Vielen Dank, Herr Kollege Kortlang. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun die Kollegin Imke Byl das Wort. Bitte sehr!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben beim Thema Speicher und Power-to-X tatsächlich kein großes Forschungsdefizit, sondern ein Politikdefizit.
SPD und CDU auf Landesebene erkennen dieses Problem, und das ist erst einmal gut, muss ich wirklich sagen.
Bei den aktuell geltenden gesetzlichen Grundlagen rechnen sich Power-to-X-Anlagen einfach nicht. Da sehen auch wir ganz dringenden Handlungsbedarf, den wir gerade auch auf Bundesebene immer wieder anmerken.
Insofern freue ich mich, wenn Sie Ihrem CDU-Bundeswirtschaftsminister ganz deutlich ins Stammbuch schreiben, dass er endlich tätig werden muss, sehr geehrte Damen und Herren.
Aber ich mache mir auch bisschen Sorgen; denn bei der Debatte um PtX vergessen Sie gerne mal das P, die Power. Wenn wir über das Thema Wasserstoff sprechen, müssen wir das immer im Zusammenhang mit dem Ausbau der Erneuerbaren diskutieren.
Da komme ich direkt wieder auf den erwähnten CDU-Bundeswirtschaftsminister zu sprechen, der aktuell, nachdem er es geschafft hat, die komplette Solarbranche zum Erliegen zu bringen, auch die Windenergie in den Fokus genommen hat und ihr mit seinem neuen Abstandsvorschlag, der - wie wir heute lesen konnten - sogar noch verschärft werden soll, den Todesstoß verpassen möchte. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist natürlich die ganz falsche Richtung!
Wir fordern einen deutlichen Ausbau der erneuerbaren Energien. Wenn Sie das mit dem Wasserstoff ernst meinen - der natürlich grüner Wasserstoff sein muss -, dann müssen Sie sich dem anschließen.
Ein anderes Thema, das aber im Zusammenhang mit PtX immer mitdiskutiert werden muss - das fehlt mir leider auch in Ihrem Antrag; ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss, wenn wir näher darauf zu sprechen kommen -, ist der Aspekt der Energieeffizienz; denn wir können gar nicht in dem erforderlichen Maß ausbauen, wenn wir nicht gleichzeitig unseren Energie- und gerade unseren Gasverbrauch ganz deutlich senken. Da gibt es enorm viel Potenzial.
(Beifall bei den GRÜNEN - Jens Na- cke [CDU]: Aber mit technischem Fortschritt, nicht mit Verboten!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Ihnen ist sicherlich klar - auch der Kollege Kortlang hat es ausgeführt -, dass es bei der Umwandlung von elektrischem Strom in beispielsweise Wasserstoff zu extrem hohen Energieverlusten kommt. Deswegen ist es falsch, wenn Sie den Eindruck vermitteln wollen - daher habe ich mich über den Kollegen Senftleben gefreut, der ausdrücklich den Schwerlastverkehr angesprochen hat und eben nicht den Privat-Pkw -, dass wir weiterhin Gasheizungen benutzen könnten, in die einfach grünes Gas reinkommt - und fertig, aus die Maus, alles läuft perfekt, weiter so! -, oder dass die Menschen weiter mit ihrem Verbrenner im Stau stehen können, nur dass es sich dann eben um Green Fuels - grünen Diesel - handelt. Das wird nicht aufgehen, meine sehr geehrten Damen und Herren; denn so viel Energie, wie wir dann verschwenden würden, haben wir einfach nicht.
Wir müssen runter mit dem Verbrauch! Was wir ganz klar nicht brauchen, ist überteuertes Fracking-Erdgas, das verflüssigt und übers ganze Meer bis zu uns nach Norddeutschland geholt wird, damit wir damit unseren viel zu hohen Erdgasverbrauch decken können. Das ist natürlich völliger Unsinn.
