatsächlich sehr, sehr bitter.
Zur offenbar gewordenen Situation der Paradise Papers haben wir Grüne einen Antrag auf Unterrichtung im Innenausschuss gestellt. Da könnte die Landesregierung bzw. das Innenministerium schon jetzt tätig werden. Hier wird noch zu klären sein, an welcher Stelle es auf dem Spielfeld zwischen BaFin und Ministerium hinsichtlich des Prüfauftrags scheitert.
Nichtsdestotrotz werden wir diesem Antrag heute zustimmen. Wir verbinden damit den klaren Auftrag an die Landesregierung, im Wege eines Konsenses einen neuen Staatsvertrag auszuhandeln und zügig und schnellstmöglich auf den Weg zu bringen; denn meines Erachtens ist der vorherrschende Zustand nicht mehr haltbar.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich der Mär entgegentreten, dass der Zeitplan der vorgezogenen Landtagswahl geschuldet ist. Wenn man sich die Daten anschaut, wird es relativ eindeutig: Im März 2017 ist dieser Staatsvertrag von den Ministerpräsidenten unterschrieben worden. Im Dezem
ber 2017 wird der Staatsvertrag an den zuständigen Ausschuss überwiesen. Von daher hätte man den Staatsvertrag schon vor der Sommerpause bequem einbringen können, wie dies übrigens in anderen Bundesländern passiert ist. Daran kann es also nicht liegen. Offensichtlich hat die Vorgängerregierung geschlafen, meine Damen und Herren.
Jetzt allerdings soll dieser Gesetzentwurf, dieser Staatsvertrag sozusagen auf den letzten Metern im Plenum verabschiedet werden, obwohl man genau weiß, dass er nicht Realität wird. Meiner Meinung nach ist das im Grunde genommen erstens unparlamentarisch. Zweitens ist es ein politisches Schauspiel, das uns eine Menge Zeit kostet. Die Diskussion, die wir im Ausschuss geführt haben und die wir auch heute hier führen, ist im Prinzip Zeitverschwendung. Darauf ist der eine oder andere Vorredner hier auch schon eingegangen.
Man muss ja feststellen: Der Glücksspielstaatsvertrag an sich, vor allem aber auch der Zweite Glücksspieländerungsstaatsvertrag, ist gescheitert, und zwar erstens aus politischen Gründen; denn wir wissen genau: Schleswig-Holstein wird diesem Staatsvertrag nicht zustimmen, und auch NRW wird diesem Staatsvertrag nicht zustimmen. Aber auch juristisch ist er gescheitert. Denn die vorläufigen Vergaben der 35 Konzessionen sind eben nicht EU-rechtskonform, wie das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen schon im Januar 2017 festgestellt hat.
Drittens - das ist der entscheidende Punkt -: Der Staatsvertrag ist auch faktisch gescheitert; denn wir sehen ja die Bewegungen im Moment auf dem Markt. Der regulierte Markt wächst zumindest im Jahr 2015 „nur“ um 4 %. Der nicht regulierte Markt - also der Schwarz- und der Graumarkt - wächst allerdings um sogar 30 %. Das Volumen des Marktes erhöhte sich in den letzten zehn Jahren von 15 Milliarden Euro auf insgesamt 39 Milliarden Euro. Daran sehen wir, dass wir gerade im Onlinebereich zwingend eine Regulierung benötigen.
Es wäre sinnvoll, die Zeit jetzt zu nutzen und in eine Debatte über die Frage einzusteigen, wie eine umfassende Regulierung geschaffen werden kann, wie eine Besteuerung geschaffen werden kann und wie der Spielerschutz gestärkt werden kann. Das wäre eine sinnvolle Debatte, die wir jetzt führen können und auch führen müssen. Stattdessen nimmt man aber die Verantwortung nicht wahr.
Verantwortung wahrzunehmen beginnt aber damit, zunächst einmal die Realitäten zu akzeptieren. Es ist nun einmal so, dass die Menschen Glücksspiel entsprechend wahrnehmen und Glücksspiel machen. Deswegen muss dieser Markt entsprechend reguliert werden.
„Niedersachsen ist keine Insel. Die Menschen können hier bereits heute nicht nur Lotto spielen, sondern auch auf Sportergebnisse wetten, online Karten spielen oder ins Casino gehen. Deshalb sollte die Politik nicht mehr die Augen vor der Wirklichkeit verschließen und ihrer Verantwortung nachkommen. Oder möchte vielleicht jemand China nacheifern und damit anfangen, Internetseiten nach und nach zu sperren?“
Das ist genau der Punkt. Diesem Kommentar kann ich nur zustimmen. Deswegen bleibt der Glücksspielstaatsvertrag Murks. Und Murks kann man nicht mit Murks ändern.
Vielen Dank. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass ich die allgemeine Beratung schließen kann.
Artikel 2. - Hierzu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer ihr zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Erste war die deutliche Mehrheit.
Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist die