Um den stetigen Veränderungen auf den verschiedenen extremistischen Feldern zu begegnen, müssen wir natürlich willens und in der Lage sein, jederzeit alle rechtlichen und technischen Möglichkeiten auszuschöpfen. Insofern müssen wir bei der bevorstehenden Novellierung des Verfassungsschutzgesetzes natürlich auch über Befugnisse reden dürfen, die vor zwei Jahren noch nicht opportun erschienen.
Wir leben in schwierigen Zeiten - weltweit, europaweit. Wir wissen um die Gefahr von Anschlägen, um die aktuelle Bedrohungslage. Wir müssen deshalb alles unternehmen, um unseren Verfassungsschutz entsprechend zu unterstützen.
Der Verfassungsschutz hat die volle politische Rückendeckung der CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag. Deshalb werden wir den Gesetzentwurf der AfD-Fraktion ablehnen.
Vielen Dank Ihnen. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen: der Abgeordnete Helge Limburg. Bitte schön!
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn ich vielem zustimme, was meine Vorrednerin und mein Vorredner gerade gesagt haben, in einem Punkt möchte ich ihnen schon widersprechen. Ihre Beobachtung, dass der Verfassungsschutz immer und zu jeder Zeit über politische Fehlentscheidungen erhaben sei, kann ich nicht teilen. Ich darf an die Beobachtung der Antiatombewegung im Wendland oder auch an die Beobachtung der Hausbesetzerszene erinnern. Natürlich gab es in der Vergangenheit problematische Fälle.
Aber bezeichnend ist in der Tat - da bin ich ganz bei Ihnen, Herr Adasch -, dass die AfD dieses Thema genau in dem Moment aufruft, in dem der Verfassungsschutz im Bund und in den Ländern die AfD und ihren extremistischen „Flügel“ stärker in den Blick nimmt. Das zeigt die wahren Motive der AfD.
Herr Wichmann, wenn Sie sagen, eine andere Erklärung für das Verhalten von Herrn Haldenwang, als dass es politisch gesteuert war, gebe es nicht, dann will ich Ihnen eine ganz einfache offerieren: Vielleicht hat Herr Haldenwang Sie - Ihre Partei, nicht Sie als Person - öffentlich als Prüffall bezeichnet, weil es innerhalb Ihrer Partei immer stärkere verfassungsfeindliche Tendenzen gibt und der Verfassungsschutzpräsident der Auffassung war, dass es zu seiner Aufgabe gehöre, die Öffentlichkeit darüber zu informieren und davor zu warnen. Ich vermute, dass das der Grund für seine Handlung war.
Die war in der Tat, Herr Wichmann, rechtswidrig. Sie haben aber vergessen, zu erwähnen, dass auch gegen eine andere Äußerung von Herrn Haldenwang geklagt wurde. Er hatte öffentlich erklärt, der „Flügel“ Ihrer Partei werde immer extremistischer. Auch dagegen ist geklagt worden, und das Verwaltungsgericht Köln hat ausdrücklich festgestellt, dass Herr Haldenwang diese Aussage tätigen durfte und auch wiederholen darf.
Zur Frage der Ausschussarbeit: Herr Wichmann, auch da fand ich Ihre Darstellung zumindest lückenhaft. Wir hatten nämlich auch noch eine Mitberatung dieses Gesetzentwurfes im Rechtsausschuss. Da war der Kollege, der für die AfD im Rechtsausschuss sitzt, entschuldigt. Aber Ihrer Fraktion war dieser Tageordnungspunkt - der eigene Gesetzentwurf - offensichtlich nicht so wichtig, dass sie eine Vertreterin oder einen Vertreter in den Ausschuss geschickt hätte.
Vielmehr hat die AfD bei dieser Mitberatung gefehlt und nicht an ihr teilgenommen. So wichtig haben Sie in Wahrheit selber den eigenen Gesetzentwurf genommen.
Wenn Sie daraus, dass Ihnen das Ergebnis von Ausschussberatungen nicht gefällt, die Forderung ableiten, die Landtagsausschüsse abzuschaffen, wie Sie es gerade getan haben, Herr Wichmann, dann sagt das schon sehr viel über Ihr eigenes Parlamentsverständnis aus.
Abschließend: Ihr Gesetzentwurf hätte, wenn er schon gelten würde, dazu geführt, dass nicht nur der gegenwärtige Präsident, sondern auch seine Vorgängerin und deren Vorgänger ihr Amt nicht hätten antreten können. Ich finde es doch einigermaßen absurd, hier die Personalpolitik vollkommen umdrehen zu wollen. Dazu gibt es überhaupt keinen Anlass.
Vielen Dank. - Für die FDP-Fraktion hat sich der Abgeordnete Dr. Stefan Birkner zu Wort gemeldet. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist in der Tat bemerkenswert, dass ein solcher Antrag der AfD-Fraktion genau dann kommt, wenn öffentlich darüber diskutiert wird, dass es sich bei der AfD auch hier in Niedersachsen um einen sogenannten Prüffall handeln könnte.
