Protokoll der Sitzung vom 15.05.2019

(Jörg Hillmer [CDU]: Aber nicht in Niedersachsen!)

- Ja, das ist in Ordnung.

Ein typisches Problem bei Mischfinanzierungen ist eben die Kontrolle der Ausgaben. Hier soll zukünftig nachjustiert werden, d. h. die Kontrollen sollen verstärkt werden, die Vorschriften sollen verkompliziert werden. Das wiederum hat nachteilige Folgen für die Gestaltungsspielräume vor Ort.

Auf einem ganz anderen Blatt steht die Frage, ob die Zielvorgabe des Bundes - die Erhöhung der Anzahl der Studenten - überhaupt richtig gewählt ist. Wir von der AfD sind eher der Ansicht, dass dem Akademisierungswahn Einhalt geboten werden muss. Wir benötigen eine Stärkung der beruflichen Bildung, von der hier im Plenum auch alle anderen Parteien immer wieder reden. Wir brauchen eine Erhöhung der Zahl der Auszubildenden und nicht unbedingt der Zahl der Studierenden.

Fassen wir zusammen: Es ist gut, dass der Staat Geld für Bildung, Forschung und Innovation allgemein und für die Hochschulen im Besonderen bereitstellt. Das System, wie dieses Geld verteilt wird, ist jedoch problematisch. Letztendlich halten wir nach wie vor die Stärkung des Föderalismus und damit die Erhöhung der Grundfinanzierung über einen höheren Anteil der Länder an den Steuereinnahmen für besser. Die Verantwortung für die Hochschulfinanzierung sollte dann allein Ländersache sein. Die könnten wir hier in Niedersachsen, wie Sie richtig gesagt haben, sehr gut vor Ort selbst übernehmen und die notwendigen Maßnahmen sicherlich zielgenau und angemessen umsetzen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. - Für die SPD-Fraktion Frau Abgeordnete Dr. Silke Lesemann. Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! In der vorvergangenen Woche haben Bund und Länder bedeutende Weichenstellungen für Hochschulen und Forschungsinstitute auf den Weg gebracht. Weit mehr als 100 Milliarden Euro - 160 Milliarden ungefähr - sollen demnächst fließen, um die Ende kommenden Jahres auslaufenden drei großen Wissenschaftspakte fortzusetzen und vor allen Dingen auf sichere Füße

zu stellen. Damit wird auch eine wichtige Forderung der SPD umgesetzt; denn wir haben uns in Bund und Ländern immer wieder dafür eingesetzt, dass es eine dauerhafte Finanzierung gibt.

In der Vergangenheit hat das mit der dauerhaften Finanzierung nicht immer so gut geklappt. Der letzte Hochschulpakt, 2014 abgeschlossen, war kurz vor dem Scheitern. Deshalb ist diese Einigung umso bedeutender. Davon wird - das haben auch schon meine Vorredner gesagt, meine Damen und Herren - auch die Wissenschaft in Niedersachsen profitieren.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Die in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz getroffenen Nachfolgevereinbarungen für den Hochschulpakt und für den Qualitätspakt Lehre sind ein Durchbruch für die nachhaltige Finanzierung unseres Hochschul- und Wissenschaftssystems. Damit, meine Damen und Herren, wurde nichts Geringeres als ein Systemwechsel in der Hochschulfinanzierung erreicht.

Ich gebe Ihnen eine kurze Erinnerung: Zur finanziellen Absicherung der steigenden Studierendenzahlen hatten Bund und Länder im Jahr 2007 den ersten Hochschulpakt geschlossen. Damit wurde die Bedeutung von Wissenschaft, Forschung, innovativer Lehre und guten Arbeitsbedingungen betont und der Anspruch Deutschlands unterstrichen, mit seinen Hochschulen zur internationalen Spitze zu gehören. Auf den ersten folgte der zweite und auf ihn der dritte Hochschulpakt. Und nun soll der befristete Hochschulpakt als Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken dauerhaft verstetigt und in die Grundfinanzierung des Bundes übernommen werden. Er schafft damit die dringend benötigte Planungssicherheit an unseren Hochschulen. Das ist ein wirklich riesiger und nicht zu unterschätzender Verhandlungserfolg. Denn so bekommen unsere Hochschulen ein großes Plus an Planungssicherheit und Stabilität.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ein großer Erfolg ist es, dass die jährlich 1,88 Milliarden Euro des Bundes 2024 auf über 2 Milliarden Euro erhöht werden und ab dann auch weiter erhöht werden. Hierüber werden Studienplätze finanziert und verstetigt, qualitative Ansätze in der Lehre gefördert. Und - sehr wichtig -: Dauerstellen an Hochschulen können geschaffen werden. Darauf werden wir weiter hinwirken.

