Protokoll der Sitzung vom 27.02.2019

Für uns ist entscheidend, dass wir dazu kommen, dass die Treibhausgasemissionen global gesenkt werden. Da muss man zumindest aus unserer Sicht klar feststellen, dass nationale Alleingänge nicht zielführend sind. Deutschland hat in den letzten Jahren und Jahrzehnten viele nationale Alleingänge unternommen, aber diese haben nicht dazu geführt, dass es tatsächlich zu einer globalen Reduzierung von Treibhausgasemissionen gekommen ist. Auch das berühmte Erneuerbare-Energien-Gesetz hat abgesehen davon, dass es Geld der Stromkunden in Milliardenhöhe verbraucht hat, nicht nennenswert zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen beigetragen. Insofern verfolgen wir hier einen ineffektiven und, national gesehen, isolierten Weg. Davon müssen wir uns lösen.

(Beifall bei der FDP)

Wir sind konkret dafür, dass man dazu kommen muss - da würden wir uns Initiativen der Landesregierung etwa über den Bundesrat oder über andere Möglichkeiten, sich in Berlin einzubringen, wünschen -, den Emissionshandel auszuweiten und alle Sektoren, auch den Verkehrs- und Gebäudesektor, einzubeziehen.

Wir setzen darauf, dass man sich in der Energiepolitik technologieneutral bewegt, dass man eben nicht meint, als Politik von vornherein zu wissen, welche Technologie am effizientesten ist, sich am ehesten durchsetzen wird und auch kostenmäßig die günstigsten Vermeidungskosten hat, sondern dass man einen Rahmen schafft, der Technologieneutralität gewährleistet und bewirkt, dass sich die effizienteste Technologie durchsetzen kann. Da muss sich Politik zurücknehmen. Denn wir wissen nicht, wie sich die Dinge in 5, 10 und 20 Jahren tatsächlich technisch entwickeln, und laufen Gefahr, auch hier, wenn wir das meinen, Milliarden zu verbrennen, ohne dass dem Klima tatsächlich geholfen wird.

(Beifall bei der FDP)

Wir sind der Auffassung, dass die Mittel aus dem Energie- und Klimafonds, der auf Bundesebene besteht und insbesondere durch die Einnahmen aus dem Zertifikateverkauf gespeist wird, für echt wirksame Klimamaßnahmen und für Maßnahmen zur Klimafolgenbewältigung verwendet werden sollten. Maßnahmen wie Klima-Kinos zu fördern,

wie es die aktuelle Bundesregierung tut, ist genau der falsche Weg. Wir müssen dort zu einer Förderung kommen, wo es wirklich notwendig ist.

Wir können uns z. B. vorstellen, einen Kohlenstoffkreislauf zu etablieren, also den Kohlenstoff, der nicht vermieden werden kann, einer Wiederverwertung zuzuführen. Wir müssen auch eine unideologische Debatte über Geoengineering-Maßnahmen führen. Alles in allem sind wir der Auffassung, dass wir uns in einem internationalen Kontext bewegen und das auch entsprechend einbetten müssen.

Bei der Landesregierung hingegen, meine Damen und Herren, sehen wir dazu gar nichts. Das, Herr Bosse, wundert mich; denn Sie haben am Freitag selbst einen Tagesordnungspunkt dazu eingereicht. Aber wo sind Ihre Konzepte?

(Zustimmung bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Frau Rebuschat, auch Sie haben im Prinzip nichts gesagt und im Grunde eine völlig abstrakte Debatte geführt. Diese Ebene müssen Sie verlassen. Um tatsächlich voranzukommen, brauchen wir konkrete Initiativen.

(Glocke der Präsidentin)

- Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss.

