Und ja, Sie nehmen die Bundesmittel, um damit auch vor Ort dritte Kräfte in Kindergartengruppen zu finanzieren. Warum haben Sie aber nicht den Mut gehabt? Herr Politze hat ja gesagt, man müsse längerfristig planen und den Menschen eine Perspektive geben. Warum haben Sie dann nicht den Mut gehabt, den Gesetzentwurf der Grünen und der FDP anzunehmen und dauerhaft die dritte Kraft im Kindergarten zu finanzieren, meine sehr geehrten Damen und Herren?
Ja, Sie hätten das erst einmal aus Bundesmitteln nehmen können. Wenn Sie aber diese Zusage im Kita-Gesetz gemacht hätten, dann müssten die Einrichtungen vor Ort jetzt nicht nach befristet zu beschäftigenden Kräften suchen, sondern dann könnten sie unbefristete Arbeitsverträge abschließen. Das ist die Attraktivitätssteigerung, die dieser Beruf dringend braucht, neben der verbesserten Situation.
Wir dürfen uns nicht nur damit zufriedengeben, dass die Ausbildungskapazitäten in den letzten Jahren gesteigert worden sind. Das kann man ja auch wohlwollend anerkennen. Wir müssen uns hier aber ernsthaft mit der Frage auseinandersetzen: Wenn 14 500 junge Menschen in der Ausbildung zu Sozialassistenten oder Erziehern sind, warum landen die dann nicht in der Kita? Warum bleiben die Menschen nicht dauerhaft dort tätig? - Weil die Rahmenbedingungen eben nicht stimmen, sodass man diesen Beruf nicht bis ins hohe Alter ausüben und dabei gesund bleiben kann.
Die Rahmenbedingungen stimmen nicht. Wir müssen die Rahmenbedingungen ändern, damit die Menschen in den Kindertagesstätten tätig bleiben.
Da legen Sie nichts vor. Stattdessen haben Sie noch die Sprachförderung hineinverlagert. Sie sagen auch zu Recht: Ja, wir müssen weitere Investmittel geben. - Auch das kann man anerkennen. Aber dann müssen Sie auch ehrlich dazusagen, dass ein Großteil dieser 30 Millionen Euro, die Sie hineingeben, bereits dadurch abgegriffen wird, dass noch ganz viele Anträge aus den vorangegangenen Förderperioden auf Halde liegen, die erst einmal abgearbeitet werden müssen. Am Ende bleibt bei diesen 30 Millionen Euro kaum noch ein Invest für neue, noch nicht geplante oder noch nicht im Bau befindliche Kindertagesstätten übrig.
Im Bereich der Grundschule müssen Sie irgendwann einmal Farbe bekennen, was Ihnen eigentlich Niedersachsens Schülerinnen und Schüler wert sind.
Warum haben eigentlich Niedersachsens Schülerinnen und Schüler in den Jahren 1 bis 4 so viel weniger Unterricht als beispielsweise die Schülerinnen und Schüler in Hessen? Niedersachsens Schülerinnen und Schüler bekommen in den ersten vier Jahren allein nach der Stundentafel - Unterrichtsausfall ist dabei noch gar nicht mit eingerechnet - rund 530 Unterrichtsstunden weniger als gleichaltrige Schülerinnen und Schüler in Hessen. Warum hat man eigentlich nicht den Mut, unseren Schülerinnen und Schülern in Niedersachsen die gleiche Bildung zuteilwerden zu lassen wie denen in Hessen, meine sehr geehrten Damen und Herren?
