Protokoll der Sitzung vom 12.09.2019

a) Um das bestehende hohe Schutzniveau für Grund- und Trinkwasserressourcen zu evaluieren, prüft die Landesregierung, ob ein generelles Verbot der Förderung von Erdöl und Erdgas in allen Zonen von Wasserschutzgebieten oder ein Verbot zukünftiger Fördervorhaben in die landesweite Wasserschutzgebietsverordnung aufgenommen werden kann.

Um alle damit verbundenen Aspekte umfassend zu beleuchten, wurde vom Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz ein Dialogprozess mit Vertretern der Erdöl- und Erdgasbranche und weiteren Stakeholdern - das sind die Wasserversorger, die Bürgerinitiativen, die Genehmigungsbehörden - ins Leben gerufen. Sie haben, glaube ich, bereits sechsmal getagt. Auf Basis der dabei gewonnenen Erkenntnisse wird die Landesregierung den beschriebenen Prüfprozess voraussichtlich bis Ende dieses Jahres abschließen.

b) Nach Durchführung des landesweiten Untersuchungsprogramms im Umfeld von aktiven Erdgasförderplätzen - 211 von 455 Förderplätzen wurden untersucht - wird das LBEG ein gleichartiges Untersuchungsprogramm in den niedersächsischen Erdölfördergebieten durchführen.

c) Anlässlich des unkontrollierten Austritts von Lagerstättenwasser in einer Einpressbohrung in Emlichheim habe ich unmittelbar nach Kenntnisnahme persönlich veranlasst, alle in Niedersachsen etwa 220 betriebenen Einpress- und 30 Versenkbohrungen auf ihre Integrität vom LBEG überprüfen zu lassen.

d) Um die Risiken möglicher Schadensereignisse zu minimieren, habe ich zudem das LBEG aufgefordert, ein Konzept zur Optimierung der behördlichen Aufsicht vorzulegen. Neben der Erhöhung der regelmäßigen Kontrolldichte erwarte ich auch eine verstärkte Überprüfung der von den Unternehmen eingesetzten Sicherheits-, Gesundheits-, Umweltschutzmanagementsysteme. Die Umsetzung einer engmaschigeren und intensivierten Aufsicht wird zeitnah erfolgen.

Abschließend und zusammenfassend drei Punkte, die wichtig sind:

Erstens. Das Land nimmt die ihm gegebenen Einflussmöglichkeiten mit großem Engagement im Rahmen der gegebenen Mitwirkungsmöglichkeiten wahr.

Zweitens. Verfahrensführend ist nicht das Land Niedersachsen, sondern sind in ersterem Fall die niederländischen Behörden.

Drittens. Die zugrunde liegenden bergrechtlichen Vorschriften sind weitestgehend bundesrechtliche Vorgaben. Das Land kann hier nicht nach seinen eigenen Vorstellungen mal eben Änderungen vornehmen. Unabhängig davon gilt: Die Landesregierung wird die niedersächsischen Interessen und insbesondere die Interessen der Menschen an der

Küste - besonders von Borkum - weiterhin mit vollem Einsatz vertreten.

Die Küstenregion und das Wattenmeer müssen eine gute Zukunft haben. Das ist unser gemeinsames Ziel.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister Dr. Althusmann. - Zur ersten Zusatzfrage hat sich für die AfD-Fraktion der Kollege Henze gemeldet. Bitte sehr!

Vor dem Hintergrund, dass es durch diese Bohrungen ja auch zu Schäden auf deutscher Seite kommen kann, z. B. durch Mikrobeben: Wie sieht die Haftungsfrage aus? - Wenn Sie das kurz erläutern könnten, Herr Minister!

Danke schön. - Herr Minister!

Herr Abgeordneter Henze, verantwortlich für sämtliche Haftungsfragen sind in erster Linie die Bergbau- bzw. die Erdölförderunternehmen.

