Zur weiteren Konkretisierung des Unterstützungsbedarfs fand 2018 ein Experten- und Expertinnenworkshop in Loccum statt. Beteiligt waren Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft und kommunaler Praxis einschließlich der Vertreter der kommunalen Spitzenverbände. Einhellige Rückmeldung dabei war:
Erstens. Es besteht großer Bedarf an der Auflage eines speziell auf kleine und mittlere Zentren ausgerichteten Förderprogramms.
Zweitens. Sehr unterschiedliche Herausforderungen und Ausgangsbedingungen der Kommunen erfordern, dass das Förderprogramm thematisch breit aufgestellt wird.
Drittens. Weil viele Klein- und Mittelstädte nicht über ausreichende Kapazitäten verfügen, um qualifizierte Projektanträge zu entwickeln, muss das Programm niederschwellig sein und Unterstützungsangebote für die Projektentwicklung vorsehen.
Zu Frage 2: Die Richtlinie richtet sich an Städte, Gemeinden und Samtgemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnerinnen und Einwohnern in ländli
Kommunen können sich bei der Ausarbeitung förderfähiger Maßnahmen beraten lassen. Sie haben Zugriff auf einen Experten- und Expertinnenpool, in dem derzeit 100 Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Kompetenzbereichen gelistet
sind. Die Beratungsleistung kann sich beispielsweise auf Fragen der Stadtentwicklung und Bürgerbeteiligung oder auf rechtliche Aspekte oder themenbezogene Fragestellungen zu Digitalisierung, Gesundheitsversorgung und Familienfreundlichkeit richten. Zuwendungsfähig sind bis zu zwölf Beratertage pro antragsberechtigter Kommune. Somit wird auch Kommunen, die nur über eine geringe Finanzausstattung und nur einen kleinen Verwaltungsunterbau verfügen, ermöglicht, zukunftsweisende Projekte zu entwickeln.
Gefördert werden Maßnahmen, die erstens zur Steigerung der Attraktivität oder zur Förderung von Urbanität in Mittel- und Grundzentren beitragen, zweitens die Ziele der regionalen Handlungsstrategie im jeweiligen Amtsbezirk unterstützen und drittens nicht von anderen Förderprogrammen des Landes abgedeckt sind.
Ein Vertreter der Stadt Stadthagen hat die Vorzüge des Programms auf der Netzwerkkonferenz am 14. Januar dieses Jahres so zusammengefasst: kleine und mittlere Kommunen im Fokus, Offenheit und thematische Vielfalt sowie die Ermöglichung professioneller Begleitung bei der Antragstellung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bandbreite der geförderten Projekte ist groß. Sie reicht von Mobilitätsprojekten über Projekte zur Innenstadtbelebung bis hin zu Projekten aus dem Bereich Gesundheitsversorgung.
Es geht erst einmal ganz generell um kreative Zukunftslösungen gegen die Abwanderung. Drei Beispiele möchte ich nennen:
Erstens. In der AzweiO-Mobilitätsregion - Achim, Ottersberg und Oyten; das ist im Landkreis Verden - werden zur Förderung umweltfreundlicher Mobilität multimodale Mobilitätshubs und digitale Mobilitätsplattformen entwickelt. Fahrradstationen mit digital buchbaren Fahrzeugen werden als Treffpunkte konzipiert und mit digitalen Informationen zu umgebenden Angeboten, Reparatur und Versorgung kombiniert. Damit werden gleichzeitig E-Mobilität und regionale Vernetzung gefördert.
Zweitens: das Projekt „Living Care Lab“ aus Stadthagen im Landkreis Schaumburg. Die Stadt Stadthagen baut ein Netzwerk zu Fragen der analogen und digitalen Pflegewirtschaft mit professioneller Begleitung auf. Ein Element der Zusammenarbeit mit Hochschulen und Start-ups zu innovativen Lösungen soll ein Open Space zur kreativen Entwicklung in der Innenstadt sein.
