Protokoll der Sitzung vom 25.02.2020

- Ich darf um Ruhe bitten! - Herr Kollege Schünemann!

Bitte sehr, Frau Koch!

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann mir vorstellen, dass Sie gespannt darauf sind, was ich zu diesem Punkt zu sagen habe.

Tatsächlich bin ich persönlich im Jahr 2013 von der Gesetzesänderung ziemlich enttäuscht gewesen. Den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern und den Landrätinnen und Landräten wurden kürzere Amtszeiten verordnet, nämlich von bisher acht auf nunmehr fünf Jahre. Man wollte damit deren Amtszeit mit der der Vertretungen, also den Räten und Kreistagen, synchronisieren.

Ich war zu diesem Zeitpunkt Beamtin bei der Stadt Wolfsburg, selbst noch nicht in Regierungsverantwortung, und habe aus der Ferne sehr wohl verfolgt, wie vehement damals die CDU-Fraktion als Opposition die bestehende Regelung verteidigt hat. Auch ich hielt damals die Verkürzung der Amtszeit für falsch. Der Bürgermeister in meiner Heimatsamtgemeinde war im Vorjahr 2012 für acht Jahre neu gewählt worden, und dies war auch gut so.

Wie wir wissen, hat sich die CDU damals nicht durchgesetzt, und die rot-grüne Landesregierung hat die Änderung gegen viele Widerstände vollzogen. Begründet wurde die Anpassung mit einer Stärkung der Wahlen insgesamt und damit auch der ehrenamtlichen Parlamente. Einheitliche Wahltermine sollten die Kommunalwahlen aufwerten, indem eine größere Aufmerksamkeit erzielt wird. Wenn Niedersachsens Bürgerinnen und Bürger in kürzeren Abständen die Chance hätten, Landräte oder Bürgermeister zu wählen, hätten sie mehr Möglichkeiten, auf die Politik Einfluss zu nehmen; dies war ein weiterer Aspekt, der vorgetragen wurde. Im Übrigen sollte eine verkürzte Amtszeit auch für mehr Demokratie sorgen.

Ich nenne ein Weiteres, was den Status der Hauptverwaltungsbeamten von dem unseren als Landtagsabgeordnete unterscheidet: Bei uns ruht während des Mandats das bisherige Beschäftigungsverhältnis aufgrund des Abgeordnetengesetzes, und nach Beendigung der Legislaturperiode fallen wir in der Regel wieder in den sicheren

Schoß unseres vorherigen Arbeitgebers. Bei den Hauptverwaltungsbeamten ist dies anders. Mit Antritt des gewählten Amtes endet ihr bisheriges Beschäftigungsverhältnis. Insofern wird man sich gut überlegen, ob man sich auf einen solchen Schritt einlässt. Dabei kann die Dauer der Amtszeit durchaus eine wesentliche Rolle spielen.

Wenn ich gerade von der Legislaturperiode in meiner Heimatgemeinde sprach, dann bleibt noch zu ergänzen, dass die reguläre Amtszeit in diesem Jahr endet, weshalb wir in ziemlich genau zwei Monaten wiederum einen Bürgermeister oder eine Bürgermeisterin zu wählen haben. Die Amtszeit dieses Hauptverwaltungsbeamten wird aufgrund der noch greifenden Übergangsregelung noch nicht fünf Jahre, sondern fünf Jahre plus die Zeit bis zur nächsten regulären Kommunalwahl, also sechs Jahre und ein paar Monate, betragen.

Durch die Übergangsregelung ist das Gesetz aus 2012 auch im Jahr 2020 noch nicht endgültig realisiert, und die tatsächlichen Herausforderungen und Wirkungen, die sich mit einer fünfjährigen Amtszeit ergeben, zeigen sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht.

Fakt ist, liebe Freundinnen und Freunde insbesondere der FDP, dass Sie mit Ihrer Gesetzesinitiative den Nerv der CDU-Fraktion getroffen haben. Neben mir haben vermutlich 49 meiner Kolleginnen und Kollegen deutliche Sympathien dafür, den vorherigen Zustand, nämlich eine Amtszeit von acht Jahren für Hauptverwaltungsbeamte, wiederherzustellen.

(Zustimmung bei der CDU)

Die Anhörung im Innenausschuss hat gezeigt, dass auch die kommunalen Spitzenverbände eine Amtszeit von acht Jahren befürworten.