Nach europäischem Recht ist im Genehmigungsverfahren von der zuständigen niederländischen Genehmigungsbehörde zu prüfen - in dem Fall mit Blick auf das Wattenmeer; ich weiß nicht, ob Sie sich jetzt auf Emlichheim oder das Wattenmeer bezogen, ich nehme an, auf das Wattenmeer -, ob ausreichende finanzielle Sicherheiten zur Deckung von Haftungsverbindlichkeiten vorliegen. Die Schadens- und Umwelthaftung gilt auch in den Niederlanden. Die Unternehmen sind in der Regel aufgefordert, entsprechende Rückstellungen zu bilden. Wenn eine Förderstätte nach 20 oder 25 Jahren ausläuft, muss der Rückbau finanziell abgesichert sein. Dazu bilden die Unternehmen entsprechende Rückstellungen.

Vielen Dank, Herr Minister. - Für Bündnis 90/Die Grünen stellt die erste Zusatzfrage die Kollegin Janssen-Kucz. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mich haben die Ausführungen doch etwas irritiert, da der Wirtschaftsminister sagte, Schäden und Umweltauswirkungen seien nicht gänzlich auszuschließen. Vor diesem Hintergrund würde ich gern aus der Süddeutschen Zeitung von heute zitieren.

(Zurufe von der CDU: Eine Frage stellen!)

- Ich zitiere aus der Zeitung und schließe dem eine Frage an.

Wir hoffen allgemein, Frau Kollegin, dass es ein sehr kurzes Zitat sein wird.

„Die Erdgasförderung hat wegen der zunehmenden Erdbebengefahr keine Zukunft mehr in den Niederlanden. Das ist seit Langem klar.“

Dann geht es weiter:

(Zurufe von der CDU)

Kommen Sie jetzt bitte zur Frage!

„Ein Jahr später bestätigte das Bergaufsichtsamt, dass ein linearer Zusammenhang zwischen Fördermengen und Häufigkeit der Beben besteht, und befahl, die Produktion zu drosseln.“

(Zurufe von der CDU und von der AfD)

Ich frage die Landesregierung - da sie ja sehr tief in die Materie eingestiegen ist -: Wie hoch sind die bisher durch die Erdbeben im Rahmen der Erdgasförderung entstandenen Schäden in den Niederlanden, vor allem im Groninger Land?

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister, bitte schön!

Konkrete Zahlen zu den bisher aufgelaufenen Schäden können wir nicht vorlegen. Die liegen uns nicht vor.

(Meta Janssen-Kucz [GRÜNE]: Die wurden auf Borkum mitgeteilt, im Rahmen der Unterrichtung: 1,3 Milli- arden Euro! - Gegenruf von Jörg Hill- mer [CDU]: Wieso fragen Sie denn, wenn Sie es wissen?)

- Ich war in Borkum nicht dabei. Ich bitte um Verständnis. Ich habe gerade meine Fachmitarbeiter gefragt.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Entschuldigung, Herr Minister! - Liebe Kollegen, Sie können noch vier Zusatzfragen stellen. Aber jetzt hören Sie bitte der Antwort zu! Denn Sie haben ja die Frage gestellt.

Frau Abgeordnete Janssen-Kucz, ich weiß nicht, ob es sich bei dem, was Sie mir zurufen, um eine geschätzte Zahl handelt. Auch von wem sie kommt, kann ich jetzt nicht beurteilen. - Nach menschlichem Ermessen kann ich diese Frage derzeit nicht beantworten. Ich kann Ihnen nur das Angebot machen: Sollten uns tatsächlich irgendwelche Unterlagen darüber vorliegen, werde ich die Antwort selbstverständlich schriftlich nachreichen.

