Sie haben also immer noch das Problem: Wohin mit dem Strom? Vielleicht wird das mit dem SuedLink erst 2027 etwas. Dazu will uns ja keiner eine konkrete Zahl sagen. Das heißt, hier dauert es noch eine Weile - acht Jahre, in denen Windräder sinnlos aufgestellt werden, deren Energie Sie gar nicht verwenden können.
Genauso viel Energie haben wir leider jetzt in dieser Aktuellen Stunde verpulvert; denn das, was wir hier besprochen haben, bringt uns nicht weiter. Ich denke, an der Stelle können wir langsam aufhören.
Vielen Dank. - Das Wort für die FDP-Fraktion hat Herr Fraktionsvorsitzender Dr. Birkner. Bitte, Herr Kollege!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Senftleben, die von der SPD-Fraktion beantragte Aktuelle Stunde ist überschrieben mit „Immer nur mehr Stromleitungen? - Energien ganzheitlich denken!“. Ich hätte mir in der Woche, nach der die SuedLink-Entscheidung ergangen ist, aber auch etwas zu Stromleitungen gewünscht. Das haben Sie ja eigentlich eingeleitet. Was sollen die Bürgerinnen und Bürger, die von Ihnen eine Antwort darauf verlangen, davon halten? Was bedeutet das, was die SPD hier beantragt hat, eigentlich für sie? Dazu haben Sie überhaupt nichts gesagt.
Das, was Sie gesagt haben, ging aus meiner Sicht in weiten Teilen an dem Thema vorbei, das Sie hier eingereicht haben.
Sie haben von der Kohlekommission, von der Sektorenkopplung, von der Wasserstoffstrategie gesprochen. In der Tat hat man den Eindruck, Sie greifen sich sozusagen beliebig die Begriffe heraus, die so in der energiepolitischen Debatte sind, kombinieren die und stellen sich dann hin und fordern, wir müssten etwas für den niedersächsischen Wirtschaftsstandort tun. Dann wäre alles gut.
Das reicht eben bei Weitem nicht. Da erwarte ich insbesondere von einer Fraktion, die den Umwelt- und Energieminister stellt, doch mehr Konkretes. Was heißt denn das ganz konkret? Was heißt das übrigens ganz konkret für den Netzausbau? Welches sind dazu eigentlich Ihre Vorschläge? - Dazu haben Sie leider gar nichts gesagt.
Dass Sie jetzt quasi die Ergebnisse der Kohlekommission als gegeben hinnehmen und sagen, so wird das kommen, ist schon bemerkenswert. Denn wenn ich das richtig vernehme, gibt es gerade innerhalb der Bundesregierung und seitens der Bundeskanzlerin doch eine sehr große Skepsis gegenüber diesen Ergebnissen, an denen ja auch Herr Minister Lies - er durfte zumindest am Katzentisch dabei sein, wie wir immer lesen durften - mitgewirkt hat. Das, was da passiert, halten wir auch für völlig überteuert. Ein solches Ergebnis würde man auch mit einem funktionierenden Emissionshandel bekommen, ohne 80 Milliarden Euro in das System zu pumpen; so würde man auf günstigere Art und Weise zu den gleichen Ergebnissen kommen.
Warum Sie das jetzt schon zugrunde legen, ist für uns ein Rätsel. Das haben Sie ja auch nicht weiter ausgeführt.
Sektorenkopplung ist sicherlich ein richtiges Stichwort. Wenn man sich dann wiederum fragt, was der Titel der von Ihnen beantragten Aktuellen Stunde eigentlich aussagt, also Auswirkungen auf Stromleitungen - das meinten Sie ja wohl damit, auch wenn Sie dazu nichts gesagt haben -, frage ich mich doch insbesondere, was eigentlich Ihre konkreten Forderungen im Hinblick auf den Netzentwicklungsplan 2030 sind. Vielleicht kann Minister Lies dazu gleich noch etwas sagen.
Genau dort wird ja diese Frage, die Sie hier sehr oberflächlich in die politische Debatte einbringen, diskutiert. Dazu gibt es ja ein geregeltes Verfahren, wie wir zu der Feststellung des Stromleitungsbedarfs kommen, indem nämlich der Netzentwicklungsplan durch die Übertragungsnetzbetreiber und insbesondere die Bundesnetzagentur erarbeitet wird.
Da gibt es sogenannte Szenarien - das wissen Sie ja sicherlich -, und in diesen Szenarien ist ja auch ein hohes Maß an Sektorenkopplung mit berücksichtigt. Wenn das Ihr Anliegen ist, Sektorenkopplung und Netzausbau zu berücksichtigen - was mir auch nach Ihrem Beitrag, ehrlich gesagt, nicht so
ganz klar ist, aber was der Titel der Aktuellen Stunde in diesem Bereich zumindest vermuten lässt -, frage ich mich natürlich - ich wäre dankbar, wenn zumindest der Minister dazu etwas ausführen könnte -: Was hat denn die Landesregierung konkret etwa bei der Entwicklung der Szenarien eingebracht? Was sind sozusagen die Annahmen für Niedersachsen, um dann die Auswirkungen auf den Netzausbau tatsächlich zu nennen?
