Protokoll der Sitzung vom 18.06.2019

Alles klar.

Daher noch eine kurze Anmerkung vielleicht zu dem Brandbrief, mit dem der NBB heute der Landesregierung einen Affront gegenüber den Entscheidungen der Gerichte vorwirft. Die Landesregierung wartet gerade aus Respekt vor den Entscheidungen der Gerichte ab,

(Christian Grascha [FDP]: Es gibt das Urteil!)

was das Bundesverfassungsgericht entscheiden wird. Es besteht kein Zweifel daran, dass umgesetzt wird, was das Bundesverfassungsgericht für erforderlich hält. Jetzt aber irgendeinen Betrag auszuzahlen, von dem niemand weiß, ob er zu einer richtigeren oder einfach nur zu einer höheren Besoldung führt, wird der Bedeutung der Gerichte

nicht gerecht und den Beamtinnen und Beamten im Land Niedersachsen ebenso wenig.

Meine Damen und Herren, Wertschätzung durch angemessene Besoldung ist das eine, und dass wir diese Angemessenheit mit Gewerkschaftsvertretern sehr angeregt diskutieren, liegt wohl in der Natur der Sache. Wenn wir aber die besten Mitarbeiter für uns gewinnen und erhalten wollen, können wir die Frage der Wertschätzung des Landesdienstes nicht einfach nur daran aufhängen. Wir müssen die Attraktivität des öffentlichen Dienstes in Niedersachsen nachhaltig sichern. Deswegen diskutieren wir mit unserem Koalitionspartner, Herr Kirci, eine Offensive für den öffentlichen Dienst. Dazu gehören aus unserer Sicht Qualifizierungsoffensiven, bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Gesundheitsmanagement und vor allem zusätzliche Beförderungsmöglichkeiten in besonders belasteten Verwaltungen. Dazu braucht es sicher auch den Jahresbonus. Unser erster Vorschlag sieht vor: 300 Euro für aktive Beamtinnen und Beamte, 200 Euro für die Versorgungsempfänger und 50 Euro zusätzlich je Kind.

Meine Damen und Herren, scheinbar großzügigere Vorstellungen anderer Fraktionen sparen entweder einzelne Empfängergruppen aus - kein Bonus für Pensionäre, keine Familienkomponente -, und/oder sie erklären nicht, woher das Geld für ihre Vorschläge kommen soll. Mit leeren Taschen den Gönner zu geben, wird aber nicht einmal für die Dauer dieses Plenums funktionieren.

Ein verantwortungsvoller Vorschlag zur Finanzierung der genannten Maßnahmen liegt unsererseits vor. Übrigens, lieber Herr Kollege Kirci, werden wir das schon noch gemeinsam machen.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Das sagen Sie! Das hoffen Sie!)

Unsere Fraktion ist die einzige, die bislang verantwortungsvoll einen anständigen Finanzierungsvorschlag vorgelegt hat.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Holsten. - Nun hat sich für die Fraktion der FDP der Kollege Christian Grascha gemeldet. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute das Gesetz zur Anpassung der Besoldung unserer Beamtinnen und Beamten. Das Gesetz sollte eigentlich den Respekt und die Wertschätzung deutlich machen, die wir gegenüber unseren Beamtinnen und Beamten haben. Deswegen ist es völlig nachvollziehbar, dass in Anschauung dieses Gesetzes die Beamtinnen und Beamten enttäuscht sind, wie uns das gestern der Landesvorsitzende des NBB in einer E-Mail deutlich gemacht hat. Das ist also völlig nachvollziehbar.

Wenn man in den Terminus der Bundespolitik greift, handelt es sich bei diesem Anpassungsgesetz um ein „Schlechte-Besoldung-Gesetz“. Und dieses „Schlechte-Besoldung-Gesetz“ ist ein Ausweis dafür, dass alle Register der Geringschätzung gegenüber unseren Beamtinnen und Beamten gezogen werden. Das geht schon damit los - Herr Kollege Holsten, Sie müssen einfach zur Kenntnis nehmen, dass es hier Gerichtsurteile gibt -, dass das Gesetz offenbar rechtswidrig ist. Darauf hat der Vorsitzende des Beamtenbundes, Herr Kalt, in der angesprochenen Mail hingewiesen. Weiter geht es darum, dass Sie den Beamtinnen und Beamten gegenüber den Angestellten den 1. Januar als Termin vorenthalten und die Beamtinnen und Beamten mit dem 1. März als Termin der Gehaltserhöhung abspeisen wollen. Die Krönung der Geringschätzung ist, dass die Besoldungserhöhung nicht 3,2 %, sondern nur 3,16 % betragen soll. Dass dann die Beamtinnen und Beamten in diesem Land enttäuscht sind, kann ich völlig nachvollziehen.

