Protokoll der Sitzung vom 13.12.2017

(Beifall bei der CDU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es war bereits im November 2015, also vor gut zwei Jahren, als der Niedersächsische Richterbund flächendeckende und verlässliche Eingangskontrollen an allen Gerichten in Niedersachsen gefordert hat - Niedersächsischer Richterbund im Jahr 2015. Hintergrund war seinerzeit ein Waffenfund bei einem Besucher des Landgerichts Hannover.

Ich darf zitieren:

„Wir werden nicht hinnehmen, dass für die Sicherheit der Kolleginnen und Kollegen erst dann die erforderlichen Mittel zur Verfügung gestellt werden, wenn wieder etwas Gravierendes geschehen ist.“

So formulierte der Vorsitzende des Richterbundes, Frank Bornemann, in einer Pressemitteilung vom 4. November 2015.

Meine Damen und Herren, CDU und SPD wollen auch nicht auf solch ein Ereignis warten. Wir wollen jetzt mehr Energie in die Sicherheit an Gerich

ten und an den Gebäuden der Staatsanwaltschaft setzen.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Die damalige grüne Justizministerin sah seinerzeit leider keinen Anlass, das Sicherheitskonzept für die Gerichte in unserem Bundesland zu überarbeiten, wie die Antwort auf eine Anfrage meiner Fraktion in dieser Sache aussagte. Dies werden wir jetzt mit diesem Entschließungsantrag ändern. Seine Inhalte sind tägliche Einlasskontrollen in den Gebäuden der Gerichte und Staatsanwaltschaften sowie die Sicherheitskonzepte an Gerichten und Staatsanwaltschaften an die neue Sicherheits- und Bedrohungslage anzupassen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Justiz und insbesondere der Wachtmeistereien entsprechend zu schulen, weitere Handlungsbedarfe hinsichtlich des Einsatzes technischer Hilfsmittel bei den Einlasskontrollen zu evaluieren.

Ich möchte fast sagen, meine Damen und Herren: Endlich ändern wir die abwartende Haltung des Landes in dieser Frage; denn die Sicherheits- und Bedrohungslage hat sich tatsächlich in Deutschland, auch in Niedersachsen, in den letzten Jahren verändert. Die Richter und Staatsanwälte, Rechtspfleger und weitere Justizbedienstete sind nicht selten Gefährdungssituationen ausgesetzt. Dem müssen und werden wir als Niedersächsischer Landtag Rechnung tragen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Dabei wollen wir auch weiterhin den freien Zugang zu den Gerichten für die Einwohnerinnen und Einwohner unseres Bundeslandes gewährleisten. Wir wollen auch weiterhin Besuchergruppen und Schülergruppen ermöglichen, Gerichtsgebäude zu besuchen, und der Grundsatz der Öffentlichkeit der mündlichen Verhandlungen wird nicht eingeschränkt werden. Dieser Grundsatz stützt sich auf eine lange Tradition, die mit der Aufklärung beginnt. Niemand sollte daran gehindert werden, ohne größere Schwierigkeiten an einer Gerichtsverhandlung teilzunehmen; denn ein zugängliches Gericht steht für Transparenz und Offenheit - eine wichtige und vertrauensbildende Maßnahme für Bürgerinnen und Bürger.

Die Kontrollen dürfen und sollen also nicht dazu führen, dass die Öffentlichkeit insgesamt, Einzelpersonen oder Gruppen vor Gericht ausgeschlos

sen werden. Aber der Staat muss auch garantieren, dass in seinen Einrichtungen ein angemessener Sicherheitsstandard existiert, der nicht nur einen offenen, sondern eben auch einen sicheren Zugang zum Gericht ermöglicht. Dies betrifft die bei Gericht und Staatsanwaltschaft tätigen Beschäftigten des Landes, für die das Land als Dienst- und Arbeitgeber eine bestmögliche Sicherheit gewähren muss. Dies gilt auch für die rechtsuchenden Bürgerinnen und Bürger. Wer sich in Niedersachsen an die Justiz wendet oder diejenigen, an die sich die Justiz wendet, müssen dort einen sicheren Rahmen finden.

(Beifall bei der CDU)

Dies, meine Damen und Herren, schafft Vertrauen, wie der bereits zitierte Richterbund in seiner Presseerklärung formulierte. Nicht zuletzt ist Sicherheit auch ein Gutteil der Unabhängigkeit, auf der das deutsche Rechtssystem aufbaut. Deswegen möchten wir beispielsweise sicherstellen, dass keine gefährlichen Gegenstände in Gerichte eingebracht werden können.

