Protokoll der Sitzung vom 25.01.2018

Auf der gerade stattfindenden Grünen Woche - Kollege Domeier hatte davon berichtet - kann man sich einen Eindruck davon verschaffen, was Landwirtschaft 4.0 darüber hinaus alles leisten kann. Die Wissenschaftler vom Julius Kühn-Institut zeigen auf, wie mit Drohnen-Überfliegungen inzwischen artgenaue Pflanzenbestimmungen möglich sind.

Punktgenau differenzierte Anwendungen von Pflanzenschutzmitteln werden die Aufwandmengen nochmals weiter reduzieren. Das Pilotprojekt EMRA wird helfen, Risikosituationen bei Extremwetterlagen zu managen. Sensortechnik erfasst den Versorgungszustand der Pflanzen und ermöglicht eine nutzen- und bedarfsoptimierte Nährstoffzufuhr.

Drohnen erfassen den Befall vor der Schädlingsbekämpfung. Bodenbrüter und Kitze können vor dem Mähtod gerettet werden.

Gerade für Ökobetriebe bietet die Digitalisierung ebenso große Chancen. Die mechanische Unkrautbekämpfung in vielen Betrieben Niedersachsens war in diesem Jahr quasi unmöglich, die Ländereien waren unbefahrbar. Beispiel Ökorüben: Da mussten weit über 100 Arbeitsstunden aufgebracht werden, um die Unkräuter zu bekämpfen. Autonom fahrende Roboter wären hier z. B. eine Alternative, um die biologische Wirtschaftsweise auch in diesen Disziplinen überhaupt erst interessant und rentabel zu machen.

Große Chancen sehen wir auch in der Tierhaltung. Einzeltierspezifische Sensordaten optimieren die Fütterung. Echtzeitdiagnostik wird Krankheiten früher erkennen lassen und den Antibiotikaeinsatz reduzieren.

Digitale Produktpässe liefern lückenlose Informationen zu Produktionsbedingungen, Frische und Qualität und ermöglichen so Transparenz und die häufig genannte Rückverfolgbarkeit.

Meine Damen und Herren Antragstellerinnen und Antragsteller der FDP, das Thema hat gewaltiges Potenzial, aber Ihr Antrag zeigt auch: Ein bisschen mehr Feinschliff ist noch notwendig.

(Jörg Bode [FDP]: Was?)

So wäre es zielführend gewesen, Herr Bode, das Urteil des Landgerichts Bonn vom 15. November 2017 gegen den Deutschen Wetterdienst und seine Wetterwarn-App in den Antrag einzuarbeiten.

Denn aus dem folgt, dass der DWD die gewünschten Daten eben nicht kostenlos zur Verfügung stellen darf, und zwar wegen Wettbewerbsverzerrung. Und da wollen wir natürlich ordnungspolitisch sauber bleiben.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Viel Sympathie habe ich allerdings für den Gedanken, die RTK-Korrektursignale kostenlos anzubieten, wie es auch in vielen anderen Bundesländern inzwischen der Fall ist. Hier nenne ich als Beispiele Bayern und Nordrhein-Westfalen. Ich möchte die Ministerin bitten, diese Möglichkeiten zumindest zu prüfen.

Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss. Zusammen können wir viel erreichen. Die Digitalisierung ist das Thema des ländlichen Raumes schlechthin. Packen wir es an!

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Dr. Mohrmann. Auch Ihnen Gratulation zu Ihrer letzten -

(Heiterkeit)

ersten Rede. - Ja, ich hatte es auf der Zunge: Gratulation zu Ihrer ersten Rede, die Sie mit einem letzten Schluck aus dem Wasserglas beendet haben. So sollte es zu Ende gehen. Also Ihnen vielen Dank.

