Frau Otte-Kinast, erinnern Sie Ihre Parteikollegin, die Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner, an ihren ganz persönlichen Weckruf. Frau Klöckner hat gesagt: Bienen sind „systemrelevant“. „Was für Bienen schädlich ist, muss weg vom Markt.“ - Ja, genau. Das gilt aber auch für Frau Klöckner. Wenn sie sich nicht bewegt, wenn sie Glyphosat und andere Insektengifte nicht vom Markt nimmt, dann bricht sie nicht nur EU-Recht, dann sorgt sie auch mit für den Tod der Wildbienen.
Es ist an der Zeit, mit den Subventionen, die wir vergeben, die Zukunft zu gestalten. Es ist an der Zeit, Schluss zu machen mit pauschalen Flächenprämien. Es ist an der Zeit, zum Nutzen aller Menschen endlich auf eine naturverträgliche Landwirtschaft zu setzen.
Meine Damen und Herren, das Haus brennt. Lassen Sie uns aufstehen und gemeinsam löschen! Wir lassen Sie nicht alleine.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das mit dem Wecker, der schon seit einigen Jahren klingelt, muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Wer war denn dann im Tiefstschlaf Umweltminister hier in Niedersachsen?
Fakt ist aber, dass wir seit einigen Jahren einen dramatischen Rückgang der Artenvielfalt erleben. Die Bilder, die wir bislang gesehen haben - von Eisbären, deren Lebensraum auftaut -, rühren uns an. Bedrohte Nashörner, Meeresschildschildkröten, Wale sind greifbare Bilder für die Menschen. Wir sehen hier die Auswirkungen des Klimawandels und die direkte Bedrohung durch den Menschen.
Wir fangen jetzt erst an zu begreifen, wie dramatisch sich der Rückgang der Artenvielfalt auch direkt vor unserer Haustür bemerkbar macht. Gerade bei den Insekten fällt das mittlerweile auch den nicht so Sachkundigen auf.
Als Imker bin ich den Grünen sogar dankbar, dass sie die Bienen - und ganz konkret die Wildbienen - heute an eine so prominente Stelle gesetzt haben. Wir werden heute Nachmittag noch einmal darüber sprechen, über unseren Entschließungsantrag dazu.
Es gab schon immer Schwankungen in den Beständen einiger Arten. Die haben sich immer wieder erholen können. Aber von Erholung kann man nur dann sprechen, wenn ein gesunder Bestand überlebt, und das findet teilweise nicht mehr statt.
Zuletzt wurden diese Beobachtungen am 6. Mai durch den Weltbiodiversitätsrat bestätigt, der in Paris seinen „Globalen Bericht zum Zustand der Natur“ vorgestellt hat, mit einer eindeutigen Botschaft: dass sich der Zustand der Natur dramatisch verschlechtert und dass bis zu 1 Million Arten in den nächsten Jahren und Jahrzehnten vom Aussterben bedroht sind.
Wertvolle Ökosysteme, die Wichtiges für uns Menschen leisten, sind zunehmend beschädigt. Sie sind in Gefahr. Es geht um Leistungen von Ökosystemen, die nur durch biologische Vielfalt erbracht werden können und möglich sind - Leistungen für unsere Nahrung, für unser sauberes Wasser und auch für unsere Medizin, Leistungen, die letztlich überlebenswichtig sind für Menschen.
Das Problem ist daher nicht gleichzusetzen mit dem Klimawandel, Frau Piel, sondern es ist schwerwiegender. Denn jede ausgestorbene Art ist ein unwiederbringlicher Verlust, der zumeist eine Kette von Verlusten nach sich zieht, weil einzelne Ökosysteme dann letztlich hinüber sind.
Das Hauptproblem - das haben Sie richtig erkannt - ist der überbordende Flächenverbrauch durch die Landwirtschaft. Es wäre aber jetzt zu einfach - Sie machen es sich zu einfach -, mit dem Finger nur auf die Landwirtschaft zu zeigen. Wer Lebensmittel einkauft - das tun die meisten von uns jeden Tag -, entscheidet jedes Mal über Artenschutz. Er entscheidet, ob er Billigfleisch kauft.
Wenn wir über Billigfleisch reden - wir haben in diesem Landtag ausgiebig über die Tierhaltung und die Schlachtbedingungen gesprochen -, dann sollten wir aber beginnen, mit der gleichen Leidenschaft darüber zu diskutieren, womit diese Tiere
gefüttert werden und wie und wo dieses Futter angebaut wird. Billigfleisch bedeutet immer billiges Futter, und das ist meistens Soja. Soja kommt aus Ländern wie Argentinien und Brasilien. Dafür wird Regenwald abgeholzt.
Denken Sie also beim Stichwort „Massentierhaltung“ nicht nur an einzelne Tiere, sondern auch an die Pflanzen und Tiere, die dafür ihren Lebensraum verloren haben! Lassen Sie uns daran gemeinsam arbeiten, dass Verbraucher dies auch im Supermarkt erkennen können!
