Protokoll der Sitzung vom 25.10.2019

Das Gleiche gilt für die Schiene, wo eine Riesenchance besteht. Ich habe es vorhin gesagt: Gerade im Schienenfahrzeugbereich, in dem wir heute noch mit Dieseltraktion fahren, weil es eben keine Stromversorgung über Oberleitungen gibt, haben wir als Niedersachsen weltweite Aufmerksamkeit durch den Brennstoffzellenzug, der in Salzgitter gefertigt wird. Das heißt, es gibt eine Riesenchance, die Mobilität auf der Schiene selbst dort, wo es keine Oberleitungen gibt, mit einer vernünftigen Wasserstofftechnologie CO2-frei zu machen.

Das sind neben dem Ausbau der Quantität der öffentlichen Mobilität die Maßnahmenpakete, mit denen wir gerade im Bereich der öffentlichen Mobilität dafür sorgen, dass diese CO2-frei wird und der Umstieg für die Menschen attraktiver wird.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Möglichkeit zu Zusatzfragen ist ausgeschöpft, sodass wir nun in die Aussprache eintreten. Die Landesregierung hat die vorgesehene Redezeit von 15 Minuten um 10,5 Minuten überschritten. Diese Redezeit erhält jede Fraktion zusätzlich.

Ich eröffne die Aussprache. Herr Kollege Bosse, SPD-Fraktion, bitte!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, fast alle hier im Haus sind sich darin einig, dass wir die Treibhausgasneutralität spätestens in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts benötigen. Dafür gilt es, anspruchsvolle Ziele zu formulieren. Das haben wir mit der Einbringung unseres Klimaschutzgesetzes gemacht. Das hat auch der Bund entsprechend getan.

Wir alle sind uns darüber einig, dass das keine Aufgabe nur für jetzt und heute ist, sondern eine Aufgabe über viele Generationen hinaus. An die

ser Stelle müssen wir die Menschen auch mitnehmen, und dafür brauchen wir auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Dann soll- te man mal anfangen!)

Ich sage es an dieser Stelle ganz deutlich: Wenn das über Generationen gehen soll, dann kann man in verschiedenen Punkten durchaus unterschiedlicher Meinung sein. Aber das grundsätzliche Ziel muss klar formuliert sein. Darum ist es auch richtig, dass wir gesagt haben, wir wollen den Klimaschutz in die Verfassung aufnehmen. Warum ist das so? - Weil es wirklich über Generationen laufen wird und alle, wirkliche alle Lebensbereiche von uns in der Bundesrepublik und hier in Niedersachsen betreffen wird, egal, ob es die Mobilität ist oder ob es die Arbeitswelt ist, ganz egal, welcher Bereich. Darum ist es richtig, diesen Punkt in die Verfassung aufzunehmen.

Erstmals gibt es einen verbindlichen gesetzlichen Rahmen. Den gab es vorher nicht. Erstmals gibt es ein Monitoring, klare Regeln, ganz glasklare Regeln zum Nachsteuern. Klar ist auch, es gibt ein Klimakabinett. Dieses Klimakabinett des Bundes ist keine Eintagsfliege. Dieses Klimakabinett ist dauerhaft installiert. Es geht natürlich auch um die Umsetzung des Beschlusses der Kohlekommission. Da fließt eine Menge Geld. Es fließt beispielsweise auch eine Menge Geld durch den Einsatz von Minister Lies in die Region Helmstedt. Kollege Domeier freut sich an der Stelle auch darüber.

Ab dem Jahr 2021 gibt es jährlich 1 Milliarde Euro mehr für den ÖPNV, ab dem Jahr 2025 2 Milliarden Euro mehr für den ÖPNV. Ich sage ganz deutlich: Das geht doch letzten Endes auch einher mit der Erhöhung der Regionalisierungsmittel. Das bedeutet an dieser Stelle doch auch eine engere Vertaktung, bessere Bahnhöfe, gegebenenfalls neue Stationen. Investition - das heißt es doch letzten Endes. Und es gibt 10 Milliarden Euro mehr Eigenkapital für die Bahn für Investitionen. Das ist ein richtig schönes Paket.

