Protokoll der Sitzung vom 18.06.2019

Es kann doch nicht sein, dass man den unteren Besoldungsgruppen, deren Besoldung jetzt gerade Anlass für das Urteil in Leipzig war, sagt, der Tarifbeschluss sei 75 Euro wert, und noch nicht einmal den Mindestbetrag zahlt, während der Beamte mit B 3 oder B 4 nach dieser Tarifrunde im Jahr 2020 mit 280 Euro nach Hause geht und alle Besoldungsgruppen darüber mit noch höheren Summen.

Jahr für Jahr geht der absolute Abstand weiter auseinander. Das kann nicht richtig sein. Das haben wir mit unserem Vorschlag zu korrigieren ver

sucht, auch um die Effekte der Vergangenheit, die praktisch eine Art Zinseszinsrechnung darstellen, in der Wirkung zu korrigieren.

Wir würden uns freuen, wenn Sie das sorgfältig prüfen würden.

Ich danke fürs Zuhören.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Wenzel. - Nun hat sich Herr Finanzminister Hilbers zu Wort gemeldet. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute soll hier der Entwurf eines Gesetzes über die Anpassung der Besoldung und der Versorgungsbezüge in den Jahren 2019 bis 2021 sowie zur Änderung besoldungs- und versorgungsrechtlicher Vorschriften beschlossen werden. Der Gesetzentwurf sieht im Wesentlichen vor, die Änderungen entsprechend dem Tarifergebnis umzusetzen.

Natürlich, meine Damen und Herren, brauchen wir engagierte Beamtinnen und Beamte in unserem Land, die in unseren Behörden ihren Dienst tun. Sie sind das Gesicht des Staates gegenüber der Bevölkerung. Natürlich brauchen wir dort Engagement. Selbstverständlich dürfen die Beamtinnen und Beamten nicht von der allgemeinen Entwicklung abgekoppelt werden.

Deswegen geben wir exakt den Betrag, den wir bei den Tarifverhandlungen ausgehandelt haben - ich war bei den Verhandlungen dabei -, an die Beamtinnen und Beamten des Landes weiter. Wir haben einen engagierten Betrag bereitgestellt. 7,76 % macht die Erhöhung für die Beamten aus, nämlich 3,16 % zum 1. März 2019 - mindestens 100 Euro, für die Anwärter 50 Euro -, weitere 3,2 % zum 1. März 2020 - für die Anwärter nochmals 50 Euro - und 1,4 % zum 1. März 2021. Das sind insgesamt 7,8 %, wenn man die Einmalbeträge dazurechnet. Das ist eine Besoldungsanpassung, wie es sie in diesem Hause und im Niedersächsischen Besoldungsgesetz schon lange nicht mehr gegeben hat.

(Beifall bei der CDU - Dr. Stefan Birk- ner [FDP]: Das sehen die Gewerk- schaften anders!)

An dieser Stelle sei angemerkt: Herr Wenzel, die 3,16 %, die Sie ansprechen, bilden genau das ab, was bei den Tarifverhandlungen ausgehandelt wurde. Da sind nämlich nicht 3,2 % und ein Mindestbetrag ausgehandelt worden, sondern 3,2 %, aus denen zunächst einmal ein Mindestbetrag gewährt wird. Das heißt, die Summe schmilzt entsprechend ab. Genau so nehmen wir das auch hier vor. Wir setzen also das Gesamtergebnis wirkungsgleich auf die Beamtenschaft in Niedersachsen um. Ich lege Wert darauf - Besoldung folgt Tarif -,

(Christian Grascha [FDP]: Folgt eben nicht!)

dass die Beamtinnen und Beamten da nicht abgekoppelt werden.

Nun gibt es einige Forderungen der Gewerkschaften zu diesem Anpassungsvorhaben.

Gefordert wird zum einen ein Vorziehen auf den 1. Januar. Meine Damen und Herren, da kann ich Ihnen sagen, dass es eben nicht stimmt, dass alle Länder das machen. Mir fallen spontan Berlin - Erhöhung zum 1. April - und das Saarland - zum 1. August - ein. Im Wesentlichen ist die Besoldungserhöhung immer zu diesen Zeitpunkten erfolgt. Somit ist es folgerichtig, das bei dieser Anpassung ebenfalls so zu tun.

