Protokoll der Sitzung vom 11.09.2019

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Siebels, zunächst einmal finde ich es gut, dass Sie sagen, dass wir darüber im Detail reden können. Dann kommen wir in den Ausschüssen vielleicht ein bisschen weiter, auf welche Weise auch immer das der Fall sein wird.

Was aber, wie ich finde, überhaupt nicht geht, ist, dass Sie hier versuchen, durch Auslassen bei der Zitierung einen falschen Eindruck zu erwecken.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vielleicht verwenden wir zwei verschiedene Zitate. Am 12. Juli hat der Kollege im Ausschuss wörtlich gefragt:

„Gab es seit Beginn dieser Legislaturperiode weitere, ähnliche sicherheitsrelevante Vorkommnisse innerhalb der niedersächsischen Sicherheitsbehörden, die den Mitgliedern des zuständigen Ausschusses ebenfalls nicht mitgeteilt wurden?“

Sie haben eben etwas zitiert, was ohne das Wort „sicherheitsrelevante“ war. Genau das aber ist das Entscheidende. Wenn Sie dieses Wort weglassen und dann hier sagen, dass auf dieser Grundlage eine Missbilligung nicht möglich ist, dann bestätigen Sie das im Umkehrschluss, weil der Kollege nämlich nach den sicherheitsrelevanten Sachen gefragt hat und der Minister an diesem Tag davon wusste. Das ist doch klar geworden. Am 11. Juli ist das gemeldet worden. Die Waffe war weg. Der Kollege Genthe fragt im Ausschuss nach. Und der Minister sagt: Nein, mir sind keine weiteren bekannt! - Und dann sagt der Kollege Nacke: Sie müssen nachfragen, dann kriegen Sie die Information! - Wir kriegen diese Information eben nicht. Das ist doch das Entscheidende.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Wir müssen dann solche Wege gehen.

(Glocke der Präsidentin)

- Frau Präsidentin, gestatten Sie noch einen Satz.

Sie sagen, das sei Oppositionsgehabe.

(Wiard Siebels [SPD]: Arbeit!)

- Arbeit!

Wir haben den Ministerpräsidenten angeschrieben, um diesen Vorwurf aus der Welt zu räumen. Wir haben alle Möglichkeiten gegeben, die Dinge ohne eine Missbilligung im Parlament auf den Weg zu bringen. Aber die Landesregierung hat das ignoriert und gesagt, es sei alles in bester Ordnung.

Herr Dr. Birken, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Wenn Sie so reagieren, dann bleibt uns nur, den Weg der Missbilligung zu gehen.

(Beifall bei der FDP)

Das hat nichts mit Klamauk zu tun, sondern ist ernsthafte - - -

(Die Präsidentin schaltet dem Redner das Mikrofon ab)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht der Abgeordnete Christian Meyer. Das ist ebenfalls eine Kurzintervention nach § 77.

Frau Präsidentin! Ich meine, die Anträge von FDP und Grünen werden durch die Redebeiträge nur noch mehr bestätigt. Die substanziellen Kontrollrechte der Opposition und des gesamten Landtages, wann hier über Umweltkatastrophen, über Verbraucherschutz, über sicherheitsrelevante Vorgänge unterrichtet wird, sind keine Lappalie. Das ist für uns wichtig.

Es sind Verstöße begangen worden. Da kann man Herrn Lies anführen, der veröffentlicht, dass es Ergebnisse von Keimproben gibt, und eine Pressekonferenz durchführt, in der er sagt, dass alles harmlos sei. Wir fragen dann ein Jahr lang im Ausschuss und über Anfragen genau nach den Messwerten, aber es kommt nichts. Dann wird das wieder in der Presse vorgestellt. Danach kriegen wir auf unsere Anfrage die Antwort: Gucken Sie doch auf die Internetseite der Pressemitteilung! - Auch dieses ist ein Beispiel für den Umgang mit dem Parlament, um einmal einen anderen Minister negativ hervorzuheben.

Natürlich hätte Herr Pistorius anders antworten müssen. Wenn ihm dazu etwas bekannt ist, dann darf er nicht sagen, dass da nichts sei.

Ich erinnere nur an die SPD-Klage von Herrn Bartling zum Nord-Süd-Dialog,

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der FDP)

bei der uns der Staatsgerichtshof zu Recht gesagt hat, dass die Regierung umfassend, vollständig und unverzüglich informieren muss. Das hat in den geschilderten Fällen aber nicht stattgefunden. Das sind Verstöße gegen die Regeln unserer Verfassung. Das ist keine Lappalie. Deshalb müssen wir einfordern, dass die Regierung die Fragerechte, die Kontrollrechte deutlich ernster nimmt.

In diesem Landtag besteht eine Große Koalition. Es darf aber keine große Leere bei der Kontrolle entstehen. Deshalb ist es umso wichtiger, dass die Regierung etwas einräumt, sich entschuldigt und gegenüber dem Parlament ein neues Vorgehen signalisiert.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Herr Abgeordneter Siebels möchte erwidern. 90 Sekunden auf beide Kurzinterventionen!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Birkner, ich weise deutlich den Vorwurf zurück, ich hätte hier absichtlich in irgendeiner Weise Zitate durch Verkürzen verfälschen wollen. In der Tat ist natürlich keines meiner Zitate vollständig, weil es ein ganzes Ausschussprotokoll gibt.

