Protokoll der Sitzung vom 27.02.2019

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Teilhabe und Qualität in der frühkindlichen Bildung zu stärken, ist unser zentrales bildungspolitisches Anliegen. Wir machen das in einem Dreiklang. Er lautet:

Erstens. Wir haben die Gebührenfreiheit im Kindergarten eingeführt.

Zweitens. Wir verbessern nachhaltig die Qualität in der frühkindlichen Bildung.

Drittens. Wir arbeiten intensiv daran, die Attraktivität der Erzieherinnen- und Erzieherausbildung weiter zu steigern, um auch in Zukunft noch mehr und ausreichend gut qualifizierte Fachkräfte für die Arbeit in unseren Kindertagesstätten gewinnen zu können.

Es geht auch nur durch diesen Dreiklang. Wenn wir einen dieser drei Punkte ganz besonders nach vorne stellen und ihn vor die Klammer ziehen, hilft uns das nichts. Es wird nur gelingen, wenn wir alle drei Punkte - übrigens mit realistischem Blick darauf, was auch umsetzbar ist - bearbeiten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Erstens. Wie gerade zu Recht erwähnt worden ist, ist der zentrale Baustein frühkindlicher Bildung nun einmal der Zugang. Jedes Kind muss Zugang zu vorschulischen Bildungseinrichtungen bekommen - völlig unabhängig vom Einkommen der Eltern. Genau deshalb war es unser wichtiges Anliegen, in einem ersten Schritt zu sagen: Wir wollen die Beitragsfreiheit. Wir verankern diese Beitragsfreiheit. Teilhabe hat für jedes einzelne Kind zu gelten. Dafür leisten wir Gewähr durch die Beitragsfreiheit, die in Niedersachsen seit dem 1. August 2018 herrscht.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens. Selbstverständlich ist es ein wichtiger Baustein, die Qualität in der frühkindlichen Bildung zu stärken. Wir benötigen gut ausgebildete und professionell arbeitende Fachkräfte. Diese müssen zugleich gute Rahmenbedingungen haben. Daher haben wir von Anfang an betont: Gebührenfreiheit und Qualitätsverbesserung sind kein Entwederoder, sondern ein Sowohl-als-auch.

Ich sage aber auch ganz deutlich: Auch hier gilt es, realitätsnah zu bleiben. Wer zum heutigen Zeitpunkt, im Februar 2019, die komplette Einführung einer dritten Kraft im Kindergarten fordert, muss dann auch sagen, woher wir diese Fachkräfte denn nehmen sollen, wenn es nicht ein leeres Versprechen bleiben soll.

Deswegen sollten wir im Rahmen eines Stufenplans, wie auch im Entschließungsantrag dargelegt, sagen: Lasst uns das miteinander denken. Lasst uns für mehr Fachkräfte sorgen und dann auch schauen, wie man den Fachkraft-Kind

Schlüssel verbessern kann. - Das ist der richtige Ansatz. Mit einem anderen Ansatz erreichen wir in der Praxis tatsächlich nichts, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass wir beispielsweise im Zusammenhang mit der Förderrichtlinie QuiK bereits einen ersten Beitrag zur Steigerung der Qualität beschlossen haben.

Mit 60 Millionen Euro jährlich, die übrigens verstetigt sind, verbessern wir den Betreuungsschlüssel im Kindergarten. Gleichzeitig ist es uns mit der Richtlinie auch gelungen, die Qualität zu steigern, indem Einführungskurse für Zusatzkräfte in Kindertagesstätten finanziert sind. Genau daran gilt es jetzt auch mit dem Gute-Kita-Gesetz anzuknüpfen.

