Protokoll der Sitzung vom 24.10.2019

Genau das führt dazu, dass funktionierende Strukturen an den Schulen einbrechen. Da müssen Sie mir keine Falschbehauptungen unterstellen, sondern Sie müssen das Problem anpacken und lösen, Herr Tonne.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Danke schön, Frau Hamburg. - Ebenfalls zusätzliche Redezeit erhält die Kollegin Mareike Wulf für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte betonen, dass es natürlich unser Anspruch ist, Bildungspolitik zu gestalten. Ich sehe einen Minister, der dies auch ganz klar tut.

(Beifall bei der CDU - Jörg Bode [FDP]: Wo?)

- Da vorne sitzt er.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Dann ist ja alles gut! Das glauben Sie doch selbst nicht, Frau Kollegin!)

Aus diesem Grund: Natürlich muss es unser Anspruch sein, in solchen Studien besser abzuschneiden und ins obere Drittel vorzurücken. Das tun wir auch, indem wir, wie bereits von dem Kollegen Bratmann ausgeführt, die Fachdidaktik verbessern, indem wir dafür werben, dass mehr Lehrkräfte im MINT-Bereich studieren. Ich sage: Wir

brauchen die Imagekampagne. Wir arbeiten hart daran, dies zu realisieren.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Wie verbessern Sie denn die Fachdidaktik?)

Daher möchte Ihre Behauptung, dass wir nicht auf Exzellenz aus sind, ausdrücklich zurückweisen. Natürlich brauchen wir die Exzellenz in niedersächsischen Schulen. Wir arbeiten hart daran, dies in Niedersachsen zu realisieren. Ich glaube tatsächlich, dass wir mit einer MINT-Offensive auf einem guten Weg wären. Deswegen betone ich an dieser Stelle noch mal: Bitte legen Sie den MINTBericht wieder auf!

Frau Kollegin Wulf, gestatten Sie eine - - -

Oh, Entschuldigung! Ist die Zeit schon abgelaufen?

Ja, das auch. Aber: Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Dr. Birkner?

Ja, sehr gerne.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kollegin, vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage ermöglichen. Ich frage Sie: Teilen Sie die Einschätzung des Ministers, die er hier dargestellt hat, dass Niedersachsen angesichts der Ergebnisse der Studie gut dasteht?

Herr Birkner, vielen Dank für diese Frage.

Aus meiner Sicht kann man feststellen, dass sich Niedersachsen angesichts der Herausforderungen nicht verschlechtert hat. Das heißt, die Lehrkräfte haben gute Arbeit geleistet. Jetzt müssen wir weiter daran arbeiten, dem bundesweiten Trend, dass sich in vielen Ländern im Bereich der Kompetenzen in Mathematik und Naturwissenschaften derzeit keine Verbesserung einstellt, ganz klar entgegenzutreten, indem wir etwas für die mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer an Grund-, Haupt-, Realschulen, an Gymnasien, an Gesamtschulen tun.

Deshalb sage ich: Legen Sie den MINT-Bildungsbericht wieder auf! Gehen Sie da rein! Tun Sie mehr für die Fachdidaktik, und werben Sie dafür, dass mehr junge Menschen mit MINT-Interesse in den Lehrerberuf gehen!

(Beifall bei der CDU - Dr. Stefan Birk- ner [FDP]: Wir oder er?)

- Der Herr Minister natürlich, nicht Sie.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Dann ist ja doch nicht alles gut!)

Danke schön, Frau Wulf.

Ich eröffne nun die Besprechung zu

c) Es reicht! Unseren Rechtsstaat verteidigen, Demokratinnen und Demokraten schützen, Rechtsextreme entwaffnen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 18/4896

Zur Einbringung hat sich der Kollege Helge Limburg gemeldet.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die gestrige Resolution als Konsequenz auf den rechtsterroristischen Angriff in Halle war ein gutes, wichtiges Signal insbesondere für die Betroffenen. Wir alle aber wissen, dass weitere Maßnahmen zur Bekämpfung des Rechtsterrorismus und des gewaltbereiten Rechtsextremismus notwendig sind.

Die Konsequenzen, die aus den NSU-Morden gezogen worden sind, reichen längst nicht aus. Unfreiwillig erinnern wir uns an die Angriffe, die jüngst in vielen Städten gegen die jeweiligen NSUMahnmale erfolgt sind. Diese Angriffe müssen dringend aufgeklärt und geahndet werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Nicht erst seit Halle und dem Lübcke-Mord wissen wir, dass es zu den Strategien von Rechtsextremen gehört, gezielt diejenigen zu bedrohen und einzuschüchtern, ob Journalisten oder Menschen aus der Zivilgesellschaft, die sich gegen Rechtsextremismus und für Demokratie engagieren.

