Protokoll der Sitzung vom 25.02.2020

Künftig werden unter dem Begriff „Vorkommnis“ alle unerwünschten Wirkungen beim Patienten sowie jegliche Mängel und Fehlfunktionen des Medizinproduktes subsumiert. Dazu gehört z. B. auch eine fehlerhafte Gebrauchsanweisung.

Es wird zudem ein Konsultationsverfahren eingeführt. Benannte Prüfstellen müssen ein Expertengremium in die klinische Bewertung von aktiven Produkten der Klasse IIb, die dem Körper Arzneimittel zuführen oder ableiten, und Implantaten der Klasse III - also Hochrisikoprodukte - einbeziehen.

Die Hersteller von Medizinprodukten müssen in ihrer Organisation mindestens eine qualifizierte Person benennen, die dafür zuständig ist, dass die Anforderungen der neuen Medizinprodukte

Verordnung erfüllt werden.

Des Weiteren wird eine neue zentrale Datenbank - EUDAMED - eingerichtet, die Überwachung und Rückrufe erleichtern und u. a. folgende Informationen enthalten soll: Hersteller, Produktionscode, Prüfbescheinigung, Vorkommnisse, klinische Prüfung, allerdings keine patientenbezogenen Daten.

Ein besonders wichtiger Punkt ist, dass die MDR eine Neuerung für die Produktionspflichtversicherung vorsieht. Das heißt: Die Hersteller sind zukünftig dazu verpflichtet, eine ausreichende Absicherung für den Haftungsfall vorzuweisen.

Diese Verordnungen gelten unmittelbar als EURecht. Die zweite Ebene wäre die Anpassung des deutschen Rechts an die EU-Medizinprodukte-Verordnung. Das geschieht zurzeit auf Bundesebene. Wenn dieser Prozess auf Bundesebene abge

schlossen ist, müsste das Ganze auf Landesebene betrachtet werden.

Auch weiterhin muss sich Niedersachsen stark dafür machen, dass gesetzlich festgelegt wird: Hochrisikoprodukte, die in den Körper implantiert werden oder Arzneimittel in den Körper abgeben, wie z. B. Insulin-Pumpen, müssen einen zentralisierten Marktzugang analog zur Arzneimittelzulassung bekommen.

Dazu ist zu berichten - und das ist sehr zu begrüßen -, dass im April letzten Jahres das Gesetz zur Errichtung eines Implantateregisters Deutschland beschlossen wurde. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sieht das Implantateregister als einen wichtigen Schritt für mehr Patientensicherheit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Überschrift unseres Antrages muss weiterhin unser Ziel sein: Die Sicherheit der Patientinnen und Patienten muss an erster Stelle stehen. Die Zulassung eines Medizinproduktes muss reformiert werden. Ebendiese darf nicht nur von der Eignung, sondern muss ganz besonders auch von der Wirksamkeit und Sicherheit des Produktes abhängig gemacht werden.

Ich bitte um Ihre Zustimmung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Joumaah. - Für die AfD-Fraktion spricht die Fraktionsvorsitzende Frau Guth. Bitte!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir befassen uns heute mit der abschließenden Beratung zum Thema Medizinprodukte - einem Antrag aus Juni 2019.

Wir haben bereits im Vorfeld vieles über schadhafte Implantate und ähnlich gruselige Dinge gehört. Es ist überhaupt keine Frage: Selbstverständlich ist es eine Katastrophe für den Patienten, wenn Medizinprodukte technisch oder aus sonstigen Gründen nicht in Ordnung sind. Das darf nicht passieren.

Schauen wir uns den Antrag an, so stellen wir fest: Seit der Einbringung im Juni 2019 hat sich an der Sachlage nichts verändert. Der Antrag enthält fünf Forderungen. Drei Forderungen hat die EU bereits

abgelehnt, eine Forderung wurde umgesetzt und eine Forderung ist nur für den geneigten Leser.

Die Vorredner hörten sich so an, als ob in den letzten Monaten aufgrund dieses Antrags bereits irgendetwas passiert sei. Das ist mitnichten der Fall. Die EU-Verordnung über Medizinprodukte Nummer 2017/745 ist bereits 2017 beschlossen worden und wird am 26. Mai 2020 in Kraft treten. Das hat herzlich wenig mit dem Antrag im Landtag zu tun.

Die Verordnung gilt unmittelbar und muss daher nicht in nationales Recht umgesetzt werden. Das ist nicht so einfach. Ganz im Gegenteil, es ist so kompliziert, dass das Bundesministerium für Gesundheit bereits im Februar 2017 einen Nationalen Arbeitskreis zur Implementierung der MDR ins Leben gerufen hat.

Den zentralisierten Marktzugang für Hochrisikoprodukte hat die EU bereits abgelehnt, wohl aber ein zusätzliches Kontrollverfahren zur Konformitätsbewertung eingeführt. Eine Zulassung über die Europäische Arzneimittel-Agentur wurde ebenfalls bereits abgelehnt.

Für das Inverkehrbringen von Medizinprodukten sollen die benannten Stellen nach ihrem Wunsch nicht mehr selbst ausgewählt werden dürfen. Auch dieses Prozedere ist bereits über die EU-Verordnung und die Umsetzungsregularien festgelegt. Das geforderte Register wird mit EUDAMED zumindest teilweise umgesetzt, und die sachgerechte Verwendung von Implantaten sollte sich von selbst verstehen.