(Beifall bei der FDP)

Damit ist das Land Niedersachsen auf Platz 16 unter den Bundesländern. Es gibt kein einziges Land, das nicht zum 1. Januar die Tariferhöhung angepasst hat und dann auch noch weniger als 3,2 % anbietet. Es gibt kein anderes Land, Herr Kollege Thiele, das so verfährt, und diese Politik ist aus unserer Sicht tatsächlich zum Fremdschämen.

Herr Kollege Grascha, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Thiele?

Bitte schön, Herr Thiele!

Herr Kollege Grascha, würden Sie denn zur Kenntnis nehmen, dass zum 1. Januar all die Länder umgestellt haben, die auch in der Vergangenheit die Tarife zum 1. Januar umgestellt hatten, und zwar ausdrücklich nur die?

Gestehen Sie zu, dass der Mechanismus, die Sozialstaffel, die nur das Land Niedersachsen in das Gesetz eingebaut hat, bei den Tarifbeschäftigten genau den gleichen Effekt hat, dass sie nämlich von der Gesamtsumme der Erhöhung prozentual abgezogen wurde, dass das also bei den Tarifbeschäftigten so gemacht wurde, wie das jetzt bei den Beamten gemacht wird?

Herr Kollege Grascha, das waren zwei Fragen.

Das bringt mich gleich zu einem Zitat des heutigen Finanzministers. Er hat das, was wir heute kritisieren, bereits 2014 kritisiert. Die Newsletter, die man so verschickt, Herr Finanzminister, ereilen einen irgendwann noch einmal selbst. Im Jahr 2014 heißt es dort: Die Ablehnung der zeit- und inhaltsgleichen Übernahme der Tarifeinigung auf Beamte, Richter und Versorgungsempfänger für 2014 durch damals Rot und Grün ist ein verheerendes Zeichen. - Genau das ist es heute auch, Herr Finanzminister.

(Beifall bei der FDP - Dr. Stefan Birk- ner [FDP]: So ist es!)

Ich komme damit zu unserem Änderungsantrag. Wir wollen Ihnen heute noch einmal Gelegenheit geben, diesen Fehler im Entwurf der Landesregierung zu korrigieren. Die Beamtinnen und Beamten sind damit verständlicherweise unzufrieden. Es geht nicht nur darum, einen gesetzeswidrigen Zustand zu heilen, sondern es geht auch darum, dass das Land als Arbeitgeber weiterhin attraktiv bleibt. Deswegen schlagen wir Ihnen heute vor, dass die Besoldungserhöhung nicht zum 1. März, sondern zum 1. Januar durchgeführt wird - und dass eben nicht um 3,16 % erhöht wird, sondern tatsächlich um 3,2 %, wie es bei den Angestellten erfolgt.

Das verschweigen Sie nämlich an dieser Stelle: Es ist am Ende auch noch ein Sparen auf dem Rü

cken der Beamten. Die Vorsorge, die Sie in den Haushalt eingestellt haben, reicht bei Weitem dafür aus, mehr zu machen als das, was Sie heute machen. Mit dem, was Sie heute beschließen, sparen Sie gegenüber der Vorsorge, die Sie im Haushalt getroffen haben, auch noch 40 Millionen Euro ein.

Diesen Fehler sollten Sie korrigieren. Sie als Abgeordnete des Niedersächsischen Landtages sollten den Mut und das Selbstbewusstsein haben, gegen diesen Entwurf der Landesregierung zu stimmen und für unseren Änderungsantrag und damit für einen besseren und attraktiveren Arbeitgeber, nämlich das Land Niedersachsen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Grascha. - Für die AfDFraktion hat sich nun der Kollege Peer Lilienthal gemeldet. Bitte sehr, Herr Kollege!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir schließen uns den Worten des Kollegen Holsten natürlich ausdrücklich an und danken allen Beamten des Landes Niedersachsen für ihre tapferen und treuen Dienste für unser Land - ganz besonders natürlich den Finanzbeamten. Das kann man im Übrigen gar nicht häufig genug betonen, weil man als Finanzbeamter ja ansonsten so beliebt ist wie eine Wurzelbehandlung. Ich spreche da aus eigener Erfahrung.

Im Rahmen der Beratungen wurde immer wieder die Frage nach der Attraktivität des öffentlichen Dienstes gestellt. Sie wurde auch hier gerade angesprochen, besonders von Ihnen, Frau Piel. Wir haben uns einmal der Frage genähert, ob mehr Geld eigentlich dazu führt, dass mehr Attraktivität herrscht. Kurzum: Gewinnen wir junge Leute dadurch, dass wir immer noch eine Schippe Geld drauflegen?

Aus unserer Sicht ist das zu einfach gedacht. Der öffentliche Dienst, die Beamtenschaft ist zu heterogen. Für Lehrer gelten sicherlich ganz andere Vorbedingungen als für Finanzbeamte, Verwaltungsbeamte oder Polizisten. Von daher würden wir uns wünschen, dass das im Rahmen der Beratungen differenzierter betrachtet und nicht einfach gesagt würde: Für die Beamten muss jetzt dieses oder jenes getan werden.