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich die Kollegin Frau Miriam Staudte zu Wort gemeldet.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wer auf der letzten Agritechnica war, konnte sich tatsächlich einen sehr guten Eindruck davon verschaffen, welche Rolle die Digitalisierung in der Landwirtschaft inzwischen überhaupt spielt. Diese Entwicklung - das haben die Vorredner schon gesagt - wird sich fortsetzen, sie wird sich intensivieren. Ich denke, wir als Politik haben wirklich die Aufgabe, diesen Prozess intensiv zu begleiten.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Er kann zu positiven Entwicklungen führen. Die Digitalisierung kann tatsächlich genutzt werden. Aber es sind zum Teil eben auch nur Verspre

chungen. Wir müssen ganz genau schauen, wo Politik gefordert ist, die notwendigen Rahmenbedingungen zu setzen.

Wenn man sich einfach nur auf die Position zurückzieht: „Wir geben viel Geld, damit der Prozess beschleunigt werden kann, und wir sorgen dafür, dass überall im ländlichen Raum schnelles Internet verfügbar ist“, dann werden wir unserer Aufgabe als regulierende Kraft auch im gesamtgesellschaftlichen System nicht gerecht.

Als Beispiel möchte ich einmal die Industrie 4.0 nennen. Industrie 4.0 beinhaltet ja, dass Maschinen miteinander kommunizieren und der Mensch gar nicht mehr alles koordinieren muss. Wenn nun also der Schlepper mit der Drillmaschine selbst kommuniziert - ohne den Landwirt -, dann muss natürlich sichergestellt sein, dass das alles herstellerübergreifend funktionieren kann.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Wir haben das z. B. bei den Handys gesehen: Irgendwann war es doch so weit, dass man, wenn man sich ein neues Handymodell gekauft hatte, sich auch gleich ein neues Ladegerät dazu kaufen musste. Bevor Brüssel regulierend eingeschritten ist und gesagt hat: „Nein, das muss immer passen“, ist das nicht umgesetzt worden.

Wenn wir das einmal auf den landwirtschaftlichen Bereich übertragen, dann wäre es doch fatal, wenn irgendwann in Zukunft die Landwirte alles aus einer Hand nehmen müssen, weil die Software nur noch mit der Hardware eines bestimmten Herstellers kommuniziert. Also die Software aus einer Hand genauso wie die Spritzmittel, das Saatgut, die Schlepper und alles andere an großem Gerät, das man so braucht, und alles eben koordiniert durch eine Software.

Da droht eine Monopolisierung in der Landwirtschaft, die womöglich zuungunsten der Landwirte ausgehen kann.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich möchte nicht den Teufel an die Wand malen, aber immer nur zu sagen: „Chancen, Chancen, Chancen“, wird dieser Thematik nicht gerecht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Insofern hoffe ich, dass wir uns im Agrarausschuss sehr intensiv mit dieser Thematik befassen werden, dass wir dazu auch Anhörungen durchführen werden und wirklich dieses ganze Thema von allen Seiten beleuchten. Denn das, was im Koalitions

vertrag steht, ist ja, was die Landwirtschaft betrifft, wirklich nur ein sehr kleiner Bereich. Ja, ich will jetzt nicht sagen, das ist nur Lobhudelei, aber die Chancen werden einseitig betont.

Auch in dem Antrag der FDP sieht man vor allem die Chancen und weniger die Risiken, insbesondere, was den Punkt angeht: Ja, wir müssen das mit öffentlichen Mitteln fördern.

Man muss natürlich auch fragen, wen wir unterstützen wollen. - Ich würde jetzt einmal für meine Fraktion sagen, vor allem auch die kleineren Betriebe müssen wir unterstützen, die natürlich bei solchen Umstellungen größere Finanzierungsprobleme haben. Da muss man die Weichen stellen, damit wir den Strukturwandel nicht noch anheizen, indem wir Dinge finanzieren, die sich nur die ganz Großen leisten können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich bin gespannt auf die Beratungen im Ausschuss. Es ist wirklich ein tolles, interessantes Thema. Ich bin ganz zuversichtlich, dass wir im Interesse der Landwirtschaft zu einigen Einigungen kommen können.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Jörg Bode [FDP])

Vielen Dank, Frau Staudte. - Die letzte Wortmeldung kommt von der AfD-Fraktion. Frau Abgeordneten Dana Guth!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema ist die Digitalisierung in der Landwirtschaft. In diesem Antrag geht es um ein wesentliches Kernthema der letzten Jahre, den Ausbau von flächendeckenden Breitbandnetzen gerade auch im ländlichen Bereich.

