Protokoll der Sitzung vom 27.02.2019

Wir werden den Ausbau der Erneuerbaren voranbringen müssen. Wir brauchen den Ausbau der Netze. Wir müssen den Wandel - da haben Sie völlig recht - in allen Bereichen durchführen.

Die erste Säule ist der Ausbau der Erneuerbaren.

Die zweite Säule ist die Schaffung von mehr Energieeffizienz. Wir sind in der Lage, bis 2050 voraussichtlich 80 % der Energieemissionen für die Gebäude im primären Energiebedarf zu senken.

Dann brauchen wir den Verkehrssektor. Ich will noch einmal das Beispiel VW anführen. Man kann sicherlich viel zur Vergangenheit von VW sagen. Aber eine konsequentere Unternehmensentscheidung als die, die Standorte Emden und Hannover ausschließlich für Elektromobilität umzubauen, findet man bei keinem anderen Unternehmen weltweit. Das ist zugleich eine Botschaft für die Entwicklung der Industrie in unserem Land.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Dass wir das Ganze auch selbst konsequent angehen, zeigen die Brennstoffzellenzüge. Damit gelingt es besser, CO2-freie Mobilität auf die Schiene zu bekommen, als - wie im Moment in Berlin diskutiert wird - alle Strecken zu elektrifizieren. Planfeststellungsverfahren dauern eine Ewigkeit!

(Christian Meyer [GRÜNE]: Sagen Sie das mal dem Verkehrsminister, der nicht da ist, dem Blockierer!)

Unser Modell, dem Unternehmen Alstom in Salzgitter eine neue Zukunftsperspektive für seine Produktion zu geben und zugleich CO2-freie Mobilität sicherzustellen - das ist eine Antwort für die Zukunft, und zwar nicht nur für Niedersachsen, sondern für die ganze Welt. Diese Antwort geben wir hier. Das verstehe ich unter „Klimaschutz als

Chance!“ - nicht das, was Sie daraus machen wollen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Das gilt im gleichen Maße für den Bereich der Landwirtschaft. Es ist völlig klar, dass ML und MU gemeinsam vorangehen müssen, um Landwirtschaft und Klimaschutz in Einklang zu bringen. Die Landwirtschaft ist nun einmal einer der großen Emittenten; das braucht man gar nicht zu ignorieren.

Dass wir das Problem ansprechen, heißt noch lange nicht, dass wir schon eine Lösung dafür hätten. Wir müssen uns zusammensetzen, wir müssen auf der einen Seite für eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft sorgen und auf der anderen Seite die Klimaschutzziele einhalten. Das ist unser erklärtes Ziel, das ist die Botschaft, und darauf geben wir die Antworten.

Wir haben mit allen energieintensiven Betrieben zusammengesessen. „Klimaschutz als Chance!“ - das ist unsere Antwort auf die Herausforderungen, vor denen die Industrie, die chemische Industrie, die Raffinerien, die Batterieproduzenten oder die Stahlindustrie stehen.

Die fünfte industrielle Revolution ist die CO2-freie Produktion. Wir werden dafür sorgen, dass es möglich ist, beides zu erreichen: die Umsetzung der Ziele in der Europäischen Union und die Industrialisierung mit einer CO2-Reduzierung. Wir können aufzeigen, dass das funktioniert. Das ist „Klimaschutz als Chance!“, das ist zukunftsweisend, das sorgt dafür, dass wir weltweit das Klima schützen und CO2-Emissionen reduzieren.

Mit Ihrem Ansatz, die Diskussion auf Niedersachsen zu reduzieren, gelingt das nicht.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Christian Meyer [GRÜNE]: Es sprach der Möchtegern-Wirtschaftsmi- nister!)

Vielen Dank, Herr Minister Lies. - Nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung erteile ich noch einmal Frau Piel, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, das Wort für zweieinhalb Minuten. Frau Piel!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Hören Sie sich eigentlich selber reden, Herr Lies? - Es ist

schon bezeichnend, dass bei dieser Debatte weder der Ministerpräsident das Wort ergriffen hat, noch dass der Wirtschaftsminister anwesend war. Sie können doch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Sie kein Konzept haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Dr. Birkner [FDP])

Sie erzählen hier, die Ziele des Pariser Klimaabkommens würden eingehalten. Aber vermitteln Sie das mal den jungen Leuten da draußen! Sie wissen genauso gut wie ich, dass das nicht gelingen wird, Herr Lies. Und es wird noch weniger gelingen, wenn Sie das Klimagesetz weiterhin vor sich herschieben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Bosse, es war schon entlarvend, dass Sie davon geredet haben, dass wir unser Klimagesetz schon bekommen würden. Daran kann man deutlich sehen, dass die SPD sich diesen Gedanken noch lange nicht zu eigen gemacht macht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Das war ein enttäuschender Auftritt. Ich hätte mir mehr gewünscht als eine philosophische Debatte. Ich sehe nicht, warum die Jugendlichen danach nicht mehr auf die Straße gehen sollten.

Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Piel. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, sodass ich die Aktuelle Stunde der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen schließen kann.

Ich eröffne die Besprechung zu

b) Immer nur mehr Stromleitungen? - Energien ganzheitlich denken! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 18/2972

Ich erteile das Wort für die SPD-Fraktion dem Abgeordneten Senftleben. Bitte, Herr Kollege!

