Es kann nicht sein, dass Sie hier ausführen: Da faselt jemand von Toleranz und Freiheit. - Das sind Grundwerte der Demokratie. Wenn jemand für sich in Anspruch nimmt, diese Werte zu leben, und eine Fraktion dies in den Landtag einbringt
- danke, dass ich das Wort habe, Frau Piel -, dann sollten Sie das erst einmal ernst nehmen, vielleicht einmal zugucken und nicht gleich draufhauen. Das ist ganz schlechter Stil, Herr Pistorius.
Vielen Dank. Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht, sodass ich die Besprechung zur Aktuellen Stunde der CDU schließen kann.
b) Zwei Zimmer, Küche, Bad unbezahlbar - die Landesregierung muss beim Wohnungsbau nachlegen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 18/199
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn man sich im Netz die Rubrik „Wohnungsmarktsuche“ anguckt, findet man ziemlich viele Anzeigen. In einem beliebten Kleinanzeigenportal gibt es beispielsweise 13 000 Gesuche für ganz Niedersachsen. Darunter z. B.:
„Ich suche eine Ein- bis Zweizimmerwohnung in Walsrode oder Umgebung bis ca. 350 Euro warm. Bitte einfach alles anbieten.“
Schauen wir uns einmal die Angebote auf der anderen Seite an! Da finden wir eine Maisonettewohnung mit Dachterrasse, Penthousewohnungen, Lofts und exklusive Neubauwohnungen.
Meine kurze Internetrecherche ist selbstverständlich nicht repräsentativ. Wir wissen aber aus der Wohnungsmarktbeobachtung, aus den Medien und auch von den Sozialverbänden: Es gibt viele Menschen in Niedersachsen, die auf der Suche nach einer bezahlbaren Wohnung sind. Und es gibt viele, die keine finden.
Meine Damen und Herren, dabei handelt es sich längst nicht mehr nur um erwerbslose Menschen. Das trifft auch Alleinerziehende sowie Rentnerinnen und Rentner. Darunter sind auch Handwerker, Pflegekräfte, Busfahrer, Erzieher oder Verkäufer. Es ist also nicht mehr allein ein Problem des Einkommens, sondern auch ein Problem der Mietpreise bzw. des Wohnungsmarktes insgesamt.
Meine Damen und Herren, was bedeutet das aber für die Wohnungssuchenden? Einige müssen Wohnungen nehmen, die für sie eigentlich nicht passen. Wenn eine Familie mit mehreren Kindern in eine Zwei- bis Dreizimmerwohnung zieht, dann ist das nicht einfach nur kuschelig eng, sondern das heißt auch, dass es keinen Platz für die großen Kinder gibt, wo sie in Ruhe ihre Hausaufgaben machen können.
Es gibt auch Fälle, in denen Menschen in Hannover arbeiten, aber im Umland wohnen, weil es dort die einzigen bezahlbaren Wohnungen gibt. Ein langer Arbeitsweg heißt aber - das wissen wir - weniger Freizeit und mehr Stress. Im schlimmsten Fall stehen die Menschen auf der Straße. Das ist längst keine Ausnahme mehr. Bundesweit steigen die Zahlen der wohnungslosen Menschen, die dauerhaft in Not- oder Behelfsunterkünften leben.
Meine Damen und Herren, wir müssen feststellen: Das Thema „sozialer Wohnungsbau“ ist kein sozialpolitisches Nischenthema. Es stellt eine der zentralen Herausforderungen staatlicher Daseinsvorsorge dar. Und hier muss schnell etwas passieren.
Die Gründe dafür, dass es zu wenig Wohnraum gibt, sind vielfältig. Zum Teil steigt einfach die Nachfrage nach guten Wohnungen; es gibt aber auch noch eine andere Erklärung. Im Zuge der Föderalismusreform nämlich hat sich der Bund 2006 aus der Wohnraumförderung zurückgezogen und die Sache den Ländern übertragen. Unter Schwarz-Gelb - einige von Ihnen waren dabei - hat das Land den Wohnraumförderfonds verkauft. Es ist klar, dass danach in Niedersachsen kaum noch öffentlich geförderter Wohnraum entstanden ist. Denn wenn keiner zahlen will, wird auch nichts gebaut.
Das Problem verschärft sich aber von selbst, weil die Belegungsbindungen für diese Wohnungen, die aus dem öffentlich geförderten Wohnungsbau stammen und befristet sind, aufgelöst werden. Das läuft in den nächsten Jahren nach und nach aus. Die Wohnungen gelangen dann auf den freien Markt. Und das heißt, dass sie sehr teuer werden.
Rot-Grün war sich dieses Problems immer bewusst. Wir haben das Thema Wohnungsbau gleich zu Beginn der letzten Legislaturperiode angepackt und unter großen haushaltspolitischen Anstrengungen eine nahezu leere Förderkasse wieder aufgefüllt. Weiter haben wir die Konzertierte Aktion Bauen und Wohnen reaktiviert und dafür alle Akteure an einen Tisch geholt. Wir haben die Möglichkeit von Tilgungszuschüssen geschaffen, die Mietpreisbremse eingeführt und noch eine Kappungsgrenze abgesenkt, um Mietsteigerungen noch weiter zu begrenzen. Außerdem haben wir Gemeinwesenarbeit gefördert und energetische Sanierung und Modernisierung gefördert. Kurzum: Rot-Grün hat damals in Sachen Wohnungsbau bei null angefangen und in fünf Jahren eine Menge erreicht.
