Wenn Sie die AfD für Halle oder auch für Hanau verantwortlich machen, müssten Sie nach Ihrer Logik die CDU für den Anschlag am Breitscheidplatz und viele andere Straftaten mehr verantwortlich machen.
Im Kampf gegen Terrorismus jeder Art - selbstverständlich auch gegen Terrorismus von rechts - finden Sie in der AfD einen Partner an Ihrer Seite, der Ihre entsprechenden Anträge unterstützen oder selber Anträge schreiben wird, so, wie wir das bei „Combat 18“ getan haben. Die Vorschläge von Herrn Schünemann und auch von Herrn Kurku würden wir selbstverständlich auch unterstützen.
Was wir ablehnen, ist eine Instrumentalisierung furchtbarer Verbrechen, um hieraus politische Vorteile zu ziehen und einem politischen Konkurrenten zu schaden. Dass Sie damit auch in der Bevölkerung keinen Anklang finden, haben die Wahlen in Thüringen, aber auch in Hamburg deutlich gezeigt.
Ich appelliere an dieser Stelle an Sie: Stellen Sie Ihre Hetzkampagnen ein, und kehren Sie zum sachlichen Dialog zurück! Benehmen Sie sich endlich so, wie Sie sich selber gerne bezeichnen: Benehmen Sie sich demokratisch!
Danke, Herr Kollege Ahrends. - Für die FDPFraktion hat der Kollege Dr. Birkner das Wort. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Ahrends, an Sie der Appell: Benehmen Sie sich doch endlich so, wie es sich für eine bürgerliche Partei, die Sie ja angeblich sein wollen, gehören würde! Eine bürgerliche Partei stellt sich ihrer Verantwortung und setzt sich selbstkritisch mit dem auseinander, was sie tun.
Sie aber tun das nicht. Sie bestreiten, dass ein Zusammenhang zwischen den Taten in Hanau oder auch in Halle und Ihnen besteht.
Es mag sein, und es spricht auch vieles dafür, dass der Täter von Hanau psychisch krank ist. Gleichwohl hat auch er sich eine Ideologie gezim
mert. Und wenn man diese Ideologie neben Reden von Herrn Curio im Deutschen Bundestag legen würde, wüsste man nicht so genau: Ist das das Manifest von dem Irren, oder ist das eine Rede Ihres Bundestagsabgeordneten?
Das entspricht sozusagen 1 : 1 der Ideologie, die sich Leute selbst zusammenzimmern. Sie bereiten den geistigen Nährboden, auf dem das Ganze wächst. Dieser Verantwortung müsste man sich als verantwortungsvolle Partei stellen. Insofern ist hier keine Instrumentalisierung gegeben.
Der Mörder von Walter Lübcke z. B. hat für Sie Plakate geklebt. Er ist ausdrücklich als Unterstützer der AfD aufgetreten. Und dann sprechen Sie hier von einer Instrumentalisierung?! Das ist unzutreffend. Sie haben eine Verantwortung, und es liegt auf der Hand, dass Sie sich dieser stellen müssten. Das tun Sie aber nicht.
Herr Ahrends, ich bin schon erstaunt: Denn, ehrlich gesagt, bedienen Sie eigentlich genau die Muster von Rechtsextremen, indem Sie jetzt schon einmal vorsorglich versuchen, die mögliche Gewalteskalation den demokratischen Parteien dieses Hauses sozusagen in die Schuhe zu schieben. Da hat man schon ein bisschen den Eindruck, Sie sehnten die Gewalteskalation herbei,
die gerade wollen, dass es durch solche Taten zu einer Gewalteskalation kommt, dass sich die Mitte sozusagen zerfleischt, dass es möglicherweise zu irgendwelchen bürgerkriegsähnlichen Zuständen kommt. Genau in diese Erzählung treten Sie ein, indem Sie sagen: Diese mögliche Gewalteskalation müssen die anderen rechtfertigen.
Wenn Sie das jetzt als übertrieben wahrnehmen, dann ist das ein Indiz dafür, dass Sie sich offensichtlich in dieser Debatte überhaupt nicht orientieren. Dann sind Sie völlig verantwortungslos in der gegenwärtigen politischen Debatte unterwegs. Denn es ist doch klar, dass wir uns konsequent mit dem Rechtsextremismus auseinandersetzen wollen. Sie aber nehmen in Kauf, am Ende genau davon zu profitieren.