Erstens. Ich habe darauf hingewiesen - dabei bleibe ich auch -, dass das Thema der Unterrichtung im Ausschuss am 12. Juli zunächst der Diebstahl von Unterlagen aus einem Privat-Pkw gewesen ist. Zweitens - auch darauf habe ich hingewiesen -: Der Sachverhalt „Fehlen einer Maschinenpistole“ war zu diesem Zeitpunkt noch nicht geklärt. Deshalb bleibe ich ausdrücklich dabei: Es hat keine Falschinformation durch diesen Innenminister gegeben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD - Thomas Adasch [CDU]: So ist es! - Christian Meyer [GRÜNE]: Er hat gesagt, es gibt nichts! Dann hätte er sagen müssen, er prüft das! - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Am Ende haben Sie in diesem Zusammenhang gesagt, dann sei ja sozusagen alles in Ordnung. Das ist auch mein Eindruck. Es ist alles in Ordnung. Deswegen weisen wir Ihre Anträge auf Missbilligung zurück.

An die Fraktion der Grünen gerichtet, sage ich noch ganz kurz: Ich wiederhole meine Frage nach der Auswahl von Regierungsmitgliedern. Herr Meyer, auch darauf sind Sie nicht eingegangen. Hier werden offensichtlich willkürlich Mitglieder der Landesregierung politisch vors Rohr gezogen, weil das opportun erscheint. Ich weise das zurück. Ich mache das nicht mit.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Wen hätten Sie denn gerne noch erwähnt? - Ge- genruf von Ulrich Watermann [SPD]: Wir würden gern sachlich beraten!)

Im Übrigen weise ich darauf hin, dass beim NordSüd-Dialog der Sachverhalt ein ganz anderer war. Dort war der Sachverhalt abgeschlossen, aber innerhalb der Regierung noch nicht erforscht. Das ist in keiner Weise mit einem noch nicht bestätigten Fehlen einer Maschinenpistole vergleichbar. Das sind zwei völlig verschiedene Sachen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Jörg Bode [FDP]: Das ist doch aben- teuerlich!)

Vielen Dank, Herr Siebels.

(Zurufe - Unruhe)

- Kommen Sie erst einmal alle wieder zur Ruhe! Ich glaube, es gibt noch einigen Diskussionsbedarf.

Mir liegt noch eine Wortmeldung vor. Herr Ministerpräsident Stephan Weil, bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kritik von einer Opposition im Niedersächsischen Landtag am Informationsverhalten einer Landesregierung ist nun wirklich nichts Neues. Bis zum Jahre 2013 war das die Kritik von SPD und Grünen, bis zum Jahre 2017 war das die Kritik von CDU und FDP, seit dem Jahr 2017 ist das die Kritik von FDP und Grünen. Oder lassen Sie es mich so sagen: Nach meinem Eindruck hätten die Kollegen Nacke und Limburg spiegelverkehrt in der vorangegangenen Legislaturperiode jeweils die

Rede des anderen halten können. Oder, um einen großen politischen deutschen Denker zu zitieren: Das gesellschaftliche Sein bestimmt das Bewusstsein.

Falsch ist aber der Eindruck, dass wir an dieser Stelle gewissermaßen einen rechtsfreien Raum hätten. Nein! Wir haben in den Artikeln 24 und 25 Regelungen in der Verfassung, und wir haben in dieser Hinsicht eine, wie ich finde, sehr ausgefeilte Rechtsprechung des Niedersächsischen Staatsgerichtshofes, an der, wenn ich mich recht entsinne, auch der Geschäftsbereich des Landwirtschaftsministeriums in der letzten Legislaturperiode durchaus engagiert mitgewirkt hat, mindestens an dem Anlass für eine Klärung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wissen also, worüber wir reden. Da ist schlichtweg das richtig, was Kollege Nacke ausgeführt hat: Es gibt keineswegs in allen Fällen eine Pflicht der Landesregierung zur Unterrichtung, übrigens auch nicht über alle Sachverhalte von grundsätzlicher Bedeutung. Eine Landesregierung muss doch zumindest einen Sachverhalt vollständig überblicken können, und sie muss die Gelegenheit haben, sich zu diesem Sachverhalt eine Meinung bilden zu können.

Kurzum: Wann immer es darum geht zu unterrichten und wann immer es darum geht, wie zu unterrichten ist, bedarf es einer Einzelabwägung zwischen den Unterrichtungsbedürfnissen des Parlaments und Aspekten wie beispielsweise Sicherheitsbelangen, Persönlichkeitsrechten und was man dabei noch so alles denken kann.

Ich ziehe daraus folgende Schlussfolgerung: Ich habe den Eindruck, dass diese Frage für eine abstrakt-generelle Regelung, die ja letzten Endes sowohl in einem Gesetz als auch beispielsweise in der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Landesregierung verankert werden müsste, einigermaßen ungeeignet ist. Der Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bringt auch ganz gut zum Ausdruck, worin die Problematik besteht. Denn abgesehen von ihrer Zufälligkeit sind die Beispiele, die Sie erwähnt haben, in sich wiederum völlig unterschiedlich und inhomogen. Wie man die über einen Kamm scheren will, ist mir persönlich wirklich nicht ersichtlich.

Kurzum - das wird Sie nicht verwundern -: Die Landesregierung hat den Eindruck, dass wir auf einer gefestigten Grundlage unterwegs sind. Aber auch das will ich abschließend sagen - und zwar im Namen sämtlicher Kabinettsmitglieder -: Selbst

verständlich ist uns an einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Landtag und seinen Ausschüssen gelegen. Ich kann für alle Kolleginnen und Kollegen des Kabinetts sagen, dass es für sie selbstverständlich ist, wahrheitsgemäß zu unterrichten. In diesem Sinne sehe ich einer weiteren guten Zusammenarbeit mit allen Teilen des Parlaments sehr gerne und optimistisch entgegen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)