Protokoll der Sitzung vom 24.01.2018

Nun hat das Wort für die FDP-Fraktion Frau Kollegin Bruns. Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Wohnraumfrage ist für mich die zentrale Frage, die auch für den sozialen Frieden im Land bestimmend ist. Ich habe ein wenig recherchiert. Wir haben hier vor zwei oder drei Jahren, glaube ich, das erste Mal darüber geredet. Schon damals war das der Startsatz, der aber heute noch genau so aktuell ist wie damals.

Eine Vorbemerkung: Fast drei Viertel des Wohnungseigentums sind Privatbesitz. Anreize, die der Staat schaffen will, müssen sich auf jeden Fall daran orientieren. Den angespannten Wohnungsmarkt spüren in allererster Linie zunächst die Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen. Zum Beispiel Hannover - ich komme von hier und weiß daher, wie angespannt der hiesige Wohnungsmarkt ist -: Der durchschnittliche Mietpreis liegt in Hannover bei 9,29 Euro pro Quadratmeter. Informiert man sich dann auf der Seite des Jobcenters, so findet man dort folgende Zahlen: Für Wohnungen bis 50 m2 werden vom Jobcenter nur 7,76 Euro erstattet. Deutlich wird, dass wir eine Lücke haben zwischen den wirklichen Kosten - also zwischen 9,29 Euro und 10,05 Euro - und dem als bezahlbar geltenden Wohnraum sowie den Erstattungen des Jobcenters. Diese Lücke müssen wir schließen.

An dieser Stelle ist aber auch noch eine Feststellung wichtig - das kann man in diesem Haus gar nicht oft genug anführen -: Wohnungsmangel behebt man mit Wohnungsbau und nicht mit neuen Regelungen und Verordnungen, die man irgendwo schafft.

(Beifall bei der FDP)

Ich gehe jetzt einmal die einzelnen Punkte des Koalitionsvertrages durch: Den Ansatz der Einrichtung einer Baukostensenkungskommission teilen

wir. Ich kann mich daran erinnern, dass es eine solche Kommission auf Bundesebene gab. Es liegen zahlreiche Vorschläge vor. Der Kollege Matthiesen hat damals auch immer sehr viele Vorschläge dazu eingebracht. Man braucht sie jetzt nur noch konsequent umzusetzen. Ich würde mir wünschen, eine Baukostensenkungskommission auch hier in Niedersachsen ins Leben zu rufen - mit wenig Politik, vielen Fachleuten - und danach einfach nur den Willen zu haben, die Vorschläge umzusetzen.

Natürlich ist das eigene Haus oder die eigene Wohnung ein Grundbedürfnis der Menschen. Christian Grascha hatte schon im letzten Jahr über die Wohnimmobilienkreditrichtlinie gesprochen, die total kontraproduktiv wirkt. Wir Freien Demokraten setzen uns dafür ein, dass einzelne Verbrauchergruppen bei Neu- und Umbau von Wohneigentum nicht unnötig benachteiligt werden. Die EU-Richtlinie hingegen sieht vor, dass der Wert eines Neu- oder Umbaus bei der Prüfung der Kreditwürdigkeit ein entscheidendes Kriterium sein kann, statt allein auf das Einkommen des Schuldners zu schauen. Gerade junge Familien vor einer Elternzeit oder Rentnerinnen und Rentner ziehen so den Kürzeren. Gerade bei älteren Menschen spielt der Umbau zu inklusiven Wohnungen eine große Rolle.

Auch der Vorschlag der Freien Demokraten, die Grunderwerbsteuer bis zu einem Kaufbetrag von 500 000 Euro entfallen zu lassen, ist ein Mittel, den Grunderwerb zu erleichtern. Auch dazu haben wir letztes Jahr einen Antrag eingebracht.

(Beifall bei der FDP)

Um einmal mit einer Mär aufzuräumen: Ich kann mich deutlich an die beim letzten Mal geführte Diskussion erinnern. Es hieß dort, wir würden das immer nur für die besser oder gut Verdienenden machen wollen. Dort steht nicht „ab 500 000“, sondern dort steht „bis 500 000“. In Hannover kann ich ein Reihenhaus mit 110 m2 Wohnfläche für schlappe 380 000 bis 420 000 Euro erwerben. Dieses Beispiel nur einmal, um aufzuzeigen, wie sich hier die Kosten generieren.

(Beifall bei der FDP)

Wir teilen auch die verpflichtende Fortführung der sozialen Wohnraumförderung durch den Bund. Der Wohnungsbau wird aber auch dann nur angeregt, wenn jeder Mieter zahlungsfähig ist. Dafür sorgt ein angemessen ausgestattetes Wohngeld, das der örtlichen Mietentwicklung jährlich angepasst werden muss. Es kommt jedem Mieter sofort zugu

te. Die Wohnraumförderung über die Subjektförderung mit Wohngeld verdient daher aus sozialpolitischer Sicht den Vorzug gegenüber der Objektförderung, die oftmals Bereiche generiert wie z. B. Bereiche für sozial benachteiligte Menschen. Wir aber wollen durchmischte Wohngebiete haben.