Das Gleiche, Frau Kollegin Byl, geht auch ein bisschen in Richtung der Grünen. Auch bei Ihnen höre ich immer nur „Dezentralität“. Das ist immer das Stichwort. Ja, in die politische Debatte können Sie das gern einbringen; das ist total interessant, aber es bewirkt null. Sie müssen sich schon in die Debatten um den Netzentwicklungsplan einbringen. Denn wenn wir es mit einer Energiewende ernst meinen, zur Abschaltung der Kernenergie, jetzt sicherlich zu einer Abschaltung von Kohlekraftwerken und zu einem Ausbau der Windenergie und anderer regenerativer Energien kommen, dann brauchen wir einen schnellen, konsequenten Netzausbau. Darüber wäre übrigens einmal eine Debatte zu führen, wie Sie als Wahlkreisabgeordnete vor Ort dazu stehen und ob Sie das denn tatsächlich alles so unterstützen.
Aber diesen Netzausbau brauchen wir. Für diesen Netzausbau hat der Bundesgesetzgeber ein Verfahren beschrieben. Davon losgelöst dann hier irgendwelche Debatten zu initiieren, geht völlig an der Realität vorbei. Die Entscheidungen werden ja, von allen getragen, auf einer ganz anderen Ebene getroffen. Da würde mich natürlich interessieren - „Dezentralität“ hört sich toll an -: Wo und wie bringen Sie sich denn konkret in diese Verfahren auf Bundesebene ein?
Dafür sehe ich auch bei Ihnen überhaupt keine Anhaltspunkte. Das scheint mir auch eher der Versuch zu sein, irgendetwas ins Schaufenster zu stellen und einen guten Eindruck zu hinterlassen. Zumindest bei uns gelingt Ihnen das nicht.
Zum Abschluss, Frau Präsidentin: Vielleicht können Sie, Herr Minister, ein wenig dazu beitragen, aufzuhellen, was jetzt eigentlich wirklich die Position der SPD im Hinblick auf Sektorenkopplung, auf ganzheitliches Denken und auf die Auswirkungen auf den Netzausbau ist. Wollen Sie damit wirklich - wie es der Titel der Aktuellen Stunde vielleicht doch vermuten lässt - den Eindruck erwecken,
durch ein ganzheitliches Betrachten könnten wir das eine oder andere Netzausbauvorhaben, das wir in Niedersachsen auf den Listen haben, jetzt doch irgendwie vermeiden? - Das wäre aus meiner Sicht fatal. Da muss man den Menschen schon reinen Wein einschenken.
Das, was jetzt in dem Netzentwicklungsplan steht und was diskutiert wird, wird kommen müssen, wenn man diesen Weg überhaupt weiter beschreiten will. Dann ist jeder Abgeordnete - gerade der Regierungsfraktionen - vor Ort auch gefordert, dazu zu stehen und sich dafür einzusetzen, dass diese Netze tatsächlich kommen. Alles andere wäre am Ende ein Wegducken und politischer Opportunismus.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat ist heute Morgen bei dieser Debatte deutlich geworden: Einfach wird der Umbau der Energielandschaft nicht. Da gibt es viele Dinge zu beachten. In der alten Welt war das eigentlich relativ einfach: Wir haben uns überwiegend aus Kernenergie, aus Kohle und aus Gas versorgt. Damit war es dann gut.
Dann kommt dazu - das wird in der Debatte viel zu häufig vergessen -: Die Kernkraftwerke, die Kohlekraftwerke und die Gaskraftwerke stehen heute dort, wo der Strom auch verbraucht wird. Aber mit der Frage, wie wir erneuerbare Energien weiter beteiligen und fossile Energien herunterschrauben können, wird sich das Ganze dramatisch ändern.
Es gibt in diesem Land Beschlüsse, wonach wir aus der Kernenergie aussteigen wollen. Wir haben uns auch gerade darauf verständigt, aus der Kohle auszusteigen. Aber das wird dramatische Konsequenzen haben.
Die Erneuerbare-Energien-Anlagen, die Photovoltaikanlagen und die Windkraftanlagen, stehen eben nicht dort, wo der Strom verbraucht wird, sondern sie stehen ganz woanders - teilweise auch in der Nordsee. Das wird - da hat der Kollege Dr. Birkner recht - dazu führen, dass wir neue Leitungen brauchen. Ich glaube deswegen, dass man allen Bürgerinnen und Bürgern in der Tat klar sa
gen muss: Es wird neue Leitungen geben, und an diesen neuen Leitungen kommen wir nicht vorbei. - Ich meine, das gehört an der Stelle zur Ehrlichkeit von Politik dazu.
