Protokoll der Sitzung vom 25.10.2019

Wissen Sie, wofür die Grünen in Brandenburg noch kämpfen mussten? - Sie mussten dafür kämpfen, dass es zu keinen neuen Tagebauen und zu keinen neuen Umsiedlungen von Dörfern für die Kohleenergie kommt. Das ist das eigentlich Dramatische.

(Beifall bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Sie wollen sie ab- baggern!)

Minister Lies hat erklärt, man könne die Folgen des Klimapaketes des Bundes noch nicht einschätzen. - Natürlich kann man das nicht auf die Nachkommastelle genau. Was man aber klar sehen muss, ist - dafür braucht man nur lesen zu können und ein bisschen Mathematik -, dass die Einsparungen absolut nicht reichen, auch nur das völlig verfehlte,

viel zu niedrige Klimaziel der Bundesregierung zu erreichen. Das ist fatal.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die „Agora Energiewende“ hat grob errechnet, dass dieses viel zu niedrig angesetzte Klimaziel durch die Einsparungen nur zu einem Drittel erreicht werden würde. Dabei berücksichtigt das Klimaziel überhaupt nicht den IPCC-Bericht von 2018. Es berücksichtigt ebenso wenig, dass durch die Bundesregierung in den letzten Jahren gar nichts passiert ist, außer dass Sie die Energiewende ausgebremst haben. Diese Jahre müssen wir jetzt leider aufholen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich habe mich gefragt, was die von der SPDFraktion beantragte Fragestunde zum Klimaschutz werden soll. Entweder loben Sie das Klimapaket hoch in den Himmel - jeder, der sich das Klimapaket angesehen hat, weiß, dass das Quatsch ist -, oder Sie kritisieren Ihre eigene GroKo - irgendwie nicht ganz so sinnvoll. Ich finde es spannend, was Sie wieder erzählt haben: prüfen, hätte, müsste.

Auch die dritte Frage dieser Fragestunde - was die Landesregierung zusätzlich für den Klimaschutz tut -

(Christian Meyer [GRÜNE]: Nichts!)

zeigt, welch verqueres Arbeitsverständnis Sie haben. Es geht doch nicht darum, dass wir etwas zusätzlich machen, sondern wir sind in der Verantwortung, ernsthaften Klimaschutz zu betreiben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben uns am Mittwoch und auch heute wieder erzählt, Sie wollten Vorreiter im Klimaschutz sein. Fun Fact: „Vorreiter“ bedeutet nicht, Letztplatzierter zu sein, sondern vor den anderen zu kommen. Das heißt: Wir sollen schneller sein. - Wir möchten das gerne tun, wir erwarten aber, dass Sie uns erklären, was Sie dafür machen wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sehr geehrter Herr Minister Olaf Lies, Sie sprechen davon, dass Sie Spitzenreiter im Klimaschutz werden möchten. Wie gesagt, ich habe heute die Worte „müsste“ und „könnte“ gehört. Ich habe aber keine konkreten Maßnahmen vernommen. Die fehlen im Klimagesetz komplett. Von Ihrem Maßnahmenprogramm, von dem Sie die ganze Zeit erzählen, haben wir auch noch nichts gesehen. - Spannend!

Deshalb haben wir Ihnen etwas mitgebracht. Das hier ist Ihre To-do-Liste.

(Die Rednerin zeigt eine Mappe - Zu- ruf: Die ist ja noch leer!)

- Genau, die ist aktuell leider noch komplett leer, weil Sie überhaupt nicht erzählt haben, was Sie damit bitte schön anstellen wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von Wiard Siebels [SPD])

Wir erwarten von Ihnen, dass Sie diese Mappe füllen, und zwar nicht irgendwann, sondern bis zu den Haushaltsentscheidungen 2020 - also jetzt!

Wenn Sie kein Geld für den Klimaschutz in den Haushalt einstellen - aktuell wollen Sie die Gelder sogar kürzen -: Wohin soll das dann führen?

(Jens Nacke [CDU]: Die Fotos sind gemacht, Sie können die Mappe wie- der herunternehmen!)

