Der Landesregierung ist es ein wichtiges Anliegen, den sozialen Wohnungsbau in Niedersachsen wiederzubeleben, also dafür zu sorgen, dass wir nicht nur einen Schwund an Wohnungen haben. Im November 2018 fand der 16. Wohnungspolitische Kongress in Niedersachsen statt. Er wurde gerade auch von der Wohnungswirtschaft als eine ganz entscheidende Kehrtwende und als ein Startschuss für eine Wohnungspolitik gesehen, die es so im Land seit vielen Jahren nicht mehr gegeben hat.
Auf dieser Veranstaltung wurden die ersten Zwischenberichte des im März 2018 gestarteten Bündnisses für bezahlbares Wohnen in Niedersachsen vorgestellt. In diesem Bündnis wirken mehr als 60 Akteure aus Verbänden, Organisationen, Kommunen, Unternehmen und Politik mit. Im Rahmen des Bündnisses wurden zahlreiche ausgezeichnete Ideen und Vorschläge erarbeitet und auf dem Kongress in einem gemeinsamen Papier als Handlungsempfehlung vorgelegt. Allein diese Zusammenstellung ist schon ein großer Erfolg. Die Zusammenarbeit, die sehr wichtig ist, weil es unterschiedliche Interessen gibt, ist dabei ein entscheidender Punkt.
Ich will an der Stelle sagen: Wir haben hier in diesem Haus gemeinsam die Änderung der Niedersächsischen Bauordnung beschlossen und die Fragen von barrierefreiem Wohnraum bzw. von Rollstuhlgerechtigkeit im Einvernehmen mit Wohnungswirtschaft und Wohnungsbau sowie den Verbänden für Menschen mit Behinderungen geklärt. Ich finde, es ist genau der richtige Weg, das im Konsens zu machen. Das war eine ganz wesentliche Aufgabe des Bündnisses.
Es gibt also in Niedersachsen einen ganz breiten gesellschaftlichen Konsens, dass die Wohnraumfrage eine äußerst wichtige Frage ist, die wir gemeinsam angehen müssen. Das ist für viele Menschen die soziale Frage, auf die wir eine Antwort geben müssen.
Zu Frage 1: Die beiden Koalitionspartner der Landesregierung haben in der Koalitionsvereinbarung die Absicht festgeschrieben, den Kommunen die Möglichkeiten einzuräumen, über eine Satzung die Zweckentfremdung von Wohnraum zu unterbinden. Nicht nur auf den Ostfriesischen Inseln, auch in anderen, gerade touristisch nachgefragten Gebieten und in größeren Städten kommt es vermehrt zur Umwandlung von Wohnraum zu Zwecken der
kurzzeitigen Vermietung z. B. an Touristen. Das kann dort zu einer zusätzlichen Verknappung des Wohnraums und vor allen Dingen zu steigenden Mieten beitragen.
Bekanntermaßen liegen dem Landtag mittlerweile zwei Gesetzentwürfe zur Einführung eines Zweckentfremdungsverbotes zur Beratung vor; zum einen von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, zum anderen von den Fraktionen der SPD und der CDU.
Zu Frage 2: Nach Prognosen der NBank besteht ein Wohnungsbedarf für die Landeshauptstadt Hannover im Zeitraum 2016 bis 2025 von ca. 31 000 Wohnungen, davon ca. 27 000 Geschosswohnungen. Für Braunschweig prognostiziert die NBank einen Wohnungsbedarf im Zeitraum von 2016 bis 2025 von ca. 14 000 Wohnungen, davon 11 500 Wohnungen als Geschosswohnungen. Für Oldenburg prognostiziert die NBank einen Wohnungsbedarf im gleichen Zeitraum von ca. 10 000 Wohnungen, davon 8 400 Geschosswohnungen.