Aber, meine Damen und Herren, unsere Regierungsarbeit hier gründet auf einen Koalitionsvertrag, in dem wir Regelungen getroffen haben, die als Basis für unsere Zusammenarbeit dienen und an die wir uns als CDU-Fraktion selbstverständlich auch halten. Hier waren natürlich auch von uns Kompromisse einzugehen. Das ist in der Demokratie so. Dies haben wir an dieser Stelle getan. Denn aufgrund der Übergangsregelung ist zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht festzustellen, inwiefern sich die Verkürzung der Amtszeit bewährt.

Vergessen wir schließlich auch nicht, dass mit der damaligen Gesetzesänderung auch eine Anpassung der Besoldung der Hauptverwaltungsbeamten einherging. Es wäre fatal, wenn man die alten

Zustände wiederherstellen und dabei die Frage der Besoldung außer Acht lassen würde.

Als CDU-Fraktion sind wir ein verlässlicher Partner. Daher halten wir uns auch an die Grundsätze, die wir mit unserem Koalitionspartner vereinbart haben. Ich finde, das ist gar kein so schlechter Charakterzug.

Es wird Ihnen, liebe Freundinnen und Freunde von der FDP, lieber Herr Dr. Genthe, nicht gelingen, mit dieser Initiative einen Keil zwischen die beiden Regierungsfraktionen zu treiben.

(Dr. Marco Genthe [FDP]: Einen Ver- such war es wert!)

Den Gesetzentwurf der FDP-Fraktion werden wir zum jetzigen Zeitpunkt ablehnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Koch.

(Unruhe)

- Meine Damen und Herren, ich muss um Ruhe bitten. An verschiedenen Ecken wird miteinander verhandelt. Das kann man auch draußen oder später machen.

Jetzt rufe ich die Kollegin Susanne Menge, Bündnis 90/Die Grünen, auf. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Natürlich ist eine Wahlperiode auch immer in das Spannungsfeld von Demokratie einzuordnen, vor allen Dingen wenn wir über die Frage der Kontinuität nachdenken und darüber diskutieren.

Argumente für eine langfristige Absicherung der Bürgermeisteramtszeit über fünf Jahre hinaus sind sicherlich stichhaltig, und diese möchte ich auch nicht einfach zur Seite wischen. Entscheidend für uns ist aber, dass die Amtszeit mit den Kommunalwahlen zusammenfällt und sich eine Amtsinhaberin oder ein Amtsinhaber, genauso wie dies die Kandidatinnen und Kandidaten der Parteien alle fünf Jahre tun, zur Wahl stellen und um ein Votum für das bitten muss, was er oder sie für die Kommune getan hat oder tun möchte,

(Zustimmung von Helge Limburg [GRÜNE])

und dass man dieses auch immer wieder mit den Mehrheiten im Rat abstimmen muss.

Ich danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir danken auch, Frau Kollegin. - Jetzt ist die AfDFraktion an der Reihe: der Abgeordnete Christopher Emden. Bitte sehr!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Mehr an Demokratie ist etwas, was die AfD immer bereit ist mitzumachen. Ein Mehr an Demokratie bedeutet in diesem Fall, bei dem zu bleiben, was wir haben, nämlich bei der alten Regelung.

Die Reduzierung oder vielmehr die Fassung einer Wahlperiode für einen Hauptverwaltungsbeamten auf fünf Jahre ist wichtig und auch richtig. Es tut der Demokratie gut, wenn sich verantwortungsführende Personen häufiger zur Wahl stellen - allerdings natürlich nicht in einem zu engen Zeitkorridor von ein, zwei Jahren; aber fünf Jahre haben sich, glaube ich, über die Jahrzehnte als durchaus richtig herausgestellt. Wir haben fünfjährige Legislaturperioden hier im Niedersächsischen Landtag, wir haben fünfjährige Perioden für die Räte und Kreistage. Insofern ist es, denke ich, auch vor dem Hintergrund der Synchronisation richtig, dass wir bei den fünf Jahren für die Hauptverwaltungsbeamten bleiben.