Sie haben erklärt: Die Klimakrise wartet nicht auf uns. - Das stimmt. Die Klimakrise wartet auch nicht auf die Landesregierung. Deshalb fordere ich Sie auf: Füllen Sie diese Mappe! Erzählen Sie uns endlich, was Sie ganz konkret tun wollen!

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zurufe)

Vielen Dank. - Es folgt nun für die FDP-Fraktion Kollege Dr. Birkner.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Byl, wenn Sie jemandem eine To-do-Liste aufgeben und ihm gleichzeitig vorwerfen, er hätte ganz viel zu erledigen, hätte ich erwartet, dass die Liste voll mit Punkten wäre.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei der AfD)

So haben Sie eher den Eindruck erweckt, der Herr Minister habe alles abgearbeitet. Das war nicht so richtig überzeugend.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei der AfD - Wider- spruch bei den GRÜNEN - Anja Piel [GRÜNE]: Wir haben doch schon ein Klimagesetz vorgelegt!)

Es gibt in der Tat viel zu tun. Herr Minister, Sie haben das in der Fragestunde dargestellt, als Sie sagten: Irgendwie dürfte dieses Paket des Bundes schon wirken, aber wir wissen eigentlich nicht so genau wie. - Das bringt dieses ganze Dilemma bzw. diese Peinlichkeit dessen, was auf Bundesebene passiert, auf den Punkt: Nach einer intensiven Diskussion in den letzten Wochen und Monaten über die Klimapolitik macht man sich endlich auf den Weg, tatsächlich etwas festzulegen. Das kostet Milliarden - Milliarden für die Steuerzahler im Übrigen -, und dann weiß man gar nicht, was am Ende dabei herauskommen wird.

Das, meine Damen und Herren und Herr Minister, ist doch offensichtlich schlechte Politik. Wenn ich Milliarden in die Hand nehme, ohne Aussagen darüber treffen zu können, was ich damit wirklich bewirke, dann ist zu befürchten, dass das Ganze verpufft und nicht dazu führt, dass die Bürgerinnen und Bürger, die das alles finanzieren, diese Wege mitgehen werden. Es führt übrigens nicht dazu, wie eben gesagt wurde, dass es eine Vorbildfunktion für andere Staaten und andere Gesellschaften hat, einen solchen Weg zu gehen, indem das Geld - mit Verlaub - in großen Teilen, wie wir das in den letzten Jahren auch schon gesehen haben, schlicht verbrannt wird. Darüber wird dann gesagt „Das ist jetzt der effektive Klimaschutz!“, ohne dass sich diese Effekte tatsächlich einstellen.

(Beifall bei der FDP)

Das Entscheidende ist doch, dass wir auch immer in diesem globalen Kontext denken. Natürlich hat Deutschland, hat Niedersachsen eine Verantwortung für den Klimaschutz. Aber wir müssen doch auch im Blick haben, dass es ein Klimaschutz sein muss, der am Ende auch Wohlstand und Wachstum ermöglicht und zeigt, dass es Wege gibt, Wohlstand und Wachstum zu ermöglichen und gleichzeitig das Klima zu schützen. Denn nur dann sagen doch auch andere Gesellschaften, die sich vielleicht gerade an der Schwelle zu einer industrialisierten Dienstleistungsgesellschaft befinden:

Jawohl, das geht, das funktioniert. Wohlstand und Wachstum mit all den Folgen für Bildung, Gesundheit usw., was bei uns selbstverständlich ist und was auch in diesen Gesellschaften errungen werden will - all das geht zusammen mit Klimaschutz!

Aber genau das kann die Bundesregierung trotz dieses Milliardenpakets eben nicht dokumentieren. Ich empfinde das als ziemlich verheerend. Das ist ein Armutszeugnis für ihre Politik - im Vergleich zu

einer global ausgerichteten Klimapolitik, wie sie nötig wäre.

(Beifall bei der FDP)

Herr Minister, nach meiner Auffassung haben Sie bei dem entscheidenden Instrument eben wieder in der Art und Weise herumlaviert, die nur allzu oft bei Ihnen zu beobachten ist. Wenn man genau hingehört hat, haben Sie der Aussage, dass es beim CO2-Preis keine Steuerungswirkung gibt, zumindest nicht widersprochen bei.

