Protokoll der Sitzung vom 11.09.2019

Er hat das später - das ergibt sich alles aus den Protokollen - noch verstärkt, indem er gesagt hat,

„dem Innenministerium und der Hausspitze ist kein weiterer Fall bekannt“ -

und das, obwohl dem Innenminister zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt war, dass die besagte Maschinenpistole verschwunden war. Er wusste das seit dem 11. Juni; das ist im Nachhinein bekannt geworden.

In der Ausschusssitzung am 12. Juli sagte er, es seien keine weiteren sicherheitsrelevanten Vorkommnisse bekannt. Da ging es noch um Akten; aber es war nicht nach Akten gefragt worden, sondern nach „weiteren … sicherheitsrelevanten Vorkommnissen“. Und er sagt in Kenntnis der Tatsache, dass eine Maschinenpistole abhandengekommen ist: Nein, mir ist so etwas nicht bekannt.

Meine Damen und Herren, das ist für uns völlig inakzeptabel.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung von Jens Ahrends [AfD])

Ein Minister muss, wenn er etwas sagt, die Wahrheit sagen. Wenn er der Auffassung ist, dass er einen Umstand nicht kundtun kann, z. B. weil noch Ermittlungen laufen, die gefährdet werden könnten, dann ist das ein berechtigtes Anliegen. Aber dann muss er diesen Grund nennen. Dann muss er sagen: Ja, da ist etwas; ich kann es Ihnen aber nicht näher darlegen, weil es einen Versagungsgrund nach Artikel 24 der Verfassung gibt. - Oder es gibt mildere Mittel. Wir könnten z. B. eine Unter

richtung in vertraulicher Sitzung entgegennehmen. Verschiedenen Kommissionen dieses Hauses wird ja unter Wahrung der Vertraulichkeit über höchst sensible Angelegenheiten berichtet, deren Bekanntwerden sicherlich eine Sicherheitsgefährdung bedeuten würde.

Es gibt also Instrumente und Möglichkeiten. Was aber unter keinen Umständen geht, ist, dass ein Minister die Unwahrheit sagt. Indem er sagte, ihm sei nichts bekannt, hat er nicht nur uns getäuscht, sondern die gesamte Öffentlichkeit.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der AfD)

Deshalb, meine Damen und Herren, sind wir der Auffassung, dass diese wahrheitswidrige Aussage gerügt werden muss. Das Parlament ist darauf angewiesen, dass der Minister es wahrheitsgemäß und vollständig unterrichtet oder aber deutlich macht, dass er aus bestimmten Gründen nicht vollständig unterrichten kann. Wenn wir diese Informationen nicht haben, können wir die parlamentarische Kontrolle nicht effektiv ausüben.

Wir müssen solche Informationen bekommen und können solche Vorfälle nicht im Raum stehen lassen. Das hat auch etwas mit parlamentarischem Selbstverständnis zu tun. Deshalb beantragen wir mit dem Entschließungsantrag eine Missbilligung.

Noch ein paar Sätze zu dem Gesetzentwurf:

Darin geht es erstens darum, eine umfassende Wahrheitspflicht für die Minister darzustellen. Bisher besteht eine Wahrheitspflicht nach Auffassung des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes in diesem Hause und auch des Staatsgerichtshofs nur, wenn wir eine parlamentarische Anfrage stellen. Das heißt, im Wege einer Unterrichtung kann ein Minister erst einmal erzählen, was er will. Wir können in diesem Fall nicht einklagen, dass er die Wahrheit sagen muss. Das geht nur im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage.

Das ist aus unserer Sicht nicht hinnehmbar. Immer wenn ein Regierungsvertreter spricht, muss er wahrheitsgemäß antworten, und das muss das Parlament auch einklagen können. Sonst kommt es zu der absurden Situation

(Glocke der Präsidentin)

- ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin -, dass wir zu jeder Unterrichtung durch die Landesregierung eigentlich eine parlamentarische Anfrage stellen müssten: „Hat die Regierung uns in diesem

Fall wahrheitsgemäß unterrichtet?“, um dies gegebenenfalls vom Staatsgerichtshof überprüfen zu lassen. Deshalb sieht der Gesetzentwurf die Klarstellung vor, dass die Landesregierung wahrheitsgemäß antworten muss.

Durch den Gesetzentwurf wollen wir auch sicherstellen, dass wir zu einer umfassenderen bzw. frühzeitigeren Unterrichtung kommen und die Minister nicht immer meinen, das könne man noch ein bisschen hinausschieben. Über alles, was für die Ausübung unserer parlamentarischen Kontrolle wichtig ist, muss frühzeitig unterrichtet werden. Das können wir gern im Rahmen einer Vereinbarung zwischen Parlament und Regierung noch einmal konkretisieren.

Jetzt ist der Satz doch sehr lang geworden!

Auf diesem Wege, so denke ich, kommen wir zu einem vernünftigen Miteinander und zur effektiven parlamentarischen Kontrolle.

(Beifall bei der FDP)

Für die AfD-Fraktion hat sich der Herr Abgeordnete Jens Ahrends zu Tagesordnungspunkt 19 gemeldet.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister Pistorius, aus dem Protokoll der 55. Sitzung des Ausschusses für Inneres und Sport vom 12. Juli dieses Jahres, Seite 7, wurde bereits vorgetragen. Die Rücksprache mit meinem Kollegen Herrn Stefan Henze, der mich in dieser Sitzung vertreten hat, sowie der Vergleich mit dem Protokoll der 56. Sitzung des Innenausschusses vom 8. August 2019, Seite 8, werfen Fragen auf.