Natürlich kann man die Idee entwickeln, dass man mit Windkraftanlagen in der Nordsee oder an der Nordseeküste Wasserstoff produziert, diesen zu Erdgas weiter hochverdichtet und das Erdgas dann in den Süden leitet. Das aber wird erstens relativ teuer, und das wird zweitens auch nur begrenzt möglich sein. Ich habe mich gerade mit Blick auf die heutige Aktuelle Stunde mit jemandem unterhalten, der sich damit hervorragend auskennt. Der setzt hinter die These, dass wir dafür vielleicht Kapazitäten haben müssten, große Fragezeichen.
Unser Portfolio wird breiter. Wir reden heute über Wind, Sonne, Biogas und Wasser. Und wir reden Gott sei Dank auch darüber, dass wir die Abhängigkeit von Russland, was das Gas angeht, ein wenig mindern wollen, indem wir in Deutschland LNG-Terminals aufbauen - hoffentlich mindestens zwei und davon hoffentlich mindestens eins in Niedersachsen. Das hätten wir an der Stelle verdient.
Gleichwohl müssen wir das magische Dreieck der Energiepolitik weiterhin beachten: Sicher, sauber und bezahlbar muss das, was wir tun, sein. Nur dann ist es am Ende richtig.
Vor dem Hintergrund ist Wasserstoff eine hoch interessante Option. Über die Elektrolyse, bei der man aus einem vorhandenen Rohstoff, nämlich Wasser, Sauerstoff und Wasserstoff produziert, hätte man die Chance, den Strom speicherbar zu machen. Die Physiker unter Ihnen wissen, dass Strom heute nicht speicherbar ist. Wenn er produziert worden ist, muss er auch verbraucht werden. Man kann ihn zwar in Akkus speichern. Aber beim Handy stellen Sie fest, dass der Akku den Strom nur relativ kurze Zeit hält.
Wir haben dann auch die Chance, Wasserstoff zu produzieren, wenn zu viel Wind da ist. Ich sage Ihnen aber ganz deutlich: Das wird nur gelingen, wenn der Strom dann auch kostengünstig ist. Kostengünstig aber ist er nur in den Zeiten, in denen viel Wind weht. Die Rechnung, zu Hochpreiszeiten aus Strom Wasserstoff zu produzieren, wird garantiert nicht aufgehen.
Wasserstoff kann aber helfen, die Nachteile des Elektroautos zu kompensieren. Heute ist das bei Elektroautos doch so: Sie haben erstens eine relativ geringe Reichweite, und zweitens dauert das Aufladen relativ lange. Wenn man mit Wasserstoffautos fährt, dann kann es gelingen, die Tankzeiten deutlich zu reduzieren, und das bei viel größeren Reichweiten. Das ist also eine sehr interessante Option. Aber aktuell - Sie werden die Preise für Wasserstoffautos kennen - sind diese Autos noch relativ teuer. Ein Wasserstoffauto bewegt sich ungefähr auf dem Preisniveau eines Elektroautos eines amerikanischen Herstellers.
Aber wir haben den großen Vorteil, dass bei dem Thema Wasserstoff Unternehmen aus Niedersachsen ganz vorn mit dabei sind. Wir müssen alles dafür tun, dass diese Unternehmen, die innovative Ideen haben, unterstützt werden, damit die Wasserstoffstrategie, die Wasserstoffoption hier am Standort Niedersachsen realisiert werden kann.
Es war vorhin die Rede davon, dass es Wasserstoffzüge gibt. Der Arbeitskreis Umwelt der CDULandtagsfraktion hat sich diese Züge mal angesehen. Ja, in der Tat, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist hoch interessant: Sie brauchen ein Windrad, um fünf Wasserstoffzüge ein Jahr lang fahren zu lassen. Wir haben damit auch eine Alternative zur Elektrifizierung von Stromstrecken. Minister Lies hat in der vorhergehenden Aktuellen Stunde gesagt, dass es relativ lange dauert, Bahnstrecken zu elektrifizieren. Bei Wasserstoffzügen reden wir darüber gar nicht mehr. Und wir können von heute auf morgen Dieselzüge ersetzen, und zwar zu Amortisationszeiten, die mit ungefähr zehn Jahren wirtschaftlich sind.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir brauchen trotzdem mehr Effizienz. Wer glaubt, dass wir das eine durch das andere ersetzen können, der wird in wenigen Jahren feststellen, dass wir damit nicht auskommen. Bei aller Vorliebe für neue Energien wird es uns am Ende nur helfen, wenn es gelingt, die Verbräuche zu reduzieren. Bislang gelingt das nicht.
Smarthome bedeutet smarten, höheren Stromverbrauch. Mit jeder Serveranfrage wird Strom verbraucht. Das papierlose Büro ist sicherlich gut für die Bäume, aber schlecht für den Verbrauch. Ich hätte von meinen Vorrednern, gerade von der Kol
legin von den Grünen, erwartet, dass sie auch mal über das Thema Dunkelflaute sprechen. Aber das können wir demnächst im Ausschuss machen.
Ja, wir brauchen Alternativen. Wir müssen ganzheitlich denken. Aber es kommt manchmal auch auf das Detail an.