Protokoll der Sitzung vom 19.11.2019

Verhandlungen auf der Bundesebene mit der Kommission müssen ganz klar darauf ausgerichtet sein, dass wir die Minus-20-%-Regelung wegbekommen. Das ist auch Konsens in der Agrarministerkonferenz. Die Restriktionen beim Grünland sind absolut infrage zu stellen, und wir brauchen die Option der Düngung der Zwischenfrucht im Herbst analog zu Körnerraps.

Jetzt abschließend für Sie, lieber Herr Kollege Grupe: Ich habe Ihnen ja gesagt, wir alle haben in diesen Zeiten eine besondere Verantwortung. Im Kreise der 16 Agrarminister der Bundesrepublik

Deutschland gibt es auch einen FDP-Agrarminister. Sie werfen unserer Landesregierung - Bärbel Otte-Kinast und Olaf Lies - vor, dass 16 % belastete Brunnen 39 % der Fläche beträfen, obwohl ja 84 % vollkommen in Ordnung seien. Ich habe für Sie eine schöne Grafik mitgebracht. Die ist relativ aktuell aus der Zeitschrift top agrar. Die sollten Sie kennen.

(Helmut Dammann-Tamke [CDU] zeigt eine Grafik)

Den Spitzenwert in Bezug auf den Anteil der landwirtschaftlich genutzten Fläche im „roten Gebiet“ hat Nordrhein-Westfalen mit knapp 60 %. An zweiter Stelle liegt Rheinland-Pfalz mit rund 55 % mit einem FDP-Agrarminister. Niedersachsen liegt mit 39 % sehr, sehr gut. Insofern sind wir mit der Arbeit dieser Landesregierung absolut zufrieden.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Dammann-Tamke. - Nun hat das Wort für die Landesregierung Frau Landwirtschaftsministerin Otte-Kinast. Bitte!

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Ich muss an dieser Stelle nicht hervorheben, dass ich als Ministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, wie Sie es in Ihrem Antrag formulieren, liebe Kolleginnen und Kollegen aus der FDP, Zutrauen in die Landwirtschaft habe. Das wissen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, genauso gut wie ich, dass ich das nämlich genau habe. Nicht nur durch meinen bisherigen Lebensweg, sondern auch durch meine vielen Termine als Landwirtschaftsministerin mit Praktikern und anderen Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern weiß ich, was unsere niedersächsische Landwirtschaft leistet und zu leisten imstande ist.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die Niedersächsische Landesregierung hat in diesem Verfahren eine Verantwortung, und genau dieser stellt sie sich. Sie wissen sehr wohl, dass die Situation aufgrund des Verfahrens der Europäischen Kommission gegen Deutschland überaus kritisch ist. Hier habe

ich bzw. hat die gesamte Landesregierung eine besondere Verantwortung gegenüber unserem Bundesland und der Bundesregierung, die Sie mir nicht abnehmen können. Als Opposition kann man sich natürlich zurücklehnen und fordern, die Vorgaben des Urteils des Europäischen Gerichtshofes nicht umzusetzen und die Novellierung der Düngeverordnung einfach abzulehnen. Das geht aber - ich muss dies leider so klar und deutlich sagen - vollkommen an der Realität vorbei.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Statt unrealistische Forderungen in den Raum zu stellen, hat die Landesregierung dagegen seit ihrem Dienstantritt aktiv gehandelt und ein Bündel an Maßnahmen umgesetzt, das erstens wirksam eine Düngestrategie umsetzt und zweitens im Konzert aller Bundesländer hilft, dazu beizutragen, dass ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland abgewendet wird. Nennen möchte ich hier beispielsweise unsere Aktivitäten zur besseren Verteilung der Wirtschaftsdünger, die Fördermaßnahmen für Lagerstätten, die Umsetzung von ENNI, also unserem elektronischen Nährstoffmeldeprogramm Niedersachsen, und

natürlich auch der unumgänglichen Ausweisung der nitrat- und phosphatsensiblen Gebiete. Wir haben damit Maßnahmen umgesetzt, die keine andere niedersächsische Regierung vor uns imstande war, tatsächlich in Kraft zu setzen.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD - Miriam Staudte [GRÜ- NE]: So ein Unsinn!)

Mit unserer Meldedatenbank für Wirtschaftsdünger und der Datenbank ENNI sind wir übrigens gut aufgestellt, um - - -

(Zurufe von Christian Meyer [GRÜNE] und von Miriam Staudte [GRÜNE] - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

- Wo sind die „roten Gebiete“? Ich hätte sie gern vor Amtsantritt vorgefunden.

(Zustimmung bei der CDU)

Mit unserer Meldedatenbank für Wirtschaftsdünger und der Datenbank ENNI sind wir übrigens gut aufgestellt, um den Anforderungen der EU für ein Monitoring der novellierten Düngeverordnung optimistisch entgegenzusehen. Interessierte Anfragen anderer Bundesländer belegen, dass wir hier mit ENNI auf einem wirklich sehr guten Weg sind.

(Zustimmung bei der CDU)

Was viele nicht wissen: Fast zeitgleich findet am heutigen Tag ein Gespräch des BMU und des BMEL mit der EU-Kommission zur Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofes zur Nitratrichtlinie statt. Durch die gestrige Verabschiedung der „roten Gebiete“ in Niedersachsen hat die Bundesregierung nun eine ganz andere Verhandlungsposition, um unsere Forderung nach Ausnahme des Dauergrünlandes von der Minus-20-%Düngeeinschränkung gegenüber der EU-Kommission aktiv einzubringen.