Erhöhung der Kaufprämie für E-Autos, Anstieg der Pendlerpauschale, Austauschprämie für alte Ölheizungen in der Bundesrepublik Deutschland, steuerliche Förderung für energiesparende Gebäudesanierung, Senkung der EEG-Umlage ab dem Jahr 2021 - das ist doch, meine sehr geehrten Damen und Herren, ein riesiges Innovations- und Investitionspaket, das hier in der Bundesrepublik Deutschland auf den Weg gebracht wird und alle Menschen mitnehmen muss. Eine Förderung für Arbeit

und Investition, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD - Christian Meyer [GRÜNE]: Große Begeisterung bei der CDU!)

CO2-neutrale Technologien „made in Germany“ werden einen wichtigen Beitrag für den weltweiten Klimaschutz liefern und Deutschlands Exportkraft als Spitzentechnologieland weiter stärken. So war es in der Vergangenheit, und so muss es auch in der Zukunft sein. Der Leitgedanke des Klimakonzeptes ist es doch, als führendes Industrieland die Einhaltung der Klimaschutzziele zum Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen wirtschaftlich nachhaltig und sozial ausgewogen auszugestalten - zum Nutzen unserer Gesellschaft und vor allen Dingen auch - und das ist ganz besonders wichtig - als fairer Partner in der Welt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. - Es folgt nun für die CDU-Fraktion Herr Kollege Dr. Schmädeke.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Bitte, Herr Kollege! Und lassen Sie sich nicht von der Uhr irritieren. Die zusätzliche Redezeit wird nicht angezeigt, aber wir haben das hier oben im Blick.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal Dank an Marcus Bosse. Du hast ja eben schon sehr viel vorweggenommen. Wir wollen uns hier ja nicht wiederholen, und daher kann ich meinen Part jetzt etwas eindampfen.

Aber eines muss ich doch zurechtrücken. Du hast eben gesagt, dass Helmstedt von den Fördermitteln profitiert hat und dass sich Olaf Lies dafür eingesetzt hat. Ich möchte nur daran erinnern, dass es Bernd Althusmann und auch meine Kollegin Veronika Koch waren, die sich dafür stark gemacht haben. Das nur als Ergänzung!

(Beifall bei der CDU - Dr. Marco Genthe [FDP]: Das waren bestimmt irgendwie alle!)

Aber jetzt komme ich zum Klimapaket des Bundes. Mit diesem werden wir den CO2-Ausstoß bis 2030 um 55 % gegenüber 1990 reduzieren. Bis 2050 wollen wir in Deutschland klimaneutral sein. Unser Klimaschutzpaket ist das größte, das jemals verabschiedet worden ist, und wir als CDU/SPDRegierung in Niedersachsen werden unseren Teil dazu beitragen, dass die Umsetzung auch funktioniert.

Wir werden dabei allerdings zu keinem Zeitpunkt die Menschen aus den Augen verlieren, die dieses Paket umzusetzen und damit zu tragen haben. Bei allen Maßnahmen, meine Damen und Herren, die wir als Gesellschaft zweifelsfrei umsetzen müssen, werden wir eines immer berücksichtigen: Der Klimaschutz darf keine neue soziale Frage werden. Denn Erderwärmung kann man nicht mit sozialer Kälte bekämpfen.

Unser Gesetzentwurf legt im Gegensatz zum Entwurf der Grünen großen Wert auf entschiedenes, aber planvolles sozial- und wirtschaftsverträgliches Handeln. Klimaschutz funktioniert nur gesamtgesellschaftlich. Das heißt, es muss uns gelingen, alle Gruppen mit auf den Weg zu nehmen. Darum werden wir besondere Rücksicht nehmen auf Familien, auf den ländlichen Raum und auf unsere Pendler. Alles andere wäre sozial verantwortungslos und der Sache nicht förderlich.

Ich möchte an dieser Stelle aber auch ein Beispiel anführen. Über die Anhebung der Benzin- und Dieselpreise lässt sich gut diskutieren, wenn der Bus, die Straßenbahn und auch die U-Bahn im Zehn-Minuten-Takt fahren. Das entspricht aber nicht der Lebensrealität der meisten Menschen in unserem Bundesland. Die meisten Menschen - damit erzähle ich nichts Neues - leben im ländlichen Raum. Sie leben in dem ländlichen Raum, von dem man verlangt, Standorte für Windenergie, Biogasanlagen und Photovoltaik zur Verfügung zu stellen sowie Korridore für Stromleitungen zu akzeptieren.

