Protokoll der Sitzung vom 27.02.2020

- Das ist nicht neu, das stimmt.

Durchgängig nach mehr Schulen in freier Trägerschaft - - - Jetzt ist mein iPad abgestürzt. Es gibt technische Probleme, Entschuldigung!

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Die Digitalisierung ist ja auch so ein The- ma der Landesregierung!)

- Ein Hoch auf die Digitalisierung, genau!

(Heiterkeit)

So, da sind wir wieder. Es ist alles geklärt.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ich mache weiter: Durchgängig nach mehr Schulen in freier Trägerschaft zu rufen, zeigt natürlich, wie sich die FDP das Ganze vorstellt. Ein Auf-denKopf-Stellen des Schulsystems hier in Niedersachsen wird es mit uns nicht geben; das will ich an dieser Stelle sehr klar sagen. Dass wir zu unseren Zusagen und zu unseren Vorstellungen im Bildungsbereich stehen, haben wir in dieser Legislaturperiode mehrfach gezeigt, z. B. im Bereich der Digitalisierung mit dem Masterplan Digitalisierung und mit der Abschaffung der Kitagebühren. Wir sind ein verlässlicher Partner, und das werden wir an dieser Stelle weiterhin sein.

Ich will aber zum Antrag der FDP zurückkommen. Ich möchte nicht alle Punkte, die Herr Försterling und die FDP aufgezählt haben, verteufeln, sondern auch die positiven Punkte aufgreifen.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das ist aber sehr neu! Das kennen wir nicht von der SPD!)

- Dann hören Sie gut zu!

Sie fordern im ersten Punkt, die Berechnung der Finanzhilfe des Landes für Schulen in freier Trägerschaft auf eine transparente und nachvollziehbare dynamische Grundlage zu stellen. Darüber können und wollen wir natürlich sprechen. Der Kultusminister hat eine Arbeitsgruppe eingerichtet, um sich mit genau diesem Thema auseinanderzusetzen und dann auch mit allen Beteiligten über diese Sachen zu sprechen.

Ein anderer Punkt, den wir lobend erwähnen möchten, ist der Vorschlag, Lehrkräfte von Schulen in freier Trägerschaft in die mobilen Dienste miteinzubeziehen. Wie wichtig das ist - das hat Herr

Försterling gesagt -, wird klar, wenn man sich die Verhältnisse anschaut: 42 Schulen in freier Trägerschaft stehen drei Schulen in staatlicher Trägerschaft gegenüber. Da ist es einleuchtend, dass wir an der Stelle gemeinsam einen starken Austausch von Kompetenzen im Sinne unserer Schülerinnen und Schüler vorantreiben und weiterentwickeln wollen.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Dann sollten Sie Ihren Erlass entsprechend ausgestalten!)

An anderer Stelle - ich habe es eingangs gesagt - zeigen sich aber auch unsere unterschiedlichen Vorstellungen vom Vorgehen in der Bildungspolitik. Sie formulieren im Antrag die Bitte an die Landesregierung, auch Zusatzbedarfe und Querschnittsaufgaben wie z. B. für Digitalisierung zu berücksichtigen. Aber dabei lassen Sie aus unserer Sicht völlig außer Acht, dass die freien Schulen bereits massiv von den Millionen des Digitalpaktes profitieren,

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Nach- dem sie protestiert haben!)

weil wir die freien Schulen sehr deutlich gleich behandeln. Sie vermitteln den Eindruck, dass sie schlechter gestellt werden, aber das will ich ausdrücklich zurückweisen, weil es schlichtweg falsch ist.