Alles in allem bleibt es dabei: Sie bereiten den geistigen Nährboden dafür, und Sie sollten sich dem stellen.
Wozu ich aber eigentlich viel lieber etwas sagen möchte, ist - und das ist genauso wichtig -: Inwiefern werden jetzt tatsächlich Konsequenzen gezogen? Denn, mit Verlaub, die Reden, die wir heute bisher gehört haben, haben sehr denen geähnelt, die wir im Januar gehört haben.
Ich würde sehr gerne von der Landesregierung wissen, welche konkreten Schlussfolgerungen sie zieht. Ich möchte nicht, dass wir in einem Monat - nach einem hoffentlich nicht eintretenden Anschlag - wieder hier stehen und die gleichen Reden halten,
dass Herr Schünemann wieder davon spricht, dass wir Onlinedurchsuchungen und Ähnliches machen müssen. Sie kennen unsere Ansicht; wir sehen das anders. Aber darüber müssen wir diskutieren, und da bin ich auch dabei. Ich möchte nicht, dass wir wieder darüber reden müssen, dass wir die Analysefähigkeit in den Sicherheitsbehörden verbessern wollen und dass die Sicherheitsarchitektur endlich auf den Prüfstand muss.
Was tut denn diese Landesregierung jetzt? Ich würde den Innenminister bitten, gleich einmal darzustellen, welche konkreten Initiativen und Vorschläge es gibt, über die wir im Landtag dann auch konkret diskutieren können. Ich möchte nicht, dass
wir hier nur ständig unsere - absolut glaubwürdige - Betroffenheit zum Ausdruck bringen und sagen, dass wir alle ganz dringend etwas tun müssen, aber am Ende auf der Stelle treten und nicht vorankommen.
Ich denke, wir sollten jetzt gemeinsam in eine Diskussion eintreten, und ich will für die FDP-Fraktion sagen - wir haben unsere Vorschläge wiederholt dargestellt; ich möchte darauf verzichten, sie noch einmal darzustellen, sie sind alle bekannt -: Wir werden uns dabei sehr konstruktiv einbringen und uns keinen Diskussionen verschließen. Für uns gilt aber immer der Maßstab, am Ende das Gleichgewicht zwischen Freiheit und Sicherheit zu gewährleisten. Dabei nehmen wir sicherlich insbesondere den Freiheitsaspekt mit in den Blick.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Birkner. - Für die Landesregierung hat sich Herr Minister Pistorius gemeldet. Bitte schön, Herr Minister!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kampf gegen den Rechtsextremismus hat für diese Landesregierung - das gilt in besonderer Weise auch für die vorhergehende - hohe Priorität. Dazu gehören umfangreiche Maßnahmen, um Straftaten im Vorfeld zu verhindern und begangene Taten mit aller Konsequenz zu verfolgen.
Seit meinem Amtsantritt 2013 setze ich mich auch persönlich mit Nachdruck dafür ein, dem Rechtsextremismus in Niedersachsen das Wasser abzugraben und ihn zu bekämpfen, und zwar mit allen Mitteln, die dem wehrhaften Rechtsstaat zur Verfügung stehen. Das war schon immer wichtig, aber es ist in den vergangenen Jahren - leider, muss man sagen - noch wichtiger geworden.
Der rechtsextremistische Terroranschlag von Hanau hat uns erneut auf schreckliche Art und Weise vor Augen geführt, wie groß die Gefahr ist, die zunehmend vom rechten Rand ausgeht. Das wird umso unerträglicher, wenn wir uns bewusst machen: Dieser Anschlag ist Teil einer ganzen Reihe von rechtsextremistischen Anschlägen in Deutschland: NSU, München, Kassel, Halle und jetzt Hanau - das alles waren unfassbare rechtsextremisti
Meine Damen und Herren, das ist der erste wichtige Aspekt: Diese Anschläge werden eben nicht von Einzeltätern begangen - auch wenn das einige nicht wahrhaben wollen. Die Täter mögen alleine gehandelt haben, alleine den Finger am Abzug gehabt haben, aber sie waren keine Einzeltäter. Dieses Gerede, meine Damen und Herren, muss endlich aufhören.