Sie sehen: Wir haben in den letzten zwei Jahren sehr viel auf den Weg gebracht. Niedersachsen ist sich seiner Verantwortung bewusst und handelt. Nun geht es darum, gemeinsam nach vorne zu blicken. Nur gemeinsam können wir die Qualität des Grundwassers in Zukunft verbessern. Ich bin optimistisch, dass wir das gemeinsam mit unseren Landwirtinnen und Landwirten schaffen.

Ich bedanke mich fürs Zuhören.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin Otte-Kinast. - Herr Kollege Grupe hat noch einmal um das Wort nach § 71 Abs. 3 der Geschäftsordnung gebeten. Da sich Frau Ministerin vorbildlich an die Redezeit gehalten hat, bekommen Sie, Herr Grupe, anderthalb Minuten.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Ministerin, es tut mir furchtbar leid, aber die Wissenschaft sagt uns ganz einfach, dass die Art und Weise, wie Sie hier die „roten Gebiete“ ausgewiesen haben, wissenschaftlich nicht nachvollziehbar ist. Die gleiche Wissenschaft sagt uns - vielleicht kommen wir uns da ja näher -, dass eine Stickstoffreduzierung auch über mehrere Jahre noch lange nicht zu niedrigeren Nitratwerten führt.

An der Universität Kiel hat man bereits in den 90er-Jahren - dort beschäftigt man sich schon lange mit diesem Thema - über zehn Jahre Senkungsversuche durchgeführt. Dabei hat man festgestellt, dass sich in der Null-Parzelle, ohne jegliche Düngung, der Nitratwert im Sickerwasser so gut wie überhaupt nicht verändert hat. Das ist ja auch kein Wunder, weil die Entzüge ja auch fehlen. Das heißt, Sie machen hier eine Maßnahme, die die Landwirtschaft aufgrund der Abwärtsspirale der Erträge Milliarden kosten kann, die aber nach

wissenschaftlicher Erkenntnis in der Fläche so gut wie überhaupt nichts für die Umwelt bringt. Das ist völlig unverantwortlich.

Es ist ja nicht nur die Regierung hier völlig in sich zerstritten, sondern Sie sind ja auch mit Ihrer Bundespartei völlig zerstritten. Hier erzählen Sie uns, Sie wollen sich mit uns gemeinsam gegen das wehren, was die Bundesministerin der CDU vorschlägt. Ich kann Ihnen dabei nur viel Erfolg wünschen! Wir unterstützen Sie in jeder Form. Auf jeden Fall kann einem angst und bange werden, wenn man sieht, dass hier überhaupt keine einheitliche Linie besteht, sondern dass hier einer gegen den anderen arbeitet.

Auch Kollege Dammann-Tamke hat ja gesagt, dass die 20-%-Grenze nicht nachvollziehbar sei. Insofern können wir Ihnen nur die Daumen drücken und Sie in jeder Form unterstützen, dass wir das, was die CDU hier in diesem Lande als Lösung für die Nitratwerte anbietet, gemeinsam verhindern können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Grupe. - Ebenfalls nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung erhält das Wort Herr Kollege Dammann-Tamke. Auch für Sie anderthalb Minuten. Bitte!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Kollege Grupe, Sie können sich erinnern, dass ich in meiner Rede gesagt habe, es gebe eine einstimmige Beschlusslage der Agrarministerkonferenz dahin

gehend, den Bund aufzufordern, dass diese Minus-20-%-Regelung auf den Prüfstand gehört. Dazu hat auch diese Landesregierung beigetragen. Insofern habe ich überhaupt keine Zweifel, dass diese Landesregierung die Interessen Niedersachsens einbringt - wie auch die übrigen Flächenländer das einbringen werden.

Sie wissen ganz genau, dass auf der anderen Seite des Verhandlungstisches die Kommission sitzt.

An der Seite der Kommission sitzen die Trinkwasserversorger, die natürlich eine andere Betrachtungsweise bei dieser Frage haben. Daher wird es schwierige Verhandlungen geben. Leider ist Niedersachsen nicht am Verhandlungstisch, sondern das macht die Bundesebene, also die Bundesum

weltministerin und die Bundeslandwirtschaftsministerin.

Eines möchte ich Ihnen aber auch noch in Bezug auf Unverantwortlichkeit sagen, Herr Kollege Grupe: Über die sozialen Medien wird bei diesem Thema auch tüchtig geschürt. Es ist mir unbegreiflich, warum die FDP den Ansatz dahin gehend anspricht, dass ein nicht unerheblicher Anteil dieses Problems auch aus den Hauskläranlangen aufwachsen würde, und gleichzeitig die gleiche FDP in Nordrhein-Westfalen in den Koalitionsverhandlungen verhindert, dass wir zu schärferen Überprüfungsregelungen bei den Hauskläranlagen kommen. Da muss sich die FDP auf Bundesebene auch schon einmal abstimmen, was man denn möchte.

(Jörg Bode [FDP]: Sind wir in Nord- rhein-Westfalen nicht Koalitionspart- ner?)

Ansonsten ist es unverantwortlich, in den sozialen Medien in dieser Hinsicht Stimmung zu schüren.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Dammann-Tamke.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass ich die Aktuelle Stunde schließen kann.

Die Tagesordnungspunkte 5 und 6 rufe ich vereinbarungsgemäß zusammen auf

Tagesordnungspunkt 5: Abschließende Beratung: a) Entwurf eines Reformgesetzes zur Vergabe öffentlicher Aufträge in Niedersachsen - Gesetzentwurf der Fraktion der FDP - Drs. 18/1524 - b) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Tariftreue- und Vergabegesetzes und der Niedersächsischen Landeshaushaltsordnung - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 18/3693 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung - Drs. 18/5092 - Schriftlicher Bericht - Drs. 18/5134

Tagesordnungspunkt 6: Erste Beratung: Einhaltung von Tariftreue- und Vergaberichtlinien - Kontrollen intensivieren - Antrag der Frak