Weiterhin schlagen Sie in Ihrem Antrag vor, die Wartefrist bei der Einrichtung von neuen Schulen von drei auf zwei Jahre zu verkürzen und die Wartefrist auf ein Jahr zu verkürzen, wenn die Träger bereits an anderen Standorten einen entsprechenden Schulzweig betreiben. An dieser Stelle will ich schon im Vorfeld der Diskussionen im Fachausschuss darauf hinweisen, dass wir im Bereich der staatlichen Schulen aus unserer Sicht genügend Herausforderungen gegenüberstehen - auf diese sollten wir uns konzentrieren -, insbesondere in finanzieller Hinsicht. Die Wartezeitregelung für freie Schulen vor diesem Hintergrund anzupassen, halten wir von daher für den falschen Weg.

Auch die Forderung im Antrag, freie Träger als Partner in der dualen Ausbildung dort zu unterstützen, wo ein öffentliches Berufsschulwesen nur unter hohen Kosten aufrechterhalten werden kann, halten wir für falsch. Wer die Schaffung der Grundlage für eine gute Zukunft von Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus rein finanzieller Sicht betrachtet, ist meilenweit von einem gerechten, solidarischen und vor allem starken Bildungssys

tem entfernt, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP.

(Beifall bei der SPD)

Abschließend will ich sagen, dass wir im Grundsatz sicherlich ein gemeinsames Ziel haben, nämlich die Schullandschaft im Land Niedersachsen zu stärken und vielfältig auszubauen. Wir sollten uns im Kultusausschuss und in anderen Ausschüssen - z. B. im Haushaltsausschuss - aber auch darüber unterhalten, wie wir die wenigen guten Vorschläge finanzieren wollen und wie wir all die Aufgaben und die Unterstützungsbedarfe auch personelle wuppen wollen.

Ich freue mich deshalb auf die gemeinsamen Beratungen im Kultusausschuss zum Wohle der Schülerinnen und Schüler im Lande Niedersachsen und entschuldige mich noch einmal für die kleine digitale Panne.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Raulfs. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun die Abgeordnete Julia Willie Hamburg. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die freien Schulen genießen durch unser Grundgesetz einen besonderen Schutz, und das nicht ohne Grund. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir den Antrag der FDP sehr; denn es wird tatsächlich um die Frage gehen, welche Rolle die freien Schulen in Niedersachsen einnehmen und wie wir sie dabei bestärken können.

Insbesondere wir Grünen sehen in den freien Schulen, dass sie immer wieder Motor für viele wichtige bildungspolitische Reformen in diesem Land sind. Das, Herr Försterling, kommt mir in Ihrem Antrag leider etwas zu kurz. Die Freiräume, die die Schulen dafür zum Teil brauchen, werden sukzessive immer weiter eingeschränkt. Ich glaube, auch dazu müssten wir in einer solchen Entschließung Aussagen treffen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Försterling hat relativ deutlich gemacht, dass die Fragen von Inklusion, Digitalisierung und Sprachförderung auch vor den freien Schulen nicht halt machen. Es wäre fatal, wenn wir die freien Schulen bei diesen Aufgaben nicht finanziell unter

stützen würden. Wenn wir wollen, dass freie Schulen keine Exklusivveranstaltungen für wenige Schülerinnen und Schüler sind, dann müssen wir die Finanzhilfe anpassen, und zwar an die Gegebenheiten, die auch bei den öffentlichen Schulen gelten. Da hat Herr Försterling absolut recht.

Aber wir müssen die Finanzhilfe auch noch darüber hinaus anpassen. Das ist schon längst, nämlich seit 2014, anerkannt, und daran wurde auch gearbeitet. Wenn man jetzt fragt, wie das Ministerium darauf reagiert hat, muss man sagen, dass das eine reine Pannenserie war: Mal war das Referat nicht besetzt, dann fing man Verhandlungen an und brach sie wieder ab, dann war das Referat wieder nicht besetzt usw.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, so kann man auf die Dauer nicht mit den freien Schulen umgehen. Das haben Sie auch mit dem Gesetzesvorhaben zu den freien Schulen dokumentiert. Ohne diese zu beteiligen, wollten Sie eine Gesetzesnovellierung in den Landtag einbringen. Ich fordere Herrn Minister Tonne deutlich auf, künftig besser mit den freien Schulen umzugehen. So geht das nicht!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Frau Kollegin Hamburg, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Politze zu?