Es spielt schon eine Rolle, dass, wie in den Bildungsstudien festgestellt wird, nur noch die Hälfte der Viertklässler in Niedersachsen die Grundkompetenzen in den Bereichen Lesen, Rechnen und Schreiben erfüllt. Das hat etwas damit zu tun, wie viel Input, wie viel Unterricht man in diese jungen Menschen investiert. Deswegen haben wir Sie im letzten Plenum aufgerufen und machen das auch mit diesem Haushalt: Lassen Sie uns gemeinsam eine Leseoffensive starten! Wer früh anfängt zu lesen, hat später einen höheren Bildungserfolg. Das belegen alle Studien. Deswegen sagen wir: Wir müssen investieren in Bücher, wir müssen investieren in Deutschunterricht. Das ist gut für alle
Schülerinnen und Schüler, und unsere Schülerinnen und Schüler haben die weltbeste Bildung auch verdient, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Und im Sekundarbereich I? Ja, da haben unsere Schüler in Niedersachsen auch weniger Unterricht als die Schüler in anderen Bundesländern. Das hängt aber tatsächlich mit einem massiven Unterrichtsausfall zusammen.
Ich sehe noch nicht, dass man mit der bloßen Ausweisung von Stellen und dem gleichzeitigen Beklagen darüber, dass es ganz, ganz schwer sei, diese Stellen auch zu besetzen, tatsächlich die Unterrichtsversorgung zum kommenden Schuljahr sicherstellt.
Sie müssen eine Antwort darauf geben, wie Sie eigentlich Niedersachsen im bundesweiten Wettbewerb um die besten Lehrkräfte einen Vorteil verschaffen wollen. Diese Zulage von rund 98 Euro brutto im Monat reicht nicht aus, wenn andere Bundesländer den Schritt nach A 13 machen. Deswegen fordern wir Sie auch hier noch einmal auf: Machen Sie auch diesen Schritt nach A 13! Belassen Sie es eben nicht bei der Zulage! Und Herr Politze, wenn man Ihre Zulagensteigerung von der notwendigen Besoldungserhöhung abzieht, dann kommt man eben auf die von uns berechneten 73 bzw. 74 Millionen Euro. Von daher ist das von uns sehr valide gerechnet.
Aber die Lehrkräfte werden nicht nach Niedersachsen kommen oder in Niedersachsen bleiben, nur weil sie dann ähnlich wie in anderen Bundesländern bezahlt werden. Nein, Sie müssen auch etwas tun, um den Beruf des Lehrers attraktiv zu machen. Da reicht eben der angekündigte Stufenplan für Entbürokratisierung, für Entlastung der Lehrkräfte nicht aus. Es würde Ihnen gut zu Gesicht stehen, wenn Sie Ihr Wahlversprechen von der Wiedereinführung der Altersermäßigung auch in die Tat umsetzten. Denn es wäre ein starker Beitrag zur Sicherstellung der Unterrichtsversorgung, dafür Sorge zu tragen, dass künftig nicht mehr neun von zehn Lehrkräften in den Vorruhestand gehen, sondern länger im Dienst bleiben, während man gleichzeitig junge Lehrer einstellt. Dann hat man unter dem Strich mehr für die Unterrichtsversorgung getan.
Wir müssen uns hier im Haus auch mit der Frage beschäftigen, ob sich der Bildungsauftrag von Schule in den letzten Jahren eigentlich verändert hat. Da wird man zu dem Ergebnis kommen, dass
er sich gar nicht wesentlich verändert hat. Was sich verändert hat, ist, dass sich der Erziehungsauftrag in die Schulen hinein verlagert hat. Dafür müssen Sie die Rahmenbedingungen setzen. Herr Politze, da reicht es eben nicht aus, dass Sie sagen: Wir schaffen 100 Stellen für multiprofessionelle Teams.
