Ich bitte um Zustimmung. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Mehrheitlich in den Ausschuss für Inneres und Sport und mitberatend Rechts- und Verfassungsfragen sowie Soziales, Gesundheit und Gleichstellung überwiesen. Danke schön.
Tagesordnungspunkt 9: Erste Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Schulgesetzes - Gesetzentwurf der Fraktion der FDP - Drs. 18/37 - dazu gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 GO LT: Bildung am Anfang stärken - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 18/32
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Niedersachsen braucht einen Neustart in der Bildungspolitik. Was wir im Koalitionsvertrag gelesen haben, die Einigung zwischen SPD und CDU, was groß als Schulfrieden verkauft worden ist, der über das Land gelegt werden soll, ist nichts anderes als Mehltau, der über das Land gelegt werden soll. Ehrlich gesagt, ist das kein Schulfrieden - das ist ein Nichtangriffspakt der CDU gegenüber der rot-grünen Bildungspolitik der letzten Jahre.
Wo sind sie geblieben, die ehemaligen Forderungen der CDU? Davon ist nicht mehr viel übrig geblieben. Deswegen sind wir sehr gespannt, wie gerade die Unionsfraktion in diesem Haus mit unserem Gesetzentwurf zur Änderung des Schulgesetzes umgehen wird, mit dem klaren Bekenntnis zur Förderschule Lernen. Wir sagen nach wie vor: Zum 1. August 2018 muss es möglich sein, dass Schülerinnen und Schüler mit dem Unterstützungsbedarf Lernen in der ersten, fünften und sechsten Klasse wieder eine Förderschule Lernen besuchen können. Dafür wurden auch Sie von der Union am 15. Oktober eigentlich gewählt.
Und dann stiehlt man sich klammheimlich aus der Verantwortung, indem man einfach sagt, das sollen künftig die Kommunen entscheiden!
Während man im Landtagswahlkampf die Förderschulen Lernen zu Recht noch für ihre Arbeit gelobt hat, stimmt man nun einer Formulierung im Koalitionsvertrag zu, die lautet: Wenn die Kommunen wollen, dass die Förderschulen Lernen in den nächsten fünf Jahren auch weiterhin Schülerinnen und Schüler aufnehmen sollen, dann müssen sie dafür ein besonderes pädagogisches Konzept vorlegen. - Es ist eine infame Unterstellung gegenüber den Förderschulen Lernen in diesem Land, dass sie aktuell kein pädagogisches Konzept haben. Meine sehr geehrten Damen und Herren, so verraten Sie nicht nur Ihre Wählerinnen und Wähler, sondern auch die Förderschulen Lernen und die dort tätigen Sonderpädagogen.
Alle im Land hätten sich eigentlich erhofft, dass es einen wirklichen Neustart in der Bildungspolitik gibt. Und es gibt Gründe dafür, die einem eigentlich auch zu denken geben sollten. Wenn ein Drittel der Viertklässler in Niedersachsen am Ende der Grundschule nicht den Regelstandard in Mathematik erreicht, wenn mehr als ein Viertel der Viertklässler in Niedersachsen nicht den Regelstandard im Bereich Lesen erreicht, und wenn die Hälfte der Viertklässler in unserem Land nicht über die Grundkompetenz der Orthografie verfügt - also nicht weiß, wie man richtig schreibt -, dann ist das doch wirklich ein Zeichen, dass dieses Land eine neue Bildungspolitik braucht.
- Frau Heiligenstadt, dieses Land brauchte nicht nur einen neuen Kultusminister, es hätte auch eine Veränderung der Politik geben müssen. Daran
tragen nicht Sie Schuld. Die Union trägt daran Schuld, dass Ihre Politik mit ihren Stimmen jetzt weitergemacht wird.
Was ist denn das für eine Aussage im Koalitionsvertrag? Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen! Die Hälfte unserer Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen kann nicht richtig schreiben, und da wollen Sie noch lange prüfen, ob die Methode, Schreiben nach Hören zu lernen, richtig ist? - Alle wissen, diese Methode ist falsch. Schaffen Sie diese Methode auch in Niedersachsen ab! Dann werden sich die Ergebnisse der Schülerinnen und Schüler auch wieder verbessern. Das ist die Verantwortung von SPD und CDU in diesem Land.
Ja, wir bekennen uns dazu, dass es in der Grundschule ab Klasse 3 Noten geben soll. Auch dazu hatte die Union sich einst einmal bekannt. Jetzt hat man einen faulen Kompromiss geschlossen und gesagt: Verpflichtende Noten erst ab Jahrgang 4. In Klasse 3 sei das den Schulen freigestellt. - Und da sagen nun wirklich alle einhellig, dass diese Kompromissformel der absolut falsche Weg ist.
Wenn man in der 4. Klasse nach dem ersten Halbjahr mit den Noten anfängt, kann man wirklich davon sprechen, dass der Leistungsdruck auf die Schülerinnen und Schüler unnötigerweise erhöht wird. Konsequent wäre es gewesen, sie ab Klasse 3 schon an die Noten zu gewöhnen, und konsequent wäre auch eine Beibehaltung bzw. eine Wiedereinführung der Schullaufbahnempfehlung gewesen, so wie wir es vorschlagen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir gehen noch weiter: Wir sagen, zu einem Neustart gehört auch, dass wir einmal schauen müssen, warum Schülerinnen und Schüler in anderen Bundesländern besser bei den Bildungstests abschneiden. Da lohnt sich ein Blick nach Bayern, auf die Stundentafel für die Grundschule. Wenn Sie die Stundentafel in Niedersachsen und die Stundentafel in Bayern vergleichen, stellen Sie fest, dass in den vier Jahren Grundschule die Kinder in Bayern 400 Unterrichtsstunden mehr bekommen als die Kinder in Niedersachsen. Da frage ich Sie ganz ehrlich: Sollte es uns das nicht wert sein? Sollten unsere Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen uns nicht genauso viele Unterrichtstunden wert sein, wie die Bayern ihren Schülerin
Vorhin in der Debatte um den Nachtragshaushalt wurde es schon zu Recht angesprochen: Dafür braucht man Lehrerinnen und Lehrer. Man hätte erwarten können, dass es in diesem Land einmal eine Bewegung auf die Lehrkräfte zu gibt.