Mit der Vereinbarung „Innovation in der Hochschule“, die hier ein bisschen gescholten wurde, wird

aber auch die Qualitätsverbesserung der Lehre fortgesetzt und in eine dauerhafte Perspektive überführt. Gute Projekte werden nachhaltig verankert, und das ist ein Sprung nach vorn. Für den Qualitätspakt Lehre gibt der Bund fortan zwar nur noch 150 Millionen Euro statt wie bisher 200 Millionen Euro, allerdings werden sich die Länder, die sich bisher nicht finanziell am Qualitätspakt beteiligt hatten, zwischen 2024 und 2027 mit insgesamt 40 Millionen Euro beteiligen. Außerdem wird der Pakt für Forschung und Innovation fortgesetzt und zwar länger als bisher erwartet. Bislang betrug die Verlängerung immer nur fünf Jahre, jetzt sind es zehn Jahre, und bis 2030 gehen 120 Milliarden Euro an die außeruniversitären Forschungseinrichtungen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der dauerhafte Einstieg des Bundes in die Grundfinanzierung der Hochschulen und Forschungsinstitute sowie die Entfristung des Hochschulpakts schaffen Planungssicherheit. Das sind hervorragende Nachrichten. Das Geld aus dem Hochschulpakt und dem Qualitätspakt Lehre soll unbefristet fließen. Der Pakt für Forschung und Innovation wird auf zehn Jahre befristet und dann auch dynamisiert. Damit wird Verlässlichkeit bei der Finanzierung von Studienplätzen und Lehre geschaffen. Das ist wichtig zur Absicherung eines hohen Niveaus. Die Mittel können dazu genutzt werden, unbefristet Personal einzustellen und die Befristungen einzudämmen. Damit werden die Beschäftigungsbedingungen an den Hochschulen verbessert.

(Beifall bei der SPD sowie Zustim- mung von Jörg Hillmer [CDU] und Dirk Toepffer [CDU])

Das ist ein ganz wesentlicher Schritt. Denn dauerhafte Finanzierung schafft auch die Voraussetzungen für dauerhafte Beschäftigung.

Meine Damen und Herren, in diesen Tagen feiern wir das 70. Jubiläum unserer Verfassung. Artikel 5 Abs. 3 schützt die Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre. Dieser Artikel verpflichtet den Staat dazu, die Grundlagen freier Forschung zu schaffen und zu erhalten. Dazu gehört am Ende schließlich auch die Ausstattung mit Finanzmitteln. Dass dies mit der Unterzeichnung der Fortsetzung der Pakte am 1. Juni auch gelingen wird, davon bin ich zutiefst überzeugt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Dr. Lesemann. - Für die Landesregierung hat sich der Wissenschaftsminister Herr Björn Thümler zu Wort gemeldet. Bitte!

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die gemeinsame Wissenschaftskonferenz - das haben wir jetzt mehrfach gehört - hat am 3. Mai erfolgreich Leitplanken für die Wissenschaftsfinanzierung in Deutschland eingeschlagen. Um einen Superlativ zu benutzen: Das ist schon ein Meilenstein - der auch zur Euphorie Anlass geben sollte, auch wenn die Euphorie in Deutschland noch nicht so richtig ausgebrochen ist -, weil damit - Frau Lesemann und Herr Hillmer haben gerade darauf hingewiesen - etwas erreicht worden ist, auf das alle Wissenschaftspolitiker lange Jahre hingearbeitet haben, nämlich dass wir jetzt eine verlässliche Dauerfinanzierung im Wissenschaftssystem haben, d. h. auch für die Grundfinanzierung und damit für die Stellen, die im Wissenschaftssystem sind und die neu geschaffen worden sind. Sie können damit dauerhaft abgesichert werden.