Meine Damen und Herren, zur Wahrheit gehört aber auch: All diese Maßnahmen reichen bei Weitem nicht aus. Wir müssen in den nächsten Jahren einen Bedarf von 150 000 Wohnungen decken.
Angesichts dieses Handlungsdruckes lese ich mit großer Verwunderung, dass Herr Lies in der HAZ vom 3. Januar 2018 angekündigt hat, dass wir auf Zuwendungen vom Bund warten. Wir wissen weder, wann es wieder eine handlungsfähige Bundesregierung gibt, noch wissen wir, was sie dann tun würde. Wir wissen aber genau: Uns läuft die Zeit davon. Das ist nicht für die Menschen wichtig,
Sehr geehrter Herr Minister Lies, Sie sind doch Sozialdemokrat. Wir erinnern uns daran. Sie müssen also jetzt handeln und den Handlungsspielraum, den Sie haben, nutzen.
Vielleicht ein letztes Wort - es stammt von Johann Wolfgang von Goethe - noch, das Sie mir zum Abschluss vielleicht gewähren. Goethe hat nämlich schon vor über 200 Jahren die Brisanz des Themas erkannt und gesagt:
Das Thema Wohnungsnot ist nicht nur für die Betroffenen relevant. Erst ein würdevolles Leben ermöglicht die konstruktive Teilhabe an der Gesellschaft. Und daran sollten wir alle ein Interesse haben.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Preiswerter Wohnraum wird knapp. Preiswerter Wohnraum ist knapp. Das ist eine Tatsache, der wir uns stellen müssen und der wir uns stellen werden. Die Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt ist besorgniserregend. Da gebe ich Anja Piel durchaus recht. Hierfür sind viele Faktoren ausschlaggebend. Die Niedrigzinsen der letzten Jahre haben in erster Linie zu einem guten Angebot bei Wohnungen mit höheren Mieten geführt. Dadurch ist gleichzeitig aber auch das Bauland teurer geworden und für den sozialen Wohnungsbau kaum noch finanzierbar.
Hinzu kommt die massiv zunehmende Spekulation insbesondere durch große Grundstücksgesellschaften auf dem Wohnungsmarkt, also die Wette der internationalen Finanzmärkte auf weiter steigende Mieten bei sinkenden Kosten und somit höheren Renditen. Nicht zuletzt war sozialer Wohnungsbau auch im kommunalen Bereich in den letzten Jahren vor dem Hintergrund der zu sanie
Wohnen ist für jeden Menschen ein Grundbedürfnis. Unser Ziel ist es, noch mehr preisgünstigen Wohnraum zu schaffen. Mit der sozialen Wohnraumförderung wollen wir Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen unterstützen: Studenten in der Stadt, Menschen mit Behinderungen, ältere Menschen im ländlichen Bereich, deren Häuser einmal Teil der Altersvorsorge sein sollten, jetzt aber nicht mehr unterhalten werden können, weil ein Partner pflegebedürftig geworden ist. Jeder von Ihnen kennt diese Fälle.
Dem niedersächsischen Wohnungsbau kommt in dieser Legislaturperiode eine besondere Bedeutung zu. Mit dem Jahr 2019 laufen die Kompensationsmittel des Bundes aus. Wir werden einen namhaften Betrag für den Wohnungsbau zur Verfügung stellen, um die Anschlussfinanzierung sicherzustellen.
Auch für den Bau von Studentenwohnungen wird zeitnah ein entsprechender Betrag etatisiert. Wir wollen die Baustandards flexibilisieren entsprechend den Beschlüssen der Baukostensenkungskommission des Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen von Bund und Ländern. Die Instrumente der „Konzertierten Aktion Bauen und Wohnen“ wollen wir weiter nutzen und fortentwickeln.
Preiswert allein ist für uns aber zu wenig. Ziel der sozialen Wohnraumförderung müssen attraktive sozial durchmischte Quartiere sein, die kinder- und familienfreundlich sind, Quartiere, die von Anfang an nachbarschaftliche Angebote enthalten.
Auch Förderung allein ist uns zu wenig. Wir können nicht gegen die rasant steigenden Baukosten anfördern. Wir müssen in einen Dialog mit allen Akteuren treten - beispielhaft seien hier nur genannt die Baugesellschaften, die Kommunen, die Freie Wohlfahrtspflege, die Kirchen und Gewerkschaften -, um ein Bündnis für preiswertes Wohnen im Land Niedersachsen zu realisieren.
Uns ist auch die Bedeutung des preiswerten Wohnens für den Standort Niedersachsen bewusst. Im Kampf um die Arbeitskräfte ist das Wohnraumangebot wieder zu einem bedeutenden Faktor geworden. Das alles sind dicke Bretter. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir diese Aufgaben in dieser Legislaturperiode mit Erfolg angehen werden.
Vielen Dank, Herr Kollege Adomat. Wir dürfen Ihnen gratulieren; denn das war Ihre erste Rede hier im Niedersächsischen Landtag.