(Beifall bei der SPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Kohlekommission hat am 26. Ja

nuar 2019 einen vermutlich historischen Kompromiss für die Bundesrepublik Deutschland und die hiesige Energieversorgung errungen. Mit diesem Kompromiss ist zum einen ein Fahrplan aufgestellt, der unseren Weg ohne die Verstromung von Kohle aufzeigt. Zum anderen sind Perspektiven zur Lösung des gesellschaftlichen Konfliktes in den Kohlerevieren eröffnet worden.

Die SPD in Niedersachsen sieht neben einer Bestätigung der eingeleiteten Energiewende auch die daraus erwachsende große Chance für Niedersachsen. Mit einer konsequenten Umsetzung werden wir in Niedersachsen als Windenergieland Nummer eins gute Arbeit für die Menschen in unserem Land sicherstellen und so eine nachhaltige Zukunft gewährleisten.

Eine Stromversorgung, die zunehmend auf volatil einspeisende erneuerbare Energien gestützt ist, muss auf die daraus erwachsenden Anforderungen eingestellt werden. So muss die Stromversorgung auch in Zukunft vor allem sicher und bezahlbar bleiben. Gleichzeitig müssen Erzeugung und Verbrauch bedarfsgerecht aufeinander abgestimmt werden.

Für die SPD ist dabei unstrittig, dass die Modernisierung und der Ausbau der Übertragungsnetze mit Hochdruck vorangetrieben werden müssen. Gleichzeitig müssen in den Verteilnetzen intelligente und regionale Lastenausgleiche möglich sein. Lokale Speicher sowie optimierte Einspeisetechniken müssen geschaffen werden.

Anhand der drei folgenden Punkte werde ich Ihnen die besondere Chance für Niedersachsen verdeutlichen.

Erstens: die Nutzung vorhandener Infrastrukturen. Wir alle wissen um die Mühen und den Aufwand bei der Realisierung von Projekten wie beispielsweise dem SuedLink. Großprojekte dieser Art sind schwer realisierbar, und es ist fraglich, ob dies in Zukunft weiterhin so möglich ist. Mit dem vorhandenen Gasnetz verfügen wir über ein weiteres funktionales Verteilsystem für Energie. Diese Struktur nicht zu nutzen oder gar zurückzubauen, wäre unsinnig und töricht.

Das Stichwort hier lautet „Sektorenkopplung“. So ist die Umwandlung von Strom aus erneuerbarer Produktion in Gas hervorragend geeignet, um die vorhandene Verteil- und Speicherstruktur ebenfalls zu nutzen. Neben einer ökonomisch sinnvollen Auslastung wird zudem der Stellenwert von Gas

als zwingend erforderliche Brückentechnologie deutlich.

Zweitens: die Stärkung des Innovationsstandortes Niedersachsen. Anknüpfend an den ersten Punkt bedeutet der Einstieg in eine praxistaugliche Sektorenkopplung auch, dass neue Technologien alltagstauglich weiterentwickelt und verfügbar gemacht werden müssen. Wir haben in Niedersachsen alles, was man dazu braucht. Als Beispiel darf ich den eben schon erwähnten mit Wasserstoff betriebenen Zug nennen.

Wir müssen unsere erneuerbaren Energien dazu nutzen, im großen Stil solche und andere Kraftstoffe zu produzieren. Mit diesen „grünen“ Kraftstoffen können wir dann unseren Alltag gut organisieren. Neben einer Reduzierung von klima- und gesundheitsschädlichen Emissionen erschließen wir so auch ganz neue Wirtschaftszweige.

Niedersachsen wird mit dieser zukunftsgewandten und praxisnahen Strategie auch qualifizierte Arbeitsplätze in der Industrie schaffen und langfristig etablieren können. So betreiben wir aktiv Klimaschutz und sichern zugleich gute Arbeit für die Menschen in Niedersachsen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Als Drittes ist der Erhalt von Arbeitsplätzen und Wirtschaftsbereichen zu nennen. Bereits im vorletzten Tagungsabschnitt haben wir mit großer Mehrheit eine Entschließung zur Sicherung der Arbeitsplätze in der Windenergiebranche verabschiedet.

Ganzheitlich Energien zu denken, bedeutet auch, vorhandene Kompetenzen zu stärken und weiterzuentwickeln. In Niedersachsen ist die Produktion von Windenergieanlagen fest verankert. Die Qualität dieser Industrie und ihrer Unternehmen ist weltweit anerkannt und nachgefragt. Die optimale Nutzung von Windenergie ist zwingende Voraussetzung dafür, die Akzeptanz in der Bevölkerung voranzutreiben und weiterzuentwickeln. Die optimale Nutzung erfolgt auch durch eine zuverlässige Sektorenkopplung. Der effiziente Einsatz fördert dabei, wie bereits erwähnt, die Akzeptanz. Damit sichert er auch den Zubau und Absatz weltweit.

Alle drei vorgenannten Punkte verdeutlichen, dass ganzheitliches Betrachten zu einer Verkopplung der unterschiedlichen Energiesektoren führen muss, um die jeweiligen Vorzüge der einzelnen Techniken nutzen zu können.

Wir in Niedersachsen wollen nicht nur Windenergieland Nummer eins sein. Wir wollen auch Nummer eins beim praxistauglichen Einsatz von Wasserstoff sein. Daher brauchen wir eine Wasserstoffstrategie für Niedersachsen.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Wo ist sie denn? Sie regieren doch seit sechs Jahren!)

Denn so geht Nachhaltigkeit.