Wir müssen erkennen, dass wir ein kleiner regionaler Player sind, der seinen Beitrag leisten kann. Wir sollten uns nicht ständig moralisch vorwerfen, wer der bessere Mensch ist, sondern uns auf das konzentrieren, was wir in Niedersachsen wirklich bewegen können. Damit werden wir den Ansprüchen der jungen Menschen gerecht - mit solchen Debatten wie heute nicht.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Birkner. - Für die Landesregierung hat nun Herr Umweltminister Lies das Wort. Bitte!

(Christian Meyer [GRÜNE]: Also doch keine Chefsache!)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, dass wir für das, was wir uns vorgenommen haben, eine Überschrift brauchen. Diese Überschrift muss sein: „Klimaschutz als Chance!“

Wir stehen vor der Herausforderung, die Situation zu überwinden, dass auf der einen Seite Klimaverweigerer sitzen, die den Klimawandel mit „Natürlich ist es im Winter kälter als im Sommer“ erklären, und auf der anderen Seite gesagt wird: „Wir schalten alles ab, was wir haben, Hauptsache wir erzeugen null Emissionen!“ Die Wahrheit liegt in der Mitte. Klimaschutz als Chance zu begreifen und Lösungen zu definieren, das ist die Aufgabe, die sich diese Landesregierung gestellt hat, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen begrüße ich auch sehr, dass seit Wochen Tausende junger Menschen für den Klimaschutz auf die Straße gehen und uns auffordern, Klimaschutzziele endlich ernst zu nehmen. Sie fordern das völlig zu Recht, weil sie nicht nur an sich, sondern auch an die nachfolgenden Generationen denken. Und wir tragen die Verantwortung dafür, dass wir diese Zukunftsaufgabe wahrnehmen.

Das Positive an den Schülerinnen und Schülern ist: Sie sind nicht gegen etwas auf der Straße, sondern für etwas: für Klimaschutz. Es tut unserer Gesellschaft unheimlich gut, dass so viele junge Menschen für etwas auf die Straße gehen.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Dieser Appell richtet sich an uns. Deswegen will ich noch einmal sagen: Es ist ausdrücklich richtig und gut gewesen, dass der Ministerpräsident die Gelegenheit genutzt hat, mit den Schülerinnen und Schülern zu sprechen. So haben auch wir verabredet, im Gespräch zu bleiben, und zwar nicht in einem Gespräch, in dem die Schülerinnen und Schüler mir erklären, warum sie auf die Straße gehen - das habe ich verstanden -, sondern in dem wir ihre Ideen diskutieren, nämlich ein Klimaschutzgesetz auf den Weg zu bringen oder den Klimaschutz in die Verfassung aufzunehmen.

Das ist zwar eine Aufgabe, die wir im Parlament lösen müssen, aber hier besteht die Chance, sich zu öffnen und Schülerinnen und Schülern die Gelegenheit zu geben, ihre Position nicht nur auf der Straße, sondern sie auch im Dialog mit dem Ministerpräsidenten, mit dem Umweltminister und natürlich auch mit den Parlamentariern deutlich zu machen. Das würde uns helfen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Ich kann das, was der Kultusminister gesagt hat, nur bestätigen: Die Schulen sind geradezu ermutigt, das Thema Klimaschutz und Umweltschutz stärker in ihren Unterricht einzubinden, weil das eine der großen Zukunftsaufgaben ist. Vielleicht ein paar Stunden weniger über die Entwicklung von Aktienkursen und ein paar Stunden mehr über Umwelt und Klimaschutz zu diskutieren, das wird, glaube ich, eine Verantwortung auch in den Schulen sein, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Dass wir in der Gesellschaft einen Schritt weiter sind, zeigen die Ergebnisse der Kohlekommission. Insofern bin ich immer wieder total erstaunt, wenn ich die Kritik höre, die dazu gerade aus den Reihen der Grünen kommt. Die Ergebnisse, die in der Kohlekommission erzielt worden sind, sind ein gesellschaftlicher Konsens, den niemand erwartet hatte - glauben Sie mir, ich habe ihn selber in der Runde nicht erwartet -, in dem sich alle Vertreter aller gesellschaftlichen Gruppen aufgemacht haben, einen konsequenten Weg zum Ausstieg aus der Kohle zu gehen.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Viel zu lange!)

