Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns die Trennung zwischen Strom- und Gasnetzen aufheben! Die beiden Systeme bieten enorme Potenziale für eine nachhaltige Gesellschaft bei gleichzeitig steigender Wirtschaftlichkeit. Zudem kann die Aufhebung dieser Trennung vielen Menschen in Niedersachsen neue berufliche Perspektiven eröffnen, vorhandene Arbeitsplätze sichern und das Vertrauen steigern.
Wir von der SPD stehen für eine umfassende und nachhaltige Energiepolitik, und das auch, damit unsere Kinder künftig hier gut leben können.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Nun hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Byl das Wort. Bitte, Frau Kollegin!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Deutschland hat 2015 den Klimavertrag von Paris unterzeichnet. Mit diesem Abkommen will die Staatengemeinschaft dafür sorgen, dass das Klima sich um weniger als 2 °C - wenn möglich, nur um 1,5 °C - erwärmt. Warum? - Um gutes Leben auf diesem Planeten, um unser Überleben auf diesem Planeten zu sichern. Das muss doch die rote Linie sein, die nicht unterschritten werden darf.
Klimaschutz und Energiewende sind riesige Chancen, auch für eine gute Industriepolitik. Doch was macht die Große Koalition? - Bremsen und blockieren! In einem Jahrzehnt haben Schwarz-Rot und Schwarz-Gelb es geschafft, Deutschland vom Klimavorbild zum Klimasünder zu bringen.
Wir müssen die Erneuerbaren in der Tat viel schneller ausbauen, wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen.
Da sind wir direkt beim Thema Stromleitungen. Der Ausbau der erneuerbaren Energien soll „netzsynchron“ erfolgen - so klingt das bei der Bundesregierung, wenn sie erklären soll, weshalb sie die Erneuerbaren abwürgt. „Voraussetzung ist die Aufnahmefähigkeit der entsprechenden Netze“ - so heißt es auch in einem rot-schwarzen Landtagsbeschluss zur Energiewende vom letzten Dezember.
Sehr geehrte Damen und Herren, Netze first - Energiewende dann irgendwann später mal vielleicht? Es ist tatsächlich höchste Zeit, diese Ausbaubremse für die Erneuerbaren zu kippen. Und es ist Zeit, endlich die ganzen Atom- und Kohlemeiler vom Netz zu nehmen.
Mit dem Primat des Netzausbaus wird auch das sogenannte Netzausbaugebiet begründet: Auf über 30 % der niedersächsischen Landesfläche ist der Ausbau der Windenergie gedrosselt. Trotz aller Bekenntnisse zum Windstandort Niedersachsen stellt die Landesregierung diese Drosselung im Netzausbaugebiet bislang allerdings nicht in Frage.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, es ist tatsächlich höchste Zeit, Energien - und zwar erneuerbare Energien - ganzheitlich zu denken. Dafür reicht es aber lange nicht aus, ab und an die Wörter „Sektorenkopplung“ und „Wasserstoffstrategie“ in den Raum zu werfen. Wir brauchen endlich echte Maßnahmen für eine dezentrale Energiewende in Bürgerinnen- und Bürgerhand.
Das Atomkraftwerk Emsland in Lingen verstopft die Netze im Norden. Durch eine Reststrommengenübertragung darf es sogar noch länger laufen. Eine Verhinderung dieser Laufzeitverlängerung kann dringend benötigte Netzkapazitäten für die Erneuerbaren freiräumen.
Doch die GroKo im Landtag hat unseren Antrag dazu komplett abgebügelt, ohne echte Alternativen zu nennen.
Wir brauchen einen ambitionierten Kohleausstieg, und zwar wesentlich schneller als der, den die Kohlekommission beschlossen hat.
Ich denke, das muss klar sein, wenn man sich die Klimaziele von Paris anschaut. Das sorgt dann auch für Entlastungen des Stromnetzes.
Der Eigenverbrauch von erneuerbarem Strom muss gefördert werden. Aktuell ist das Gegenteil der Fall: Die EEG-Abgabe auf selbst produzierten Strom wirkt auf Selbsterzeugerinnen und Selbsterzeuger wie eine Strafzahlung. Dabei brauchen wir doch genau das: Energie in Bürgerinnen- und Bürgerhand, die dort produziert wird, wo sie gebraucht wird. Dann brauchen wir auch weniger Leitungen.
Die Landesregierung muss sich endlich der Wärme- und Verkehrswende annehmen. Gebäude können mit hocheffizienten Wärmepumpen beheizt und Elektroautos gezielt in windstarken Zeiten geladen werden.
Auch der gezielte Bau von Speichern an Engpassstellen kann das Netz entlasten, beispielsweise mit Power-to-Gas.
Sehr geehrte Damen und Herren, wenn es der Landesregierung ernst mit der Energiewende ist, reichen Appelle nach Berlin längst nicht mehr aus. Wir brauchen endlich das Klimagesetz für Niedersachsen. Und nicht nur das! Wir brauchen unbedingt ein starkes Maßnahmenpaket für Niedersachsen. Liefern Sie endlich, und lösen Sie Ihre Versprechungen ein!
Vielen Dank, Frau Byl. - Für die AfD-Fraktion erteile ich nun das Wort Herrn Abgeordneten Wirtz. Bitte!
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Murmelnde! Wir sind jetzt bei der zweiten Aktuellen Stunde zu einem Thema, das in seiner Bezeichnung vorher kaum zu greifen war und in seiner Ausführung hier immer noch nicht furchtbar kon
Es geht um „ganzheitliches Denken“. Immer, wenn diese Vokabel kommt - au weia! Das ist ja fast so wie die berüchtigten „intelligenten Lösungen“. Jetzt wird ganz groß ausgeholt und so global wie möglich ein Problem geschaffen und gebacken, das man vorher noch gar nicht hatte. Wollen wir also mal wieder mindestens die Energiewende retten, wenn nicht sogar die Welt!
