Protokoll der Sitzung vom 13.12.2017

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

wie Sie im Koalitionsvertrag nachlesen können - auf Antrag und dort, wo Bedarf besteht. Zudem wird keine weitere Förderschulform abgeschafft. Sie werden sagen, das ist ein Kompromiss. Ja, es ist ein Kompromiss für beide Seiten, aber ein Kompromiss, der jetzt ganz konkret etwas ändert, ohne das Ziel der Inklusion zu gefährden, und genau darauf kommt es an.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Zu den Grundschulen: Der Antrag erinnert an die IQB-Studie. Die Ergebnisse sind in der Tat alarmierend. Ein Viertel der Schülerinnen und Schüler verlässt die Grundschule, ohne die Grundregeln der Rechtschreibung zu beherrschen. In Mathematik sieht es ähnlich düster aus. Wir müssen deshalb die Leistungsorientierung stärken. Genau dafür haben wir Maßnahmen getroffen. Wir werden die Noten in der Klasse 4 wieder einführen, wo man sich bereits für Lernstandsberichte entschieden hatte. Die Methode „Schreiben nach Gehör“ kommt auf den Prüfstand und wird gegebenenfalls abgeschafft. Es ist kein Geheimnis: Die CDU hält die Abschaffung für dringend geboten.

(Beifall bei der CDU und bei der AfD)

Zur Lehrerarbeitszeit und zu Belastungen: Die Koalition wird und muss die Lehrerarbeitszeit auf eine solide juristische Basis stellen. Wir streben dazu eine neue Arbeitszeitverordnung an und berücksichtigen dabei die Ergebnisse der bestehenden Studien und die der Arbeitszeitkommission. Die Grundschulleitung ist angesichts der Aufgabe und der Besoldung mit A 12 Z viel zu unattraktiv. Viele Grundschulleitungen fehlen. Die Besoldung

der Grundschulleitung werden wir daher in einem ersten Schritt - es ist ein richtiger und ein guter Schritt - auf mindestens A 13 anheben. Zusätzlich müssen die Lehrkräfte durch Verwaltungspersonal und pädagogische Mitarbeiter entlastet werden. Im Mittelpunkt von Schule - das haben wir immer gesagt - muss guter Unterricht stehen.

Auch die Personalplanung in Zusammenarbeit mit den Studienseminaren haben wir bereits im Koalitionsvertrag verankert. Meine sehr verehrten Damen und Herren, auf diesen Kurs haben wir uns als Große Koalition geeinigt. Er ist solide, und er ist sinnvoll. Vor diesem Hintergrund freue ich mich auf die weiteren Beratungen im Ausschuss.

Vielen Dank.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Wulf. - Für die SPD-Fraktion spricht Herr Stefan Politze. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Irgendwie hat man diese schulpolitischen Debatten hier im Landtag seit September ein wenig vermisst, insbesondere in der zugespitzten Art, in der der Kollege Försterling hier vorgetragen hat. Eine Einschätzung teile ich allerdings nicht, Herr Försterling: Die SPD ist nicht abgewählt worden, weil sie eine falsche Schulpolitik gemacht hätte, sondern die SPD ist mit einem deutlich verbesserten Ergebnis aus dieser Landtagswahl hervorgegangen, was man von der FDP nicht behaupten kann. Ihre schulpolitischen Konzepte des letzten Jahrtausends haben keinen Zuspruch bei den Wählerinnen und Wählern erhalten.

(Beifall bei der SPD)

Ihnen fehlt der Gestaltungswille. Vielleicht ist es auch die Meckerecke, in der Sie sich noch befinden, weil Sie weder auf Bundes- noch auf Landesebene in der Lage sind, überhaupt Regierungsverantwortung zu übernehmen oder übernehmen zu wollen.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das stimmt so nicht! - Gegenruf von der SPD - Dr. Stefan Birkner [FDP] - zur SPD -: Es ist nicht so, dass ihr uns nicht woll- tet - wir wollten euch nicht!)

Von daher sehe ich Ihnen nach, dass Sie einen Antrag, der nur ein schulpolitisches Sammelsurium darstellt, aber kein schulpolitisches Gesamtkonzept ist, so auf den Weg gebracht haben. Von daher nehmen wir mal zur Kenntnis, dass Ihnen an dieser Stelle der Gestaltungswille deutlich fehlt - im Gegensatz zur Großen Koalition, die ein klares Handlungsziel hat. Teile daraus hat die Kollegin Wulf gerade vorgetragen. Unser Handlungskonzept ist der Koalitionsvertrag. Darin sind alle wichtigen Bausteine abgebildet.