Ich sage auch: Die Verlagerung der vorschulischen Sprachförderung mit gesetzlich abgesicherten 32,5 Millionen Euro jedes Jahr ist eine Verbesserung der Qualität für unsere Kitas. Dann so zu tun, als gebe es das nicht, ist fehlgehend und verkennt auch die Anstrengungen der letzten Jahre, die es hier gegeben hat.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Der dritte Baustein ist in der Tat die ausreichende Versorgung mit gut ausgebildeten Fachkräften für den weiteren Ausbau in der Kindertagesbetreuung und für die Verbesserung des Fachkraft-KindSchlüssels. Deshalb gilt es, die Attraktivität des Erzieherinnen- und Erzieherberufs weiter zu steigern, die Ausbildungsmöglichkeiten sinnvoll zu ergänzen, eben mit dem Ziel, zu sagen: Wir möchten zusätzliche Zielgruppen und Personen für das Arbeitsfeld gewinnen und übrigens gleichzeitig dadurch auch die Multiprofessionalität in Kitas ausbauen, um mehr Unterstützung und Bereicherung für die wertvolle Bildungs- und Betreuungsarbeit vor Ort zu erhalten.

Unser „Niedersachsen-Plan: Mehr Fachkräfte für die Kita!“ liegt auf dem Tisch. Wir werden damit das Berufsfeld Erzieherin und Erzieher attraktiver gestalten und - das betone ich - die Ausbildungsstruktur unter Beibehaltung einer guten und wertvollen Qualität weiterentwickeln. Auch das ist ein wichtiger Beitrag, zu dem wir uns bekennen. Wir sind dabei, wie ich finde, auf dem richtigen Weg, dürfen aber, ehrlich gesagt, auch nicht so tun, als würden wir beim Erzieherinnen- und Erzieherberuf über eine Ausbildung mit nur sehr geringen Aus

bildungszahlen reden. Meine Damen und Herren, mehr als 14 000 junge Menschen sind in der Ausbildung zum Erzieher bzw. zur Erzieherin. Das ist ein historischer Höchststand. Deswegen gilt es, an diesen guten Zahlen durch ergänzende Modelle anzuknüpfen und dafür zu sorgen, dass sich hier noch mehr junge Menschen auf den Weg machen.

Die im Entschließungsantrag von SPD und CDU enthaltenen Maßnahmenpakete für die Ausbildung sind daher richtig, wichtig und auch realistisch. Das ist der entscheidende Punkt.

Wir haben zum 1. August 2018 die Ausbildungskapazitäten in den sozialpädagogischen Bildungsgängen erhöht. 600 zusätzliche Ausbildungsplätze haben wir geschaffen. Wir werden die Einführung der Schulgeldfreiheit sicherstellen. - Herr Försterling, Ihr Versuch, bei jedem Thema so lange, bis es soweit ist, Verunsicherung zu streuen, ist ja ein probates Mittel der Opposition. Aber das wird Ihnen nicht gelingen. Die Schulgeldfreiheit steht zum 1. August 2019. Daran können auch keine Reden hier etwas ändern.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Dafür stehen Mittel zur Verfügung. Das wird dann auch genauso umgesetzt.

Hinzu kommt die umfassende Anerkennung beruflicher Vorerfahrungen für den Berufszugang. Mehr Leuten den Zugang zu eröffnen und die Schaffung verkürzter Ausbildungswege und auch Quereinstiege - bevor dieser Zwischenruf kommt: unter Wahrung der Qualität! - das ist der Arbeitsauftrag.

Herr Minister, der Kollege Försterling möchte eine Frage stellen.

Bitte!

Herr Minister, da ja wir alle nicht zur Verunsicherung beitragen wollen: Können Sie vielleicht sagen, wann denn die Schulen in freier Trägerschaft Klarheit darüber haben werden, wie viele Kompensationsmittel sie für die Schulgeldfreiheit bekommen? Und an welche Höhe hat die Landesregierung dabei gedacht?