Last, but not least, drittens: der Coworking-Space Lingen im Landkreis Emsland. Die Stadt Lingen schafft für Freiberufler, Kreative, Gründer und Kleinunternehmen einen Ort, der ein konzentriertes Arbeiten am eigenen Projekt, aber auch in Teams bzw. im Austausch mit anderen jungen Gründern außerhalb der eigenen vier Wände ermöglicht. Damit wird der Abwanderung von kreativen Köpfen entgegengewirkt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, unser Förderprogramm hat offenkundig Lücken in der aktuellen Förderkulisse geschlossen; denn wir stellen fest, dass wir trotz der relativ kurzen Anlaufphase eine sehr hohe Resonanz zu verzeichnen haben. Innerhalb kürzester Zeit haben wir über 70 Interessensbekundungen vorgelegt bekommen, und zum ersten Stichtag, der auch nur sehr kurzfristig angekündigt werden konnte, lagen mehr als 30 Vollanträge vor. Zwölf Förderbescheide konnten im letzten Jahr übergeben werden.
Die kleineren und mittleren Zentren entwickeln Schwung und, meine sehr verehrten Damen und Herren, den sollten wir nutzen. Seit Beginn des Programms erreichen mich viele positive Rückmeldungen. Mir sind außerdem mehrfach Bitten der Klein- und Mittelstädte zugegangen, den Mittelansatz zu erhöhen und das Programm zu verstetigen. Mit Blick auf das große Interesse an unserem Programm halte ich dies tatsächlich auch für sachgerecht. Zudem sollen die positiven Erfahrungen mit in die Planung der neuen EUFörderperiode und der Landesförderprogramme einbezogen werden.
Erstens durch die Beratung potenzieller Antragssteller durch die Ämter für regionale Landesentwicklung und Experten und Expertinnen aus dem Expertenpool, zweitens durch ein Ranking der Förderanträge für investive oder nicht investive Maßnahmen nach festen Qualitätskriterien, drittens durch einen Erfahrungs- und Ideenaustausch für alle Beteiligten bzw. interessierten Kommunen durch regelmäßige Netzwerkkonferenzen und vier
tens durch die Einbindung geeigneter Projekte in das Projektnetzwerk Ländliche Räume Niedersachsen - unsere Onlineplattform mit derzeit rund 400 Best-Practice-Projekten aus den ländlichen Räumen mit dem Ziel, Akteure zu vernetzen und die Verbreitung guter Projektideen zu unterstützen.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die erste Zusatzfrage für die SPD-Fraktion stellt Frau Abgeordnete Dr. Liebetruth.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Vielen Dank, Frau Ministerin. Meine Frage an Sie ist: Sie haben dargestellt, dass das Programm breit angelegt sei. Können Sie bitte noch näher darauf eingehen, warum die Förderrichtlinie die Fördergegenstände nicht näher eingrenzt?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt im Bereich der Förderung unterschiedliche Motivationen. Es gibt die Anreizförderung, damit bestimmte Dinge in Niedersachsen sich entwickeln.
Bei uns geht es um Regionalförderung. Wir vertreten die Auffassung - und das hat die Arbeit in den letzten Jahren auch bestätigt -, dass es hierbei sinnvoll ist, an der Basis anzusetzen, also bei den Stakeholdern vor Ort auf der kommunalen Ebene, um mit ihnen zu besprechen, was aus ihrer Sicht erforderlich ist, damit sie sich regional weiterentwickeln und vernetzen können.
Das kann in Niedersachsen sehr unterschiedlich sein. In Niedersachsen gibt es ja ausgesprochen heterogene Räume. Deswegen spreche ich immer von den ländlichen Räumen und nicht von dem ländlichen Raum. Hinsichtlich der Bedarfe und der Bevölkerungsentwicklung gibt es unterschiedliche Ausprägungen. Deswegen ist es wichtig, eine För
derrichtlinie zu entwickeln, die eine gewisse Offenheit zulässt und die Kreativität der Verantwortlichen vor Ort eben nicht eingrenzt, sondern dazu aufruft, mitzumachen.