Da die Umsetzung unseres Klimapaketes zuallererst von unser aller Akzeptanz lebt, müssen wir uns die Zeit nehmen, den Betroffenen die Ängste vor Veränderungen und Anpassungen zu nehmen.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Wie denn?)

Finanzielle Härten müssen erkannt, geprüft und auch ausgeglichen werden. Dieses Projekt ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nicht auf den Schultern weniger abgeladen werden darf.

Ich erinnere daran: Neben der Betroffenheit einzelner zeichnet sich ab, dass infolge der Umsetzung des Klimaprogrammes erheblicher Druck auf die Landkreise als Träger der Regionalplanung abgeladen wird. Es geht um 1 000 m; vielleicht mehr als 1 000 m, Frau Byl, vielleicht weniger als 1 000 m. Aber auch die Mehrbelastung unserer Verwaltung durch z. B. Ausweisung zusätzlicher Standorte für Windenergie, Solar- und Biogasanlagen wird es nicht zum Nulltarif geben.

Ich möchte das Ganze jetzt auf die positive Schiene schieben. Ich sehe in erster Linie eine Win-WinSituation infolge unseres Klimaschutzprogrammes. Die Bepreisung von CO2 stellt für uns eine effektive Maßnahme dar, die sukzessiv eine Reduktion des CO2-Ausstoßes zur Folge haben wird. Die generierten finanziellen Mittel wollen wir u. a. dafür einsetzen, Kommunen und Bürger zu entlasten.

Von der stufenweisen Besteuerung von CO2 versprechen wir uns darüber hinaus die Freisetzung von wirtschaftlicher Dynamik und von Kreativität, ohne unsere Wirtschaft zu überfordern. Wir setzen auf diese Dynamik bei Wissenschaft und Wirtschaft, die uns mit neuer, innovativer Technik versorgen wird. Diese brauchen wir, um uns mittel- und langfristig am Weltmarkt erfolgreich behaupten zu können. Ganz nebenbei werden wir - das ist sehr wichtig - damit einen weltweiten Beitrag zu mehr Klimaschutz leisten.

Unser Klimapaket erscheint vielen Menschen als eine Bürde. Diese Menschen gilt es, abzuholen und mitzunehmen. Wir sind jedoch davon überzeugt, meine Damen und Herren, dass unser Klimapaket eine Verpflichtung und eine Chance für das Klima und für uns alle ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Es folgt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Byl. Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich fasse die Aussagen zusammen, die wir auch heute wieder von der Landesregierung sowie von SPD und CDU gehört haben: müsste, könnte, nachschärfen, prüfen. Das sind Ihre Lieblingsvokabeln.

Ich frage mich: Wie lange wollen Sie noch prüfen? Wollen Sie so lange prüfen, bis Enercon endgültig pleitegegangen ist?

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Es grenzt an einen merkwürdigen Vorgang, wenn uns der Minister erklärt, warum die 1 000 m-Abstandsregelung falsch und schlecht ist - da bin ich mit Ihnen ganz d’accord -, aber auf unsere Nachfrage hin erklärt, er möchte nicht die Opt-outRegelung nutzen. Wo ist da der Sinn und Verstand?

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von den GRÜNEN: Ja! - Zuruf von der SPD: Er möchte sie prüfen!)

- Ja, er möchte sie prüfen. Ich hoffe, dass Sie sie schnell prüfen und dann auch zurande kommen werden.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Zu- ruf von Wiard Siebels [SPD])

Und dann diese Tatsachenverdreherei gerade in Bezug auf Brandenburg!

(Beifall bei den GRÜNEN - Wider- spruch bei der SPD und der CDU)

Ich frage: Ist das wirklich nötig? - Ich darf Ihnen einmal aus den Koalitionsverhandlungen erzählen, bei denen ich nicht am Tisch saß und, soweit ich weiß, Sie auch nicht. Die CDU und die SPD in Brandenburg haben einen Abstand von mindestens 1 500 m gefordert. 1 500 m! Wir haben den Erfolg errungen, dass es nur 1 000 m sein sollen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Lachen bei der SPD und der CDU)

Wissen Sie, wofür die Grünen in Brandenburg noch kämpfen mussten? - Sie mussten dafür kämpfen, dass es zu keinen neuen Tagebauen und zu keinen neuen Umsiedlungen von Dörfern für die Kohleenergie kommt. Das ist das eigentlich Dramatische.