Unter dem Aspekt Digitalisierung der Landwirtschaft gewinnt dieses Thema noch einmal eine ganz andere Bedeutung.

Noch immer stockt der Breitbandausbau gerade im ländlichen Bereich, und selbst dort, wo Glasfaserkabel verlegt werden, hat man die Situation, dass z. B. die Anschlüsse zwischen den Verteilerpunkten und den anliegenden Häusern nach wie vor aus Kupferkabeln bestehen, die gar nicht in der Lage sind, die Geschwindigkeit der Glasfaserkabel zu übertragen.

Mobile Internetverbindungen wie LTE oder 5G sind in vielen Bereichen noch immer nicht verfügbar. Nunmehr ist das jedoch eine Grundvoraussetzung, um überhaupt mit professionellen Digitalisierungsprozessen in der Landwirtschaft zu beginnen.

Nehmen wir jetzt an, die Voraussetzungen wären geschaffen! Natürlich ergäben sich daraus eine Menge Chancen, mit denen die Landwirte durchaus eine Optimierung ihrer Arbeit erreichen könnten. Steuerung, Kontrolle und Automatisierung von Arbeitsprozessen, Arbeitserleichterungen z. B. im Bereich von Melkrobotern, Messungen mit Stickstoffsensoren, die Düngeempfehlungen geben können, Echtzeitanalysen von Gülleinhaltsstoffen, die eine bedarfsspezifische Ausbringung leichter machen, Satellitensteuerungen, die präzise Ausbringung von Nährstoffen, Einsparung an Betriebsmitteln und Ähnliches nach sich ziehen, Drohnen, die z. B. durchaus sehr hilfreich sein können im Bereich von Rehkitzrettung und damit Tierleben retten könnten. Fütterungsautomaten sind Möglichkeiten und natürlich auch ein Verhaltens- und Gesundheitsmonitoring.

Aber wie bei allen Dingen im Leben bergen neue Techniken immer auch Risiken und Unwägbarkeiten. Das Zielszenario dieser Entwicklung könnte der volldigitalisierte Betrieb sein. Vollautomatische Systeme füttern Tiere, misten Ställe aus, eingepflanzte Sensoren melden Daten an Futtermittelautomaten und an Tierärzte. Digital gesteuerte Maschinen bewirtschaften Felder, Computer berechnen Dünger- und Pflanzenschutzmittelbedarfe, Buchhaltung und Fördermittelanträge erledigt das System aus den zur Verfügung gestellten Daten selbstständig. Kameradrohnen liefern ständig Bilder aus allen Bereichen, und der Landwirt steuert alles vom Bildschirm aus. Wir sehen viele spannende Aspekte bei diesem Thema, aber erwarten für die Beratung in den Ausschüssen, dass auch mögliche Risiken kritisch diskutiert und hinterfragt werden.

Aus diesem Prozess der Digitalisierung ergibt sich in erster Linie eine totale Technikabhängigkeit, die natürlich auch mit Anfälligkeiten und Bedrohungen einhergehen kann.

Was ist z. B. mit Hackerangriffen? Was ist mit Bedrohungen durch Schadsoftware? Alles Themen, die in der heutigen digitalisierten Welt immer größere Bedeutung gewinnen.

Was passiert z. B. bei Abhängigkeit von einzelnen Anbietern? Die Monopolisierung im Bereich der

Software wurde eben schon sehr schön von der Kollegin von den Grünen angesprochen.

Was passiert z. B. bei einem Totalausfall der Technik? - Gefahren für Tiere bei automatischen Fütterungssystemen.