Das ist in einer gewissen Reihe zu sehen: Nachdem Herr Wichmann schon versucht hat, mit einer Handreichung, die er selbst verfasst hat, seine Parteifreundinnen und Parteifreunde davon abzuhalten, das, was sie denken, auch so auszudrücken, wie sie es denken, sondern es so zu formulieren, dass man auf die Idee kommen könnte, es sei alles verfassungsgemäß und unbedenklich. Nachdem das missglückt ist, kommen der nächste Schritt und mit einem solchen Gesetzesvorschlag der Angriff direkt auf die Institution. Das allein muss einem zumindest zu denken geben.
Zu dem zumindest vordergründig genannten zentralen Argument, das vorgetragen wird, ist Folgendes zu sagen: Natürlich besteht bei einer solchen Institution eine gewisse Gefahr der politischen Instrumentalisierung. Das ist so. Dem muss man sich auch stellen. Dem müssen wir uns als Abgeordnete stellen. Und dem müssen sich am Ende auch alle Bürgerinnen und Bürger stellen.
Zum einen ist vor die Klammer zu ziehen, dass der Verfassungsschutz unzweifelhaft ein Organ der Exekutive ist. Dies mit parlamentarischen Instrumenten irgendwie zu vermischen oder den Verfassungsschutz stärker an das Parlament heranzuziehen, ist systemfremd. Wer das tut, muss es zumindest gut erklären, und diese Erklärung ist nicht gelungen.
Die Kontrolle des Verfassungsschutzes erfolgt auf vielfältige Art und Weise. Wir haben eine Kontrolle durch das Parlament. Wir haben den Ausschuss für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes. Wir haben die G-10-Kommission, die dann entsprechende Aufgaben übernimmt. Wir haben Kontrolle durch die Gerichte; auch das ist schon erwähnt
worden. Selbstverständlich sind Äußerungen von Präsidenten von Verfassungsschutzämtern der gerichtlichen Überprüfung zugänglich. Im Übrigen haben wir eine nicht zu unterschätzende Kontrolle durch die Öffentlichkeit. Es gibt auch Journalistinnen und Journalisten und die Medienvertreter, die solche Dinge aufgreifen.
Das alles - Parlamente, Gerichte und Öffentlichkeit - sind die Kontrollfunktionen, die in unserer demokratisch verfassten Gesellschaft eigentlich ganz gut funktionieren. Ich habe nicht den Eindruck, dass sie in diesem Fall nicht funktionieren, weshalb ich bei der bestehenden Konstruktion auch weiterhin keinen Änderungsbedarf sehe.
Das schließt den Kreis zu dem Beklagen darüber, dass die Beratungen zumindest im Ausschuss für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes - zugegebenermaßen - sehr kurz waren.
Ja, es trifft zu, dass die Beratungen sehr kurz waren, weil es in der Sache nichts weiter zu sagen gibt, weil in der ersten Beratung dazu alles gesagt wurde. Nur weil ein - aus unserer Sicht abstruser - Gesetzesvorschlag unterbreitet wird, heißt das nicht, dass wir uns darauf einlassen und mit Ihnen in eine Kompromissfindung eintreten müssten. Wenn die Beurteilung ergibt, dass dazu alles gesagt ist, dann ist das so, und dann ist es ein ganz normaler parlamentarischer Vorgang, dass dazu keine vertiefte Beratung stattfindet, dass wir zu einer Abstimmung kommen, dass Sie die Möglichkeit haben, dies hier in der Öffentlichkeit entsprechend darzulegen, und dass wir die Möglichkeit haben, die Gegenargumente vorzubringen, und wir die Sache für heute zu einem Ende bringen.
Vielen Dank. - Zu Wort gemeldet hat sich mit der Restredezeit von 16 Sekunden der Abgeordnete Klaus Wichmann, AfD-Fraktion.
Herr Limburg, gestatten Sie mir den Hinweis, dass es, wenn jemand erkrankt und sehr kurzfristig absagt, nicht immer möglich ist, den Vertreter rechtzeitig hierher zu befördern. Wenn Sie mir ein Beamobjekt zur Verfügung stellen, würden wir das in Zukunft gerne abschaffen. Den Vorwurf, dass es uns nicht wichtig genug gewesen sei, den Sie mir gegenüber erhoben haben, weise ich ausdrücklich zurück.
Herr Dr. Birkner, dass Sie mir unterstellen, ich würde mit dieser Handreichung ein taktisches Verhältnis zur Meinungsfreiheit verbreiten wollen, weise ich ebenfalls ausdrücklich zurück.
Herr Dr. Birkner, wir können uns gerne mal zusammensetzen, und dann mache ich mit Ihnen den Test, ob Sie aus dem Stegreif alle Finessen und Kniffe wissen, wann man Verfassungsfeind ist oder nicht. Ich schwöre Ihnen, Sie kriegen es nicht hin,
(Beifall bei der AfD - Jörg Bode [FDP]: Hauptsache, Sie wissen das! Das wä- re gut! - Heiterkeit bei der FDP und bei den GRÜNEN)