Zum anderen geht es um die ergänzende Einbeziehung der tariflich vereinbarten Mindestbeträge von 90 und 50 Euro auch in den Jahren 2020 und 2021. Da geht es in der Tat darum, die Abstände in den Tabellen nicht zu verändern. Die höchstrichterliche Rechtsprechung sieht nämlich vor, dass man das verfassungsrechtliche Abstandsgebot nicht durch Mindesterhöhungsbeträge aufweichen darf. Deswegen tut man gut daran, diese Einmalbeträge nicht zu gewähren.

Das Land Niedersachsen ist meines Wissens das einzige Land, das bei der Umsetzung des Tarifergebnisses überhaupt Einmal- oder Mindestbeträge in einem Jahr in Ansatz bringt. Alle anderen Länder machen es nur linear. Das ist die richtige Variante.

Herr Wenzel, Sie kritisieren, dass es sich bei den Besoldungsgruppen A 13, A 14 und A 15 anders als bei der Besoldungsgruppe A 8 auswirkt. Der Grund dafür ist folgender: Der Tarifabschluss ist zumindest in Teilen auch ein Inflationsausgleich und stellt diejenigen damit von der Kaufkraft wieder so da, wie sie auch vorher dagestanden haben,

um diese Entwicklung abzubilden. Das wohnt diesen Beschlüssen inne, meine Damen und Herren.

Wir ziehen diese Besoldungserhöhung von Juni auf März vor. Die letzte Besoldungserhöhung hat im Juni stattgefunden. Die Besoldung wird mit Wirkung von neun Monaten später erneut erhöht. Damit erfolgt innerhalb von zwölf Monaten zum zweiten Mal eine Besoldungserhöhung. Ich finde, auch das ist kein so schlechtes Ergebnis für die Beamtinnen und Beamten unseres Landes. Wir setzen das jetzt zielgerichtet und zügig um, damit diese Zahlungen geleistet werden können.

Die Wiedereinführung von Sonderzahlungen ist nicht Gegenstand dieses Gesetzentwurfes.

(Anja Piel [GRÜNE]: Sie rechnen doch schon seit Wochen!)

Ich möchte kurz darauf eingehen, was die FDP vorgelegt hat. Die FDP möchte mit 20-Euro-Beträgen pro Monat im Zeitraum von 2019 bis 2021 die Besoldung anheben: 20 Euro pro Monat ab 1. Juli 2019, weitere 20 Euro pro Monat ab 1. Juli 2020 und weitere 20 Euro pro Monat ab 1. Juli 2021. Das sind insgesamt 60 Euro.

Das unterstellt, dass keine amtsangemessene Alimentation stattfindet. Das aber ist überhaupt nicht der Fall. Ihr Antrag ist nicht geeignet, überhaupt etwas an dieser Frage zu ändern. Erst wenn die ausstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorliegt, werden Sie wissen, an welchen besoldungsrechtlichen Stellen Sie dann möglicherweise etwas ändern müssen und an welchen Stellen Sie nichts ändern müssen.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Dahinter kann man sich gut verstecken!)

Für die Vergangenheit können Sie auf jeden Fall nichts mehr ändern. Die besoldungsrechtlichen Konsequenzen für die Zukunft sind mit dieser Maßgabe auf jeden Fall kaum zu erfüllen, weil Sie nicht wissen, wo Sie ansetzen müssen, meine Damen und Herren.

Die Grünen haben in ihrem Entschließungsantrag einen weiteren Vorschlag gemacht. Es geht darum, die Wiedereinführung von Sonderzahlungen aufzugreifen. Meine Damen und Herren, Sie haben sich zunächst einmal sehr schön dargestellt und haben hohe Einmalzahlungen in den Bereichen veranschlagt, in denen es wenige Beamtinnen und Beamte gibt. In anderen Bereichen haben Sie um 400 Euro erhöht.

Wenn man Ihr Modell insgesamt rechnet, fehlt mir allerdings die Phantasie, woher die Gegenfinanzierung kommen soll, Herr Wenzel. Die Gegenfinanzierung habe ich in Ihrem Entschließungsantrag nicht gefunden. Die CDU-Fraktion hat in ihren Vorschlägen den Mut gehabt, die Gegenfinanzierung aufzuzeigen und auch das Thema der Stellenbegrenzung, also Personaleinsparungen, anzusprechen.

(Anja Piel [GRÜNE]: Ganz so einfach war es auch nicht, Herr Hilbers!)