Dass es gelungen ist, diesen gesellschaftlichen Konsens zu erzielen, ist ein riesiger Erfolg. Ich finde, dieser gesellschaftliche Konsens sollte auch seine politische Akzeptanz erfahren, und zwar auch in diesem Parlament, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister Lies, Frau Kollegin Staudte bittet darum, eine Frage stellen zu dürfen. Lassen Sie diese zu?

Ja, gerne.

Bitte, Frau Kollegin!

Vielen Dank, Herr Lies.

Sie haben gerade das Ergebnis der Kohlekommission als ambitioniert gelobt. Gehen Sie davon aus,

dass damit die Pariser Ziele zum Klimaschutz eingehalten werden können?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Staudte. - Bitte, Herr Minister!

Das Ziel der Kohlekommission bestand darin, sicherzustellen, dass wir die Klimaschutzziele 2030 einhalten. Das ist auch der Zeitraum für den Kohleausstieg. Das gemeinsame Ziel dahinter - das wir allerdings nicht allein mit dem Kohleausstieg in Deutschland erreichen können - ist also ganz klar, die Pariser Ziele einzuhalten.

(Imke Byl [GRÜNE]: Das machen Sie aber nicht!)

Ich fahre fort. Sie vergessen immer, dass das, was wir insgesamt abschalten, in China innerhalb eines Jahres neu gebaut wird. Daher besteht unsere Aufgabe darin, zu zeigen, dass Wachstum und Wohlstand auch im Einklang mit dem Klimaschutz möglich sind. Das Ganze als Modell weltweit umzusetzen, das ist unsere Aufgabe, das ist der Erfolg, an dem wir gemessen werden.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Deswegen greift das, was Sie hier immer wieder sagen, viel zu kurz. Nach Ihrem Modell wird der Klimaschutz nämlich dazu führen, dass es weder Wachstum noch Wohlstand gibt. Aber das führt nicht zu einer Akzeptanz in den Ländern, die ihre Energieversorgung ausschließlich auf fossile Energien aufgebaut haben; denn die haben genauso wie wir einen Anspruch auf Wachstum und Wohlstand. Das ist die Botschaft dahinter.

Ich sage immer - und das sieht auch die EU so -: Wachstum und Wohlstand müssen mit Klimaschutz gesichert sein. Es gilt, den Klimaschutz als Chance für Wachstum und Wohlstand zu begreifen. Jetzt stehen 10 Milliarden Euro für eine moderne, wettbewerbsfähige und klimaneutrale Wirtschaft zur Verfügung. Das ist die Botschaft dahinter, und deshalb kann man Energie- und Klimapolitik nicht von der Wirtschaftspolitik trennen.

Ihre einfachen Antworten greifen zu kurz, unsere etwas komplexeren Antworten hingegen sind zukunftsweisend.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Das, was ich gerade beschrieben habe, verfolgen wir hier in Niedersachsen konsequent. Niedersachsen ist aus meiner Sicht das Modellland für den Klimaschutz, den wir in Deutschland realisieren können. Dabei spielt der Ausbau der Erneuerbaren eine gewaltige Rolle. Da sind wir federführend und gehen mutig voran.

Ich würde mir wünschen, dass die Bürgerinnen und Bürger verstehen, dass Klimaschutz auch Artenschutz ist. Ansonsten wird das Ganze nämlich nicht funktionieren. Wenn man sich immer nur auf die eine Seite fokussiert, werden wir all die Konflikte nicht lösen können. Dann verweigert man sich dem Gesamtüberblick, und das wird, wie gesagt, nicht funktionieren.

Wir werden den Ausbau der Erneuerbaren voranbringen müssen. Wir brauchen den Ausbau der Netze. Wir müssen den Wandel - da haben Sie völlig recht - in allen Bereichen durchführen.