Die Synchronisation hat weiter fortzuschreiten. Sie macht zwei Dinge: Einmal gewährleistet sie kostengünstigere Wahlen, weil man quasi alles in einem Block machen kann. Zum anderen schafft sie auch einen gewissen Gleichlauf. Ich glaube, dieser Gleichlauf ist für eine funktionierende Politik vor Ort in den Gebietskörperschaften ganz wichtig. Es erschließt sich mir jedenfalls nicht, worin der Vorteil bestehen soll, wenn sich ein Hauptverwaltungsbeamter nur alle acht Jahre zur Wahl stellen muss und die Mitglieder des Rats oder des Kreistags alle fünf Jahre. Das reißt etwas künstlich auseinander, was nicht auseinandergerissen gehört.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, noch einmal: Rein aus Demokratieüberlegungen heraus ist es sinnvoll, wenn man sich etwas häufiger dem Votum der Bürger stellt. Fünf Jahre sind nicht allzu häufig. Fünf Jahre gewährleisten aber, dass ein Landrat oder auch ein Oberbürgermeister oder Bürgermeister die Möglichkeit hat, über diese fünf

Jahre durch gute Politik zu überzeugen, vieles anzustoßen, um sich und seine Politik dann erneut zur Wahl zu stellen.

Deshalb verstehe ich den Einwand von Herrn Genthe nicht so ganz. Ich glaube nicht, dass dies einer Schwächung der Hauptverwaltungsbeamten gleichkommt, sondern es ist eine Stärkung, wenn man gute Politik geleistet hat und die Bürger einen dann nach fünf Jahren im Amt bestätigen. Dann geht man nämlich gestärkt aus dieser Wahl hervor und kann in den nächsten fünf Jahren weiter gute Politik machen. Das ist besser, als wenn man über acht Jahre lang quasi ohne effektive Rückkoppelung, ohne ein neues Einholen des Wählervotums frei handeln kann.

Insofern meine ich, wie gesagt: Es ist ein Gewinn für die Demokratie, wenn es bei fünf Jahren bleibt. Deshalb werden wir den Gesetzentwurf der FDP ablehnen.

(Beifall bei der AfD)

Danke schön, Herr Abgeordneter Emden. - Aus dem Plenum liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Für die Landesregierung spricht Herr Minister Boris Pistorius. Bitte sehr, Herr Minister!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist immer gut, Gesetze zu ändern, wenn man weiß, dass sie sich nicht bewährt haben, oder Defizite aufgetreten sind. Das ist im Zweifel ein Zeichen von Klugheit und Souveränität.

Aber an diesem Zeitpunkt sind wir nicht; solche Erkenntnisse gibt es nicht. Wie Sie wissen, befinden wir uns noch in der Anfangsphase der Synchronisierung der Amtszeiten der Hauptverwaltungsbeamtinnen und -beamten mit der fünfjährigen Wahlperiode der Abgeordneten der Vertretungen. Beim zurückliegenden allgemeinen Kommunalwahltag am 11. September 2016 wurden insgesamt nur 37 Direktwahlen von HVBs durchgeführt. Nur ein Teil davon wurde im Rahmen der Synchronisierung für eine fünfjährige Amtszeit gewählt. Es ist eben so, dass erst mit Beginn der nächsten Kommunalwahlperiode, also ab dem 1. November 2021, die Synchronisierung in weiten Teilen erreicht sein wird.

Es ist also noch gar nicht seriös und belastbar möglich, zu bewerten, ob sich die Regelung bewährt hat. Ich habe daran keinen Zweifel.

Es ist auch Kontinuität in der Ausgestaltung dieser Vorschrift erforderlich. Daran sollten wir uns orientieren. In diesem frühen Stadium bereits zu einem anderen Modell mit eigenständigen Übergangsregelungen zu wechseln, dürfte zu erheblichen Anwendungsproblemen in der Praxis und auch zu Unverständnis in der Öffentlichkeit führen.

Ein Vorteil einer umgesetzten Synchronisierung ist für jedermann erkennbar, nämlich die Tatsache, dass Kommunalwahlen durch die Zusammenlegung eine größere Bedeutung und Aufmerksamkeit erreichen und damit letztlich auch eine größere Wahlbeteiligung zu erwarten ist.

Das alles spricht dafür, die bestehenden Regelungen so zu belassen, wie sie sind. Deswegen würde ich mich freuen, wenn das Hohe Haus der Empfehlung des Ausschusses folgen würde.

Vielen Dank.