Das sind wirklich sehr, sehr kleine Schritte. Bei rund 38 000 Klassen in Niedersachsen bräuchten Sie in diesem Tempo rund 380 Jahre, um dafür zu sorgen, dass in jeder Klasse multiprofessionelle Teams arbeiten. Ich habe die Hoffnung, dass diese Große Koalition nicht so lange durchhält, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Und auch im Bereich der berufsbildenden Schulen ist viel Makulatur dabei, wenn man von 65 Millionen Euro spricht. 7,5 Millionen Euro mussten Sie nachsteuern. Und trotz Ihrer Nachsteuerung von 7,5 Millionen Euro bleiben Sie hinter den Mitteln der letzten Jahre, die für die berufsbildenden Schulen auskömmlich gewesen wären, zurück. Sie geben Ihnen nur ein absolutes Minimum. Und zu den 260 Stellen, die im System bleiben: Bei einer 91-prozentigen Unterrichtsversorgung 260 Stellen nicht wegzustreichen, sondern weiterzufinanzieren, ist keine Stärkung der berufsbildenden Schulen. Das war absolut notwendig, was Sie da gemacht haben. Alles andere wäre peinlich für Sie geworden, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Und dann in dieses Paket auch noch 23 Millionen Euro Tarifsteigerungen hineinzurechnen, ist nun wirklich die Krönung. Wenn Sie sagen, dass schon allein die Tarifsteigerungen ein Erfolg für die Bildungspolitik sind, dann weiß ich auch, warum Sie diese 7-Milliarden-Euro-Marke wie eine Monstranz vor sich hertragen. Diese 7-Milliarden-Euro-Marke wird eben nicht gerissen bzw. überschritten durch wahnsinnige bildungspolitische Anstrengungen der Regierungsfraktionen, sondern im Wesentlichen durch die Tarifsteigerungen. Es ist nun einmal der personalintensivste Einzelplan. Von daher ist es ganz natürlich, dass das jedes Jahr entsprechend steigt.
Im Bereich Digitalisierung ist immer noch kein Konzept zu erkennen, wie Sie die Digitalisierung wirklich in die Schulen bringen wollen. Dort wäre es notwendig, nicht nur auf Infrastruktur zu setzen, sondern gerade die Landespolitik wäre in der Verantwortung zu sagen, wo wir Lehrerfortbildung, Ausbildung und Weiterbildung machen müssen, um die Digitalisierung dann auch tatsächlich an der entscheidenden Schnittstelle Lehrer für die Schule und die Schüler nutzbar zu machen. Auch das machen Sie nicht.
Am Ende kann man sagen: Tolle Leistung! Sie haben Tarifsteigerungen abgebildet! Sie sind bei einem Etat von über 7 Milliarden Euro! Aber einen bildungspolitischen Anspruch erfüllen Sie mit diesem Haushalt wahrlich nicht.
Vielen Dank, Herr Kollege Försterling. - Für die Fraktion der CDU hat sich die Kollegin Mareike Wulf gemeldet. Bitte sehr!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin dem Kollegen Politze sehr dankbar, der hier skizziert hat, dass wir mit diesem Etat wirklich eine Steigerung im Bereich Kultus erreichen, was auch zeigt, dass dort für die Große Koalition ein Schwerpunkt liegt.
Bevor ich auf meine Rede komme, möchte ich doch einmal kurz auf Ihre Rede eingehen, Herr Försterling, und auf die Frage des Kita-Gesetzes.
Sie haben gefordert bzw. gesagt, dass wir sofort die dritte Kraft im KiTaG verankern sollen. Ich werde Ihnen sagen, warum wir das kritisch diskutieren: nicht weil wir nicht die Notwendigkeit sehen, sondern weil wir eine Kommunalpartei sind und mit den Kommunen in engem Austausch stehen. Die sagen uns immer: Wir haben im Moment ein Problem, die Kräfte zu finden.
Wir haben sie nicht am Markt. Wir müssen mehr ausbilden. Dafür tun wir etwas. Und wir brauchen auch die Finanzierung. - Deshalb legen wir diesem KiTaG eine Richtlinie Qualität, ausgestattet mit 100 Millionen Euro, bei, die genau in diesen Bereich Qualität fließen, für die Leitungszeit beispielsweise. Für zusätzliche Entlastungsstunden zahlt das Land jetzt schon 56 % Finanzhilfe. Das heißt, wir schaffen Spielräume für die Kommunen, die Qualität so zu steigern, wie es für sie vor Ort angemessen und richtig ist.