Wir haben einmal geschaut, ob der öffentliche Dienst tatsächlich unattraktiver wird. Wir haben dazu verschiedene Anfragen gestellt. Eine ist im Moment noch nicht beantwortet. Aber wir haben vor allem im Rahmen der Haushaltsberatungen schon einiges erfahren.

Ich gebe ganz offen zu: Als diese unfassbare Zahl von Polizisten zusätzlich eingestellt werden sollte, war meine Erwartung, dass man so viel Personal gar nicht finden werde. Ich ging davon aus, dass so viele geeignete Bewerber gar nicht am Markt sind. Ich musste aber einsehen und zur Kenntnis nehmen, dass meine eigene Theorie nicht richtig war. Denn es gab ausreichend Bewerber, und die waren auch ausreichend qualifiziert.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Fragen Sie mal die Justiz!)

Dass das so ist, zeigt die Antwort der Landesregierung auf eine meiner Anfragen, Drucksache 18/2030. Die Besteherquote bei den Prüfungen für den ehemaligen gehobenen Dienst bei der Polizei ist in den letzten Jahren - die Zahlen für 2019 habe ich noch nicht abgefragt, weil die Prüfungen noch nicht gelaufen sind - nicht wesentlich gesunken. In der Finanzverwaltung sieht es ein bisschen anders aus. Aber auch dort ist die Entwicklung nicht dramatisch. Von daher muss man einfach zur Kenntnis nehmen: Es scheint ausreichend Bewerber zu geben, und die scheinen auch ausreichend qualifiziert zu sein.

Aus unserer Sicht ist es im öffentlichen Dienst nicht mit Geld getan. Wir könnten uns z. B. vorstellen, im Rahmen einer Offensive für den öffentlichen Dienst einmal zu überdenken, ob der Ausbildungsgang für die Finanzverwaltung, dessen Abschluss „Diplom-Finanzwirt (Steuerakademie) “ heißt, noch zeitgemäß ist oder ob es nicht ein Ansatz wäre - das wäre auf Bundesebene voranzutreiben -, daraus ein Bachelorstudium zu machen.

In Bezug auf die Polizei ist natürlich eines völlig klar: Junge Leute zieht man sicherlich mit vernünftiger Besoldung an, aber auch damit, dass sie funktionierende Helme, Schlagstöcke usw. bekommen. Ich glaube, nichts schreckt mehr ab als die Aussicht, seinem Beruf in einem desolaten Tätigkeitsfeld nachzugehen. Das ist aus unserer Sicht ein weit wichtigerer Ansatz.

Die Idee „Als Beamter hast du einen sicheren Job“ ist, glaube ich, hinfällig. Die jungen Leute von heute - das gilt auf jeden Fall für den Nachwuchs - haben ganz andere Interessen, ganz andere Vor

stellungen vom Leben. Die gehen im Übrigen nicht davon aus, dass sie ihr ganzes Leben in der Verwaltung verbringen werden.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Lilienthal. - Nun liegt noch eine Wortmeldung des Kollegen Wenzel, Bündnis 90/Die Grünen, vor. Herr Kollege, Sie haben noch 1:20 Minuten. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mich wundert die CDU, die offenbar nicht an ihr eigenes Besoldungsgesetz glaubt. Wie anders soll man verstehen, dass sie schon vor der Abstimmung einen Antrag zur Festlegung einer Sondergeldzahlung eingebracht hat? Das hätte man gleich zusammenführen und gleichzeitig auch dafür sorgen können, dass dieses Gesetz am Ende einen verfassungskonformen Rahmen hat.

(Beifall bei den GRÜNEN - Ulf Thiele [CDU]: Das hätte aber ein halbes Jahr länger dauert!)

Auch bei der Finanzierung haben Sie, Herr Holsten, sich wirklich einen schlanken Fuß gemacht. Eine globale Minderausgabe einzusetzen, das kann jeder hier. Das ist nicht schwierig. Ich sage Ihnen: Wir werden bei den Haushaltsberatungen einen seriösen Deckungsvorschlag für das vorlegen, was wir Ihnen hier vorgelegt haben.

Aber ich setze vor allen Dingen darauf - ich hoffe, dass wir da wirklich in einen Dialog kommen, weil es am Ende den Beamten auch nicht nützt, wenn diese Dinge im Jahresrhythmus geändert werden -, dass wir eine vernünftige Regelung für das Abstandsgebot finden.

Es kann doch nicht sein, dass man den unteren Besoldungsgruppen, deren Besoldung jetzt gerade Anlass für das Urteil in Leipzig war, sagt, der Tarifbeschluss sei 75 Euro wert, und noch nicht einmal den Mindestbetrag zahlt, während der Beamte mit B 3 oder B 4 nach dieser Tarifrunde im Jahr 2020 mit 280 Euro nach Hause geht und alle Besoldungsgruppen darüber mit noch höheren Summen.