Der Herr Umweltminister Lies hat es vorhin so wunderbar gesagt: Wir können alles abschalten, was wir haben - das bauen die Chinesen in einem Jahr neu auf. - Also, ich weiß gar nicht, was Sie retten wollen, welche Ziele Sie einhalten wollen als einziges Land auf der ganzen Welt. Das machen die anderen nicht mit. Wir werden nicht gerade eine Vorbildfunktion einnehmen.
Das bleibt auch so, wenn Sie jetzt über „intelligente Netze“ reden. Das bedeutet ja wohl nur eines: Wir wissen nicht genau, welcher Strom kommt. Gefälligkeitswind erzeugt Zufallsstrom, und den müssen Sie dann irgendwo lassen. Das ist natürlich ein Problem in einem Industrieland, das eigentlich Versorgungssicherheit braucht.
Sie reden hier - in einer anderen Rede war es zu hören - von lokalen Speichern. Die sind noch gar nicht entwickelt, und die, die es gibt, sind so teuer, so aufwendig, so energie- und ressourcenintensiv, dass wir damit gar nicht in großen Lösungen denken können. Dann ist die „intelligente Lösung“ leider noch in weiter Ferne. Das ist nämlich eigentlich immer das, worum es geht.
Sie wissen eigentlich nicht, wohin mit dem Strom, den unsere Windräder gerade erzeugen. Der SuedLink - haben wir gehört - ist jetzt für 2025 schon kaum noch zu halten. Er wurde gerade vorgestellt.
Den Strom, der in Bayern gebraucht wird, erzeugen wir hier - na ja, sagen wir mal - gelegentlich. Aber wir haben immer noch keinen Schimmer, wie wir den nach Süden bringen. Das wird auch noch eine ganze Weile dauern.
Das bringt uns natürlich zu einem Problem: Wohin mit dem Strom? Wie halten wir diejenigen bei Laune, die Windenergieanlagen aufstellen? Wie halten wir diejenigen in Arbeit, die Windenergieanlagen bauen? - Das alles sind ungelöste Fragen, die sich gerade aktuell stellen und nicht in einer fernen Zukunft.
Es ist nicht nur Enercon, die wackelt, es ist auch eine Senvion-Energieanlagengesellschaft, es ist auch ein Zulieferer AMBAU, über den wir hier komischerweise nicht reden; da tauschen wir keine Solidaritätsadressen aus. Dann sind es noch die Nordseewerke, die bisher auch als Zulieferer für Windenergieanlagen gearbeitet haben, aber schon bald nicht mehr arbeiten werden.
Das heißt, das ist alles eine riesige Beschäftigungstherapie, die Sie sich hier zurechtlegen - leider. Denn diese Beschäftigungstherapie hat einen Nachteil: Sie ist sehr teuer, sie ist sehr aufwendig. Und das, was wir in unserer Landschaft aufstellen, schmückt diese nicht gerade, sondern ist meist eine Verschandelung.
An Frau Byl gerichtet, muss ich sagen: „Netz first“ und alles andere „second“ - genau das ist die Reihenfolge. Sie waren auch mit in Brüssel; Sie haben Herrn Oettinger gehört. Wenn für Sie eine Industriegesellschaft übermäßig groß und nicht vorstellbar ist, dann stellen Sie sich wieder ein Haus vor: Sie können mit der Versorgungsleitung drangehen, und Sie können in dem Haus jede Menge Verbraucherstellen haben. Wenn Sie aber kein Netz im Haus haben, dann nutzt Ihnen weder das eine noch das andere etwas.
Wenn Sie es übertragen, muss ich Ihnen sagen: Wir haben auch die Verbraucher nicht, wir haben die Speichermöglichkeiten nicht, und das, was wir schon gar nicht haben, ist eine sinnvolle Lösung, Power-to-Gas, Elektrolyse, Wasserstoff herzustellen. Das funktioniert einfach noch nicht; das verschwendet 80 % des Stroms, wenn man „Glück“ hat; teilweise sind es sogar über 90 % des Stroms, den man investiert. Wir haben auch die Stromüberschüsse nicht. Woher sollen die denn kommen?
Wenn Ihnen, liebe SPD, das mit der Sektorenkopplung so wichtig ist - das muss ich Sie fragen -, warum haben Sie dann eigentlich nicht dem FDPAntrag zugestimmt? Da wird nämlich über Sektorenkopplung gesprochen.
Da steht alles drin. Darin steht, dass die Landesregierung ein solches Konzept vorlegen soll. Das haben Sie hier gerade als neue, brandheiße Idee verkaufen wollen. Darin steht, dass das Ganze dann nach Marktwirtschaft, nach Kosten, Versorgungssicherheit und vor allen Dingen nach Umweltverträglichkeit beurteilt werden soll.
Sollen wir das erst beantragen? Machen Sie es dann vielleicht? Wäre das vielleicht ein Anreiz für Sie? Dann bringen wir so einen Antrag auch noch ein.
Sie haben also immer noch das Problem: Wohin mit dem Strom? Vielleicht wird das mit dem SuedLink erst 2027 etwas. Dazu will uns ja keiner eine konkrete Zahl sagen. Das heißt, hier dauert es noch eine Weile - acht Jahre, in denen Windräder sinnlos aufgestellt werden, deren Energie Sie gar nicht verwenden können.