Ich möchte noch etwas Grundsätzliches sagen: Ich habe vor - ich weiß nicht wie vielen - Jahren, als ich hier im Land als Staatssekretärin für Regionalentwicklung angefangen habe, einmal eine Veranstaltung besucht, bei der ein Landrat zu mir gesagt hat: Frau Honé, ich habe eigentlich überhaupt keine Lust mehr, Projekte zu beantragen. Denn wir fangen ein Projekt an; das ist erfolgreich; alle machen gut mit, und dann geht es einfach nicht weiter, weil die Gelder für das Projekt auslaufen.
Ich glaube, dass wir insgesamt auf allen Ebenen - Land, Bund, aber auch EU - dazu kommen müssen, stärker zu vernetzen - auch bei diesen Projekten. Wir müssen vom Projekt aus, vom Ziel der regionalen Entwicklung aus denken. Dann muss es möglich sein, dieses Ziel durch eine Vernetzung der Programme, die aufgelegt werden, zu erreichen. Das ist eine Veränderung in der Betrachtung; denn bisher wird ein Förderprogramm eher aus Sicht derjenigen in den Ministerien aufgestellt, die ein bestimmtes Förderziel erreichen wollen.
Ich glaube - nein, ich bin fest davon überzeugt -, dass es im Bereich der Regionalentwicklung eine Umkehr geben muss. Wir müssen uns in die Region hineinbewegen und mit den Kolleginnen und Kollegen vor Ort besprechen, welche Vorstellungen sie haben. Das muss ein über Jahre angelegter Prozess sein.
Vielen Dank. - Die erste Zusatzfrage für die FDPFraktion stellt der Abgeordnete Brüninghoff. Bitte, Herr Kollege!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der eben von der Landesregierung getätigten Aussage, die Höhe der Fördermittel eventuell ausbauen zu wollen, stelle ich die Frage: Wie hoch ist denn die noch vorhandene Summe der ursprünglichen Fördermittel?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich nenne Ihnen jetzt einmal die grobe Zahl, weil mir die ganz genaue Summe nicht vorliegt - wir können sie nachliefern -: Von den zur Verfügung gestellten 5 Millionen Euro ist in etwa die Hälfte aufgebraucht.
Vielen Dank. - Die erste Zusatzfrage für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt Herr Kollege Meyer.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass die Ministerin gesagt hat, dass von den Kommunen gefordert werde, den Ansatz für dieses sehr gute Programm zu erhöhen und zu verstetigen, und sie auch gesagt hat, dass sie das für sachgerecht halte - der Finanzminister ist zurzeit nicht im Raum -, ob die Landesregierung plant, die Mittel für diese gute Maßnahme in den nächsten Jahren aufzustocken.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Meyer, erst einmal ist festzustellen, dass mein Kollege Hilbers auch aus einem ländlichen Raum kommt und sich deswegen auch sehr für dieses Programm interessiert.
Ich würde sagen: Wenn sich das, was wir jetzt schon meinen, bei diesem Programm feststellen zu können - nämlich dass es tatsächlich eine Förderlücke schließt und sich daraus sinnvolle Projekte ergeben, die die Regionalentwicklung vor Ort vorantreiben können -, wissenschaftlich weiter erhärtet - wir haben ja eine Begleitevaluation angesetzt -, dann freue ich mich auf die Haushaltsgespräche.
Ich glaube, dann können wir das gemeinsam erörtern. Dafür ist aber der Landtag heute nicht der geeignete Ort.
Vielen Dank. - Die zweite Zusatzfrage für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt der Kollege Wenzel. - Oder haben Sie sich anders entschieden?