Aber nichts passiert. Das ist der Hammer. Da haben Sie Recht, Herr Kollege Santjer. Das ist unfassbar. Ich dachte auch, da könne man ein bisschen mehr Tempo machen, zumal ich mich an diverse Podiumsdiskussionen im Landtagswahlkampf erinnere, in denen die Kollegen der SPD, die Kollegen der Grünen, die Kollegen der CDU und ich einhellig gesagt haben: Wir müssen den Einstieg in die Besoldung nach A 13 für die Grund-, Haupt- und Realschullehrer in diesem Land finden, damit wir nicht mehr über Lehrermangel klagen müssen, sondern wettbewerbsfähig gegenüber den anderen Ländern werden, und damit die Lehrkräfte in diesem Land auch die Besoldung bekommen, die sie verdienen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, da bleiben Sie noch nicht einmal auf der halben Strecke stehen. Sie reden plötzlich nur noch davon, dass die Schulleiter in den kleinen Grundschulen von A 12 Z nach A 13 befördert werden sollen. Auch das ist ein wichtiger Schritt, daran wollen wir gar nicht rütteln. Ehrlicherweise wäre aber doch der richtige Schritt: Die Lehrkräfte kommen nach A 13 und kein Schulleitungsamt wird unter A 14 besoldet. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das wäre ein Zeichen gewesen, um mehr Lehrkräfte und auch mehr Schulleiter für dieses Land zu gewinnen.
Ganz spannend ist auch, dass alle Parteien im Landtagswahlkampf gesagt haben, die kostenfreie Schülerbeförderung im Sekundarbereich II soll kommen. Soweit ich weiß, ist das auch Beschlusslage in den Parteien. Auch davon ist aber nicht viel übrig geblieben.
Aber wer sagt, er will kostenfreie Bildung, der muss auch dafür sorgen, dass die Schülerinnen und Schüler in der gymnasialen Oberstufe und in den berufsbildenden Schulen zur Schule kommen können, ohne nebenbei jobben zu müssen, um sich ein Schülerticket leisten zu können.
Das sind Ihre Aufgaben für einen Neustart in der Bildungspolitik. Ich kann Ihnen garantieren: Wir werden Sie am Ende an Ihren Taten messen! Ich glaube, dass insbesondere die CDU in diesem Koalitionsvertrag ihren bildungspolitischen Anspruch aufgegeben hat.
Liebe Gäste! Der Gesetzentwurf der FDP enthält sehr viele sehr gute Ansätze, die wir für unterstützenswert halten. Besonders wichtig erscheint uns dabei tatsächlich der Erhalt der Förderschule Lernen. Darauf will ich im Folgenden näher eingehen.
Den Erhalt der Förderschule Lernen - auf die Förderschule Lernen gehen im Übrigen die meisten Kinder mit Förderbedarf; mehr als auf alle anderen Förderschulformen zusammen - erachten auch wir von der AfD als besonders wichtig, fördert er doch das Wohl aller Kinder, die in Niedersachsen in die Schule gehen.
Die Förderschulen bieten nämlich eine optimierte Lernumgebung. Die Arbeitsteilung zwischen Regel- und Förderschulen schafft viel bessere Voraussetzungen dafür, dass alle Kinder ordentlich lernen können. Sie ist letztendlich die beste aller möglichen Lösungen für die Integration von Menschen mit Behinderungen, wie sie z. B. in der UNBehindertenrechtskonvention gefordert wird.
- Ja, und da steht nichts davon drin, dass Förderschulen nicht erlaubt sind. Im Gegenteil: Förderschulen bieten sogar die beste Form, um den Forderungen der Behindertenrechtskonvention gerecht zu werden.
(Beifall bei der AfD - Julia Willie Ham- burg [GRÜNE]: Das ist eine eigenwil- lige Interpretation! - Frauke Heiligen- stadt [SPD]: Dazu gibt es wissen- schaftliche Studien!)
- Es gibt solche und solche wissenschaftlichen Studien. Aber fragen Sie mal an den Schulen herum! Dann werden Sie merken, welche wissenschaftlichen Studien näher an der Realität sind.
Nun haben sich aber die Koalitionspartner darauf geeinigt, die Förderschulen im Bereich Lernen im Regelfall auslaufen zu lassen. Die CDU hat, um noch ein wenig ihr Gesicht zu wahren, die Nebelkerze „Bestandsschutz bis 2028“ in das Programm einschleusen können. Dabei wurde aber die Verantwortung für diesen Bestandsschutz nur vom Landtag auf die Kreistage verschoben.
Und wenn man sich das dann einmal genau anschaut, stellt man fest, dass dafür recht hohe Hürden aufgebaut wurden:
„Letztmalig können damit im Schuljahrgang 2022/2023 Schülerinnen und Schüler im 5. Jahrgang eingeschult werden. Voraussetzung für eine Genehmigung ist gleichfalls ein regionales Inklusionskonzept des Schulträgers, ein pädagogisches Konzept der Schule und eine konkrete Planung, wie der Übergang in das inklusive Schulsystem gestaltet wird.“