Ich hatte angenommen, dass die AfD-Fraktion die Aktuelle Stunde dazu nutzt, ein für sie wichtiges Thema hier vorne aufzubringen, darüber zu reden und am Ende des Tages - - -
Ich vermute, dass Sie gestern vielleicht ein klein bisschen länger auf einem der Parlamentarischen Abende geblieben sind
denn ich habe wenig verstanden. Aber ich werde versuchen, mich dem Thema ganz unkarnevalistisch oder undadaistisch oder wie auch immer zu widmen.
Ich habe mich gefragt, warum die AfD nun gerade das Thema Framing auf die Tagesordnung bringt. Denn - langer Rede kurzer Sinn - zu dem im Auftrag des MDR erstellten „Framing-Manual“ kann man vieles sagen. Man kann aber auch sagen, dass es zu einer Zeit erstellt wurde, in der es durchaus sinnvoll war, sich mit der Sprache zu befassen - und zwar mit verständlicher Sprache, also Sprache, die alle verstehen und nicht nur Einzelne.
Die Kritik daran haben viele vernommen. Aber es ist vollkommen klar - das sagt auch der ARDVorsitzende, Ulrich Wilhelm -: Es handelt sich bei dem Papier, das Sie zu zitieren versucht haben, um eine interne Vorlage. Man muss aus dem Papier nicht alles eins zu eins übernehmen, aber man muss auch nicht versuchen, es zu skandalisieren.
Sie in der AfD haben zu dem Thema Framing natürlich - sagen wir mal: - besondere Vorerfahrungen. Ich möchte daran erinnern - das war nicht karnevalistisch -, dass Ihr Parlamentarischer Geschäftsführer im vergangenen Jahr in einem sehr langen Interview zu erklären versucht hat, warum die AfD Sprache jetzt in welcher Weise benutzen will und warum sie dazu anscheinend auch einen Leitfaden herausgegeben hat: damit die Mitglieder Sprache vernünftig benutzen, um eben nicht in Verdacht zu kommen und ein Prüffall des Verfassungsschutzes zu werden - was Sie aber sind.
Dass Sie einer sind, haben Sie sich durchaus auch selber zuzuschreiben. Sie haben durch Ihr Framing genau das in die Wege geleitet, was in vielen Fällen passiert. Sie versuchen mit Ihrem simplen Framing teilweise, die Gesellschaft auseinanderdriften zu lassen.
Sie haben sich mit dieser Aktuellen Stunde ein doppeltes Eigentor geschossen. Erstens konnte ich Ihren Ausführungen nicht folgen, und zweitens ist das für Sie genau das falsche Thema. Denn Sie haben mit Framing versucht, die Umtriebe in Ihrer Partei unter dem Deckel zu halten. An vielen, vielen Stellen ist Ihnen der Rechtspopulismus dann aber doch explodiert.
Diese Aktuelle Stunde dazu zu benutzen, aus Ihrer Sicht über Framing zu reden, finde ich spannend und auch sehr mutig. Denn Sie sind es doch, die mit Sprache versuchen - das habe ich eben schon gesagt -, die Gesellschaft auseinanderzubringen. Ich finde das, ehrlich gesagt, in vielen Fällen nicht gut. Viele Kommentare finde ich sogar ekelhaft.
Sie haben dieses medienpolitische Thema heute hier genutzt, um eine Rede zu halten, die wohl durchaus lustig sein sollte. Ich muss ganz ehrlich sagen: Das Thema gibt das nicht her. Sie sollten eher versuchen, Ihre Sprache zu kontrollieren. Wir brauchen rechtspopulistische Sprache nicht.
Das will ich an dieser Stelle klipp und klar sagen: Mir fällt zu dem, was Sie am Anfang gesagt haben, nicht viel ein. Ich konnte auch so schnell keine Rede halten, die mit einem Tusch abgeschlossen werden könnte. Vielleicht hätte Ihre Fraktion bei Ihrer Rede einen Tusch spielen sollen. Bei meiner geht das nicht.
Ich finde nicht besonders witzig, wie Sie das Ganze angehen. Passen Sie erst einmal auf Ihre Sprache auf! Framen Sie richtig oder lassen Sie es besser! Machen Sie am besten Politik mit ordentlicher Sprache! Dann sind Sie vielleicht auch ein bisschen besser drauf.
Aus gegebenem Anlass möchte ich darauf hinweisen, dass der Plenarsaal eine karnevalssichere Zone - d. h. karnevalsfreie Zone - ist.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als ich die Überschrift „Durch Framing zum ‚richtigen Denken‘?“ las - so heißt ja der Antrag der AfD -, dachte ich, dass das ihre parteiinternen Auseinandersetzungen betrifft. Denn ich glaube, keine Partei kennt sich so gut mit dem Anglizismus „Framing“ aus wie die AfD.
Übersetzt bedeutet das ja „Einrahmung“, also Schubladendenken: Man ordnet bestimmte Menschen einer Gruppe zu und weist allen Menschen dieser Gruppe bestimmte Charaktereigenschaften zu.
Das macht die AfD ständig, indem sie von „Messereinwanderung“ und von „Mangelmenschen“ redet. Damit unterstellt sie in ihrem Frame pauschal allen Geflüchteten, Messerstecher zu sein. Damit unterstellt sie bestimmten Menschen, sie hätten einen Mangel.
Dass dieser Sprachgebrauch mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, dass ihr Schubladendenken, ihr Framing in Bezug auf ihre Haltung zum Grundgesetz und zur in Artikel 1 postulierten Menschenwürde problematisch ist, hat nicht nur der Verfassungsschutz, sondern auch die AfD selbst erkannt. Beim Framing ist die AfD nun wirklich vorne.
Laut Hannoverscher Allgemeiner, dpa und NDR hat Herr Wichmann letzten Herbst - ich dachte, darüber wollten Sie reden - einen Ratgeber zum richtigen Sprachverbrauch, zum richtigen Sprachgebrauch
in der AfD in Niedersachen verfasst, um ihrer Einstufung als verfassungsfeindlich zu entgehen. Laut Presseberichten ist den Mitgliedern in diesem mehrseitigen Strategiepapier von Herrn Wichmann z. B. empfohlen worden, nicht zu äußern: „Farbige sind Tiere“. Denn - Zitat Wichmann -
„damit ist dieser Gruppe indirekt die Menschenwürde abgesprochen worden. Verfassungsfeind. Natürlich gilt das auch für Türken, Migranten, Illegale, irgendeine Gruppe reicht.“
Herr Kollege Meyer, ich darf Sie kurz unterbrechen. Herr Wichmann bittet darum, eine Frage stellen zu können.
Ich fahre fort: Herr Wichmann warnt in seinem Strategiepapier - das zeigt übrigens, mit was für Gedankengut er sich in der AfD auseinandersetzen muss -, man solle besser nicht sagen: „Steinmeier und alle seine Gehilfen an die Wand stellen!“ Das sei, so Wichmann, „reine Stimmungsmache“. Deshalb will er Schulungen zum richtigen Sprachgebrauch in der AfD.
In seinem Ratgeber empfiehlt er nicht, auf menschenverachtende Äußerungen über Farbige oder über Bundespräsident Steinmeier zu verzichten, sondern rät:
„In den allermeisten Fällen ist unter Anwendung von Gehirnschmalz eine andere Formulierung zu finden, die annähernd dasselbe aussagt“.