Ich will aber noch einmal kurz sagen, dass nach Auskunft des Niedersächsischen Erdbebendienstes festzustellen ist, dass die seismischen Verhältnisse in Niedersachsen und in Groningen nicht unmittelbar miteinander zusammenhängen bzw. zu vergleichen sind. Wir haben hier sehr unterschiedliche Herdtiefen, und der Untergrund in beiden Gebieten ist nach meiner Kenntnis sehr stark unterschiedlich aufgebaut. In der Folge haben wir induzierte Erdbeben der gleichen Stärke in Niedersachsen gehabt, die deutlich geringere Auswirkungen als in Groningen hatten. Starke Gebäudeschäden, wie sie bei Erdbeben mit einer Magnitude bis 3,6 im Raum Groningen aufgetreten sind, soweit uns bekannt, konnten in Niedersachsen bisher nicht beobachtet werden, selbst nicht bei einem der stärksten Erdbeben in Niedersachsen mit einer Magnitude von 4,5.

Was machen die Niederlande jetzt eigentlich? - Sie haben die Süddeutsche gelesen. Ich habe gestern in einer niedersächsischen Zeitung davon gelesen; in der HAZ war ein kleiner Artikel: Wirtschaftsminister Wiebes hat - am Dienstag, glaube ich - mit

geteilt, dass die Niederlande die Erdgasförderung in Groningen bereits im Jahre 2022 beenden wollen. - Bisher gab es einen Beschluss vom 8. Januar 2018, die Förderung zunächst zu drosseln und dann bis 2030 - meiner Kenntnis nach - einzustellen.

Mit der Schließung des Groninger Feldes ist es für die Niederlande wichtiger geworden, Erdgas aus kleinen Feldern - weil kleine Felder weniger erdbebenanfällig sein sollen - zu gewinnen. Das Projekt „Gateway to the Ems“ - GEms - soll genau dazu beitragen. Medienberichten zufolge handelt es sich nach ersten Schätzungen um ein Erdgasvolumen - außerhalb der Förderregion Groningen - von etwa 60 Milliarden m³. Es könnte sich um den größten Erdgasfund in den Niederlanden in den letzten 25 Jahren handeln. Von daher scheint die Strategie der Niederlande im Moment sehr klar und eindeutig: Groningen wird bis 2022 eingestellt, aber gleichzeitig wird die Offshore-Exploration weiter vorangetrieben.

Ich wiederhole: Die Vorplanungen für die OffshoreErdölplattform „Ruby“ stammen aus dem Jahr 2015. 2017 hat die erste Bohrung im Gebiet „Ruby“ stattgefunden. Jetzt kommen die entsprechende Anträge, um das Ganze weiter zu prüfen: Wie weit breitet sich dieses Vorkommen aus? Wie viel Gas ist oberflächennah? - Diese Frage ist wichtig, um Unfälle zu vermeiden.

Das ist kein ganz neues Thema. Wir sind aber jetzt durch die entsprechende Antragstellung an das LBEG eingebunden. Ich stehe dafür ein: Gemeinsam mit dem LBEG werden wir alles versuchen, unser Weltnaturerbe in keinster Weise zu gefährden. Das muss unser Ziel sein. Dafür werden wir uns einsetzen. Wir werden alle rechtlichen Möglichkeiten, die wir im Rahmen eines grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahrens haben, nutzen.

Vielen Dank, Herr Minister. - Die erste Zusatzfrage für die SPD-Fraktion stellt der Kollege Matthias Arends.

Kann und darf das Unternehmen nach einem eventuellen Förderbeginn auch aus unter Deutschland befindlichen Lagerstätten Erdgas fördern?

Vielen Dank. - Herr Minister!

Das Unternehmen ONE-Dyas hat im Dezember 2018 innerhalb der bereits bestehenden Aufsuchungserlaubnis „Geldsackplate“ eine Bewilligung beim LBEG beantragt, um damit die bergrechtlichen Voraussetzungen für die Gewinnung von Erdgas auf deutschem Hoheitsgebiet zu erfüllen. Die haben also bei uns eine Bewilligung beantragt - noch keine Genehmigung der Ausschöpfung.

Es geht um eine Querbohrung von den Niederlanden in das deutsche Gebiet hinein. Dafür gibt es bisher keine Genehmigung seitens des LBEG.