Zu Frage 3: Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ist das Kernanliegen des Bündnisses für bezahlbares Wohnen in Niedersachsen. Die in der Vorbemerkung erwähnten Handlungsempfehlungen sollen es nach übereinstimmender Überzeugung der Bündnispartner ermöglichen, dass bis 2030 rund 40 000 Sozialwohnungen in Niedersachsen neu entstehen.
Bereits in den letzten Jahren hat das Land erhebliche Summen in den geförderten Wohnungsbau investiert und damit miet- und belegungsgebundenen Wohnraum geschaffen. Seit 2007 sind mehr als 750 Millionen Euro an Fördermitteln ausgereicht worden. Knapp 10 000 Mietwohnungen und fast 6 000 Eigentumswohnungen sind damit gefördert worden. Zuletzt haben die Förderzahlen aufgrund der Anstrengungen der Landesregierung zugenommen. So sind 2018 1 534 Wohnungen gefördert worden, davon 1 385 Mietwohnungen und 949 Eigenheime. Mit 1 534 geförderten Wohnungen liegt das Förderergebnis 2018 damit um 348 Wohnungen über dem Ergebnis des Vorjahres. Das Fördervolumen beträgt knapp 149 Millionen Euro und ist nach dem Vorjahr das zweithöchste seit dem Jahr 1998. Ein Großteil der Fördermittel, etwa 70 %, ist dabei in die Ballungsräume des Landes geflossen.
Das Land hat die Förderkonditionen seit 2013 mehrfach angepasst, um zu gewährleisten, dass die Förderungen kontinuierlich in Anspruch genommen werden. 2017 wurde die Förderkulisse
auf die ländlichen Räume erweitert, weil es Engpässe eben nicht nur in den Ballungsgebieten Niedersachsens gibt. Die Förderzahlen machen deutlich, dass es wichtig ist, die Förderbedingungen für den Wohnungsbau stetig zu verbessern. Die Tilgungsnachlässe, die das Land seit 2017 gewährt, wirken und haben es der Wohnungswirtschaft ermöglicht, sozialen Wohnungsbau zu wirtschaftlichen Konditionen auch in höherpreisigen Orten zu realisieren. Die Landesregierung macht damit mehr bezahlbaren Wohnraum möglich.
Das Land fördert mit seinem Programm zielgerichtet Menschen mit geringen Einkommen, mit mittleren Einkommen und in zunehmendem Maße auch Studierende. Gefördert werden Wohnungsbaugesellschaften und Investoren, die bereit sind, Wohnraum zu schaffen und diesen für 5,60 Euro oder 7 Euro zu vermieten.
Nötig ist auch weiterhin eine gute soziale Wohnraumförderung; denn der Markt - das hat sich in der Vergangenheit gezeigt - regelt dies eben nicht alleine. Ich glaube, das ist eine der Grundüberzeugungen, die die Koalition getragen hat, das im Koalitionsvertrag festzuschreiben. Der Markt wird die soziale Frage des bezahlbaren Wohnens nicht lösen. Der Staat trägt dabei eine große Verantwortung.
Unser Problem: Die Baukosten sind inzwischen derart angestiegen, dass sozialer Wohnungsbau dort, wo er eigentlich am dringendsten benötigt wird, nämlich in den hochpreisigen Ballungsräumen, kaum noch möglich ist. Deshalb wird die Landesregierung die Förderbedingungen für den sozialen Wohnungsbau weiter verbessern. Sie hat dafür im Rahmen der Handlungsempfehlungen des Bündnisses die Wohnraumförderbestimmungen erneut überarbeitet.
Die neuen Förderbestimmungen werden dem sozialen Wohnungsbau einen kräftigen Schub geben können. Dazu gehört auch die Bereitstellung von Landesmitteln in substanzieller Höhe. Welche finanziellen Möglichkeiten dem Land zur Verfügung stehen - so haben wir es auch immer kommentiert -, wird mit dem Abschluss des Haushaltsjahres 2018 feststehen. Die Wohnungsunternehmen warten auf die verbesserte Förderung. Sie sind bereit, zu investieren, und sie sind damit bereit, bezahlbaren Wohnraum in Niedersachsen in größerem Maße, als es jetzt der Fall ist, zu schaffen.