Nicht erst seit Halle und dem Lübcke-Mord wissen wir, dass Rechtsextreme immer wieder versuchen,

in den Besitz von Waffen zu gelangen - illegal, aber eben auch legal.

Nicht erst seit Halle und dem Lübcke-Mord wissen wir, dass sich Rechtsextreme, so absurd es erscheinen mag, zunehmend international vernetzen, dass Taten in Norwegen, Neuseeland, den USA, in Deutschland und anderswo in einem Zusammenhang stehen, gegenseitig anstacheln und in einen ideologischen Zusammenhang gestellt werden.

Aus diesem ganzen Wissen, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen Konsequenzen folgen.

Seit vielen Jahren gibt es in rechtsextremen Kreisen das Konzept der sogenannten Anti-AntifaArbeit. Ich habe es gesagt: Menschen, die sich engagieren, werden gezielt eingeschüchtert. Dieser Strategie folgten übrigens, wie wir heute wissen, auch Teile des Umfeldes des Nationalsozialistischen Untergrundes, des NSU.

Herr Kollege Rykena, es hat den Eindruck, dass Sie sich mit Ihren parlamentarischen Fragen, die Sie aus meiner Sicht missbrauchen, um gezielt Journalistinnen und Journalisten, die sich für Demokratie engagieren, einzuschüchtern, als parlamentarischer Arm der Anti-Antifa-Arbeit verstehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das, Herr Rykena, beziehen wir natürlich in die Bewertung der Arbeit Ihrer Fraktion mit ein. Das ist selbstverständlich.

Was wir jetzt in Braunschweig mit den Bedrohungen des Sprechers des Bündnisses gegen Rechts sehen müssen, was wir in Hannover und anderswo mit Bedrohungen von Journalistinnen und Journalisten erleben, erinnert ebenfalls fatal an diese Strategie. Angriffe auf das Haus des Bündnissprechers in Braunschweig sind keine zufällige Kette von Sachbeschädigungen, sondern sind Teil einer Bedrohungsstrategie und müssen dementsprechend von Polizei und Justiz verfolgt werden.

Opfer müssen ernst genommen, die Straftaten geahndet und die Menschen durch die Polizei wirksam geschützt werden. Die Zivilgesellschaft muss dauerhaft finanziell unterstützt werden. Die Erinnerungskultur darf nicht etwa gewendet werden - es darf keinen Schlussstrich geben -, nein, sie muss weiter gefördert und ausgebaut werden.

Wir müssen Nazis den Zugang zu illegalen Waffen und zu Sprengstoff in Deutschland und der EU so schwer wie irgend möglich machen, und wir müssen vor allem den legalen Zugang zu Waffen deut

lich einschränken. Das Waffenrecht muss endlich, endlich verschärft werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

So begrüßenswert Ihre Vorschläge und Forderungen in dem Bereich sind, Herr Pistorius: Es dauert doch alles sehr, sehr lange. - Auch wenn es jetzt auf Bundesebene scheinbar Zustimmung gibt: Das darf nicht versanden. Nazis dürfen in diesem Land keine Waffen besitzen. Das muss endlich, endlich umgesetzt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der CDU und bei der FDP)

Die Rechtsprechung zum Waffenbesitz eines mutmaßlichen Helfers des Lübcke-Mörders zeigt, dass es nicht an Erkenntnissen über Rechtsextreme mangelt -

Kollege Limburg, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Bothe?

- nein - sondern dass die Verwertbarkeit dieser Erkenntnisse im Waffenrecht offenbar unzu

reichend ist. Hier müssen die Möglichkeiten der Behörden zum Entzug und zur Versagung von Waffenerlaubnissen ausgebaut werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Forderungen z. B. vonseiten der CDU, die Befugnisse von Sicherheitsbehörden zu erweitern, halte ich in diesem Zusammenhang für viel zu schnell gegriffen. All diese Beispiele zeigen doch, dass bestehende Befugnisse angewandt und eingesetzt werden müssen, dass neue Eingriffs-, neue Ermittlungsbefugnisse in diesem Bereich nicht angezeigt sind.

Weder Halle noch der Lübcke-Mord stehen allein. Sie reihen sich ein - ich hatte es gesagt - in eine ganze Reihe rechtsextremer Morde und Angriffe auf die Zivilgesellschaft: die NSU-Morde, das versuchte Attentat auf die Synagoge in München vor etwa 15 Jahren, das Oktoberfest-Attentat und vieles mehr. Sie reihen sich ein in eine Serie internationaler Terroranschläge. Dem muss durch internationale Zusammenarbeit der Justizbehörden und der Zivilgesellschaft begegnet werden.