(Zuruf von Minister Olaf Lies)

- Keine Steuerungswirkung in dem Sinne, dass es bei 10 Euro pro Tonne halt einfach verbraucht wird. Man kann natürlich sagen, wenn es ein bisschen teurer wird, verbraucht jemand vielleicht weniger. Aber die entscheidende Steuerungswirkung hätte es, wenn man die Menge entsprechend begrenzt. Jedoch ist eine Mengensteuerung in dieser Stufe im Moment gerade nicht vorgesehen.

(Zuruf: Die kommt!)

- Sie behaupten, dass sie kommt. Es ist in Aussicht gestellt, dass sie eines Tages eventuell kommen soll. Aber nach den Erfahrungen, die wir bisher mit der Klimapolitik der Bundesregierung gemacht haben, würde ich nicht darauf wetten, dass sie tatsächlich kommt.

Am Ende ist das dann nichts anderes als ein Korridor, der beschrieben ist: für eine Steuer etwa zwischen 10 und 40 Euro pro Tonne. Dann wird munter verbraucht. Das wird durch die Verbraucher irgendwie bezahlt werden können - so wie wir das übrigens auch bei der von den Grünen ja immer so gelobten und damals eingeführten Ökosteuer erlebt haben, die ja null Steuerungswirkung entfaltet hat und bei der es am Ende darum ging, Raserei für die Rente zu betreiben, nämlich möglichst viel zu verbrauchen, um andere Bereiche querzusubventionieren.

(Beifall bei der FDP)

Der gleiche Effekt droht bei dem Modell, das Sie jetzt hier loben und das auf Bundesebene als CO2Bepreisung bezeichnet wird, wobei es eigentlich eine CO2-Steuer ist. Das ist eine absolute Fehlentwicklung, weil man damit nämlich keine Lenkungswirkung erzielt, aber zusätzliche Kosten für Bürgerinnen und Bürger, für Unternehmerinnen und Unternehmer auslöst und damit wiederum erstens die Akzeptanz bei den Bürgern schmälert und zweitens die Wettbewerbsfähigkeit bei Unternehmern beeinträchtigt, ohne tatsächlich ein ver

nünftiges Ziel zu erreichen. Das ist unter verschiedenen Gesichtspunkten komplett kontraproduktiv, sowohl für die Klimapolitik als auch für andere wichtige politische Felder. Deshalb ist der Weg, auf den sich SPD und CDU in Berlin geeinigt haben - und den Sie offensichtlich unterstützen -, ein Irrweg.

Herr Minister Hilbers, auch die Verfassungsmäßigkeit ist alles andere als klar. Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages ist zu einer anderen Einschätzung gekommen. Die Bundesregierung behauptet das Gegenteil. Das wird sicherlich noch von den Gerichten geklärt werden müssen. Die Landesregierung ist offensichtlich treuherzig und glaubt, das Ganze sei verfassungsgemäß. Ich habe den Eindruck, Sie haben sich mit dieser Frage nicht ernsthaft befasst. Das hielte ich aber für eine verantwortungsvolle Politik für erforderlich, wie sie aus Niedersachsen betrieben werden sollte.

(Beifall bei der FDP)

Lassen Sie mich noch einige Worte zu dem sagen, was hier im Land vorgestellt wurde. Herr Minister, ich habe Ihnen da sehr aufmerksam zugehört. Wir haben ja schon dieser Tage darüber diskutiert. Sie sagen, Ihre Klimapolitik würde jetzt richtig im Land durchstarten - mit einer Verfassungsänderung, einem Gesetz und irgendeinem Maßnahmenpaket.

Mit Verlaub: Eine Verfassungsänderung bringt für sich genommen erst einmal gar nichts. Wir schreiben das in die Verfassung als Handlungsauftrag für die Politik. - Da können wir uns auch selbst verpflichten. Für das, was Sie heute tun, brauchen Sie doch keine Verfassungsänderung! Das hat einen politisch wichtigen - wir teilen ja die Einschätzung, dass es aufgenommen werden sollte -, aber eher symbolhaften Gehalt. Es ändert nichts an der konkreten Politik.