Während der Einbringung des Antrages wurde viel darüber geredet, was alles in den Ausschussberatungen erweitert und zusätzlich hineingeschrieben werden sollte. Erweitert und hineingeschrieben wurde in diesen Antrag überhaupt nichts. Es ist der gleiche Antrag wie vor acht Monaten. Wie gesagt, ich möchte das nicht falsch verstanden wissen. Für die betroffenen Patienten ist jeder einzelne Fall, bei dem irgendetwas schiefgeht, sehr schlimm, und solche Fälle sind zu vermeiden.

Durch eine immer weitere Verbürokratisierung in einem Konstrukt wie der EU, in der alles Jahre oder Jahrzehnte dauert, werden Sie für keinen Patienten Abhilfe schaffen. Die EU benötigt für die Beratungen bis zum Beschluss der Verordnung neun Jahre und bis zur Umsetzung derselben weitere drei Jahre. Wir reden also über ein Zeitfenster von zwölf Jahren. Was meinen Sie, wie hoch das Interesse auf EU-Ebene ist, diese Verordnung zu

ändern, bevor sie überhaupt in Kraft getreten ist, denn sie tritt erst im Mai dieses Jahres in Kraft?!

Natürlich werden Sie diesem Antrag heute zustimmen. Er tut nicht weh, er macht nichts kaputt - aber er hilft auch nichts. Ich werde mit größtem Vergnügen in ein paar Jahren nachfragen, was Sie im Nachgang erreicht haben. Die Antwort kennen wir bereits.

(Zuruf von Doris Schröder-Köpf [SPD])

- Das werden wir sehen; aber Sie dürfen auch träumen. Ich gönne Ihnen das.

Sie degradieren sich freiwillig zu einem Bittstellerparlament. Sie fordern vernünftige Dinge. Ich möchte gar nicht behaupten, dass es nicht vernünftig ist, was in dem Antrag mit auch nachvollziehbaren Begründungen steht - allerdings ohne die Chance einer Umsetzung. Das kann nicht der Sinn von Politik sein.

Wir werden uns bei diesem Antrag enthalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun die Abgeordnete JanssenKucz. Bitte, Frau Kollegin!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Medizinprodukte sind aus unserem Gesundheitswesen nicht mehr wegzudenken. Es geht um Lebensrettung, wie die Kollegin Joumaah ausgeführt hat, es geht aber auch um Lebensqualität.

Das Allerwichtigste ist doch die Sicherheit für die Patienten. Das stand in dieser Beratung für uns mit Abstand an erster Stelle. Am Ende sind es immer Hochrisikoprodukte - die Ersatzteile, die Medizinprodukte -, die benutzt werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht hier nicht um Bürokratie, sondern es geht darum, von der EU-Ebene herunter auf die Bundesebene und auf die Landesebene mehr Sicherheit für die Patienten zu schaffen. Das ist das Ziel.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es reicht nicht aus, wenn wir uns in Niedersachsen etwas ausdenken. Es reicht auch nicht aus, wenn sich die Bundesregierung etwas ausdenkt. Es

muss EU-weit geregelt sein, weil wir einheitliche Standards in dem Bereich brauchen.

Nach der Einbringung des Antrags ist einige Zeit ins Land gegangen. Entscheidend ist doch, dass in Bezug auf die Umsetzung auf Bundesebene und auf Landesebene noch sehr viele Hausaufgaben zu machen sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Ziel bleibt doch, die Patientinnen und Patienten vor fehlerhaften Medizinprodukten zu schützen. Zulassung, Kontrolle und Überwachung müssen ganz, ganz klar geregelt werden, und das macht man nicht eben einfach so.

Ich bin dankbar, dass auf Bundesebene wirklich etwas in Bewegung gekommen ist, weil es über Jahre - auch auf europäischer Ebene - eher so war, dass man das Thema ausgesessen hat. Gerade die Vorfälle bei mir, im Klinikum in Leer, die durch einen Arzt verursacht wurden - das Verfahren ruht erst einmal, weil der Mediziner erkrankt ist; es wird wohl neu aufgerollt werden müssen -, machen deutlich, wie groß der Handlungsbedarf ist, wenn mit nicht erprobten Produkten gearbeitet wird. Deshalb sind wir dankbar, dass wir diesen Antrag so beschließen. Wir müssen aber als Landtag wirklich dranbleiben, weil, wie gesagt: Es ist noch einiges zu tun!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich bin für die neue Kennzeichnungspflicht und ihre staffelweise Einführung sehr dankbar, da es wichtig ist, dass wir das rückverfolgen können; denn ohne Rückverfolgung wissen wir nicht, woher Produkte kommen. Genauso verhält es sich auch mit dem Thema Planungsdokumentation: Wir müssen doch die Nachhaltigkeit der Prüfprozesse weiter steigern.

Ich bin auch froh, dass jetzt die zentrale Datenbank EUDAMED eingerichtet wurde und eine Neuerung bei der Produkthaftpflichtversicherung vorgesehen ist. Aber wie eingangs deutlich gemacht, liegt noch viel Arbeit vor uns, und es ist im Interesse der Patientensicherheit und vor allem der Lebensqualität in Verbindung mit Medizinprodukten noch viel zu tun.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Sylvia Bruns [FDP])

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Nun hat für die FDPFraktion Frau Kollegin Bruns das Wort.

(Unruhe)