Meine Damen und Herren, mit dem Maßnahmenkatalog unseres Entschließungsantrags befinden wir uns landespolitisch endlich wieder in einem Gleichklang mit Maßnahmen, die auch andere Länder zum Schutz ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, zur Sicherheit in Gerichtsgebäuden und in Gebäuden der Staatsanwaltschaft durchführen.

Das wird auch hier in Niedersachsen Zeit. Ich freue mich, dass uns in diese Zeit mit mehr Sicherheit an den Gerichten und Staatsanwaltschaften unsere neue Justizministerin, Frau Havliza, aus dem Landkreis Osnabrück führen wird.

Gerichte und Staatsanwaltschaften verkörpern neben weiteren Behörden das Eintreten des Staates für Sicherheit und Ordnung für seine Bürgerinnen und Bürger und Einwohnerinnen und Einwohner. Wir müssen diese Sicherheit auch selbst in unseren Räumen durchsetzen, damit wir unser Land weiter nach vorne bringen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege Calderone. - Ich erteile jetzt dem Kollegen Christopher Emden von der Fraktion der AfD das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir begrüßen den Entschließungsantrag für mehr Sicherheit bei Gerichten und Staatsanwaltschaften ausdrücklich.

Ich möchte jedoch - auch wenn ich schon wieder mit meiner Berufserfahrung nerve - darauf hinweisen, dass ganz maßgeblich hierfür ist, die Wachtmeistereien personell besser auszustatten und den Berufszweig des Wachtmeisters finanziell attraktiver zu gestalten. Die Wachtmeister sind nämlich diejenigen - das gilt sogar losgelöst davon, welche technischen Hilfsmittel man zur Verbesserung der Sicherheit an Gerichten noch einzuführen gedenkt -, die hierbei die zentrale Rolle spielen. Auch wenn elektronische Geräte, wie auch immer sie sein mögen, in Ergänzung angeschafft werden, müssen sie diese bedienen und kontrollieren können. Die Wachtmeister bleiben diejenigen, die an vorderster Front zu kämpfen haben, die sitzungspolizeiliche Maßnahmen zu übernehmen haben und auch die Sicherheitskontrolle durchzuführen haben.

Die personelle Ausstattung, die wir heute in diesem Land an den Gerichten haben, lässt das überhaupt nicht zu. Wenn mal sporadisch Sicherheitskontrollen durchgeführt werden, sind dafür zwei Wachtmeister notwendig, die dann im Eingangsbereich stehen und ihre anderen Aufgaben, die inzwischen sehr vielfältiger Art sind, nicht durchführen können.

Der Beruf des Wachtmeisters beschränkt sich nämlich bei Weitem nicht mehr auf die Sicherstellung der behördlichen Sicherheit, sondern geht weit darüber hinaus. Er muss deshalb unserer Auffassung nach eine finanzielle Stärkung, Besserstellung, Aufwertung erfahren. Denn die Wachtmeister sind - das kann man jeden Tag bei Gericht merken - das Rückgrat des Gerichts. Wenn es die Wachtmeister nicht gäbe, würden die Akten nicht mehr von A nach B transportiert, wäre die Sicherheit nicht gewährleistet und könnte der Betrieb in der Form, in der er jetzt läuft, nicht aufrechterhalten bleiben.

Insofern fordern wir eine finanzielle Aufwertung des Berufszweigs der Wachtmeister und vor allen Dingen einen personellen Ausbau. Denn mehr Sicherheit können wir, wie gesagt, nicht durch elektronische Mittel oder Ähnliches herstellen. Mehr Sicherheit können wir einzig und allein bzw. in erster Linie durch mehr Wachtmeister herstellen, also durch eine bessere personelle Ausstattung.

Das bitte ich hierbei zu berücksichtigen. Alles andere sind Randscharmützel. Wir müssen die Wachtmeister stärken.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Emden. - Ich gebe jetzt dem Kollegen Dr. Genthe von der FDP das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Regierungsfraktionen bringen einen Abschnitt aus ihrem Koalitionsvertrag als Entschließungsantrag in das Plenum ein, um hier darüber sprechen zu können. Ich hoffe nur, meine Damen und Herren, dass das jetzt nicht mit jedem Absatz des Koalitionsvertrags geschieht; denn dafür würden die folgenden Sitzungswochen vermutlich nicht ausreichen.

In der Sache greifen die Fraktionen allerdings eine uralte Forderung der Freien Demokraten auf, was ich ausdrücklich begrüße. Die Fraktion der FDP dient insofern sehr gerne als Ideengeber - übrigens nicht nur für den Bereich der Justiz. Sprechen Sie uns ruhig an! Wir machen das gerne.