Aber die FDP will zurück zur Schule des letzten Jahrtausends. Das nehme ich deutlich zur Kenntnis. Und ich nehme auch deutlich Ihren Kniefall vor bestimmten einzelnen Verbänden zur Kenntnis, die Ihnen an dieser Stelle offensichtlich Ihre schulgesetzlichen Regelungen aufgeschrieben haben, liebe Kollege Försterling.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie hier Statistiken zitieren, was immer wieder eindrucksvoll ist, macht es sicherlich auch Sinn, richtige Bezugsgrößen heranzuziehen und sich auch die Zeiträume anzuschauen, für die Statistiken erstellt worden sind und auf die sie sich beziehen. Sinnvoll ist auch, einmal nachzuschauen, was sich seitdem in der Bildungspolitik verändert hat. Vor allen Dingen empfiehlt es sich, wenn Sie beim Thema Grundschule so sehr auf Bayern schauen, auch einmal auf die Curricula zu schauen, um zu erkennen, wie sie in den einzelnen Bundesländern formuliert sind und wie unterschiedlich ausgeprägt sie sind. Dann merken Sie nämlich, dass Sie Äpfel mit Birnen verglichen haben.

(Zustimmung von Frauke Heiligen- stadt [SPD])

Ein Blick in Ihren Gesetzentwurf macht eines ziemlich deutlich, nämlich den Rollback in der Inklusion - entgegen dem, was alle Verbände in Niedersachsen wollen! Das ist ein klares Bekenntnis von Ihnen. Sie meinen, dass wir bezüglich der Inklusion Verantwortung verschieben wollen. Das machen wir nicht! Vielmehr nutzen wir die vor Ort in den Regionen vorhandene Expertise, also die Expertise der Schulträger vor Ort. Das ist sinnhaft! Im Übrigen haben Sie selbst in der vergangenen Wahlperiode immer wieder davon geredet, dass es wichtig ist, den Regionalgedanken zu stärken und die dortige Expertise zu nutzen. Sie wollen jetzt aber einen einfachen Rollback an der Stelle.

Sie wollen die Schullaufbahnempfehlung wieder einführen, und zwar nicht, um den Eltern Orientierung zu geben. Nein, Sie wollen die Abschulung in Niedersachsen wieder möglich machen.

(Björn Försterling [FDP]: Das stimmt doch gar nicht! Sie haben das nicht gelesen! Unverschämtheit! Erst mal lesen!)

Das ist der wahre Hintergrund, warum Sie eine Schullaufbahnempfehlung wollen. Wir haben ein weitergehendes Konzept vereinbart, sehr geehrter Herr Försterling. Zum Thema Schullaufbahnempfehlung weise ich Sie noch einmal darauf hin, dass 95 % der Verbände eindeutig gesagt haben, dass die Schullaufbahnempfehlung antiquiert und überflüssig ist, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Die Nicht-Versetzung nach Schuljahrgang 6 - auch das haben Sie hier geschrieben - steht in einem engen Zusammenhang mit der Schullaufbahnempfehlung. Alle Möglichkeiten der Abschulung sind derzeit sehr wohl im Schulgesetz geregelt, Herr Försterling. All die Instrumente des Schulgesetzes reichen völlig aus, um den Eltern ebenso wie den Schülern eine Orientierung zu geben, welche Schule für sie wirklich am besten ist. Deswegen brauchen wir diesen Griff in die Trickkiste nicht.

Die Frage der Einschulung und des Einschulungsalters ist von uns eindeutig im Koalitionsvertrag beantwortet worden. Dem werden wir nachkommen. Auch das Thema Schülerbeförderung haben wir im Koalitionsvertrag ziemlich klar geregelt. Es gibt diesen Handlungsdruck, den Sie beschreiben, an dieser Stelle nicht, sehr geehrter Herr Kollege Försterling.

Sehr interessant ist auch, was Sie gleich unter Nr. 1 Ihres Entschließungsantrags zur Arbeitszeitverordnung anführen, die Sie jetzt und sofort auf den Weg bringen wollen. Sie greifen den Abschlussergebnissen einer Arbeitszeitkommission vor, die uns allen noch nicht hinlänglich bekannt sind. Sicherlich macht es Sinn, dass man diese Ergebnisse erst einmal aufgreift, auswertet und dann die richtigen Schlüsse daraus zieht. Aber Sie schütten wie immer das Kind mal lieber gleich mit dem Bade aus.

Auch was das Thema Besoldung anbelangt, haben wir einen klaren Fahrplan. Wir steigen mit der Klärung dieser Frage für die Schulleitungen in das Thema ein, und danach wird es einen Stufenplan

geben, weil nur dieser Stufenplan Sinn macht. Das ist im Übrigen mit den Verbänden so besprochen

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Der Stufenplan geht nicht weit genug! Das wissen Sie selbst!)

und in den Podiumsdiskussionen von uns immer wieder genau so erwähnt worden: Wir wollen mit einem Stufenplan einsteigen, um zu einer besseren Besoldung für alle Lehrkräfte zu gelangen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Zum Thema Grundschule: Es ist wirklich spannend, dass Sie die Stundentafel für die Kleinsten nach oben verändern wollen.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Das ist skandalös!)