Selbstverständlich, Herr Politze!

Bitte!

Frau Kollegin Hamburg, ich danke Ihnen recht herzlich.

Teilen Sie Einschätzung des Kollegen Försterling, dass die Schulen in freier Trägerschaft auf eine 100-prozentige Finanzierung angehoben werden sollen und gleichwohl noch Elternbeiträge erheben sollen? Oder wären sie dann im Sinne einer guten Schule vielleicht öffentlich-rechtliche Schulen, weil sie dann eigentlich ein völlig anderes Bild schaffen; sie hätten nämlich eine Überfinanzierung durch die Elternbeiträge.

Herr Politze, vielen Dank für diese Frage; denn mit ihr sprechen Sie eines der Themen an, von denen ich meine, dass wir uns über sie im Ausschuss genauere Gedanken machen müssen. Das ist eine Ambivalenz, die der FDP-Antrag nicht auflöst. Genau über diese Fragen werden wir im Ausschuss konstruktiv streiten. Deswegen vielen Dank für diese Frage.

Aber ich möchte noch auf weitere Aspekte eingehen.

Zu dem Punkt der mobilen Dienste. Herr Försterling hat ihn angesprochen. In verschiedenen Teilen des Landes gibt es keine Abdeckung durch Förderschulen und Personal, welches mobile Dienste in den Schulen anbieten kann. Das sorgt für eine fatale Unterversorgung einzelner Regionen. Nach dem, was wir hören, ist nicht vorgesehen - etwa mit dem Erlass für mobile Dienste -, genau dieses Thema in unserem Sinne voranzubringen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sondern das Gegenteil zu machen. Das aber können wir nicht zulassen. Alle Schulen in Niedersachsen brauchen Unterstützung bei der Inklusion. Da müssen wir die freien Schulen mit den öffentlichen Schulen stärker verschränken, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Björn Försterling [FDP])

Bei dem Aspekt der Schulneugründungen, Herr Försterling, müssen wir uns intensiv darüber unterhalten, wie viele Freiräume man einräumen will. Ich sehe das genauso, wie Sie es gerade für den Bereich der Tagesbildungsstätten angeführt haben, dass wir darüber reden müssen, wie wir bestimmte Übergangsregelungen verkürzen. Denn es kann nicht sein, dass wir das Problem mit den Tagesbildungsstätten nicht lösen, weil wir vorgeben, dass sie erst einmal drei Jahre lang eine Modellschule sein müssen, und erst danach können wir sie in den Regelschulbetrieb überführen. Das geht natürlich nicht!

Trotzdem geht es nicht an, dass wir die Freiräume so stark ausweiten, dass wir irgendwann Schulen von völkischen Siedlern oder dergleichen haben. Das heißt, wir müssen uns sehr genau darüber unterhalten, welche Rahmenbedingungen für solche Freiräume gelten. Ich finde, wir müssen in diesem Antrag auch eine Antwort darauf finden, wie wir beispielsweise freie Schulen bei genau diesen Fragen stärker rechtlich beraten; denn sie haben derzeit große Probleme, dass irgendwelche

religiösen Fundamentalisten oder aber auch Rechtsextremisten freie Schulen gründen wollen. Genau das dürfen wir nicht zulassen. Auch in diesem Zusammenhang sollten wir uns mit diesem Thema auseinandersetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der FDP)

Ich möchte mich deswegen bei der FDP ganz herzlich für ihren Antrag bedanken; denn er gibt uns den Raum, jetzt endlich auch im Landtag vertieft all die Debatten rund um die freien Schulen anzugehen. Das haben die freien Schulen mehr als verdient. Deswegen vielen Dank dafür.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Hamburg. - Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Christian Fühner das Wort. Bitte, Herr Fühner!