Ich denke, dass das nicht nur ein Riesenerfolg für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes ist, sondern auch ein Riesenerfolg für den Föderalismus. Denn am Nachmittag des 3. Mai waren wir nicht unbedingt so euphorisch mit Blick darauf, dass das am Abend klappen könnte. Knapp vor Mitternacht haben wir den Durchbruch erreicht, als sich die Wissenschafts- und die Finanzseite aufeinander zu bewegt haben. Nur durch die Einigung zwischen Wissenschafts- und Finanzseite ist es gelungen, den Bund mit in diesen Sog hineinzuziehen und zu sagen: Wir brauchen eine Dauerfinanzierung. - Ich denke, das ist ein sehr gutes Ergebnis für dieses Land.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, zu den einzelnen Pakten: Beim „Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken“ - das ist das Nachfolgeprogramm für den Hochschulpakt - geht es in der Tat darum, dass der Bund ab 2021 diese Mittel jeweils mit 1,88 Milliarden Euro finanziert. Die Länder finanzieren den gleichen Betrag gegen. Ab dem Jahre 2024 gibt es eine Aufstockung auf über 2 Milliarden Euro. Das sind nach Adam Riese 9 % mehr, d. h. dass wir die Steigerung der Tarife auch jetzt

hier in der Grundförderung abbilden. Das ist zwar zeitlich versetzt, aber wir haben im Jahre 2024 9 % Steigerung und können damit vernünftig arbeiten. Die Länder erbringen die Kofinanzierung in gleicher Höhe. Damit sichern wir das ab, was uns wichtig ist.

Die Verteilung der Paktgelder wird nach einem neuen Schlüssel, den insbesondere auch Niedersachsen mitbeeinflusst hat, gebildet, und zwar werden Studienanfänger mit 20 % gewertet, Studierende in der Regelstudienzeit bis zwei Semester plus mit 60 % und Absolventen mit 20 %. Das ist ein Meilenstein. Man könnte immer noch fragen: Warum ist das eigentlich ein Meilenstein? - Weil wir damit einmal erreichen, die Studienplatzkapazitäten, die in den letzten Jahren aufgebaut worden sind, dauerhaft zu verstetigen und damit der hohen Nachfrage an Studienplätzen nachzukommen sowie die Verbesserung des Studiums und der Lehre voranzutreiben und mit der Entfristung von Mitarbeitern und Dozenten qualitativ nach vorn zu bringen. Das ist wirklich ein Erfolg.

Wir vertreten nicht nur die Auffassung, dass der Anteil der unbefristet beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Hochschulen so hoch wie möglich sein sollte - es gibt ja Menschen, die meinen, dass das nicht so wichtig sei -, sondern ganz im Gegenteil ist es kriegsentscheidend, dass wir die Verträge für Leute entfristen, die schon viel zu lange befristet beschäftigt sind. Ich will nicht sagen, sie seien in prekären Verhältnissen beschäftigt. Das wäre falsch. Aber es ist ja für jeden mit Blick auf die Erwerbsbiografie schwierig, wenn er immer nur auf Sicht, d. h. für zwei, drei, vier oder maximal fünf Jahre beschäftigt wird. Das wird sich am Ende für die Rentenphase durchaus negativ für ihn auswirken. Deswegen wird es zu einer Dauerfinanzierung der Stellen und zu einer Entfristung kommen.

Das ist ein Ziel, das wir weiter verfolgen müssen. Wir haben signifikant gerade an den Universitäten viel zu tun, weil wir dort viel zu viele Stellen haben, die befristet sind. Das werden wir jetzt angehen und abschaffen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Ein Zweites, was wir machen werden, betrifft das Fachhochschulentwicklungsprogramm. Sie kennen es. Wir werden es weiterentwickeln und vor allen Dingen zur Stärkung kleinerer Standorte beitragen, um Qualität von Forschung und Lehre an diesen Standorten auf einem hohen Niveau zu halten. Gerade die kleineren Standorte, die vornehmlich

im ländlichen Raum anzutreffen sind, sind wichtig, um die Studienqualität in Niedersachsen aufrechtzuerhalten. Wenn schon die Hälfte eines Abiturjahrgangs in den Bereich eines Studiums geht, ist es wichtig, dass dann auch tatsächlich überall in Niedersachsen Studienplätze vorhanden sind, nicht nur in den Zentren, sondern auch in den kleineren Orten, meine Damen und Herren.

Die entscheidende Frage betrifft die Kritik, die laut geworden ist. Der Kollege von der AfD, Herr Rykena, ist gerade darauf eingegangen. Der Bundesrechnungshof hat sich aufgemacht ein Papier in dieser Frage zu veröffentlichen, in dem er die bisherige Praxis der Hochschulpakte kritisiert und die Haushaltsrestebildung anspricht.