Das ist eine mutige Entscheidung, die zum Ziel führt, nicht aber das, was Sie mit der Gießkanne machen.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Gießkan- nen machen wir nicht! Das machen Sie!)

Im Übrigen haben Sie die Höhe thematisiert. Wenn ich Ihren Vorschlag rechne, bleiben Sie mit 71 Millionen Euro noch hinter dem zurück, was die CDU-Fraktion und die SPD-Fraktion für die Sonderzahlungen leisten wollen. Sie treten nur formal mit hohen Einmalbeträgen an, die Sie wenigen Beamten gewähren wollen. Den überwiegenden, großen Besoldungsgruppen gewähren Sie dagegen kleine Zahlungen.

Meine Damen und Herren, wir werden sehen, wie weit wir in den Haushaltsberatungen mit den Sonderzahlungen bei der Beamtenbesoldung kommen werden.

(Anja Piel [GRÜNE]: Sie beraten das auch noch? Das ist wichtig!)

Ich habe nie gesagt, dass ich gegen Einmalzahlungen bin, sondern ich habe nur immer betont, dass die Steuerschätzung dafür keine Spielräume eröffnet. So wird man schauen müssen, wie man die Gegenfinanzierung für etwaige Sonderzahlungen entsprechend anpassen kann.

Ich möchte am Ende meiner Ausführungen auf das hinweisen, was die Grünen thematisiert haben, nämlich dass es heute schon Möglichkeiten und Instrumente gerade in den Bereichen, in denen es an Personal mangelt, gibt, um Personal zu finden. Im Übrigen kann ich nicht feststellen, dass es überall an Landespersonal mangelt. Wir haben nach wie vor gute Bewerberzahlen in unseren Ausbildungsberufen und bei der Verbeamtung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Also leh- nen Sie den Vorschlag der CDU ab?)

Wir haben die Möglichkeit, Anwärterzuschläge im Fall eines erheblichen Mangels an qualifizierten Bewerbern für den Vorbereitungsdienst zu zahlen. Das Besoldungsgesetz sieht einen Personalgewinnungszuschlag vor, sofern bestimmte Dienstposten von Beamtinnen und Beamten und Richterinnern und Richtern nicht anforderungsgerecht besetzt werden können. Es sind also bereits Instrumente im Besoldungsgesetz vorhanden, die genau diesen Themen Rechnung tragen.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Die CDU sieht das anders!)

Die Besoldungsanpassung insgesamt ist mit allem, was sie für unser Land bedeutet, auch mit den Angestelltentarifen, die wir anpassen, eine große Herausforderung für die Finanzen unseres Landes.

Wir werden in den nächsten Jahren Personalkosten von bis zu 1 Milliarde Euro zusätzlich zu finanzieren haben. Insofern ist dies eine große Herausforderung für die Finanzpolitik,

(Anja Piel [GRÜNE]: Sagen Sie das den Gewerkschaften!)

aber auch ein großer Schritt in Richtung Attraktivität unseres öffentlichen Dienstes und unseres Beamtentums in Niedersachsen. Das ist ein gutes Besoldungsgesetz. Sie sollten es unterstützen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Anja Piel [GRÜNE]: Spärlicher Ap- plaus, Herr Minister!)

Vielen Dank, Herr Minister. - Es liegen zwei weitere Wortmeldungen vor, zum einen von dem Kollegen Stefan Wenzel, der nach § 71 Abs. 3 der Geschäftsordnung 1:30 Minuten Redezeit erhält. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Finanzminister, da muss man schon einige Klimmzüge machen, um zu verstehen, was Sie hier so vortragen.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Ich habe es nicht geschafft! - Heiterkeit von An- ja Piel [GRÜNE])

Wenn man Ihr Wort „wirkungsgleich“ auf eine Goldwaage legen würde, würde man sagen: für zu leicht befunden.

Wir haben eben das Zitat gehört, das der Kollege Grascha aus Ihrer Oppositionszeit angesprochen hat, als Sie „wirkungsgleich“ gefordert haben, inklusive der Mindestbeträge und mit dem richtigen Datum.

Jetzt behaupten Sie, Sie machten wirkungsgleich, tun aber etwas ganz anderes und stellen damit die Besoldungsgruppen bis A 11 teilweise schlechter als in dem Tarif, der zwischen den Verhandlungspartnern ausgehandelt wurde.