Meine Damen und Herren, die neue Justizministerin hat bei ihrer Vorstellung im Ausschuss gesagt, dass uns allen das Funktionieren der Justiz in Niedersachsen am Herzen liegen sollte. Das sehe ich ausdrücklich genauso. Entscheidend ist jedoch nicht, was in einen Koalitionsvertrag geschrieben wird oder was als Entschließungsantrag in den Landtag eingereicht wird; entscheidend ist, was die Landesregierung dann tatsächlich auch umsetzt.

(Beifall bei der FDP)

Insoweit ist dieser Antrag wirklich windelweich formuliert. Da soll berücksichtigt, fortgesetzt oder evaluiert werden. Das, meine Damen und Herren, ist mir ausdrücklich zu wenig.

Vermehrte Einlasskontrollen - das ist ja der Kern, über den wir hier reden - werden vom Niedersächsischen Richterbund bereits seit Langem gefordert. Sie sind meines Erachtens auch kein Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz; denn sie erschweren den Zugang zu den Gerichtsgebäuden jedenfalls nicht unverhältnismäßig. Sie dienen aber der Sicherheit aller Beteiligten und der ungestörten Durchführung von Verhandlungen.

Meine Damen und Herren, ich erwarte, dass die immensen Mehreinnahmen des Landes dazu genutzt werden, die Justiz in Niedersachsen auch an dieser Stelle konkret besser auszustatten. Daher sehe ich diesen Entschließungsantrag als Übungsmaßnahme der Großen Koalition und gehe einmal davon aus, dass spätestens im Januar 2018 ganz konkrete Maßnahmen genannt werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung von Helge Limburg [GRÜNE])

Herzlichen Dank, Herr Dr. Genthe. - Das Wort hat jetzt der Kollege Ulf Prange von der SPD. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Koalitionsvertrag von Rot-Schwarz steht:

„SPD und CDU wollen die Sicherheit an den Gerichten und Staatsanwaltschaften kontinuierlich verbessern. Unser Ziel ist es, in der Regel tägliche Sicherheitskontrollen an den Gerichten und Staatsanwaltschaften durchzuführen. Hierfür wollen wir die personellen und sächlichen Mittel zur Verfügung stellen und bereits begonnene Schulungsmaßnahmen fortführen.“

Damit hat eine wichtige Forderung der SPD aus unserem Regierungsprogramm Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden. Mehr Sicherheit an unseren Gerichten und Staatsanwaltschaften ist schließlich auch eine langjährige Forderung des Richterbundes. Das ist eben schon mehrfach erwähnt worden.

Diejenigen in unserem Land, die für Sicherheit und Gerechtigkeit sorgen, die Konflikte befrieden und schlichten, haben einen Anspruch darauf, dass wir sicherstellen, dass sie in einem sicheren Umfeld arbeiten können. Das ist eine Frage der Wertschätzung für diese für unser Land so wichtige Arbeit, ergibt sich aber auch aus der Fürsorgepflicht des Landes.

Daneben geht es aber auch um die berechtigten Sicherheitsbedürfnisse der Rechtsuchenden, Verfahrensbeteiligten und derjenigen, die sich in unseren Gerichten und Staatsanwaltschaften als Besucher aufhalten.

Richtig ist, dass es keine absolute Sicherheit gibt. Wir müssen uns aber der besonderen Bedeutung unserer Justiz als dritter Gewalt bewusst sein. Es muss darum gehen, den bestmöglichen Schutz in einer sich verändernden Gesellschaft zu organisieren.

Gerichte und Staatsanwaltschaften sind wichtige Institutionen der Demokratie und des Rechtsstaats. Zugänglichkeit, Transparenz und Offenheit stärken das Vertrauen in unsere Justiz. Dies müssen wir in Einklang bringen mit den Sicherheitsbedürfnissen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch der Öffentlichkeit.

Im Rahmen meiner Tätigkeit als Rechtsanwalt habe ich viele Gerichte gesehen. Bis 2013 war ich auch viel überregional unterwegs. Ich habe festgestellt, dass die Sicherheitsvorkehrungen in den einzelnen Bundesländern durchaus unterschiedlich sind. Gerade in NRW ist mir immer wieder aufgefallen, dass die Gerichte dort ganz überwiegend mit Sicherheitsschleusen ausgestattet sind, was wir so in Niedersachsen nicht haben. Auch in anderen Bundesländern wird das Thema Sicherheit verstärkt angegangen.

In Hamburg hat der Senat am 11. April 2017 ein umfangreiches Sicherheitskonzept zur Sicherung der Gebäude der Gerichte und Staatsanwaltschaften beschlossen. Die konkrete Sicherheitslage spielt hier sicherlich eine gewichtige Rolle. Das Gefahrenpotenzial in Großstädten und großen Gerichten ist unbestritten größer.