Das Bündnis für bezahlbares Wohnen in Niedersachsen hat auch viele weitere Handlungsempfehlungen ausgesprochen; insgesamt rund 100 sind zusammengekommen. Es geht u. a. darum, eine bessere Verfügbarkeit von Bauland zu erreichen - die geringe Verfügbarkeit ist neben den Baulandpreisen ein großer Preistreiber. Die Landesregierung ist gerade dabei, hierzu Maßnahmen zu entwickeln. So werden z. B. auf den Ostfriesischen Inseln zukünftig landeseigene Grundstücke verstärkt über Erbbaurechte für sozialen Wohnungsbau oder für den Wohnungsbau für Einheimische zur Verfügung gestellt. Das Bündnis hat zudem anhand von Beispielen aufgezeigt, dass es beim Wohnungsbau technische und fachliche Normen gibt, die das Bauen unnötig kompliziert und teuer machen und die sich in der Praxis auch noch widersprechen können. Wir werden das in den dafür zuständigen Gremien und Kommissionen aufgreifen.
Ein weiteres wichtiges Thema ist die Nachverdichtung. In Städten und Ortschaften gibt es Möglichkeiten, bestehende Gebäude aus- oder umzubauen. Das wollen wir unterstützen, indem wir für solche Vorhaben zugunsten der Wohnraumbeschaffung für einen bestimmten, begrenzten Zeitraum einzelne Bauvorschriften außer Kraft setzen.
Wir werden ebenfalls die Digitalisierung im Baugenehmigungsverfahren voranbringen, um so dafür zu sorgen, dass Verfahren schneller umgesetzt werden und damit schneller Wohnraum realisiert werden kann.
Sie sehen, meine Damen und Herren, die Landesregierung hat sich beim Thema sozialer Wohnraum eine Menge vorgenommen. Ich denke, uns alle eint die Erkenntnis, dass wir nicht werden warten können, bis der Markt den notwendigen Wohnraum schafft. Wir werden als Staat handeln müssen.
Ich darf für diese Koalition sagen, dass sie sich fest darauf verständigt hat, diese Herausforderung anzugehen und die entsprechenden Lösungen dafür zu schaffen.
Vielen Dank, Herr Minister. - Für die AfD-Fraktion stellt die erste Zusatzfrage der Kollege Lilienthal. Bitte sehr.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass das Eigentum und die Rechte daran in unserer Gesellschaft ein hohes Gut sind, frage ich die Landesregierung, wo für sie eigentlich die Zweckentfremdung einer Wohnung beginnt.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Lilienthal, ich musste die Zahlen noch einmal nachgucken. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 1975 geurteilt, dass Wohnungseigentümer, die nicht selbst in ihrer Wohnung wohnen, unter bestimmten Voraussetzungen gewisse Einschränkungen ihrer Verfügbarkeit über den Wohnraum hinnehmen müssen. Das ist also keine neue Entscheidung.
Natürlich schützt das Grundgesetz Eigentum; das steht außer Frage. Aber dem Bundesverfassungsgericht zufolge ist es in einer bestimmten Situation eine sachgerechte, am Gemeinwohl orientierte Maßnahme, die Zweckbestimmung des vorhandenen Wohnraums dadurch zu erhalten, dass seine Zweckentfremdung grundsätzlich verboten wird. Das ist die Maßgabe, und sie beruht letztlich auf der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1975.
Vielen Dank, Herr Minister. - Eine weitere Frage kommt wiederum vom Kollegen Lilienthal, AfDFraktion. Bitte sehr!