Die Objektförderung und das nicht angepasste Wohngeld verbreiten die Illusion einer Berechtigung auf eine Wohnung mit einer subventionierten Kostenmiete. Es macht keinen Sinn, der Hälfte der Bevölkerung einen Wohnberechtigungsschein auszustellen und nur für einen sehr kleinen weiteren Teil der Bevölkerung Sozialwohnungen bereitzustellen. Das ist politischer Sozialschwindel, den wir Freien Demokraten nicht mitmachen wollen.

(Beifall bei der FDP)

Über die Finanzierungslücke habe ich zu Beginn schon gesprochen.

Ein weiteres Anliegen - wir werden uns in dieser Legislaturperiode wieder damit beschäftigen: Eine NBauO light wäre einmal ein aktuelles Thema. Es bedarf dringend einer konsequenten Überprüfung von Standards und Anforderungen im Wohnungsbau, die das Ziel hat, zu schnelleren unbürokratischen Verfahren zu kommen. Insbesondere Bauvorschriften und Vorschriften für Stellplätze und Abstandsflächen müssen auf ihre betriebs- und volkswirtschaftliche sowie klimaschützende Sinnhaftigkeit hin überprüft werden. Beschränken wir uns als Land also auf die wirklich wichtigen Vorgaben. Ich bin gespannt, wie der Entwurf der NBauO irgendwann aussehen wird.

Die Baugenehmigungsverfahren müssen dringend vereinfacht werden mit mehr Möglichkeiten zu einem vorgezogenen Baubeginn. Dabei sollten wir aber auch die Kommunen unterstützen, damit die Bauämter gut und richtig ausgestattet sind. Man kann auch darüber nachdenken, hier eine zeitliche Beschränkung vorzunehmen. Das heißt: Wenn ein Bauantrag lange Zeit nicht bearbeitet wird, gilt er als genehmigt.

(Beifall bei der FDP - Jörg Bode [FDP]: Genau!)

Dabei müssen wir die Kommunen aber auch unterstützen.

Ich kann es Ihnen ganz zum Schluss nicht ersparen: Ihre Mietpreisbremse erreicht das genaue Gegenteil. Mit ihr sollte der rapide Anstieg der Mieten in begehrten Wohngegenden gestoppt werden. Die tatsächlichen Zahlen spiegeln aber

das Gegenteil wider. Viele andere Länder haben die Mietpreisbremse wieder abgeschafft, weil es mit ihr nicht gelungen ist, Wohnraum zu schaffen. Das, was in ihrem Koalitionsvertrag steht, dass sie nämlich noch einmal darüber nachdenken wollen, das ganze Instrument irgendwie zu verbessern, halte ich für fragwürdig. Mit einem Markthemmnis einen Markt anzukurbeln, finde ich schlichtweg unmöglich, aber das ist, glaube ich, Grundkurs Volkswirtschaftslehre.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die CDU-Fraktion erhält nun das Wort Herr Kollege Bäumer.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, in der Tat gibt es auf dem Wohnungsmarkt ein Problem. Aber ich warne davor, das so pauschal zu beurteilen; denn es gibt gerade auf dem Wohnungsmarkt in Niedersachsen sehr große regionale Unterschiede. Es gibt Ballungszentren, wo man in der Tat, so wie es die Kollegin von den Grünen gesagt hat, kaum bezahlbaren Wohnraum findet. Es gibt aber auch Gegenden in Niedersachsen, da bekommen Sie all das, was Sie möchten.

(Vizepräsident Bernd Busemann übernimmt den Vorsitz)

Die Menschen wollen aber anscheinend dort, wo es diese guten und günstigen Wohnungen gibt, kaum noch leben. Deshalb müssen wir uns diesem Thema intensiv widmen. Dieses Problem gibt es, obwohl die Landesregierung in den letzten vier Jahren im Durchschnitt 1 000 bis 1 600 Wohnungen pro Jahr gefördert hat und in den letzten zwei Jahren, Frau Kollegin Piel, sogar über 100 Millionen Euro für dieses Thema ausgegeben hat. Aktuell - die Zahl fehlt noch - gibt es einen Bestand von 85 000 gebundenen Wohnungen. Diese Zahl nimmt leider nach und nach ab, weil wir es in der Tat nicht schaffen, immer wieder genügend neuen Wohnraum zu bekommen.

Es ist nun an der Zeit, glaube ich, dass man sich intensiv Gedanken macht, was für die Zukunft an Mitteln richtig ist. Man muss evaluieren, ob die Mittel und die Ergebnisse in einem vernünftigen Einklang mit der Frage stehen: Reicht das, was wir tun, aus, und wirkt das, was wir tun, hinreichend? - Ich bin ein wenig verwundert, Frau Kollegin Piel,

dass Sie die Arbeit der rot-grünen Koalition als gut beschrieben haben, jetzt aber acht Wochen nach Start der neuen Koalition schon ein Problem ausmachen. Das passt irgendwo nicht zusammen.