Ich will hier einmal für Niedersachsen erklären, dass gerade die Bildung von Haushaltsresten natürlich keine Verschleuderung von Steuergeldern ist, sondern das Gegenteil. Stellen Sie sich einmal vor, wir schafften Studienanfängerplätze, die wären über einen bestimmten Zeitraum finanziert, aber uns würde das Geld schon im ersten Jahr ausgehen, weil wir das Geld einfach hemmungslos zum Fenster rauswerfen. Das würde für jeden Studienanfänger bedeuten, dass man im zweiten, dritten und vierten Jahr gar kein Geld mehr hätte, um den Platz zu bezahlen. Das heißt, es macht eben Sinn, diese Mittel nicht immer sofort auszugeben, sondern in Jahrestranchen weiter auszuzahlen, damit wir die Studienanfängerplätze, die über vier Jahre gerechnet sind, finanzieren können.

Und: Niedersachsen finanziert seine Bundesmittel in voller Höhe gegen. Das festzuhalten, ist deswegen wichtig, weil das nicht alle Länder in der Form gemacht haben. Das haben wir kritisiert, und das ist jetzt im Rahmen der neuen Hochschulpakte abgestellt. In der Verwaltungsvereinbarung gibt es ganz klare Hinweise, dass das nicht akzeptabel ist, dass die Länder darauf achten müssen und dass das auch entsprechend geprüft wird. Auch das ist ein Fortschritt. Auch hier zieht Ehrlichkeit ein. Wir wollen ja gemeinsam etwas mit diesen Mitteln erreichen.

Lassen Sie mich ganz kurz zu dem Pakt für Innovation in der Hochschullehre - das ist der Nachfolgepakt des Qualitätspakts Lehre - eingehen. Es ist richtig, dass er reduziert wird. Es ist aber nicht richtig, dass dieses Geld gespart wird. Vielmehr wird das Geld, das dort nicht ausgegeben wird, als Erhöhungstatbestand in den Hochschulpakt überführt und 2024 dann zur Erhöhung der Mittel für

den Hochschulpakt ausgegeben. Damit kommt dieses Geld der Grundförderung der Hochschulen und gerade der Beschäftigung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zugute. Ich glaube, das ist ein richtiger Ansatz.

Der entscheidende Pakt, den wir auf den Weg gebracht haben, ist der Pakt für Forschung und Innovation IV, der mit einem Aufwuchs von 3 % ab 2021 für zehn Jahre vereinbart worden ist. Damit bekommen alle außeruniversitären Forschungseinrichtungen eine grundsolide Finanzierung. Das macht sie international stabil, was ganz wichtig ist, weil wir ja nicht als Selbstzweck forschen, sondern forschen, damit wir weltweit mit unserer Expertise anerkannt und wahrgenommen werden. Deswegen ist es richtig und gut, dass wir gerade auch die außeruniversitären Forschungseinrichtungen stärken, meine Damen und Herren.

Ja, die Länder steigen in die Mitfinanzierung ein. Der Bund hat den Aufwuchs seit 2016 selbst gestemmt. Ab 2024 werden die Länder in gleichmäßigen Schritten bis 2030 in die Mitfinanzierung einsteigen. Auch das ist richtig, weil die Länder den Anspruch haben, dass sich mehr außeruniversitäre Forschungseinrichtungen ansiedeln. Das sind die Max-Planck-, die Helmholtz-, die Leibniz-Institute und viele andere mehr. Auch dort hat Niedersachsen einen Nachholbedarf.

Wir sind gewillt, dem Rechnung zu tragen. Wir haben es schon geschafft, ein DLR-Institut nach Hannover zu bekommen. Wir befinden uns in Gesprächen mit anderen Instituten. Wir haben das DFKI, das nicht in dieser Reihe steht, aber durchaus anerkannt ist, nach Niedersachsen geholt. Ich finde, wir sollten auf diesem Weg gemeinsam weitermachen.

Vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall bei der CDU bei SPD)

Vielen Dank, Herr Minister Thümler. - Ich stelle fest, dass die Aussprache zu dem von der CDUFraktion für die Aktuelle Stunde angemeldeten Thema erledigt ist.

Damit ist die Aktuelle Stunde für diesen Tagungsabschnitt beendet.

Wir kommen jetzt zum

Tagesordnungspunkt 18: Dringliche Anfrage