Vielen Dank, Herr Präsident. Gibt es vor dem Hintergrund, dass in den letzten Jahren - Herr Minister, Sie haben es vorhin angesprochen - die Immobilienpreise erheblich angestiegen sind und ebenso das Aufkommen der Grunderwerbsteuer gestiegen ist, Überlegungen seitens der Landesregierung dahin gehend, den Prozentsatz bei der Grunderwerbsteuer in Niedersachsen zu senken?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Lilienthal, die gibt es im Moment nicht.
Danke schön, Herr Minister. - Für die SPD-Fraktion stellt die erste Zusatzfrage der Kollege Dirk Adomat. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Beschränkt sich die Herausforderung, mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, wirklich nur auf die Ballungsgebiete, wie es diese Anfrage suggeriert, oder bezieht das auch den ländlichen Raum mit ein?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Adomat, genau das ist der Punkt. Wir haben inzwischen einen Bedarf an bezahlbarem Wohnraum, der sich nicht ausschließlich auf die Ballungsräume bezieht. Ehrlicherweise müssen wir den Rahmen noch ein bisschen weiter stecken. Wir werden in den Ballungsräumen nicht unbegrenzt Wohnraum schaffen können; auch da wird es Grenzen der Verfügbarkeit geben. Die Mobilität in die angrenzenden Regionen wird eine große Rolle spielen. Wir müssen da breiter denken - nicht nur mit Blick auf den Wohnraum.
Gerade in den ländlichen Regionen stehen wir vor einer großen Herausforderung, die sich durch den demografischen Wandel ergibt. Es gibt zunehmend ältere Menschen, die auf barrierefreien Wohnraum angewiesen sind, vor allen Dingen auf barrierefreien bezahlbaren Wohnraum. Wir haben Regionen, die sich auch außerhalb der starken Ballungszentren, die wir kennen, entwickeln. Vor Kurzem war ich in Vechta. Dort haben wir eine interessante Diskussion darüber geführt, wie dringend notwendig bezahlbarer Wohnraum vor Ort ist. Grundsätzlich vermuten wir diese Probleme eher in den gro
ßen Städten. Aber auch in Städten wie Vechta gibt es große Schwierigkeiten, in größerem Maße Geschosswohnungsbau zu realisieren.
Die Anforderungen sind also ganz unterschiedlich. Nach der Diskussion der ersten Stunde, wo wir dachten, wir müssten das nur für wenige Städte in Niedersachsen machen, ist inzwischen unsere feste Überzeugung - das war auch immer die Maßgabe des Bündnisses -: Wir brauchen eine Lösung, um bezahlbaren Wohnraum in den Regionen in Niedersachsen, wo es einen Bedarf gibt, zu schaffen. Und diesen Bedarf finden wir in den Ballungsräumen, aber in erheblichem Maße auch in den ländlicheren Regionen.
Danke schön, Herr Minister. - Die nächste Frage für die AfD-Fraktion stellt der Kollege Lilienthal. Bitte sehr!
Herr Präsident, vielen Dank. - Herr Minister Lies, so einfach möchte ich es Ihnen an der Stelle doch nicht machen. Sie haben die Frage nach der Zweckentfremdung damit beantwortet, dass eine Zweckentfremdung nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts dort zulässig wäre, wo sie dem Gemeinwohl zuträglich wäre.
Nichtsdestotrotz möchte ich Sie bitten, noch einmal konkret etwas dazu zu sagen, wie die Landesregierung das sieht, wo für die Landesregierung die Zweckentfremdung einer Wohnung beginnt.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Lilienthal, vielleicht noch einmal zum Rahmen: Das Zweckentfremdungsverbot gibt den Kommunen die Möglichkeit, entsprechend vorzugehen. Das ist ganz wichtig, weil es unterschiedliche Strukturen gibt.
Wo fängt die Zweckentfremdung an? Hier kann man sich verschiedene Beispiele vorstellen. Ich habe das Beispiel „Tourismus“ genannt, wo es nicht nur um das generelle Vermieten z. B. von