Ich glaube nicht, dass Sie dem, was Sie kritisiert haben, Rechnung tragen können, indem Sie Kinder länger in der Schule behalten - gerade bei den „kürzesten Beinen“ -, um sie intensiver zu beschulen. Gerade bei den Themen „Eingangsstufe“ und „Beschulung von 1 bis 4 im Eingangsbereich“ macht es Sinn, mit anderen Konzepten arbeiten zu können. Dann wird man auch dem Bereich Rechnung tragen können.

Als Fazit bleibt: Die Regierungsfraktionen werden im Januar einen Gesetzentwurf auf den Weg bringen, der das Schulgesetz novellieren wird. Wir werden zügig in eine Anhörung einsteigen, wie sich das gehört. Sie wird sehr breit angelegt werden.

Ihre Anträge und Ihr Gesetzentwurf sind oberflächlich. Sie berücksichtigen, wie der Kollege Thiele heute Morgen berechtigterweise gesagt hat, noch nicht einmal die Entfristung im Lehrerbereich. Der von Ihnen hinterlegte Finanzplan bildet überhaupt nicht die Forderungen ab, die Sie für den Bereich der Inklusion haben. Da dürften wir uns im zwei- bis dreistelligen Millionenbereich bewegen. Ansonsten fallen Sie in die Schule des letzten Jahrtausends zurück. Das ist mit uns nicht zu machen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wir stehen für eine sachorientierte Politik. Aber wir stehen insbesondere dafür, dass wir all das, was wir schulgesetzlich auf den Weg bringen, solide ausfinanziert ist. Das werden wir im Januar starten.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Politze. - Ich erteile Herrn Kultusminister Grant Hendrik Tonne das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Von mir aus erst einmal einen herzlichen Dank an die FDP-Fraktion für ihren Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Schulgesetzes und für den Entschließungsantrag, ist das doch eine gute Gelegenheit, über das bedeutende Thema der Kultuspolitik gleich in der ersten Sitzung des Landtags nach der Regierungserklärung zu debattieren.

Der Kurs der Landesregierung, den wir uns vorgenommen haben, ist dabei klar: Es soll pragmatisch gehandelt werden, dialogorientiert und kreativ dort, wo dringend Lösungen erforderlich sind. Herausforderungen im Kultusbereich haben wir reichlich. Das ist völlig unstreitig.

Wir wollen Stabilität gewährleisten und innovative Lösungen erarbeiten. Sie alle sind herzlich eingeladen, sich auf diesem Weg konstruktiv mit einzubringen. Und, Herr Försterling, wenn ich mir das erlauben darf: Ich fände es hilfreich, wenn man bei solchen Debatten im Landtag verbal ein bisschen abrüstet. Im ersten Satz den Begriff des Verrats einzubringen, finde ich maßlos überzogen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Zurufe von der FDP: Aber wenn es stimmt?)

Meine Damen und Herren, als einen Beitrag auf dem Weg der Debatte sehe ich den Gesetzentwurf der FDP-Fraktion. Er hat einige richtige Akzente. Er weist allerdings an einigen Stellen auch in die falsche Richtung. Davon möchte ich ein paar Punkte aufgreifen.

Ihr Gesetzentwurf ist im Bereich der Inklusion nichts weniger als der Versuch, die inklusive Schule in Niedersachsen abzuwickeln. Das ist für die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen keine Option. Wir bekennen uns ausdrücklich zur gemeinsamen Beschulung von Kindern mit und ohne Beeinträchtigung. Unser Ziel ist die inklusive Schule. Wir wollen den Weg dorthin besser machen, wo es bei der Umsetzung derzeit noch hakt. Aber unser Blick ist im Unterschied zu Ihrem Gesetzentwurf nach vorne gerichtet. Wir wollen den Erfolg der inklusiven Schule, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Auf dem Weg dorthin setzen wir auf mehr Flexibilität und mehr Unterstützung der Schulen und auch der Schulträger. Förderschulen Lernen können im Sekundarbereich I auf Antrag des Schulträgers in der Tat bis spätestens 2028 Bestandsschutz bekommen. Die Voraussetzungen dafür sind gerade eben aufgezählt worden.

Meine Damen und Herren, der Übergang von der Grundschule zur weiterführenden Schule ist für die Schülerinnen und Schüler wie auch für die Eltern eine, wenn nicht sogar die zentrale Weichenstellung. Die Frage, ob auf der Laufbahnempfehlung „Gymnasium“, „Realschule“ oder „Hauptschule“ stand, hat in vielen Familien zu einem unnötigen Druck geführt. Leidtragende waren sehr häufig die Kinder, auf denen schon in der Grundschule ein hoher Leistungsdruck lastete, obwohl - das muss man sich immer wieder vor Augen führen - die Schullaufbahnempfehlung keine Verbindlichkeit besaß. Deswegen werbe ich dafür, dass wir den im Koalitionsvertrag angelegten Weg beschreiten,

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Wa- rum wollen Sie den Handlungsspiel- raum einschränken?)