Die Rahmenbedingungen müssen endlich an Power-to-X-Anlagen angepasst werden. Der Energie- und Gasverbrauch muss ganz deutlich gesenkt werden. Und natürlich müssen schleunigst die Erneuerbaren aus der Krise geholt und ausgebaut werden!
Vielen Dank, Frau Kollegin Byl. - Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Lies das Wort. Bitte sehr!
Man muss unterscheiden: Wer den Klimawandel leugnet, ist sicherlich ein schlechter Diskussions- und Gesprächspartner, wenn es um erneuerbare Energien und die Nutzung von grünem Wasserstoff geht. Aber ich glaube, alle anderen haben deutlich gemacht, dass es sich lohnt, inhaltlich darüber zu diskutieren. Vielen Dank dafür!
Thema Wirkungsgrad: Wir leben in einer Zeit volatiler Energieerzeugung. Selbst wenn wir 100 % der Energieversorgung mit Erneuerbaren sicherstellen, werden wir immer mehr installierte Leistung haben, als wir zu jeder Zeit benötigen.
Der Wirkungsgrad der Wandlung von Strom in grünen Wasserstoff liegt je nach Anlage zwischen 70 und 80 %. So schlecht finde ich diesen Wirkungsgrad nicht, muss ich ehrlich sagen.
Es geht darum, dass die Alternative wäre, verfügbaren Strom gar nicht zu nutzen. Es geht darum, Energie zu nutzen, die sonst gar nicht genutzt werden könnte. Denn die Stromnetze können nicht so ausgebaut werden, dass der Strom jederzeit an jede Stelle transportiert werden kann. Auch Batteriespeicher haben ihre Grenzen. Der grüne Wasserstoff ist dann sozusagen ein chemischer Speicher. Das, glaube ich, muss man immer wieder deutlich machen.
Wir reden heute über Wasserstoff anders als in den früheren Jahren und Jahrzehnten. Schon in meinem Studium habe ich mich Wasserstoffantrieben beschäftigt. Aber damals war von grauem Wasserstoff die Rede, den man aus Erdgas gewinnt. Vielleicht wäre auch Elektrolyse mit Kohlestrom oder Kernenergiestrom eine Möglichkeit gewesen, Wasserstoff herzustellen. Das war aber gar nicht sinnvoll. Deswegen gab es keine Anwendungen. Das muss man bedenken.
Heute führen wir eine neue Diskussion. Es geht um die Frage: Wofür setzen wir grünen Wasserstoff ein? - Dabei geht es genau um den Punkt, den Frau Byl zu Recht angesprochen hat: Wasserstoff zu verwenden, macht nur Sinn, wenn er aus erneuerbaren Energien hergestellt ist.
Die Anwendungen für grünen Wasserstoff, die wir uns vorstellen, setzen voraus, dass wir ausreichend erneuerbare Energien haben, um ihn herzustellen. Das muss unser Grundtenor sein, wenn wir diese Diskussion führen.
Meine Damen und Herren, das bedeutet aber auch, dass wir in extremem Maße ausbauen müssen, um Klimaschutzziele zu erreichen, aber auch um den Anforderungen gerecht zu werden. Der Punkt ist: Wir können nicht alle Energie, die wir erzeugen, nur über die Stromnetze transportieren. Das wäre nicht lösbar. Deswegen müssen wir überlegen: Welche alternativen Transportwege und Nutzungen gibt es?
Jetzt kommen zwei Dinge - die sozusagen historische Diskussion über Wasserstoff, die wir schon lange geführt haben, und die Verfügbarkeit erneuerbarer Energien - zusammen. Jetzt ergibt sich zum ersten Mal eine Lösung. Seit Jahren versuchen wir das zu kommunizieren. Seit Jahren rennen wir damit, genau genommen, gegen eine Wand an. Der Tenor der Diskussionen in Berlin, mit der Bundesnetzagentur, auch mit dem BMWi war immer: Grüner Wasserstoff ist ganz nett, aber den brauchen wir eigentlich nicht.