Herr Försterling, erstens: Wenn keiner zur Verunsicherung beitragen möchte, dann wäre es gut, wenn Sie Ihren Redebeitrag überprüfen würden. Denn das war faktisch genau das, dass Sie zur Verunsicherung beitragen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Zweitens. Wir haben gesagt: Zum 1. August 2019 gibt es die Beitragsfreiheit in der Ausbildung. Genau dazu laufen die Gespräche zwischen Fachebenen und auch den Schulen in privater Trägerschaft, um dort einen vernünftigen Ausgleich herzustellen. Aber das ändert doch nichts an dem Ziel, dass es umgesetzt wird, meine Damen und Herren, wenn Verhandlungen laufen! Sie tun ja so, als würden die Verhandlungen über das Ob laufen. Das stimmt doch nicht! Es laufen die Verhandlungen über das Wie. Aber das ändert doch nichts an dem Ziel, das wir auf den Weg gegeben haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Wir ermöglichen ferner angemessene Vergütungsmöglichkeiten während der berufsbegleitenden Ausbildung, um die Ausbildung zum Erzieher bzw. zur Erzieherin auch konkurrenzfähig zu machen, wir ermöglichen es, die Ausbildung über BAföG und Aufstiegsförderung zu finanzieren, und wir ermöglichen es, für die zusätzlich geschaffenen Schul- und Ausbildungsplätze auch mehr Lehrkräfte auszubilden.

Meine Damen und Herren, die zunehmende Bedeutung der frühkindlichen Bildung lässt sich übrigens auch an den deutlich gestiegenen Ressourcen sehr gut abbilden. Wir kommen von 483 Millionen Euro beispielsweise im Jahr 2012 und liegen im Haushaltsjahr 2019 bei rund 1,22 Milliarden Euro, die wir für den frühkindlichen Bereich ausgeben. Das ist eine stolze Zahl, die verdeutlicht, dass die Bedeutung der frühkindlichen Bildung auch in den Themen, die die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen beschäftigen, deutlich angestiegen ist.

Diese Ausgaben werden richtigerweise weiter wachsen. Dabei hilft uns auch die Verabschiedung des Gute-Kita-Gesetzes im Bundestag und im Bundesrat. Wir sind mitten in den Gesprächen zur Umsetzung des Gute-Kita-Gesetzes in Niedersachsen. Dies wird im engen Dialog mit den Trägern der Kindertageseinrichtungen und den Sozialpartnern geschehen, mit denen wir in laufenden Gesprächen stehen - wie auch übrigens mit dem

Bund zum Abschluss der notwendigen BundLänder-Vereinbarungen.

Frau Kollegin Hamburg, ich würde noch einmal überprüfen, ob ein Begriff wie „Zweckentfremdung“ tatsächlich der richtige ist. Wir setzen die Gelder für Teilhabe und für Qualität ein. Ich finde, das ist genau das Gegenteil von Zweckentfremdung, nämlich der richtige Einsatz auch dieser Mittel für den frühkindlichen Bereich.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Es ist mir ein großes Anliegen, die Umsetzung des Gute-Kita-Gesetzes gemeinsam mit den Beteiligten auf den Weg zu bringen und zu klären, wie wir weiter in die Qualitätsentwicklung der Kindertagesbetreuung investieren können. Wir werden daher dieses Thema auch zum nächsten Forum „Frühkindliche Bildung“ zum Hauptthema machen und es dort aufgreifen. Dann gilt es, uns über Mittel und Wege zu verständigen, um Verbesserungen des Fachkraft-Kind-Schlüssels, Erhöhungen von Verfügungs- und Leitungszeiten sowie die qualitative Weiterentwicklung der Kindertagespflege zu erreichen. Das sind die Ziele, die wir in dieser Wahlperiode mit angehen wollen.

Wir haben die Weichen für die Zukunft der frühkindlichen Bildung in Niedersachsen gut gestellt und werden weitere substanzielle Verbesserungen von Qualität und Teilhabe auf den Weg bringen.

Ich danke für die Unterstützung und die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Tonne.

Meine Damen und Herren, zu diesen Tagesordnungspunkten liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor, sodass wir in die Abstimmungen eintreten können.

(Unruhe)

- Ich darf um etwas Ruhe und vor allem um Konzentration bitten.

Ich beginne mit der Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 3: Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 18/169 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Erste war die

große Mehrheit. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt.

Ich komme zur Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 4: Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU.