Protokoll der Sitzung vom 11.09.2019

Zum zweiten Punkt. Sie werfen Minister Björn Thümler vor, er habe den Vorstand der CDUFraktion vorrangig informiert. Tatsächlich aber sind die Vorgänge rund um die Marienburg bereits im März im entsprechenden Ausschuss vorgetragen worden. Dieser Vortrag im Ausschuss hat dazu geführt, dass es eine Nachfrage im Vorstand gegeben und er quasi dasselbe, was er im Ausschuss ausgeführt hatte, im Vorstand nochmals ausgeführt hat.

Sie werfen Frau Otte-Kinast vor, sie habe nicht von sich aus den Landtag unterrichtet. - Eine solche Unterrichtungspflicht gibt es zunächst einmal nicht. Ich habe Ihnen das gerade vorgetragen.

(Anja Piel [GRÜNE]: Das ist doch Erbsenzählerei, Herr Nacke! - Christi- an Meyer [GRÜNE]: Haben Sie das bei der Vogelgrippe nicht öfter mal ge- fordert?)

Ich möchte darum bitten, dass Sie den Abgeordneten Nacke ausführen lassen und nicht dazwischenrufen. Es ist ausreichend Redezeit vorhanden.

Ich bitte den Kollegen Nacke fortzufahren.

Wir haben genau diese Debatte hier mehrfach geführt. Ich habe im Rahmen der Gespräche der Parlamentarischen Geschäftsführer auch angeregt, einmal darüber zu sprechen, wann und in welcher Form eigentlich gewünscht und erwartet wird, am Rande einer Plenarsitzung zu unterrichten. Denn das ist rein zufällig und sicherlich nichts, für das man eine Sondersitzung des Ausschusses einberufen oder Ähnliches gemacht hätte.

Ich kann nachvollziehen, wenn Sie sagen, über ein wichtiges Thema, das zur Berichterstattung führt, das der Presse unterbreitet wird, solle hier vorgetragen werden. Das ist ein Recht der Landesregierung. Eine Verpflichtung dazu, so wie Sie das darstellen, gibt es indes nicht.

Gleiches gilt im Übrigen für die Frage der Missbilligung, die die FDP anspricht. Sie wird auch im Antrag der Grünen angesprochen. Die Missbilligung von Regierungs- und Kabinettsmitgliedern sieht weder die Verfassung noch die Geschäftsordnung in dieser Form vor, und zwar aus gutem Grund. Wenn ein Minister oder eine Ministerin gegen ihre Amtspflichten gegenüber dem Parlament verstößt, so ist der richtige Weg der Weg vor den Staatsge

richtshof im Organstreitverfahren. Ich will Ihnen auch sagen, warum: weil man für diese Feststellung zwangsläufig Elemente aus dem Gerichtsverfahren benötigt, die diesem Parlament nicht zur Verfügung stehen. Das gibt es nur an einer Stelle. Das wäre ein Untersuchungsausschuss. Ein solches parlamentarisches Mittel ist von Ihnen nicht angestrebt worden.

Nun einige Sätze zu dem Parlamentsinformationsgesetz, das Sie auf den Weg bringen. Ihr wesentlicher Vorwurf, den ich, so meine ich, gerade hinreichend widerlegt habe, lautet doch, dass die Landesregierung zu spät und nicht vollständig unterrichte.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Falsch!)

Dieses ist aber von einem Parlamentsinformationsgesetz ausdrücklich nicht umfasst.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Sie haben es bewusst falsch verstanden!)

Das heißt, in Ihrem Gesetzentwurf findet sich keine Lösung für das von Ihnen hier geschilderte Problem, ein Mehrgewinn wäre also nicht gegeben. Das Einzige - wir haben gestern Abend noch einmal kurz darüber gesprochen, Herr Kollege Birkner - ist die Frage der umfassenden Wahrheitspflicht. Diesen einen Punkt kann ich nachvollziehen; denn es ergibt wirklich keinen Sinn, wenn unsere Geschäftsordnung oder die Verfassung darauf ausgerichtet ist, dass dann, wenn eine Landesregierung befragt wird, andere Regeln gelten, als wenn eine Landesregierung von sich aus unterrichtet.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: So ist es!)

Diesen Punkt können wir uns in der weiteren Beratung aus meiner Sicht durchaus einmal anschauen.

Ich möchte zum Schluss auf einen letzten Punkt, wieder aus dem Antrag der Grünen, zu sprechen kommen. Dort heißt es u. a., die besondere Stärkung der Informations- und Kontrollrechte der Opposition sei, wie vom Ministerpräsidenten und vom stellvertretenden Ministerpräsidenten bei Regierungsbildung zugesagt, zu beachten.

Ich möchte hier noch einmal ausdrücklich ausführen, dass diese Vereinbarung entgegen der Darstellung von FDP und Grünen über die letzten zwei Jahre, die uns ein bisschen ungehalten macht, fortlaufend 1 : 1 eingehalten worden ist. Es gibt keine Unterrichtung, die Ihnen bisher abgelehnt worden ist, und es gibt keine Aktenvorlage, die Ihnen bisher abgelehnt worden ist. Einen Untersu

chungsausschuss haben Sie bisher ja nicht beantragt.

Um es mit anderen Worten zu sagen: Sie stellen es hier permanent so dar, als sei die Zusage in keiner Form eingehalten worden. Allerdings sollte es sogar eine Vereinbarung darüber geben. Dass diese Vereinbarung nie zum Abschluss gekommen ist, liegt daran, dass FDP und Grüne die weitere Beratung über diese eingestellt haben. Das ist der einzige Grund, warum das nicht unterschrieben worden ist.

Kommen Sie jetzt bitte zum Schluss, Herr Abgeordneter Nacke!

Deswegen bitte ich, auch dieses zukünftig nicht anders in diesem Haus darzustellen.

Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Der Abgeordnete Dr. Birkner hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. 90 Sekunden. Bitte!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Nacke, Sie haben völlig recht. Das, worüber wir uns verständigt haben, wird eingehalten. Das ist völlig unbestritten. Was Aktenvorlagebegehren angeht, was Unterrichtungswünsche angeht, ist alles in Ordnung. Ich vertraue auch darauf, dass auch die Verständigung bezüglich eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses, wenn es denn dann mal so weit ist, eingehalten wird. Das will ich ausdrücklich sagen. Wenn der Eindruck entsteht, das würden wir bestreiten: Das ist nicht der Fall, zu keinem Zeitpunkt. Das sagen wir eigentlich auch nicht; deshalb kann ich das nicht 100-prozentig nachvollziehen.

Hier geht es ganz konkret um die Frage, wann und unter welchen Umständen eine Landesregierung unterrichtet. Wir haben den Eindruck, dass dies sehr, sehr zurückhaltend getan wird. Sie haben auf Artikel 25 Bezug genommen. Darin steht eine ganze Latte von Dingen, wann unterrichtet wird. Das sind aber immer sehr grundlegende Dinge, also Fragen der Landesplanung usw. Es ermöglicht uns

aber nicht, Sachverhalte wie abhandengekommene Polizeiwaffen, Maschinenpistolen usw. zu klären, die ja nicht per se für uns von Interesse sind, sondern weil wir eine Kontrollfunktion auszuüben haben, um zu Verbesserungen zu kommen. Wir meinen, dass wir da weiterkommen müssen, um zu einer frühzeitigen Unterrichtung zu kommen, weil wir sehen, dass das in der Praxis aus unserer Sicht viel zu spät kommt.

Der zweite Punkt ist wichtig - es freut mich, dass wir da offensichtlich in nähere Gespräche eintreten können -, nämlich die Frage des Umfangs der einklagbaren Wahrheitsverpflichtung, die sich nicht nur auf Anfragen beschränkt, sondern selbstverständlich auch bei Unterrichtungen gelten muss.

(Glocke der Präsidentin)

Genau dann würden wir nämlich nach Bückeburg gehen und genau diesen Fall nicht einer politischen Missbilligung unterziehen. Darum geht es hier nicht.

Herr Birkner, die 90 Sekunden sind vorbei.

Wir würden in einem Klageverfahren in Bückeburg einklagen, dass der Minister hier die Unwahrheit gesagt hat.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Herr Abgeordneter Nacke möchte erwidern. Ebenfalls 90 Sekunden nach § 77 der Geschäftsordnung.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Birkner, herzlichen Dank für die Klarstellung. Ich finde es gut, dass Sie noch einmal deutlich gemacht haben, dass die Dinge, die wir besprochen haben, so hier praktiziert werden.

Bei dem anderen Punkt, wann eine Landesregierung unterrichtet, sind wir offenkundig auch nicht auseinander, dass in Artikel 25 klar geregelt ist, wann die Landesregierung die Pflicht hat zu unterrichten. Ich habe darauf hingewiesen, dass die Grünen mit ihrem Antrag suggeriert haben, die Landesregierung habe gegen diese Pflicht versto

ßen. Wir sind uns offensichtlich einig, dass das jedenfalls nicht der Fall ist.

Zusätzlich gibt es das Recht der Landesregierung, in den Ausschüssen und im Landtag zu unterrichten. Die Frage, die hier in den Raum gestellt wird, ist: Wann soll die Landesregierung von sich aus von diesem Recht Gebrauch machen? - Es ist etwas schwierig, darüber eine Vereinbarung zu treffen. Aber gleichwohl könnte man über diese Frage diskutieren. Dann muss man das aber auch im Vorfeld machen. Beispielsweise könnten Ausschüsse das in besonderer Form darstellen. Wir kennen dieses Element aus dem Unterausschuss „Justizvollzug“, in dem die Landesregierung von sich aus unmittelbar über bestimmte besondere Vorkommnisse in Justizvollzugsanstalten unterrichtet.

Ansonsten ist es natürlich eine Initiative des Parlaments und hier in besonderem Maße auch die Kontrollfunktion der Opposition - Sie wissen, wie sehr ich diese schätze -, dass man als Parlament deutlich machen muss: Das Recht zur Unterrichtung wird in dem Moment in eine Pflicht gewandelt, in dem auf Unterrichtung gedrungen wird bzw. eine Frage gestellt wird. Ich konnte die Zahlen für das gesamte Parlament nicht mehr herausfinden.

(Glocke der Präsidentin)

Letzter Satz: Die CDU-Fraktion hat in der letzten Periode über 2 500 Anfragen gestellt. Es steht Ihnen frei, Anfragen an die Landesregierung zu stellen. Sie werden dann beantwortet.

(Beifall bei der CDU - Christian Grascha [FDP]: Es waren auch ein paar Missbilligungsanträge dabei! - Anja Piel [GRÜNE]: Auch Missbilli- gungsanträge!)

Vielen Dank. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht der Abgeordnete Helge Limburg.

(Unruhe)

- Warten Sie ganz kurz, Herr Kollege Limburg, bis alle wieder ihren Platz eingenommen haben und wieder ein bisschen Ruhe einkehrt.

Bitte!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich insbesondere bei dem Redebeitrag des Kollegen Jens Nacke ge

fragt, was wohl der Abgeordnete Jens Nacke in der 17. Wahlperiode in seiner Rolle als Parlamentarischer Geschäftsführer der größten Oppositionsfraktion zu einem solchen Redebeitrag gesagt hätte. Herr Nacke, ich glaube, Sie hätten sich empört, und das zu Recht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Natürlich kann man das so machen, sozusagen die Verfassung oder die Geschäftsordnung nehmen und rein wortwörtlich ziseliert daran entlanggehen und fragen: Wo finden Sie denn da einen Anspruch des Parlaments auf Unterrichtung?