Vielleicht noch kurz zu den Grundschulen, Herr Försterling: Ich finde es gut, dass Sie anregen, wir müssen mehr für die Grundschulen tun. Da stimmen wir absolut überein. Aber was sehe ich, wenn ich mir Ihren Haushaltsentwurf anschaue? Was tun Sie für die Grundschulen? 1 000 Euro für jede Schulbibliothek! Das kann doch nicht Ihr Anspruch sein, wenn Sie sagen, wir brauchen mehr Unterricht. Das ist nicht ausreichend. Da hätte ich tatsächlich mehr von Ihnen erwartet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir verabschieden mit diesem Haushalt die Schwerpunkte für unsere politische Arbeit 2020. Ich möchte über das, was Herr Politze gesagt hat, hinausgehen und aufzeigen, welche großen Handlungsfelder wir im nächsten Jahr vor uns haben, nämlich zum einen die Unterrichtsversorgung und zum anderen die frühkindliche Bildung. Das sind zwei Themen, die natürlich nicht neu sind, aber die im kommenden Jahr ganz große Herausforderungen darstellen.
Im Jahr 2021 wird der erste Jahrgang das Abitur wieder nach 13 Jahren ablegen. Das bedeutet für den kommenden Sommer, dass kein Abiturjahrgang das Gymnasium verlässt. Für diese Abiturienten brauchen wir Lehrkräfte. Deshalb ist es gut, dass der Kultusminister im Haushalt 2020 ausreichend Stellen für eine Unterrichtsversorgung von 100 % bereitstellt. Wir haben 750 zusätzliche Lehrerstellen und insgesamt 3 700 Lehrerstellen, die zur Verfügung stehen. Das ist schon ein gutes Ergebnis.
Schon in den vergangenen Jahren wurden zusätzliche Lehrkräfte an den Gymnasien und auch an anderen Schulen eingestellt, damit man auf diese Situation vorbereitet ist. Aber das reicht noch nicht aus. Denn die Kernaufgabe lautet doch: Wie kriegen wir es hin, diese Stellen zu besetzen? - Das ist richtig analysiert worden. Wir haben vor allen Din
gen einen Bedarf im Bereich der Grund-, Haupt- und Realschulen. Diese müssen in den kommenden Jahren ganz stark in unseren Fokus rücken.
Vor diesem Hintergrund hat die Landesregierung einige Maßnahmen getroffen, die auch schon genannt worden sind, eben um genau dieses GHRLehramt attraktiv zu gestalten. Hier ist vor allen Dingen zu nennen: die Zulage von rund 100 Euro für Grund-, Haupt- und Realschullehrkräfte als einen ersten Schritt zu einer besseren Besoldung. Aber wir haben auch noch die Jahressonderzulage für Beamte, und wir haben auch im letzten Jahr schon verankert, dass alle Leitungen kleiner Grundschulen nach A 13 besoldet werden. Damit stellt das Land so viele Lehrkräfte ein wie nie zuvor.
Ich muss einfach noch einmal sagen: Die Landesschulbehörde macht da einen ziemlich guten Job. Sie schafft es trotz des Mangels immer wieder, viele Stellen zu besetzen. Das zeigt, dass dort eine gute Arbeit gemacht wird.
Diese Zulage, Frau Hamburg, gilt für alle GHRLehrkräfte. Sie hingegen wollen, wenn ich Ihren Haushaltsantrag richtig verstanden habe, nur diejenigen Lehrkräfte mit einer Zulage versehen, die nach GHR 300 studiert haben. Das aber hätte zur Folge, dass wir in den Schulen eine Zweiklassengesellschaft bekämen und dass die Lehrkräfte mit 20 Jahren Berufserfahrung schlechter besoldet würden als die, die neu in den Beruf einsteigen. Das kann nicht der richtige Weg sein.