SPD und CDU in Niedersachsen sind sich einig, dass der Schwerpunkt weiterhin auf dem Mietwohnungsbau liegen wird. Wir sind uns einig, dass auch weiterhin Zuschüsse gezahlt werden sollen. Es sollen aber auch Fehlanreize vermieden werden. Ich kann Ihnen, Frau Kollegin, zusichern: Wir als neue Koalition hier in Niedersachsen haben die Situation im Wohnungsmarkt fest im Blick, und wir haben den festen Willen, etwas zu verändern. Das Thema ist bei uns in guten Händen.

(Anja Piel [GRÜNE]: Sie sind erst mal auf Bewährung!)

- Frau Kollegin, jetzt mal nicht so nervös werden. Ich an Ihrer Stelle würde mich auf das Wochenende konzentrieren. Ich würde mich hier nicht abarbeiten. Sie haben diese Woche noch einiges vor.

(Anja Piel [GRÜNE]: Ja!)

Diese Hände, Frau Kollegin, sind auch bereit, aktiv zu handeln, und die erste Handlung ist ja schon passiert.

(Zuruf von Björn Försterling [FDP] - Jörg Bode [FDP] lacht)

- Ich habe es leider nicht gehört, Herr Kollege Bode. Ich muss das wohl im Protokoll nachlesen.

Dieser Minister hat bereits mit dem Verband der Wohnungswirtschaft ein Bündnis für bezahlbaren Wohnraum in Niedersachsen geschaffen. Ich denke, es macht Sinn, dass man alle Akteure in diesem Markt an einen Tisch holt.

Es bleiben allerdings Fragen. Eine Frage habe ich vorhin schon gestellt: Warum kommen die Grünen acht Wochen nach Beginn der neuen Legislaturperiode mit diesem Thema? Warum hat die letzte Landesregierung im Jahr 2016 keinen studentischen Wohnungsbau gefördert? Warum, liebe Frau Kollegin, beschreiben Sie immer nur das, was man für die Zukunft machen müsste? Aber Zustandsbeschreibungen, liebe Kollegin, sind noch keine gute Politik. Ohne Handlungen ist all das, was Sie hier vorgetragen haben, nur reines Geplapper.

Warum haben Sie keine Vorschläge gemacht? Die Kollegin von der FDP hat vorhin zu Recht gefragt: Braucht es eigentlich immer diese Standards? - Wir sind doch alle Weltmeister. Wir haben jeden

Tag eine neue gute Idee, wie man die Standards erhöhen kann und wundern uns dann, dass sich das am Ende auf den Preis auswirkt.

Nicht alles, was in der Energieeinsparverordnung steht, ist auch wirklich dazu angetan, dafür zu sorgen, dass man am Ende Gewinne daraus erzielt. Wenn man Abschreibungszeiten von 50 bis 100 Jahren hat, dann muss man sich nicht wundern, wenn die Menschen sagen: In so eine Wohnung ziehe ich nicht, weil die teuer ist und die Ersparnis erst meine Enkel oder Urenkel haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Jörg Bode [FDP]: Wenn die Wohnung nicht mehr steht!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, eines habe ich hier heute Morgen auch noch nicht gehört: Wer nimmt eigentlich den ländlichen Raum in den Blick? - Dort, im ländlichen Raum, ist es nämlich möglich, günstige und bezahlbare Wohnungen zu bekommen. Wenn man das klug macht, dann kann man auch im ländlichen Raum dafür sorgen, dass das Grundbedürfnis der Menschen auf bezahlbaren Wohnraum erfüllt wird. Aber die Grünen

(Anja Piel [GRÜNE] spricht mit einer Fraktionsmitarbeiterin)

- Frau Kollegin, ich würde empfehlen, dass Sie mir zuhören - sind in der Vergangenheit gerade eben nicht die Freunde des ländlichen Raumes gewesen. Sie haben bei jeder Gelegenheit den Ausbau der Infrastruktur im ländlichen Raum blockiert, gebremst oder verhindert. Sie haben auch in den Dörfern aktiv dafür gesorgt

(Christian Meyer [GRÜNE]: Dorfer- neuerung verdoppelt!)

- der frühere Umweltminister war da federführend tätig -, dass man manche Baulücke, die man hätte schließen können, eben nicht schließen konnte, weil es da eine Geruchsimmissions-Richtlinie gibt,

(Christian Meyer [GRÜNE]: Es wurde noch nie so viel Wohnraum im ländli- chen Raum gefördert!)

die verhindert hat, dass dort weiterer Wohnraum entstehen konnte. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Hälfte der Menschen in Niedersachsen wohnt im ländlichen Raum, und das wird auch trotz des Wolfes so bleiben.