Ich möchte an dieser Stelle Herrn Dr. Genthe dafür danken, dass ihm dieser Widerspruch aufgefallen ist. Denn laut Protokoll der 56. Sitzung gab Herr Brockmann, der Polizeipräsident, an - ich zitiere -:

„Ich selbst hatte Herrn Minister Pistorius Anfang Juli mündlich grob vorab über den Sachverhalt unterrichtet.“

Gemeint war das Verschwinden einer Maschinenpistole vom Typ MP 5.

Minister Pistorius hingegen gab am 12. Juli zu Protokoll:

„Mir sind keine weiteren Vorkommnisse bekannt, die von den Sicherheitsbehörden dem Innenministerium hätten gemeldet werden müssen oder können oder worden sind.“

Sehr verehrter Herr Minister, an dieser Stelle stellt sich mir die Frage, ob Sie den Polizeipräsidenten, Herrn Axel Brockmann, nicht als Vertreter einer Sicherheitsbehörde ansehen oder der Verlust einer Maschinenpistole für Sie kein sicherheitsrelevantes Ereignis ist oder ob Sie, so wie es die FDP in ihrem Antrag formuliert, die Unwahrheit gesagt und damit gegen Ihre verfassungsrechtliche Verpflichtung verstoßen haben, die Fragen der Mitglieder des Landtages nach bestem Wissen zu beantworten.

Die AfD-Fraktion erwartet deshalb dringend die Antwort zur Klärung dieser Frage.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Jens Nacke, bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in der Beratung drei Tagesordnungspunkte, zwei Anträge und einen Gesetzentwurf, zusammengeführt. Ich möchte zu allen drei Tagesordnungspunkten kurz Stellung nehmen.

Ich beginne mit dem Antrag der Grünen, in dem suggeriert wird - das gilt aber auch für die Kollegen von der FDP -, dass die Landesregierung die Parlamentsrechte nicht angemessen achtet und nicht ordnungsgemäß antwortet.

Ich kann einen Beleg für diesen Vorwurf schwerlich erkennen.

(Anja Piel [GRÜNE]: Oh!)

Es heißt gleich im ersten Satz des Antrags der Grünen, zur Arbeit der Landesregierung gehöre auch die vollständige und zeitnahe Information des Parlaments über wesentliche sicherheitsrelevante Ereignisse.

(Beifall bei den GRÜNEN - Anja Piel [GRÜNE]: So ist es! - Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig! - Christian Meyer [GRÜNE]: Artikel 7 der Verfassung!)

- Das ist so nicht korrekt. In Artikel 7 der Verfassung steht das nicht. Die Unterrichtungspflichten der Landesregierung stehen in Artikel 25. Ich weiß - und bitte um Nachsicht -, das wird jetzt ein bisschen juristisch, aber ich trage sie Ihnen gern kurz vor:

„Die Landesregierung ist verpflichtet, den Landtag über die Vorbereitung von Gesetzen sowie über Grundsatzfragen der Landesplanung, der Standortplanung und Durchführung von Großvorhaben frühzeitig und vollständig zu unterrichten. Das gleiche gilt, soweit es um Gegenstände von grundsätzlicher Bedeutung geht“.

Das bezieht sich allerdings - vielleicht ist das ein Missverständnis - nur auf

„die Vorbereitung von Verordnungen, für die Mitwirkung im Bundesrat sowie für die Zusammenarbeit mit dem Bund, den Ländern, anderen Staaten, der Europäischen Gemeinschaft und deren Organen.“

So heißt es in der Verfassung.

Die Beispiele die Sie genannt haben, will ich ebenfalls aufgreifen, weil daran etwas deutlich wird.

Herrn Wirtschaftsminister Althusmann wird vorgeworfen, er habe nicht hinreichend über die Umweltvorgänge in Emlichheim unterrichtet. - Der Herr Minister hat das Parlament fortlaufend schriftlich unterrichtet - das war in der Sommerpause - und in der ersten Sitzung des Wirtschaftsausschusses nach der Sommerpause umfassend Rede und Antwort gestanden. Dies ist ganz sicherlich nicht unter der Unterrichtspflicht nach Artikel 25 darzulegen.

(Jörg Bode [FDP]: Er war gar nicht da!)

- Die Landesregierung hat in der ersten Ausschusssitzung nach der Sommerpause umfassend Rede und Antwort gestanden.

(Anja Piel [GRÜNE]: Da sind Sie falsch informiert! - Christian Meyer [GRÜNE]: Althusmann war doch gar nicht da! Weder er noch der Staats- sekretär waren da, anders als Pistori- us! - Weitere Zurufe von den GRÜ- NEN)

Zum zweiten Punkt. Sie werfen Minister Björn Thümler vor, er habe den Vorstand der CDUFraktion vorrangig informiert. Tatsächlich aber sind die Vorgänge rund um die Marienburg bereits im März im entsprechenden Ausschuss vorgetragen worden. Dieser Vortrag im Ausschuss hat dazu geführt, dass es eine Nachfrage im Vorstand gegeben und er quasi dasselbe, was er im Ausschuss ausgeführt hatte, im Vorstand nochmals ausgeführt hat.