Wir müssen uns auch die Frage stellen, ob unsere derzeitige Praxis bei der Pestizidzulassung und insbesondere bei der Anwendung richtig ist. Die meisten Zulassungen von Pflanzenschutzmitteln laufen über zehn Jahre. Da wird auch die Unverträglichkeit für Bienen geprüft. Aber was bei der Anreicherung in den Böden mit den vielen Wirkstoffen in kurzer Folge passiert, wissen wir nicht.
Wir Sozialdemokraten halten es auch für wichtig, dass die Weidetierhaltung in Niedersachsen wieder eine stärkere Bedeutung erhält. Gerade diese Flächen zeichnen sich durch eine Vielzahl von Pflanzen und Arten aus, auch entsprechend von Insekten. Wer Weidetierhaltung betreibt - Weidetierhaltung ist arbeitsintensiv -, der braucht und verlangt auch zu Recht Sicherheit.
Zu der Sicherheit, die ein Weidetierhalter benötigt, brauchen wir - darüber diskutieren wir ja häufig - auch ein aktives Wolfsmanagement,
einschließlich einer Regulierung bei einer weiter anwachsenden Wolfspopulation. Wir können es uns nicht leisten, dass Flächen, die durch Tiere beweidet wurden, künftig nur noch Flächen zur Gewinnung von Grassilage sind.
Selbstverständlich sind bei allen Beispielen auch die Wildbienen betroffen. Auf dieses spezielle Thema werde ich heute noch gesondert im Rahmen unseres Entschließungsantrages eingehen.
Vielen Dank, Herr Kollege Adomat. - Ich darf Herrn Thiele um Aufmerksamkeit bitten. - Es folgt nun für die FDP-Fraktion Herr Kollege Grupe. Bitte, Herr Kollege!
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Nein, über Wölfe rede ich nicht. Ich weiß nicht, ob die von Insekten geplagt werden. Aber, meine Damen und Herren, es ist ein äußerst wichtiges Thema.
Die Landwirtschaft steht im Fokus, insbesondere bei diesem Thema, das die Grünen gesetzt haben. Meine Damen und Herren, deswegen bin ich dem Kollegen Dirk Adomat sehr dankbar, dass er darauf hingewiesen hat, dass es vielleicht auch noch ganz andere Einflüsse gibt. Dass er das gesagt hat, finde ich insbesondere deshalb gut, weil er ja der Vertreter der Imker im Landkreis Hameln ist.
Lieber Dirk Adomat, wenn wir mit Fingern aufeinander zeigen, dann deshalb, weil es dringend notwendig ist, dass wir uns mal wieder unterhalten müssen. Die Landwirte und Imker sind nämlich Partner. Und wir Landwirte erhalten sehr wichtige Hinweise, wenn uns die Imker darlegen können, welche Belange zu berücksichtigen und welche wichtig sind. Miteinander etwas zu lösen, ist viel besser, als übereinander zu reden, meine Damen und Herren.
Eine Anfrage der Grünen im Bundestag hat nun zutage gefördert, Herr Meyer, dass es 560 Wildbienenarten gibt.
Sie hatten ja gefragt, wie sich das seit 1980 entwickelt hat. Es sind insgesamt - das wurde dann geantwortet - 39 Arten ausgestorben, aber die allermeisten weit vor 1980. Seit 1980 - ich habe sie nicht gezählt - soll das gemäß der Roten Liste eine Art sein. Während der gleichen Zeit wurden aber vier neue Arten entdeckt.
Herr Kollege Grupe, entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie unterbreche. Frau Kollegin Piel hat darum gebeten, eine Frage stellen zu können.
Sie haben gerade über die gute Zusammenarbeit zwischen Imkern und Landwirten geredet und gesagt, dass sie wichtig ist. Wie bewerten Sie denn den unter Rot-Grün eingeführten Imkerbonus für die Zusammenarbeit?
Das ist eine prima Sache. Die habe ich auch in keinster Weise kritisiert. Ich komme auch noch zu weiteren Naturschutz- und Blühstreifenprogrammen, die wir Landwirte natürlich gern wahrnehmen.
Wenn die Gesellschaft - das kann ich gerne vorziehen, Frau Piel - wünscht, dass wir Landwirte nicht nur Nahrungsmittel produzieren, sondern ganz gezielt auch etwas für den Artenschutz, für den Naturschutz, für den Umweltschutz und im weitesten Sinne für den Gewässerschutz tun und man uns dann entsprechend dafür honoriert und entlohnt, dann machen wir Landwirte das gerne. Auch das ist eine Maßnahme, die die Zusammenarbeit zwischen Imkern und Landwirten sicherlich noch befördert hat, meine Damen und Herren.
Aber es gibt auch andere Einschätzungen der Gesellschaft. Wir sollen ja heute - und das hat auch fachliche und sachliche Gründe - den organischen Dünger, die Gülle, möglichst sauber in den Boden einbringen. Das wird gleich so mit Geräten vollzogen, dass überhaupt niemand mehr merkt, was da passiert. Man sieht nichts, man riecht nichts, es entweichen kaum noch Nährstoffe. Wer guckt in die Röhre? - Die Insekten. Früher gab es die Kuhfladen, früher wurde der Mist ausgebracht usw. Das war eine absolute Party für das ganze Insektenleben.