Richtig ist ohne Frage: Strom sollte man zunächst als Strom verwendet. Nur wenn er nicht als Strom verwendet werden kann, sollte man ihn in anderer Form nutzen.
Aber genau diese Diskussion ist jetzt überwunden. Gott sei Dank! Es scheint ein Rollout zu geben, eine Goldgräberstimmung beim Thema Wasserstoff. Das ist eine Chance. Das ist die Chance, Innovation an vielen Stellen voranzubringen, um Klimaschutzziele zu erreichen. Wir müssen deutlich machen, dass Klimaschutz eine echte Chance ist, dass Klimaschutz und grüner Wasserstoff ein industriepolitisches Pfund für Deutschland und insbesondere für den Norden sind, dass insbesondere Niedersachsen technologisch weiter vorankommen kann.
Der erste Weg führt über die Regulierung. Zu Recht wird die Frage gestellt: Warum zahlen wir eine EEG-Umlage für Strom, den wir sinnvoll in anderer Form nutzen könnten? Warum wird er mit einer Stromsteuer belegt? - Davon müssen wir dringend herunter. Mit dem Kohlekompromiss sind wir jetzt an der Stelle, dass wir die EEG-Umlage um 2,5 ct/kWh absenken. Die EEG-Umlage wird
deutlich schneller sinken müssen. Das wird gar nichts anders gehen. Der Kohlekompromiss soll ja nicht zu wirtschaftlichen Nachteilen führen.
Der zweite Weg ist, einen Markt zu definieren und mit einer Quote dafür zu sorgen, dass grüner Wasserstoff einen Wert hat. Für diesen Wert kann man den Wasserstoff dann verkaufen.
Für welchen Weg auch immer wir uns entscheiden: Wir müssen die Diskussion darüber beenden. Die Investitionen, die wir brauchen - da geht es nicht um 10- oder 20-MW-Anlagen, sondern um Anlagen, die bis 2030 mindestens das Volumen von 3 GW haben müssen -, müssen wir heute auslösen. Denn Genehmigungsverfahren und Produktion brauchen auch noch ihre Zeit. Wir wollen ja auch dafür sorgen, dass das, was notwendig ist, zu tieferer und weiterer Wertschöpfung in unserem Land führt.
Es ist absolut richtig, dass die Skepsis in Sachen „grüner Wasserstoff“ vorbei ist. Eine Debatte über den Wirkungsgrad sollten wir nicht führen. Denn wir reden über Energie, die wir sonst gar nicht nutzen können. Im Zeitalter der erneuerbaren Energien ist die Energieerzeugung nun einmal volatil.
Um die Zahl noch einmal zu nennen: 5,5 TWh könnten wir schon heute in Deutschland nutzen, wenn wir in vernünftigem Maße mit Power-to-GasAnlagen grünen Wasserstoff erzeugen würden.
Die Frage ist: Wofür setzen wir grünen Wasserstoff ein? - Wenn ich alle Anwendungen, die mir heute genannt werden, zusammenzähle, würde ich den Menschen, glaube ich, Angst machen, was an Ausbau der erneuerbaren Energien notwendig wäre. Wenn die Stahlindustrie auf grünen Wasserstoff umgestellt werden sollte, müsste der gesamte grüne Strom, den wir heute haben, eingesetzt werden, um grünen Wasserstoff zu erzeugen. Die Chemieindustrie würde annähernd noch einmal so viel Wasserstoff brauchen. Auch wenn die Mobilität auf grünen Wasserstoff umgestellt werden sollte, wäre der Bedarf an erneuerbarer Energie unglaublich.
Das heißt erstens: Wir müssen uns zunächst einmal öffnen und alle Anwendungen möglich machen. Aber wir werden uns auch fokussieren müssen, wofür wir den grünen Wasserstoff einsetzen.
Das Zweite wird sein: Wir werden nicht umhinkommen, sehr früh - und zwar heute schon - darüber nachzudenken, wie wir Wasserstoff, der CO2frei ist, importieren, weil wir mit dem selbst erzeug